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Geht Union zu großes Risiko?

Ein bisschen hat sich die Aufregung gelegt, nachdem vorgestern Abend Unions Rekordtransfer vollzogen wurde und der dabei verpflichtete Robin Gosens gestern in Köpenick angekommen ist, und von mehr als 1000 Fans beim öffentlichen Training empfangen wurde. Von letzterem gibt es bei AFTV auch Video-Impressionen – auch mit einem besonderen Fokus auf Gosens.

Union Berlin Transfers Robin Gosens Urs Fischer
Robin Gosens ist mit Abstand Unions Zugang mit der höchsten Ablöse. Photo: Matze Koch

Weil heute nun noch kein neuer spektakulärer Transfer verkündet wurde, können wir noch einmal einen Schritt zurück machen und überlegen, wie wir Unions Strategie in diesem Sommer bewerten. Bisher (und offensichtlich ist das noch nicht die finale Bilanz) gab es zehn Neuzugänge und elf Abgänge. Dabei stehen den berichteten Ablösesummen zufolge gut 26 Millionen Euro mehr Ausgaben als Einnahmen durch Transfers direkt zu Buche. Diese Summe selbst zu bewerten macht jedoch relativ wenig Sinn, ehe wir wissen, wie sie sich noch durch mögliche weitere Wechsel verändert.

Trotzdem ist aber schon jetzt klar, dass Union weiter in den Kader investiert, denn neben den Transfersummen sind mit diesen Verpflichtungen ja auch noch neue oder ansteigende Gehälter verbunden. Es versteht sich auch von selbst, dass die Champions League und die überragende Platzierung in der Liga zusätzliche Einnahmen bringt, nicht nur direkt, sondern auch durch das Wachstum für verschiedene Einnahmequellen des Vereins, die damit einhergehen. Ich versuche jetzt noch nicht, die genau zu quantifizieren oder gegen die Ausgaben aufzurechnen, weil all diese Größen (noch) zu unbestimmt sind.

Es gibt auch Aspekte, die relativieren, wie groß das Risiko ist, das Union eingeht. Robin Gosens ist die 13. teuerste Transfer-Verpflichtung in der Bundesliga in diesem Sommer. Es gibt also schon noch etliche andere Transferregale. Aber: In denen sind dann auch nur noch Bayern, Dortmund und die fremdfinanzierten Konstrukte unterwegs. Zur Bewertung der Linie von Union ist dann auch relevant, wie langanhaltend die jetzt eingegangenen finanziellen Verpflichtungen sind, vor allem wenn der sportliche Erfolg wieder auf das erwartbare Maß zurückgeht (was auch immer das ist), oder vielleicht auch mal wieder darunter liegt).

Ich würde jetzt hier gerne zu einer Antwort auf die Frage kommen, wie balanciert und vertretbar ich das (wirtschaftliche) Risiko in Unions Strategie finde. Aber zumindest zu diesem Zeitpunkt kann ich mich noch zu keiner Bewertung davon durchringen, und bin mir auch nicht sicher, ob man nicht erst im Nachhinein wirklich schlauer darüber ist.

Die andere Frage, die mit diesem Thema verbunden ist, ist ob durch immer neue Jahre mit viel Umbruch im Kader irgendwann doch ein Bruch entsteht. Bisher ist es offenbar Sport und Verein gelungen, die Mannschaft intern und die Identifikation mit ihr trotz des konstanten Wandels stabil zu halten. Das Union Schiff ist noch das selbe wie zum Beispiel 2019, auch wenn sehr viele Planken seitdem ausgetauscht wurden.

Presseschau

Berichte in den Berliner Medien gibt es aber nicht nur zu Robin Gosens, sondern auch zu Diogo Leite. Da verstehe ich nicht ganz, warum das Framing der Berliner Zeitung so negativ ist. Denn natürlich hatte er in seiner Leih-Saison auch schwächere oder fehlerbehaftete Spiele, über die ganze Strecke war aber vor die Klasse von Leite zu sehen, die Union auch bewogen hat, ihn für immer noch ziemlich viel Geld (7,5 Millionen Euro) zu verpflichten. Und ja, diese Klasse wird noch wertvoller, wenn er sich mit mehr Erfahrung noch mehr stabilisieren kann. Garantieren kann man auch bei ihm nicht, dass sich seine sportliche Entwicklung und Unions Investition in ihn decken, das Potential dafür ist aber klar.

Außerdem geht es um Alex Kral:

Außerdem wurde gestern im Stadion die „Rot-Weiße Sondersendung“ des RBB aufgenommen, die Interviews daraus kann man auch nachhören.

Union-Nachwuchs

Nach zwei gewonnen Spielen zum Saisonstart gegen Wolfsburg und St. Pauli mussten die B-Junioren von Union gegen Hertha eine 2-4 Niederlage hinnehmen, bei der es aber nach einem 0-3 nach 55 Minuten mit dem Anschluss zehn Minuten später noch einmal spannend wurde, ehe Hertha das Spiel entscheiden konnte.

Screenshot: FCU-Nachwuchs auf Instagram

Und sonst so

Wofür hier gestern kein Platz mehr war, waren die Ergebnisse der dritten Qualifikationsrunde zur Champions League. In der ist Klaksvik von den Färöer knapp in der Verlängerung bei Molde FK (David Datro Fofanas Ex-Klub) ausgeschieden, und haben sich unter anderen Kopenhagen, Rakov Tschenstochau (Polen) und Braga durchgesetzt. Letztere gehören auch zu den Mannschaften, auf die Union in der Gruppenphase treffen könnte, weil sie, wenn sie noch die letzte Quali-Runde überstehen, im dritten Lostopf wären. Dass mein Wunschlos Real Sociedad noch dorthin aufrückt, ist leider ziemlich unwahrscheinlich.

Eine Paarung steht in der dritten Runde noch aus: Die zwischen AEK Athen und Dinamo Zagreb, nachdem vor dem eigentlichen Hinspiel-Termin bei einer Konfrontation von Hooligans der beiden Vereine ein Mensch erstochen wurde.

12 Kommentare zu “Geht Union zu großes Risiko?

  1. Daniel, du willst noch nicht explizit aufklären über die Finanzen, machst dir aber schon einen Kopf auf wen wir treffen könnten wenn wir aus der CL ausscheiden?
    Mein Humor ;-)

    Mein Herthaner schreibt mir auch ständig das irgendwann diese sportliche Delle käme und dann alles auseinanderbricht. Ich kann warten.

    Und wenn man sieht wie sich die Charlottenburger über einen Sieg der B-Junioren freuen, weiß man das es da aktuell nichts anders zu feiern gibt. Schön zu sehen…

  2. Sven Martin

    Der Transfer von Gosens, gfs auch der von Volland, zeigt vor allem, daß die Verantwortlichen von Union sich verabschiedet haben, vom Saisonziel Klassenerhalt. Ein ambitionierter Spieler, wie Gosens, spielt nicht um den Klassenerhalt oder im grauen Mittelfeld. Hier scheint sich die Führung von Union zur Teilnahme am Rennen um einen dauerhaften Platz an den fetten internationalen Futtertrögen entschieden zu haben. Das deckt sich auffällig mit dem Verhalten Zinglers bei der Diskussion und Abstimmung um den, inzwischen gescheiterten, DFL – Investorendeal. Hier hatte Zingler sich offen auf die Protagonisten der weiteren Kommerzialisierung des Fußballs gestellt. An die damalige Auswahl des strittigen Trikotsponsor Aroundtown sei an dieser Stelle erinnert. Wie Hyperkommerzialisierung und Mythos, Legende als „Kultklub“, „Kiez Klub“, zukünftig zusammen passen, ist eine offene Frage. Nur davon zu singen, das man sich vom Westen nicht kaufen lässt, reicht da dauerhaft als identitätsstiftend nicht aus. Das Risiko solcher rasanten Entwicklung ist eben nicht nur wirtschaftlich zu sehen, sondern auch im Hinblick auf die eigene Authentizität und Identität. So wie aktuell die Hertha offen und ehrlich über ihre verloren gegangene Identität diskutiert, so sehe ich dies bei Union noch nicht.

  3. Das geht mir alles zu „schneller, höher, weiter“… Nicht nur manchmal vermisse ich die 2.-Liga-Zeiten. Union ist mir mittlerweile zu sehr in Mode…

    • Wir,damit meine ich alle Fans die Union unterstützen sind doch mit daran schuld das sie da sind wo sie im Augenblick stehen. Dann sich über den Verein bzw.den Hype aufzuregen ist irgendwie unfair.
      Zu schnell… naja 10 Jahre Liga zwei haben mir gereicht!! Jetzt im Fünften Jahr CL zu spielen ist schon Ordentlich!! Zeigt aber auch nur das die Vereinsführung alles Richtig gemacht hat. Ich genieße es wer weiß was noch kommt.

    • Momentaufnahme

      @Dirk: Ich sehe das ähnlich wie du. Jahrelang wollten wir „irgendwann“ international spielen. („Irgendwann ist jetzt“!)
      Jedes Wochenende singen wir, dass wir Deutscher Meister werden („irgendwann“). Und nun stellen wir fest, dass dies auf Dauer nicht mit einem Zweiligakader geht?
      Was wir geschafft haben, bleibt für alle Zeiten einzigartig. Menschlichkeit und ECHTER Fußballsachverstand haben uns hierher gebracht. Mit dem Erfolg kam das Geld – nicht umgekehrt wie in Hoppstadt oder Salzburg-Nord.
      Unser Management holt die zu uns passendsten Spieler. Die Spieler und die Fans pushen sich während jeder Partie auf einzigartige Weise und bringen sich gegenseitig zu neuen Höchstformen.
      Unsere Werte bleiben. Unser Stadion bleibt die Alte Försterei!
      Unsere Stadionordnung ist einzigartig in der Liga. (Wir reden nur zu wenig darüber.)
      Unser Präsidium hält sein Versprechen und „schenkt“ uns allen ChampionsLeague-Sitzplätze für einen Preis, für den es in anderen Stadien gerade mal einen BuLi-Stehplatz gibt.
      Ein Hoch auf uns. Lasst es uns genießen! Nichts ist für immer!
      Aber wir waren dabei gewesen!
      Immer schön Eisern bleiben. ;-)

  4. Mir fällt immer wieder auf, wie viele Einkommensfaktoren ich bei ähnlichen Fragen wie Daniels ausklammere. CL in der Schüssel spielt da eine gewichtige Rolle, der Einkommensschlüssel der TV-Gelder, nicht nur in der Bundesliga, sondern auch international. Preisgelder, selbst bei einem Remis, sind in der CL utopisch hoch, liegen glaube ich zwischen 500.000 und 1.000.000 Euro (pro Spiel!).
    Auf lange Sicht kommen dann die gesamte Saison in der Schüssel, die neue Dauerkarten und womöglich einige ausverkaufte Spiele hervorbringen wird, sowie der Stadionausbau hinzu.
    Und dann muss man noch festhalten, dass Oli ja nicht nur einkauft, sondern im Fall von Jordan und (hoffentlich nicht, muss man so sage) Laidouni auch saftige Einnahmen einfahren könnte.

    Die Unsicherheit bleibt, gerade weil Union dem Tod in der Vergangenheit so einige Male von der Klinge gesprungen ist, aber ich glaube, wir alle können da durchatmen.

    • GrischasErbe

      Natürlich müssen auf dem Niveau erst einmal Punkte geholt werden, aber ja, die Punktprämien sind schwindelerregend…
      – Unentschieden: ca. 930.000 EUR
      – Sieg: ca. 2,8 Mio. EUR

      Die Beträge sind allgemein zum Kopf schütteln (aber das ist ein anderes, viel grundsätzlicheres Thema), aber so lange Olli R. das Ruder in der Hand hat, habe ich eigentlich ein ganz gutes Gefühl, dass er – obwohl für unsere Verhältnisse surreale Transfersummen fließen – das mit der notwendigen Abwägung tut.

  5. Torsten Viedt

    Hallo Leute!
    Ich fahre gerade MEGA runter,denn Zahlen interessieren mich bedingt,Spieler kommen und gehen und in welchem Verhältnis das steht,das wird sich rausstellen.Der ganze Hype und die Aufmachung Drumherum ist zu viel,habe ich aber erwartet.
    Was ich damit sagen will ist,das Vorbereitung einfach alles ist!Das sportlich und Supportmäßig gesehen.Laßt Uns Sonntag in die AF pilgern,wir fangen Null Punkten an,und einfach nur Unioner sein.
    Ich denke die Mannschaft(wer auch immer spielt oder nicht)will das auch.
    Liga ist wichtig,CL ist Urlaub mit Verdienstmöglichkeit

  6. Kevin fucking Volland wtf.
    Ich hab die Pfanne sowas von heiss. Krass krass krass. ?
    Mir tut es aber jedes Jahr um die gefühlt 50 Spieler leid, die rausgekickt werden. Ich hoffe, Ollis Hire&Fire-Politik funktioniert weiterhin. That‘s the business. Ich weiss. Aber ich gewinne manche so schnell lieb.

  7. Daniel, natürlich weiß ich, was du mit „Fremdginanzierte Konstrukte“ meinst. Aber *Klugscheißer-Modus an* sind alle Marktteilnehmer fremdfinanziert. Durch unser derzeitig mikriges EK könnten wir die Transfers kaum stemmen… nennen wir die anderen doch einfach „maßgeblich investorenfinanziert“. *Klugscheißer-Modus off*

    Zum Ende der Periode wird sich das relativiert haben, wenn sich Sherry nicht verzockt hat. ~15 mio Einnahmen und die Welt sieht anders aus. Aber wir hätten wohl tatsächlich ein kleines Luxusproblem (und finanziell ein Problem ohne Luxus), wenn da kein Abgang zustande kommt. Fofana hat es bisher sehr gut gemacht, jetzt noch Volland – von den „Wirblern“ haben wir genug. Aber ich sehe das Problem eher bei Behrens als einzigem absolut Vierkant vorne drin, wenn Jordan noch geht.

    Aber was wissen wir schon… nicht viel. Keep calm and let Oli do what Oli does. Auch wenn mir tatsächlich diese Saison so ein bisschen die Sherry/Danilho/Andras/Aissa-Transfers fehlen. Übersetzt: Spieler, die nicht alle auf dem Schirm haben und Entwicklungspotenzial mit sich bringen.

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