Blog State of the Union

Der Sieg gegen Gladbach verschafft Union Luft, um sich besser einzuspielen

„Der Oli ist nie zufrieden“, sagte Max Kruse nach dem 2:1 des 1. FC  Union gegen Borussia Mönchengladbach, als in Badeschlappen bei Dazn stand. Der Grund war, dass so einiges noch gar nicht rund lief in Unions Spiel und Manager Oliver Ruhnert in der Halbzeitpause seinen Gemütszustand mehr über seine Mimik als durch Worte verriet. So viel Zucker konnte ihm durch die zwei Sahnetore nicht auf die erste Halbzeit gepackt werden, als dass Oliver Ruhnert sie abzufeiern bereit war. Und bei aller Freude über den ersten Bundesliga-Sieg in dieser Saison. Da hatte er recht. Und es zeigt den Realitätssinn bei Unions Team, das alle Beteiligten auf die Unzulänglichkeiten im Spiel zu sprechen kamen und sich nicht von dem, was gut lief, blenden ließen.

Urs Fischers Team machte sich nämlich durch viele einfache Ballverluste im Mittelfeld das Leben schwer und hatte außerdem etwas damit zu kämpfen, dass zu oft der lange Ball gesucht wurde (das kritisierte auch Kruse bei Dazn). Dazu kamen Abstimmungsprobleme im Spiel gegen den Ball, die beispielsweise dazu führten, dass Niko Gießelmann gegen zwei Gladbacher verteidigen musste. Ich glaube, dass wir alle gespürt haben, dass die Mannschaft da noch nicht rund läuft.

Urs Fischer sagte dazu nach der Partie, dass dies auch kein Wunder sei aufgrund der vielen Zugänge und des damit verbundenen Umbruchs im Team. Aus meiner Sicht hat der Sieg gegen Gladbach vor allem den Effekt, dass die Mannschaft über einen Sieg in der Liga Selbstvertrauen getankt und sich vor allem Luft verschafft hat. Denn jeder Spieltag ohne drei Punkte hätte etwas Druck aufgebaut. Was der bewirkt, konnten wir bei Mönchengladbach nach dem Tor zum 1:0 durch Niko Gießelmann beobachten. Da passierte bei den Gästen erst einmal nicht mehr so viel.

Ich möchte aber nicht nur schreiben, was nicht so gut war. Denn auf eine besondere Art war das Tor zum 2:0 durch Taiwo Awoniyi fantastisch, weil es nicht nur über die Maßen schwierig zu vollenden war, sondern auch weil in der Vorbereitung das Zusammenspiel zwischen Awoniyi und Max Kruse so geschmeidig war. Dagegen holpert die Wortneuschöpfung des Kuriers, der die beiden „Krusoniyi“ nennt, so sehr, als würde ein Fahrrad über eine alte Kopfsteinpflaster-Landstraße in der Uckermark hüpfen.

Diese Frühform von Unions Offensivduo hilft Union über so einige Unebenheiten im eigenen Spiel hinweg. Das ist eine ganz außergewöhnliche Klasse, die wir da im Angriff gerade sehen und alles andere als selbstverständlich für einen Club wie Union. Dessen sollten wir uns alle bewusst sein.

Dazu kam auch, dass Urs Fischers Team es im Gegensatz zu den ersten beiden Bundesligaspielen Leverkusen und Hoffenheim über die gesamte Spielzeit vermochte, in die Zweikämpfe zu kommen. Alleine was Robin Knoche, Paul Jaeckel und Timo Baumgartl an Bällen klärten, bevor es lichterloh brannte, war schon großartig.

Dazu zeigte beispielsweise auch Genki Haraguchi, dass er bereit war, jeden Zweikampf anzunehmen (auch wenn ihm der eine oder andere Ball zuvor verloren ging) und sich für viele Nickeligkeiten nicht zu schade war. Diese Solidarität untereinander konnte auch viel wettmachen, was sonst eher nicht so gut funktionierte. Oder wie es im aktuellen Rasenfunk-Podcast anhand von zwei Zugängen hieß: „Haraguchi und Öztunali spielen jetzt Union-Fußball. Die spielen nicht mehr so, wie sie früher bei ihren Vereinen gespielt haben.“

Um es kurz zu machen: Sieg im DFB-Pokal (in der zweiten Runde geht es nun zu Waldhof Mannheim). Weiterkommen in den Play-offs zur Europa Conference League. Und 1 Sieg und 2 Unentschieden in der Bundesliga. Die Mannschaft hat von den Ergebnissen her alle Ziele zum Saisonstart erreicht. Und das verdient absoluten Respekt. Das sieht auch der Kurier in seinem Kommentar so.

Das sind die Spielberichte der Berliner Medien:

Eine erstaunliche Kondition beweisen die Jungs von Taktik&Suff und damit möchte ich nicht nur auf ihre Getränkewahl abzielen. Denn sie veröffentlichen bisher zu wirklich jedem Spiel eine Podcast-Episode und das auch noch fast im Anschluss des Spiels. Und zwischendurch paddeln sie beim Drachenbootrennen auch noch auf den 14. Platz und sollen nächstes Jahr dort bei den Profis starten. Bleibt natürlich die Frage: But can they do it on a cold rainy night in Rotterdam? Ich glaube ja. Hier geht es zur aktuellen Episode.

Wir nehmen unsere Podcast-Episode heute Abend um 20 Uhr. Wenn ihr wollt, könnt ihr live dabei sein und im Chat mitreden.

Marvin Friedrich geht nicht zu Hertha

Innenverteidiger Marvin Friedrich hat gestern bei Sport1 dementiert, dass er zu Hertha wechseln würde (Bild). Heißt das, dass er nun bei Union bleibt? Nein. Es bedeutet eben lediglich, dass er nicht zu Hertha geht. Oliver Ruhnert ließ da gestern wenig durchblicken. Außer eben, dass Marvin Friedrich ein Spieler sei, an dem andere Clubs interessiert seien. Glauben wir dem Kicker in der Montagsausgabe, müsste die Ablöse wohl schon im zweistelligen Millionenbereich liegen, damit Union Friedrich wechseln lässt.

In einer idealen Welt würde Friedrich noch einmal den Vertrag verlängern, um für wirklich viel Geld zu wechseln. Ähnlich wie bei Sebastian Andersson. Aber ich glaube erstens nicht, dass Union dafür das dann fällige Gehalt stemmen kann. Außerdem hat Friedrich schon einmal überraschend lange bis 2022 verlängert. Wenn es einen Spieler gibt, der woanders eigentlich den nächsten Schritt gehen muss, dann ist es Marvin Friedrich. Ich bin dann nur ein wenig sauer, dass er dann nicht bei Union deutscher Nationalspieler geworden ist.

Auf den anderen Plätzen

Trotz einer 2:0-Führung unterlagen beim Regionalliga-Start die Frauen des 1. FC Union noch 2:3 bei der zweiten Mannschaft von Turbine Potsdam (Spielbericht). Fotos vom Spiel gibt es hier. Die U17 gewann dagegen 5:1 in Neubrandenburg. Mehr Ergebnisse der Frauen und Mädchen vom Wochenende gibt es hier.

Bei den Jungen gab es einen 3:1-Sieg der U17 gegen Viktoria (Spielbericht). Die A-Junioren verloren dagegen ihr DFB-Pokalspiel in Wiesbaden 2:3.

Protest gegen Zuschauerbeschränkung

Auf der Gegengerade hing auch in diesem Spiel ein Banner des Wuhlesyndikats, auf dem sich zu vollen Stadien geäußert wurde. Darauf stand: „Unsere Nachbarn machen es vor – Volle Stadien sind möglich“. Ebenso wie im letzten Spiel gab es dazu eine Doppelseite im Programmheft, indem einerseits Unverständnis über die Beschränkung in Deutschland auf 50% der Kapazität und höchstens 25.000 Zuschauer geäußert wird, aber andererseits auch nicht die Öffnung ohne Rahmenbedingungen gefordert wird.

Transparent am Zaun vor der Gegengerade: „Unsere Nachbarn machen es vor – volle Stadien sind möglich!“, Foto: Matze Koch

Ich finde das nur verständlich. Sowohl beim Blick auf Unionspiele als auch auf andere Partien oder Veranstaltungen ist die Frage, ob das noch dem Infektionsschutz gilt durchaus berechtigt. Dazu passend gibt es ein Interview im Deutschlandfunk, in dem ein Jurist ausführt, dass die Beschränkungen mindestens gegenüber Geimpften und Genesenen kaum noch begründbar seien und möglicherweise von Gerichten kassiert werden. Er erwähnt außerdem, dass es auch eine sachliche Begründung für den Ausschluss von Ungeimpften, aber ordentlich Getesteten, geben muss, sollte der erwogen werden.

Für mich ist das auch der springende Punkt: Eine sachliche Begründung. Es fehlt wohl wenig Fantasie, um sich vorzustellen, dass die von der Politik vor der Wahl kaum zu bekommen ist.

Und sonst so?

Am Sonntag gab es im Tagesspiegel ein zweiseitiges Doppel-Interview mit Oliver Ruhnert und Paul Ziemiak (CDU). Beide kennen sich aus dem Stadtrat Iserlohn und vertreten auf dem Papier sehr gegensätzliche Positionen. Nun ist der eine der Manager eines Bundesligisten und der andere eines Wahlkampfes.

Ich fand das Setting sehr spannend, muss aber sagen, dass es leider über Stanzen selten hinaus ging. Vielleicht der Nachteil, wenn so ein Interview in Schriftform im Wahlkampf erscheint. Oliver Ruhnert als kommunaler Abgeordneter der Linkspartei hatte da natürlich mehr Freiheit, bestimmte Linien seiner Partei zu kritisieren.

Ziemiak kam dagegen recht farblos herüber. Ich kann es ehrlich gesagt nicht mehr hören, wenn jemand fordert, andere sollten bekennen, die DDR sei ein Unrechtsstaat gewesen. Das ist als würde ich von jemanden fordern, endlich zu sagen, dass es nachts dunkel sei. Für mich klingt das eher, als sei man seit den frühen 90ern in einem parteipolitischen Schützengraben festgefahren. Vielleicht wäre das ganze Gespräch als Podcast interessanter geworden.

16 Kommentare zu “Der Sieg gegen Gladbach verschafft Union Luft, um sich besser einzuspielen

  1. Ich würde hier gern mal hervorheben, wie gut die Abwehr auch ohne Marvin funktioniert hat. Paul Jaeckel fand ich wirklich beeindruckend abgeklärt – da haben wir den passenden Ersatz vielleicht schon in eigenen Reihen und können uns das Baggern an Friedl sparen.

  2. Einen „Unrechtsstaat“ mit „nachts dunkel“ gleichzusetzen kann ich nicht nachvollziehen.

    • Die Analogie ist dazwischen, wie offensichtlich oder umstritten die Aussagen sind.

    • @michael Was Daniel sagt. Hier wird nicht ein „Unrechtsstaat“ mit „nachts dunkel“ gleichgesetzt, was auch wenig Sinn ergeben würde. Es geht tatsächlich darum, dass es diesen Diskurs darüber gar nicht mehr gibt, weil das keine Person, die ernstgenommen werden will, tatsächlich noch vertritt. Will heißen, dass es zum Thema „DDR war ein Unrechtsstaat“ keine heiße Debatte mehr gibt. Da dürfte jeder Pop-up-Radweg oder jede Kantine ohne Currywurst für mehr Temperatur sorgen.

    • Ich glaube auch, wir haben wichtigere Probleme als uns über die Betitelung eines untergegangenen Regimes zu streiten. Ich fand das Interview der beiden, analog zu Sebastian, mäßig interessant. Dazu trug vor allem der inhaltsleere Teil von Herrn Ziemiak bei. Aber immerhin gab es ein paar interessante Fakten: Edin Terzic wurde mal von Oliver Ruhnert trainiert! Ich wusste das noch nicht… :D

  3. Der Kurier mit seinen Wortspielchen..
    Aber Awonuse wäre noch schlimmer gewesen.?

  4. zentralesMittelfeld

    Beide Tore waren wunderschön. Die butterweiche Flanke von Haraguchi auf Gießelmann, der sich alle Zeit der Welt nimmt und überlegt ins lange Eck einköpft. Einfach fantastisch.
    Und dann setzt der zweite Treffer von Taiwo mit der genialen Vorarbeit von Kruse noch einen oben drauf und wird zurecht überall abgefeiert. Solche Spielzüge kenne ich eigentlich nur von Dortmund oder Bayern. Völlig absurd, einen Spieler von dieser Qualität in unserem Trikot zu sehen. Das ist schon traumhaft.

    Die zweite Halbzeit muss ich mir noch mal aus TV-Perspektive anschauen. Für meine Begriffe stand man zu tief und hat die Gegner etwas zu viel machen lassen, auch wenn die zentrale Verteidigung gut funktioniert hat. Es gab um die 60. Minute ein paar gefährliche Aktionen für die Gladbacher, die vom anderen Ende des Stadions schon sehr knapp aussahen, aber das hat die Mannschaft auch erkannt und sich wieder ins Spiel gekämpft.

    Es war ein sehr schöner Sonntag-Nachmittag, und das Team zeigt, dass es auf dem richtigen Weg ist.

  5. Die Abwehr hat einen sehr guten Job gemacht auch ohne Friedrich, das ist sehr beruhigend. Aber ich bleibe dabei, das Mittelfeld in Person von Khedeira ist nicht 1Liga reif. Hier muss zwingend nachgebessert werden.

    • Wie kommst du darauf? Kannst du das irgendwie untermauern?

    • Ich würde behaupten, dass es dieses Mal schon besser aussah als in den ersten beiden Spielen. Sicher noch nicht optimal, aber ich habe die leise Hoffnung, dass sich das einspielt.

    • Sehe ich ähnlich.
      Haraguchi ist noch nicht ganz in der ersten Liga angekommen ist mein Eindruck.
      Deshalb sieht Khedira manchmal auch nicht so gut aus.
      Aber dass Khedira jetzt nicht erstligareif ist, den Eindruck habe ich gar nicht.

    • Senfbeilage

      @Karlson…puuh ganz steile und i.wie auch unfaire These ohne es weiter auszuführen. Mein Eindruck ist der, das Khedira ziemlich häufig Alleinunterhalter im DM ist und so ziemlich alles alleine beackern muss, weshalb es manchmal so aussieht als wäre er 1-2 Meter zu weit weg. Ich sehe ihn eigentlich ziemlich konstant und aufopferungsvoll arbeitend. Fischer sieht es wohl nicht anders und befördert ihn bisher jedes mal in die Startelf und lässt ihn fast durchgehend durchspielen.

  6. Kruses Pass auf Haraguchi vor dessen Flanke zum 1-0 verdient nicht nur einen hochverdienten Scorerpasspunkt, sondern auch die Einführung dieser Punktewertung!

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