Blog State of the Union

Unions magisches Dreieck bleibt und News von Präsident Dirk Zingler

Ich hoffe, dass ihr alle ein paar gute Weihnachtsfeiertage hattet. Union hat uns dazu auch einiges unter den Baum gelegt. Da war nicht zuletzt am zweiten Feiertag die Nachricht, dass Oliver Ruhnert seinen Vertrag bei Union verlängert hat (Vereinsmitteilung).

Was sagt uns das? Erst einmal, dass das erfolgreich arbeitende Triumvirat aus Präsident Dirk Zingler, Manager Oliver Ruhnert und Trainer Urs Fischer erhalten bleibt, das ich frecherweise vor ein paar Tagen in der Welt am Sonntag (Bezahl-Artikel) als „magisches Dreieck“ von Union bezeichnet habe. Wir lernen ebenfalls zum zweiten Mal, dass Verträge, deren Verlängerung sich Oliver Ruhnert öffentlich wünscht, bereits verlängert sind.

Wir wissen nicht, wie lange das Arbeitspapier des Managers gilt. Ich kann mir zwar vorstellen, dass die Laufzeit ähnlich lang wie die des Vertrags des Trainers ist, nach Bild-Bericht bis 2023. Aber andererseits ist mir das auch gar nicht so wichtig. Ich glaube, dass die Zufriedenheit und der Gestaltungsspielraum bei der Arbeit und die flexible Gestaltung des Arbeitsplatzes für Oliver Ruhnert viel wichtiger sind als irgendeine Zahl in einem Geschäftsführervertrag.

Dirk Zinglers Interviews zum Jahreswechsel

Dann gab es noch das zweifache Interview-Angebot mit Dirk Zingler. Einmal in klassischer Form in der Berliner Zeitung (Bezahl-Link und hier beim Kurier in einer gratis Version). Und einmal als Gespräch mit Pressesprecher Christian Arbeit bei AFTV. Ich bin ehrlich gesagt kein Freund der durchredigierten Text-Interviews mehr, weil da aus meiner Sicht zu viel verdichtet wird. Ich mag es, wenn ich sehe oder höre, wie eine Person einen Gedanken fassen muss, wie ihr dabei zu Mute ist. Als Dirk Zingler sich am Ende des beinahe eineinhalbstündigen Gesprächs bei AFTV Szenen mit dem vollen Stadion der Vor-Corona-Zeit sieht, merkt man, wie er einige Momente benötigt, um wieder die präsidiale Fassung zu gewinnen. Er sagt dann nur: „Ich vermisse es so sehr.“

Dirk Zingler nach dem Betrachten der Zuschauerbilder aus der Vor-Corona-Zeit, Screenshot: AFTV
Dirk Zingler nach dem Betrachten der Zuschauerbilder aus der Vor-Corona-Zeit, Screenshot: AFTV

Natürlich leidet das Gespräch bei AFTV etwas darunter, dass hier der Pressesprecher dem Präsidenten Stichworte liefert. Aber das hindert uns ja nicht daran, die Worte von Dirk Zingler zu bewerten oder zu schauen, wonach nicht gefragt oder wo nicht nachgehakt wurde. Als der Präsident beispielsweise über die schon öfter erwähnten über 10 Millionen Euro Minus im Jahr 2020 gesprochen hat und davon, dass Union nicht sein Tafelsilber verkaufen musste (Lizenzen und Vermarktungsrechte).

Da sagte er: „Wir sind mit guten Banklinien ins Jahr gegangen, die wir nicht in Anspruch genommen haben. Und Banken waren auch bereit, unsere Linien zu erweitern.“ Jede unabhängige Person hätte hier mal nachgehakt, ob die vollen 10 Millionen Minus über Bankdarlehen finanziert wurden oder wieviel Prozent durch Kurzarbeitergeld oder Entschädigungen aufgefangen wurden. Wir erfahren aber trotzdem einiges aus den Worten des Präsidenten.

So sorgte der Klassenerhalt der Profimannschaft dafür, dass der Club handlungsfähig geblieben ist: „Wenn ich das Jahr Revue passieren lasse, dann rettet uns, auch mental, die total erfolgreiche Arbeit im Sport. Das ist für uns als Club von allerhöchster Bedeutung. Ich stelle mir vor, wir wären in die Pandemie als Zweitligist gegangen oder in der Pandemie abgestiegen. Wir haben den Jungs in der Profi-Abteilung als Club zur Zeit eine Menge zu verdanken.“

Union-Präsident Dirk Zingler im Interview mit dem vereinseigenen Kanal AFTV, Screenshot: AFTV
Union-Präsident Dirk Zingler im Interview mit dem vereinseigenen Kanal AFTV, Screenshot: AFTV

Zingler nimmt die Vereine bei der Entwicklung des Fußballs in die Verantwortung

Die Rolle von Union in der Bundesliga sieht er weiter so wie vor fast drei Jahren, als er bei Christoph Biermann im Deutschen Theater zu Gast war. Nicht ideologisch eine Veränderung herbeiführen wollen, sondern anderen Clubs und vor allem deren Fans durch das eigene Beispiel zeigen, dass es keine Blaupausen gibt, wie Bundesligaclubs sein müssen, sondern dass es dafür viele Wege gibt. Das betrifft auch die Rolle der Vereine, deren Aufgabe er als große Integratoren von verschiedenen Interessen (Sponsoren-Interessen, Fan-Interessen, Vereinsinteressen, Wettbewerbsgleichheit) sieht.

Dirk Zingler sieht die verschiedenen Interessenvertretungen von Fans eher kritisch. Nicht weil sie von Fans sind, sondern weil sie in manchen Clubs nicht gehört werden/nicht mehrheitsfähig sind und, wie er sagt, als Satelliten herumfliegen. Ich würde sagen, dass sie ein Grundproblem haben, nämlich eine fehlende Legitimation, auch wenn ich Sympathien für ihre Anliegen habe.

Union und die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie

Insgesamt spürt man in allem, dass er da als Führungskraft des Vereins spricht. Das tut er beim Thema Satzungsänderung, bei der Bewertung der Zusammenarbeit mit Oliver Ruhnert und Urs Fischer, aber auch beim Umgang mit der clubeigenen Suche nach Wegen, sichere Veranstaltungen trotz Coronavirus-Pandemie anzubieten.

Das wäre übrigens der zweite Anlass für die eine oder andere kritische Nachfrage gewesen. Denn wenn der Präsident zurecht darüber spricht, dass Tweets oder Pressekonferenzen von Politikern keine Gesetzeskraft haben und das dazu führt, dass man eine Bevölkerung nicht abholt, dann gilt dasselbe auch für den 1. FC Union Berlin. Denn ich kann nicht sagen, dass der Club zu jedem Zeitpunkt immer alle abgeholt hat (ja, ich weiß, manche wollen und wollten auch nicht abgeholt werden).

Dirk Zingler erklärte Unions Suche nach Möglichkeiten, Veranstaltungen mit Zuschauern anzubieten, Screenshot: AFTV
Dirk Zingler erklärte Unions Suche nach Möglichkeiten, Veranstaltungen mit Zuschauern anzubieten, Screenshot: AFTV

Ich weiß aber genau, was der Präsident meint, wenn er sagt: „Ich kann bis heute nicht verstehen, wie die Suche nach Lösungen ein falsches Signal sein kann.“

Was mir insgesamt ein bisschen fehlte, war das Thema Chance, die sich Union durch die Pandemie bietet. Das wurde ein paar Mal gestreift, als Zingler beispielsweise darüber sprach, dass sein Ziel nicht ein schuldenfreier Verein sei, sondern es immer um Investitionen gehe, um ein erfolgreicher Verein zu sein. Oder als er sagte, dass der Verein mit Zweitliga-Ausgabenstrukturen in ein Jahr mit Erstliga-Einnahmen gegangen sei.

Es gibt Clubs wie Mainz, Schalke, Bremen, die Union viele Jahre Bundesliga voraus haben und die eigentlich mittelfristig uneinholbar vorne liegen. Aber sie sind ungleich härter von der Pandemie und ihren Verträgen vor der Pandemie getroffen, was ihre aktuelle Handlungsfähigkeit enorm einschränkt. Hier hätte ich schon gerne gewusst, ob Union hier auch die Pandemie nutzt, um vielleicht einige Jahre Bundesliga-Zugehörigkeit in der Entwicklung zu überspringen. Ich verstehe aber auch, wenn man das Thema als Verein ausspart, wenn man gleichzeitig dieses Jahr viele Menschen in Kurzarbeit geschickt hat.

Ein paar kleine News, die Dirk Zingler auch sagte:

  • Schon vor zehn Jahren stand Urs Fischer auf einer Trainer-Liste des 1. FC Union Berlin. Die wurde damals noch mit Nico Schäfer erarbeitet.
  • Der Verein hat im Sommer rund 10.000 Dauerkarten verkauft.
  • Das Verkehrsgutachten ist mittlerweile Chefsache bei Senatorin Regine Günther. Das spricht dafür, dass das Gutachten Richtung Ziel-Linie unterwegs ist. Jedoch erwartet Dirk Zingler frühestens Ende 2021 Planungsrecht. Das heißt, dass dann Verkehrsgutachten, Umweltgutachten und Lärmgutachten durch sind. Baurecht erwartet er 2022.

Alles, was Dirk Zingler über den DFB erzählt, konnten wir schon medial nachlesen (Kurier, BZ, etc.) das möchte ich hier nicht weiter aufdröseln. Bei der Kritik an der Verbierhoffung der Nationalmannschaft liegen wir wohl alle auf einer Linie.

4 Kommentare zu “Unions magisches Dreieck bleibt und News von Präsident Dirk Zingler

  1. „Ich fühle aber komplett den Präsidenten, wenn er sagt (…)“ – fehlt da ein Wort oder ist das Umgangssprache? Klingt für mich irgendwie falsch.

    • @dersepp Ich glaube, dass du da recht hast. War wohl zu umgangssprachlich. Richtiges Deutsch wäre wohl: „Ich fühle aber komplett mit dem Präsidenten“. Habe es aber mal etwas umgeschrieben, weil es mir zu ungelenk war.

  2. Maria Draghi

    “Ich kann bis heute nicht verstehen, wie die Suche nach Lösungen ein falsches Signal sein kann.”

    Ich werde mich daran erinnern, wenn der Aufsichtsrat 2022 einen Satzungsänderungsantrag vorlegen wird, der die Suche nach Lösungen durch ein einfaches Mitglied verhindern soll.

  3. Zitat Dirk: „Repariere nicht, was nicht kaputt ist.“
    Ein Sprichwort welches mir aus der Seele spricht.

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