Blog State of the Union

Karten-Glück, Abschieds-Tränen und schon wieder eine historische Leistung für Union

Am Mittwoch kamen die Mails an diejenigen Dauerkartenbesitzer, die ihr Glück bei der Verlosung der Tickets für das letzte Saisonspiel versucht haben. Wenn andere nur halb so euphorisch waren wie ich, der in einem leeren Großraumbüro laut aufgeschrien hat, wird das nicht nur trotz der lediglich zu 10% genutzten Stadionkapazität laut am Samstag, sondern wir sollten uns auch genug Taschentücher mitnehmen, weil wir wahrscheinlich alle ständig von unseren Gefühlen überwältigt werden.

Ich habe jedenfalls vor Aufregung über das Losglück glatt das Ticket nicht für meinen Stammplatz an der alten Anzeigetafel, sondern für den Block darunter gekauft und werde so Christopher Trimmel bei Ecken noch ein paar sachdienliche Hinweise geben können.

Apropos Heulen: Es wird ja auch einige Abschiede geben (hoffentlich nicht von Trimbo). Und ich bin dabei so froh, dass Union sich die Mühe gegeben hat, alles zu versuchen, damit die vor Zuschauern stattfinden. Denn das ist einfach wichtig. Wie wichtig habe ich gemerkt, als ich mir das Spieltags-Interview mit Christopher Lenz (AFTV) angeschaut habe. Trotz der Einspieler von Weggefährten wie Maximilian Philipp oder Felix Kroos. Während Katharina von AFTV und mit ihr sicher viele beim Zuschauen schon die Tränen kamen, hielt der Linksverteidiger tapfer durch. Allerdings fehlte wohl auch nicht viel.

Das Interview zeigte, dass Profis zwar richtigerweise vor allem ihre eigene Karriere im Blick haben (umgekehrt gilt ja auch, dass bei einem Leistungsabfall schnell von Vereinsseite Spieler gehen gelassen werden), aber dass man sich trotzdem heimisch und wohl fühlen kann. Mit Christopher Lenz geht eben nicht nur ein wirklich guter Linksverteidiger, sondern auch eine Person, die für das menschliche Miteinander wichtig war. Sei es durch die Kabinenmusik (hier noch einmal die Empfehlung für die Podcast-Episode mit ihm) oder einfach dadurch, dass er versucht hat, neuen Spielern das Einleben in Berlin so leicht wie möglich zu machen. Ich wünsche ihm unfassbar viel Erfolg bei der Eintracht.

Als Vorbild an Professionalität und gleichzeitig als Person mit viel Bodenhaftung nannte Christopher Lenz auch Christian Gentner, der nach zwei Jahren ebenfalls Union verlässt. Das Ziel hat er nicht verraten, aber der Tagesspiegel vermutet es außerhalb der Bundesliga. Und zwar gemeinsam mit der Familie.

Was Union durch die Abgänge von Lenz und Gentner verliert

Bei diesen zwei Abgängen spüre ich mal wieder, dass es jenseits von erfassten Werten, die in Radar-Diagrammen dargestellt werden auch Werte gibt, die viele einzelne Spieler erst zu einer Mannschaft machen. Dazu gehört die Integrationskraft eines Teams und auch die Erfahrung, bestimmte Situationen mit viel Druck schon erlebt zu haben. Ich hoffe, dass die in dieser Hinsicht schmerzlichen Abgänge von Lenz und Gentner aufgefangen werden und nicht mit einem Weggang von Christopher Trimmel ein weiterer hinzukommt.

Erst einmal geht es für den Kapitän hoffentlich zur Europameisterschaft. Der österreichische Fußballverband nominierte ihn für den vorläufigen Kader. Unter anderem darüber sprach er in einer Medienrunde im Quarantäne-Trainingslager (Morgenpost, Kicker).

Damit hat Union eventuell zwei Spieler, die an der EM teilnehmen. Denn Joel Pohjanpalo wurde für Finnland in das Team berufen. Gemessen an der Tatsache, dass es noch nie einen Unionspieler bei einer Europameisterschaft gab, ist das eine große Nachricht. Das mag einer Phase vieler historischer Schritte, die Union in den vergangenen Jahren gegangen ist, etwas untergehen. Aber der 19. Mai 2021 zeigt, wie sehr sich das Team sportlich weiterentwickelt hat und dass diese Leistungen anerkannt werden. Ein Jammer, dass Marvin Friedrich bisher vom DFB so hartnäckig ignoriert wird.

Tymoteusz Puchacz ist für Polens EM-Kader ebenfalls nominiert, aber ich würde ihn hier noch nicht als Unionspieler mitzählen, wenn er noch kein Spiel für Urs Fischers Team gemacht hat.

Öztunali kommt als Achter

Mit einiger Erfahrung kommt für das zentrale Mittelfeld Levin Öztunali ablösefrei vom 1. FSV Mainz 05 (Vereinsmitteilung). Ich bin sehr gespannt, ob er den Schritt zum absoluten Stammspieler bei Union gehen kann. Seine bisherigen Saison waren in der Hinsicht wechselhaft. Andererseits hat er trotzdem schon 167 Bundesligaspiele gemacht.

Jenseits der fußballerischen Fähigkeiten tut mir Öztunali leid, weil er das Schicksal der Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn teilt. Denen wird mit Amtsantritt ebenso wie ihm der Vorname genommen. Während es dort dann Bahnchef Lutz oder Bahnchef Grube heißt, muss sich der Mittelfeldspieler permanent Uwe-Seeler-Enkel Öztunali nennen lassen. Darüber kann er sich in der nächsten Saison auf jeden Fall mit Weltmeisterbruder Khedira austauschen.

Oliver Ruhnert hatte übrigens im Doppelpass bei Sport1 vorhergesagt, dass es kein Bruder-Derby in Berlin geben werde und hat mit dem Karriere-Ende von Sami Khedira in der Hinsicht recht behalten.

Hier sind die Medienberichte zur Öztunali-Verpflichtung:

Der Kurier meldet derweil echte Zweifel an einer Weiterverpflichtung von Taiwo Awoniyi. Ich hingegen hoffe, dass sich hier eine Lösung findet, von der sowohl Awoniyi als auch Union profitieren können. Am längeren Hebel sitzt natürlich der FC Liverpool, der auch etwas davon haben will.

Immerunioner

Vereinslos ist nach Saisonende auf jeden Fall Steven Skrzybski, dessen Vertrag beim FC Schalke 04 nicht verlängert wird (Kicker). Schade, dass sich der Angreifer nicht hat durchsetzen können. Aber die Kombination von ständigen Verletzungen und dem Schalker Chaos war wohl zu groß.

Und sonst so?

Wegen der Pyroshow auf dem Stadiondach gibt es 6000 Euro Strafe für Union vom DFB (Vereinsmitteilung). Bemerkenswert ist dabei, dass Union dem Sportgericht vier Täternamen mitteilen konnte, was die Strafe deutlich reduziert hat, wie der DFB schreibt: „Ohne die erfolgreiche Täterermittlung hätte der Kontrollausschuss hingegen eine Geldstrafe von mindestens 20.000 Euro beim Sportgericht beantragt. Der DFB ermutigt darüber hinaus alle Vereine, die erhaltenen Geldstrafen auf zivilrechtlichem Wege an die Täter weiterzugeben.“

Ich weiß nicht, ob sich Union diese Geldstrafe auf juristischem Weg zurückholt. Aber ich kann es mir nicht vorstellen. Denn schon alleine das Präsentieren der Täter hat zu einer deutlichen Reduktion der Strafe geführt. Es gibt hier sicher andere Wege, den Schaden zu kompensieren. Und während die Ausführung der Pyroshow in doppelter Hinsicht suboptimal war (auf dem Stadiongelände und dann auch noch mit unprofessionellem Brandschutz), so sehe ich ehrlich gesagt nicht, wieso man die Intention der Aktion, nämlich die Mannschaft im Derby zu unterstützen, drakonisch durch anwaltliche Schritte bestrafen sollte. Da finden sich sicher andere Wege, das abzuarbeiten. Dass der DFB anhand dieses Falls die Clubs offen dazu auffordert, die eigenen Fans durch das Weitergeben von Geldstrafen finanziell zu ruinieren, passt zum Bild, das der Verband aktuell abgibt.

Geldstrasse oder Geldstrafe, das ist hier die Frage; Twitter: @Maat261
Geldstrasse oder Geldstrafe, das ist hier die Frage; Twitter: @Maat261

Einfach mal Danke sagen. Das soll die Aktion #DankeUnioner leisten. Wer einen Fototweet oder einen Instagram-Post mit dem Hashtag postet landet auf der Website danke-unioner.de. Das ist eine sehr schöne Geste.

14 Kommentare zu “Karten-Glück, Abschieds-Tränen und schon wieder eine historische Leistung für Union

  1. Waschweib*r

    Dem Dank an all die Helfer von DZ zum Erfolg der Mannschaften des 1.FC Union Berlin kann man sich nur anschließen. Danke und weiter so.
    Pyro hat in einem Stadion nun mal nichts zu suchen. Kann eben auch mal nach hinten losgehen. Bisher nur fast die Trainerbank und nun der Container betroffen. Einen Treffer im Block möchte ich mir erst gar nicht vorstellen. Gut gemeint die jetzige Aktion aber leider fehlgeschlagen. Gut das sich die Teilnehmer ihrer Verantwortung gestellt haben und größeren Schaden (Strafe) vom Verein abgewendet haben.
    Vorstellen könnte ich mir keine weiteren Maßnahmen durch den Verein. Den Schaden am Container ersetzen? Na Ja. Aber solle dieser nicht eh ersetzt werden? Bleibt der Hausfriedensbruch. Was will man machen wenn die betreffenden Fans freiwillig auf den Besuch des Stadion für 2-3 Spiele verzichten und ihre Karten sozialen Projekten zur Verfügung stellen. Eine Idee.

    • „Pyro hat in einem Stadion nun mal nichts zu suchen…“ So so, na zum Glück bildest du da keine Mehrheitsmeinung bei uns. ????

  2. Michael

    Fühlt sich eine Mannschaft beflügelt wenn ein Feuerwerk stattfindet? Ich hab generell meine Probleme mit Pyro und würde es dadurch gar nicht übel finden, wenn der Verein sich das Geld bei den 4 „Tätern“ (anteilig) zurückholt.

    • Kannst ja mal bei dem einen oder anderen Profi zum Thema nachfragen. Da klang immer mal durch, dass sie es eigentlich auch geil finden. So eine schöne Blockpyro hat schon was.

      Das Feuerwerk zum Hertha-Spiel (war kein Derby, da ohne Zuschauer!) war meiner Meinung nach umsonst, da am hellichten Tag und somit fast ohne sichtbaren Effekt.

  3. Michael

    Noch eine Anmerkung zum Lenzi:

    Das Video ist vor Wochen aufgezeichnet worden oder?
    Frankfurt und CL ist ja nun nicht und das wir ohne Zuschauer spielen auch nicht mehr.

    Aber trotzdem schöner Abschluß von ihm und scheint neben seinen fußballerischen Qualitäten vorallem als Mensch zu überzeugen. Er ist und bleibt damit für mich ein „Fußballgott“, egal mit wem er hier demnächst an der AF aufschlägt.

    Ok, ausgenommen mit den Charlottenburgern. :-)

    Alles Gute Christopher!

    • @michael Ja, das Video musste vorher aufgezeichnet werden, weil die Teams seit 12. Mai in Quarantäne-Trainingslagern sind. Da sind solche Aufnahmen so nicht mehr möglich.

  4. Frank Nussbücker

    Ich freue mich sehr für Dich, dass Du im Stadion bist. Mit Dir, Torsten Eisenbeiser, Carola Caplan sind also schon mal 3 Unioner drin, die unsere Mannschaft volle Pulle anfeuern und auch die Spieler, die uns verlassen, ordentlich verabschieden.
    Ich hab mich entschieden, diesen tag mit ein paar Eisernen Freunden auf der Viktoria zu verleben. Ebenfalls aus Gründen.
    Auf dass wir uns eines Tages alle im Stadion sowie davor & danach in & an den einschlägigen Lokalitäten wiedersehen, die es dann hoffentlich auch noch gibt.
    „Wir werden ewig leben“, danke Union!

  5. Waschweib*r

    Hi Bocki,
    ich hoffe du änderst deine Meinung wenn du wie ich erleben musstest das eine Rakete die Nasse meiner Nachbarin getroffen hatte. Zum Glück nicht die Augen und mich.

  6. Novalis

    Bei so viel »Karten-Glück« (es dürften alle bisher stattgefunden Spiele mit Zuschauern im Losverfahren gewesen sein) solltest du vielleicht Lotto spielen od. diese Geschichten deiner Großmutter erzählen… das glaubt dir hier keiner mehr, dass das alles mit rechten Dingen zugeht.

    • @novalis Auch wenn es null notwendig ist, mich zu rechtfertigen: Es gibt immer auch ein Kontingent für Fanclubs, über das ich vorher durchaus eine Karte bekommen habe als ordentliches Fanclubmitglied mit Dauerkarte. Dieses Mal war ich allerdings stinknormal in der Verlosung wie alle anderen, weil es nur ein absolut minimales Kontingent für Fanclubs gab. Die Wahrscheinlichkeit, eine Karte zu gewinnen ist übrigens unfassbar hoch im Vergleich zum Lottogewinn, wenn wir von nur rund 10.000 berechtigten Verlosungsteilnehmern ausgehen und 2000 Karten (vorher in der Saison 5000 Karten). Und ja, ich habe auch schon bei Verlosungen Pech gehabt. Oder meinst du, wir würden hier bevorzugt werden? Dann kann ich dir sagen, dass auch Personen aus unserem Team für dieses Spiel eine Niete hatten.

    • Ich sollte vielleicht wirklich Lotto spielen. Habe ich doch bisher bei jeder Verlosung gewonnen. Bin weder im Fanclub noch irgendwie mit dem Verein außer als stinknormales Mitglied verbandelt.
      So viel dazu…

  7. Du musst Trimmi nicht verabschieden!

    Die dritte Erstligasaison kann kommen!!!
    Eisern

    • @sebastian
      Es waren übrigens nicht 10.000!
      Habe freiwillig auf mein Lotterielos verzichtet, da ich die Saison „ohne auch nur einen Besuch“ abschließen wollte! ?
      u.n.v.e.u.

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