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Hausgemachte Unruhe, Verletzungsmisere und fehlender Erfolg: Union schleppt zum Saisonendspurt einen Rucksack voller Probleme mit sich herum

Wir haben alle unsere eigenen Wege, mit der aktuellen sportlichen Situation bei Union umzugehen. Seit dem Wiederbeginn des Spielbetriebs hat Union einen Punkt aus vier Spielen geholt bei 2:11 Toren. Tabellenplatz 14 gibt es dafür fünf Spiele vor Saisonende. „Ist doch noch nichts passiert“, sagen dazu vielleicht einige. Union befindet sich damit in der Normalität und das ist immer noch besser, als zum Bundesligabeginn gedacht, meinen andere wie beispielsweise der Kurier in diesem Kommentar.

Auch eine Art, mit der aktuellen sportlichen Situation umzugehen, Instagram: Die Eisernen
Auch eine Art, mit der aktuellen sportlichen Situation umzugehen, Instagram: Die Eisernen

Ich gehöre weder zu der einen noch zur anderen Gruppe. Ich schaue mir die Spielweise der Mannschaft aktuell an, die fern von dem ist, was sie in dieser Saison stark gemacht hat, und kann mir kaum vorstellen, dass man damit noch sensationell viele Punkte holen wird. Es ist, als ob man sich ins Ziel schleppt nach einem sehr langen, kräftezehrenden Lauf. Es kann bis über die Zielgerade reichen. Oder auch nicht.

Da hilft die aktuelle Verletzungsmisere auch nicht weiter. Nun fällt auch Julian Ryerson bis Saisonende aus (Vereinsmitteilung, Kurier), der ein guter Ersatzmann auf der rechten oder linken Verteidigerseite war. Ich wäre versucht, Unions Außenspieler in Watte zu packen, wenn das mit dem Hygienekonzept der Deutschen Fußball-Liga vereinbar ist. Es darf sich dort wirklich niemand verletzen oder leichtfertig eine Sperre abholen. Ein bisschen Hoffnung macht Suleiman Abdullahi, der in Mönchengladbach nach langer Verletzungspause wieder auf der Bank saß.

Julian Ryerson wird beim Spiel gegen Mönchengladbach behandelt, Foto: Moritz Mueller/Pool via Matthias Koch

Hausgemachte Unruhe im Team rund um den Gehaltsverzicht

Und natürlich sind die hausgemachten Querelen um den Gehaltsverzicht des Teams (ob Stundung oder tatsächlicher Verzicht ist unklar) und Sebastian Polters Verweigerung gegenüber der ausgehandelten Teamlösung ein Thema, das zur Unzeit in den Medien ist. Wir können uns natürlich alle vorstellen, wie lange das schon intern Thema gewesen sein muss. Ob Unions öffentlichkeitswirksamer Akt der Bloßstellung des Angreifers das Durchschlagen eines vermeintlichen gordischen Knotens war oder aber noch zusätzlich das Teamklima belastet, wird eine Frage sein, die sich die daran Beteiligten je nach Saisonausgang noch lange stellen werden.

Mir ist bis heute nicht klar, warum Union Ende März mitgeteilt hat, dass das ganze Team zum Gehaltsverzicht bereit ist. Hier mag man gerne einwenden, dass ja alle bereit waren (auch Sebastian Polter bis heute), aber über die Art und Weise des Verzichts sehr unterschiedliche Vorstellungen herrschen. Deswegen ist die Vereinsmitteilung aus dem März auch keine Lüge. Aber sie suggeriert natürlich, dass schon alles geklärt sei. Das Bild der Union-Familie, die auch in der Not zusammenhält. Und nun müssen wir über 2 Monate später in einer Präsidiumsmitteilung als Vorrede zu Polters Gegendarstellung lesen, dass dies gar nicht der Fall war.

Sebastian Polter geht in die Mannschaftskabine, Foto: Matze Koch

Ob man als Textaufhänger zu dem Thema machen muss, dass Urs Fischer in einem Interview auf die Frage zu Sebastian Polter ein Wort nicht einfällt (Bild/BZ), muss auch jede Person für sich beantworten. Vielleicht kann man auch mal den Meter geradeaus denken und sich vergegenwärtigen, dass der Trainer diese Interviews alle nicht in seiner Muttersprache gibt.

Marius Bülter wird fest verpflichtet

Union hat zudem am Montag noch bekanntgegeben, dass Marius Bülter fest verpflichtet wurde (Vereinsmitteilung, Kurier). Ich weiß nicht, wie lange das intern schon klar ist, aber jetzt war sicher der passende Moment für gute Nachrichten. Ich bin tatsächlich sehr gespannt, wie sich der Außenbahnspieler noch entwickeln wird.

Das sind die restlichen Berichte der Berliner Medien

Beim RBB sagte Manager Oliver Ruhnert zum Kniefall von Marcus Thuram nach dessen Tor gegen Union und den darauffolgenden Ermittlungen des DFB-Kontrollausschusses: „Wenn ein Kontrollausschuss dagegen ermitteln will, dann muss ich mich fragen, ob wir alle noch die gleichen Werte haben. Hier geht es um ein globales Thema: Das Nein zu Rassismus. Das ist ein Standpunkt, den eigentlich alle Verbände unterstützen und das mit verschiedenen Aktionen auch schon gezeigt haben.“

Der aktuelle Union-Podcast

Wir haben das Thema ebenso wie das Spiel gegen Mönchengladbach in unserer aktuellen Podcast-Episode diskutiert. Den größten Raum hat da aber tatsächlich der Fall Sebastian Polter eingenommen. Denn hier kommen doch viele Dinge zusammen. Rechtlich hat sich der Angreifer nämlich nichts zuschulden kommen lassen. Und trotzdem hat sich der Verein entschieden so zu handeln, wie er es getan hat.

Marius Bülter und Rafal Gikiewicz nach Abpfiff, Foto: Moritz Mueller/Pool via Matze Koch

4 Kommentare zu “Hausgemachte Unruhe, Verletzungsmisere und fehlender Erfolg: Union schleppt zum Saisonendspurt einen Rucksack voller Probleme mit sich herum

    • @gorilla im Nebel: Ich hatte den Bild-Text dazu verlinkt. Aber ganz ehrlich war mir der News-Anlass (ein Tweet von Rafal Gikiewiczs Bruder aus Jordanien, der sich über Subotic im Spiel lustig macht) zu gering, um das Thema zu kommentieren. Was kann denn Rafa dafür, was sein Bruder während des Spiels twittert?

  1. Gorilla_im_Nebel

    Kann zum Glück nichts dafür. Aber die Eitelkeiten von Spielern (auch wenn man Subotic ist) sollte man trotzdem nicht unterschätzen. Um 100% Leistung zu bringen, muss es im Team zu 101% stimmen.

  2. Danke, Sebastian, in Bezug auf die unsägliche Art der Berichterstattung in Bild/BZ (in Person von Robert Matiebel) zum Thema Polter sprichst du mir aus der Seele. Ich weiß, es ist Boulevard, aber so tendenziös, wie alle Artikel dieses Autoren geschrieben sind, fällt es mir schwer, darin keine Rufmordkampagne zu sehen.

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