Blog State of the Union

„Urs Fischer ist der beste Transfer“

Es war ein typischer Gikiewicz, den Unions früherer Torhüter nach dem Spiel am vergangenen Woche in Bremen gebracht hat, nachdem seine Mannschaft in den letzten Minuten des Spiels zwei Tore kassiert und damit eine wichtige Partie bei einem Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt verloren hatte. Wahrscheinlich noch mit ordentlich Puls sagte er beim Interview nach dem Spiel: „Wir verlieren ein wichtiges Spiel 2:0 und wir lachen auf dem Platz, das kann ich nicht akzeptieren.“

Rafal Gikiewiczs berühmt-berüchtigter Laser-Blick, Foto: Foto: SF / Matthias Koch
Rafal Gikiewiczs berühmt-berüchtigter Laser-Blick, Foto: Foto: SF / Matthias Koch

Dieses Thema des Aufeinandertreffens mit dem früheren Torhüter beschäftigt natürlich die Berliner Medien (Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Morgenpost). Wir lesen Statistiken über abgewehrte Bälle, Stärken auf der Linie, über den durchschnittlichen Abstand zur Torlinie. All das ist richtig. Doch warum funktioniert der unruhige, immer nach Selbstbestätigung suchende Rafal Gikiewicz in Augsburg und Andreas Luthe, an dessen Bundesliga-Tauglichkeit so mache zweifelten, in Berlin? Und das obwohl der letztgenannte in Augsburg zuvor umstritten war? Das finde ich sehr spannend.

Andreas Luthe zeichnete sich in dieser Saison als sicherer Rückhalt für Union aus, Foto: Matze Koch

Wir lesen davon, dass Luthe auch deutlich ruft im Spiel, wenn das Positionsspiel nicht stimmt. Ich kenne Andreas Luthe nicht. Ich sehe sein Spiel. Ich höre ihm zu, wie beispielsweise in dieser Episode des Kicker-meets-Dazn-Podcasts. Ich sehe sein Engagement im sozialen und auch im gewerkschaftlichen Bereich (Bündnis). Aber auch die Gnadenlosigkeit zu sich selbst, wenn man sich den kaputten Finger anschaut (AFTV).

Vielleicht sind es wirklich die sportlichen Fakten, die hier überzeugten. Oder es ist einfach so, dass Andreas Luthe in dieses Team hervorragend hineinpasst, während Rafal Gikiewicz schon ab und zu mal einen Alleingang wagte, obwohl das Team vielleicht noch keinen festen Standpunkt gefunden hatte (beim Gehaltsverzicht in der ersten Welle der Corona-Pandemie beispielsweise) oder einen anderen Standpunkt hatte (zum Stimmungsboykot im ersten Bundesligaspiel gegen Rasenballsport Leipzig).

Rafal Gikiewicz hat bestimmt einen höheren Betreuungsaufwand, wenn man das so ausdrücken will und ich verstehe, wenn Fans mit diesen Aussagen oder Verhalten des Keepers fremdelten. Aber ich mochte ihn sehr, weil zu diesem Paket eben auch dieser gnadenlose Ehrgeiz zählte, ein Feuer, das eine Mannschaft vielleicht auch mal benötigt, um außergewöhnliche Leistungen abzuliefern.

Hätte ich beispielsweise das Gefühl mein Team wäre mit einer Situation zufrieden und hätte sich in ihr eingerichtet, dann dürfte da eine Person wie Rafal Gikiewicz ordentlich etwas durcheinander bringen. Oder hätte ich das Gefühl, dass Abwehrspieler ihrem Keeper nicht trauen. Auch dann hätte ich das Gefühl, dass Gikiewicz das Problem heilen kann. Mit der ganzen Selbstüberzeugung, die er nach außen ausstrahlen will.

Rafal Gikiewicz
Rafal Gikiewicz nach Abpfiff im letzten Zweitligaspiel in Bochum am 19. Mai 2019, Foto: Matze Koch

Und vielleicht muss man sich prinzipiell von diesem zwanghaften Vergleich zwischen den zwei Keepern lösen. Auch wenn ich den hier selbst gemacht habe. Es gibt mehr als einen Weg, um erfolgreich zu sein. Und wir sehen, dass beide mit ihrem Auftreten und ihren Leistungen unumstritten die Nummer 1 in ihren Teams sind. Und wenn ich sage, dass ich Rafal Gikiewicz mit all seinen Macken mochte und immer noch mag, bedeutet das im Umkehrschluss nicht, dass ich Andreas Luthe in irgendeiner Art und Weise das Misstrauen ausspreche. Sie stehen ja überhaupt nicht in Konkurrenz zueinander.

Die Bindung von Gikiewicz zu seiner Unionzeit wird ja nicht nur durch sein Tattoo deutlich, das er sich als Medaille für den Aufstieg hat stechen lassen. Er traf über Weihnachten Michael Gspurning auf einen Kaffee, wie er im Kicker erzählte. Und er war kurz im Mannschaftshotel in Augsburg, tauschte einige Worte mit Urs Fischer aus, den er als besten Transfer von Union bezeichnete. Vor allem sprach er länger mit Teambetreuerin Susi Kopplin.

Zum Spiel gegen Augsburg

Durch die Sperre von Florian Hübner für 2 Spiele gibt es die Möglichkeit, dass Nico Schlotterbeck heute gegen Augsburg ins Team zurückkehrt (Kurier). Es sei denn, dass Urs Fischer auf Viererkette umstellt. Grischa Prömel und Sheraldo Becker sind auch wieder Optionen (Kicker). Wobei es möglich ist, dass der Trainer hier eher vorsichtig ist, da wir diese Saison schon einige Erfahrungen mit aufgebrochenen Verletzungen (Christian Gentner, Nico Schlotterbeck) gemacht haben. Die gesamte Pressekonferenz mit Urs Fischer und einem einsam in Berlin stehenden Pressesprecher Christian Arbeit findet ihr bei AFTV.

Pressekonferenz mit Pressesprecher Christian Arbeit in Berlin und Urs Fischer in Augsburg, Screenshots: AFTV
Pressekonferenz mit Pressesprecher Christian Arbeit in Berlin und Urs Fischer in Augsburg, Screenshots: AFTV

Florian Hübner ist nach Berlin gereist, was nach diesen heftigen Tagen vielleicht wirklich die beste Option ist. Man muss nicht besonders tief in die Social-Media-Welt eintauchen, um sich vorzustellen, wie viel Hass ihm da entgegengeschleudert wurde und auch nach dem DFB-Urteil immer noch wird. „Er hat doch gar keinen Account in einem Social Network“, höre ich da gleich manche sagen. Das ist richtig, aber seine Frau schon. Seine Mannschaftskameraden auch. Andreas Luthe wird nicht ohne Grund die Kommentare bei Instagram abgeschaltet haben. Jede Person geht damit anders um.

Der noch an seiner Rückkehr nach Verletzung arbeitende Max Kruse machte gestern beispielsweise in Clubhouse die Runde „Let’s talk about -RASSISMUS – mit Max Kruse“ auf, in dem Menschen ihre persönlichen Rassismus-Erfahrungen teilen konnten. Das bringt mich noch einmal dazu, mich für die vielen, auch kritischen, Kommentare in den vergangenen Tagen zu bedanken. Wir müssen nicht einer Meinung sein, aber wir sollten nie aufhören, miteinander zu reden.

Max Kruses Runde bei Clubhouse
Max Kruses Runde bei Clubhouse

Schade, dass wir nicht nach Augsburg mitfahren konnten, wie der Kurier zurecht bemerkt.

Das stand noch in den Medien:

Und sonst so?

Marvin Friedrich steht in der Kicker-Elf der Hinrunde. Und zwar verdient.

Neven Subotic hat seinen Vertrag in der Türkei bei Denizlispor aufgelöst (Transfermarkt).

Der Nordostdeutsche Fußballverband hat einen Interimspräsidenten (Verbandsmitteilung). Ich hoffe mal nicht, dass wir dadurch sächsische Verhältnisse im Verband bekommen, in dem einige Union-Teams aktiv sind.

Egal, was dieses Wochenende passiert, denkt immer daran, wie sich Finch Asozial hier möglicherweise für eine Teilnahme bei Let’s dance bewirbt …

6 Kommentare zu “„Urs Fischer ist der beste Transfer“

  1. Musiclover

    Luthe kommt sportlich sicher nicht an Giki ran, aber seine ruhige Art scheint gut zu unserer Abwehr zu passen. Daher ist es schon perfekt, so wie es aktuell ist. Union ist zufrieden und Augsburg dürfte mit Giki auch zufrieden sein.

    • Ich denke genauso wie Luthe durch seine ruhige und wenig spektakuläre Art tendenziell unterschätzt wird, wird Rafa durch sein lautes Auftreten tendenziell in seinen Leistungen überhöht dargestellt. Ja, Luthe hat noch keinen Treffer gelandet und bei manchen Dribblings hintenrum wird einem schwindelig, aber er hat auch wirklich noch keine eklatanten Fehler gemacht. Bälle, die zu halten sind, hält er. Dadurch war auch in dieser Saison eine Diskussion über den Stammtorhüter einfach immer Fehl am Platze, was schon für sich spricht. Ich glaube letztlich nicht, dass wir mit Rafa weniger Gegentore oder mehr Punktr hätten, und das sage ich auch als anfänglicher Luthe-Skeptiker.

    • Deine sportliche Einschätzung ist genau das – DEINE Einschätzung!
      Nur, weil er deutlich ruhiger agiert und nicht immer den Zampano macht, ist er noch lange nicht schlechter.
      Ja, Rafa ist im Eins gegen Eins außergewöhnlich! Aber Andi pflückt so viele Bälle mit der Mütze, dass es immer so selbstverständlich aussieht. Dabei liegt das nur an seinem herausragenden Stellungsspiel. Diese gefangenen Bälle sind die gleichen, die Rafa mit Müh und Not aus dem 16er boxt. Nur das sehen leider die wenigsten.

  2. Aua, mit dem Finger kann sich Andy nach dem Karriereende bei den Stones als „Ersatz-Spieler“ für Keith bewerben.

  3. „Finch Asozial“… manchmal füllt diese Seite Wissenslücken, die ich gerne offen gelassen hätte.

  4. Fred D’hondt

    Selbst wann ich seine aussage nicht gefält habbe, herinner ich mich bei Rafal, voral an seine tränen bei sein familiën am spielrand in Bochum nach unsure 2-2. Einmal Unioner, immer Unioner. Fand damals Bochum Terrode’s törfeiern gegen uns viel schlimmer!

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