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Transfer von Kevin Volland: Die Zeit der Truthähne bei Union ist vorbei

Bei Union passiert gerade so viel, dass ich mir wünschte, wir hätten alle einmal zwei, drei Tage News-frei, um das sacken zu lassen. Am Donnerstag Abend verkündete der Verein die Verpflichtung von Kevin Volland. Ein Stürmer, den wir bei Union vor allem aus seiner Anfangszeit beim TSV 1860 noch kennen. Eine Kategorie Spieler, von der ich bis zu dieser Transferperiode dachte, sie wären nicht in dem Regal von Union.

Kevin Volland bejubelt sein Tor zum 1:0, rechts Torhüter Marcel Höttecke, in der Mitte Michael Parensen, 25.02. 2011, Foto: Matthias Koch

Mit diesem Transfer wird die Hierarchie im Angriff ordentlich durcheinandergewirbelt. Vor allem für Jordan Siebatcheu wird es nun wohl Zeit, sich wirklich nach einem anderen Verein umzusehen, weil die Chancen auf Spielminuten nun nicht größer werden. Mikkel Kaufmann dürfte sich erst recht umschauen, was ich ehrlich gesagt doppelt bitter finde, weil er erst in diesem Sommer gekommen ist. Da stelle ich mir schon die Frage, warum er überhaupt verpflichtet wurde. Oder noch anders gefragt: Was hat sich Mikkel Kaufmann von diesem Transfer versprochen?

Vielleicht eins noch: Union hat sehr lange im Zwischenbereich Zweite Liga und Bundesliga gescoutet und verpflichtet. Nach den Wechseln in diesem Sommer kann man wohl sagen, dass die Zeit der Truthähne bei Union erst einmal vorbei scheint. Im Kader sind erfahrene Profispieler mit hoher individueller Qualität und teilweise viel internationaler Erfahrung hinzugekommen. Und möglicherweise kommt mit Leonardo Bonucci noch jemand hinzu.

Das sind die Berichte der Berliner Medien zur Volland-Verpflichtung:

Was mir manchmal etwas kurz gegriffen scheint, ist die These, dass diese Spieler für die Champions League geholt wurden. Das mag möglicherweise für Brenden Aaronson und David Fofana zutreffen, weil das Leihen sind. Doch Robin Gosens und Kevin Volland haben langjährige Verträge erhalten. Dazu kommt, dass die Champions League 6 Spiele garantiert und die Bundesliga 34. Für mich sieht das eher danach aus, als wolle man ein bestimmtes Leistungsniveau im Team garantieren, bei dem eine erneute Teilnahme am Europapokal keine Überraschung mehr ist, sondern Bandbreite des Leistungspektrums der Mannschaft.

Ich erinnere mich, wie Dirk Zingler mal davon sprach, dass es darum geht, bestimmte Plateaus zu erreichen. Da hatte er die Vereinsentwicklung im Blick und meinte, dass man ein Niveau erreicht, von dem man so leicht nicht mehr herunterkommt. Wenn ich dazu im Ohr habe, wie der Präsident bei der Radioeins-Sendung davon sprach, dass man bei Investitionen auch in Zukunft an die Grenzen der Möglichkeiten gehen werde, so sind das alles Indizien dafür.

Präsident Dirk Zingler beim Training im Stadion am Mittwoch, Foto: Matthias Koch

Das bedeutet nicht, dass das Ziel Klassenerhalt Blödsinn ist und Urs Fischer plötzlich der Märchenonkel geworden ist. Das bedeutet vor allem, dass der Klassenerhalt immer das erste zu erreichende Ziel ist und die Bundesliga die Basis für den sportlichen Erfolg der Männermannschaft und der Entwicklung des gesamten Vereins ist. Eine Mannschaft wird also für den maximalen Erfolg in der Bundesliga zusammengestellt.

Im Sky-Interview mit Robin Gosens (das auch komplett sehenswert ist) wird diese Einstellung deutlich. Dort sagt der neue Linksverteidiger:

Mein persönliches Ziel ist es, so viel wie möglich auf dem Platz zu stehen. Ich habe in den ersten beiden Tagen eine hungrige Mannschaft gesehen. Ich sehe eine Mannschaft, die Bock hat und wie eine Familie ist. Wir haben die Qualität, um eine sehr wichtige Rolle zu spielen. Wir sollten uns nicht verstecken. Wir sind letztes Jahr Vierter geworden. Das bedeutet Champions League. Wer Champions League spielt, der muss Ambitionen haben. Der muss zeigen, dass man zuhause eine Macht ist. Der muss aber auch langsam anfangen, zu Auswärtsspielen mit dem Wissen des vierten Platzes fahren. Andere Vereine müssen mit der Einstellung vor uns zittern. Dieses Mindset muss in die Köpfe rein. Ich bin nicht hierhergekommen, um um den Klassenerhalt zu spielen.

Robin Gosens sprach länger mit Sky: Screenshot: Sky
Robin Gosens sprach länger mit Sky: Screenshot: Sky

Ich weiß noch nicht, ob ich bereit bin dafür. Mir wackeln auch ein bisschen die Knie, wenn ich diese Sätze von Robin Gosens lese. Warum? Vielleicht stellt ihr euch mal vor, dass zu meinem ersten Pflichtspielbesuch bei Union weniger Fans im Stadion waren als beim öffentlichen Training am Mittwoch in dieser Woche. Ich habe mich gerade daran gewöhnt, dass wir Bundesliga spielen. Und dann höre ich wieder diese Gesänge in meinem Kopf „… unaufhaltsam auf unserem Weg nach oben, schaut auf diese Kurve wie alle toben.“

Das wird eine interessante neue Saison. Und wir merken uns: „Unser Saisonziel ist der Klassenerhalt.“ Doch weder Josip Juranovic, noch Robin Gosens oder Kevin Volland, aber auch nicht Robin Knoche, Frederik Rönnow oder Rani Khedira spielen bei Union, um dieses Ziel erst am 34. Spieltag zu erreichen. Die Herausforderung wird tatsächlich sein, wie wir als Fans mit der Entwicklung Schritt halten.

Auf jeden Fall wird eine Sache garantiert nicht eintreten, nämlich die Prognose des 11Freunde-Orakels, das vorhersagt:

Den Drei-Hoch­zeits-Tanz über­steht Union Berlin dieses Jahr nicht ganz unbe­schadet. Trotz des besten Kaders in der Ver­eins­ge­schichte gibt es diese Saison erst­malig einen Rück­wärts­trend: Die Köpe­ni­cker beenden die kom­mende Spiel­zeit nur auf Rang sechs. Die Fans for­dern Köpfe, die Alte Förs­terei skan­diert nach dem 34. Spieltag: ?„Vor­stand raus!“ Also even­tuell.

Ich vermute, dass Urs Fischer nachher um 13 Uhr in der PK noch einige Fragen zum Thema Saisonziel gestellt bekommen wird:

Das sind weitere Texte der Berliner Medien über Unions Männer:

Saisonstart bei Unions Frauen

Viktoria hat sich weitere Geldgeber an Land geholt (RBB) und Union freut sich über Sponsoren für das Team der Frauen (Instagram). Doch wichtig ist tatsächlich der Saisonstart am Sonntag um 15 Uhr bei Hertha BSC (Vorbericht). Das Saisonziel ist sehr klar und lautet: Aufstieg in die Zweite Liga. So hat es Ailien Poese am Mittwoch auch bei Radioeins gesagt.

Termine, Termine, Termine

Zum Thema 60 Jahre Bundesliga macht Union bei den DFL-Veranstaltungen mit und bietet Stadionführungen mit Vereinslegenden wie Jürgen Stoppok, Potti Matthies oder Olaf Seier an (Vereinsmitteilung).

Kit Holden hat anlässlich der Champions League sein Buch aktualisiert:

Außerdem wollte ich schon einmal darauf hinweisen, dass es von Mikis Wesensbitters Buch „An der Mittellinie stehen die coolen Jungs“ jetzt eine Fortsetzung gibt, die lautet: „Die coolen Jungs stehen jetzt hinterm Tor„. Ich habe es gelesen und mich hervorragend unterhalten gefühlt. Wer bei einer Lesung des Buchs dabei sein und das ganze mit einen Ausflug in die Uckermark verbinden will, sollte am 25. August ins Alte Kino in Lychen kommen. 19.45 Uhr geht es dort los. Ich bin auf jeden Fall da und freue mich, dort viele Unionfans zu treffen. Wer in Berlin bleiben will, sollte am 10. September nach Karlshorst ins Kulturhaus gehen.

Noch ein letzter Hinweis: Tippen nicht vergessen, falls ihr in Tippspielgruppen seid!

9 Kommentare zu “Transfer von Kevin Volland: Die Zeit der Truthähne bei Union ist vorbei

  1. GrischasErbe

    Nachdem ich mir gerade das SKY-Interview angeschaut habe (Danke für den Link): Wenn der Gosens nur halb so ordentlich auf dem Platz performt wie er in dem Interview rüber kommt, dann kann man Olli R zu dem Transfer nur auf die Schulter klopfen!
    Und das sag ich als jemand, der schon dafür ist, dem Kerl erstmal Zeit zum Ankommen zu geben.

    • Lenn Hart

      Gosens ist ohnehin ein total geerdeter und vernünftiger typ. Nicht nur das er einen Bachelor in Psychologie hat, der hat auch mit Anfang zwanzig ein Buch über den Profifußball geschrieben. Super sympathischer dude.

      https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1059326525

    • Er hatte ja auch ne Weile eine (sehr lesenswerte) monatliche Kolumne in 11Freunde. Also sicherlich ein Spieler, der nicht nur mit den Beinen denkt. ;)

  2. Jens Bienek

    Naja, ich wollte mir zum Roten Trikot mit Behrens drauf noch ein weißes kaufen. Warum dann nicht mit Gosens drauf. :D

  3. Musiclover

    Zum Saisonstart bei den Profi-Frauen in der 3. Liga: Es ist schon ziemlich krass, dass jetzt mindestens 2 Teams in einer Staffel einen höheren Etat haben als der Großteil der Zweitligateams. Dazu kommt noch, dass durch die Relegation im Zweifel gar kein Team aus Berlin bzw. dem Nordosten aufsteigt. Irgendwie finde ich das semioriginell. Oder ist das schon verbranntes Geld?

  4. Ja der Volland – der hat uns immer geärgert seinerzeit.
    Sehr angenehmes Interview mit Gosens.

  5. Maria Draghi

    „Eine Kategorie Spieler, von der ich bis zu dieser Transferperiode dachte, sie wären nicht in dem Regal von Union.“

    Wenn mich meine Erinnerung nicht trüg gab es mal die Geschichte, dass Uwe Neuhaus ihn nicht wollte, weil er KV nicht als zweitligareif sah… Olle Kamelle, aber trotzdem lustig. :-)

  6. Wuhleblut

    „ Die Fans for­dern Köpfe, die Alte Förs­terei skan­diert nach dem 34. Spieltag: ?„Vor­stand raus!“ Also even­tuell.“

    Wir haben schlimmeres erlebt, als das wir Fans so reagieren würden.
    Das gute ist, das mindset der Fans ist in der Mehrheit „40 Punkte“, alles andere ist Bonus und in weiter Ferne.

  7. Guter Artikel erstmal.
    Die Fans würden nicht mal so reagieren wenn sie 18. würden. Wir sind doch nicht die Bayern. (Außer evtl. die Erfolgsfans)
    Gosens ist ein Arbeitstier. Ich kann mir das 5-Punkt-Gestirn Gosens – Juranovic – Aaronson – Fofana – Becker als sehr effektiv vorstellen.. wobei auch ein Dreier Sturm mit Volland in der Mitte geht.
    Fischer glaubt ja neben seinem alten System auch ans 5-3-2
    Bei Jordan stimme ich zu, beruhend auf seiner Effizienz. Bei den anderen Stürmern darf man nicht vergessen, dass 3 Wettbewerbe abzudecken sind. Also Rotation wichtig werden wird, um so etwas wie vor der Winterpause im letzten Jahr zu vermeiden.

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