Blog State of the Union

Wer würde eigentlich über Unions Ausnahmeantrag für Stehplätze in der Bundesliga entscheiden?

Das Testspiel im doppelten Sinne gegen den 1. FC Nürnberg beherrscht auch heute noch die Themen in den Medien. Denn es regt die Fantasie an, was vielleicht möglich ist. Und es regt Diskussionen an, ob vielleicht für Großveranstaltungen eher ähnliche Regeln gelten sollten im ganzen Land. Ich verstehe schon, dass manche Clubs die Faust in der Tasche ballen, wenn sie vielleicht gar keine Fans ins Stadion lassen dürfen, während in Berlin immerhin 5000 reindürfen oder es in Sachsen gar keine zahlenmäßige Beschränkung für solche Veranstaltungen gibt.

Eine Frage steht noch im Raum: Union möchte gerne eine Ausnahmegenehmigung von der DFL-Selbstbeschränkung, dass bis Ende Oktober keine Stehplätze verkauft werden dürfen. Da habe ich gestern noch geschrieben: „Darüber stimmen glücklicherweise nicht alle Konkurrenten von Union ab, sondern das dürfte in einem anderen Gremium als der Mitgliederversammlung passieren.“ Der Kicker, in solchen Themen immer gut informiert, ist sich in seiner Montagsausgabe da gar nicht so sicher. Denn während die Ausnahmegenehmigung für das Stadion Bezug auf das Lizenzverfahren nimmt, wäre das jetzt eine Ausnahme vom Beschluss der Mitgliederversammlung. Da ist es durchaus möglich, dass Union sich auch von dort die Ausnahmegenehmigung holen muss.

Ich bin mir sehr sicher, dass Union und Präsident Dirk Zingler sehr genau wissen, wie sie diese Ausnahmegenehmigung formal richtig beantragen. „Wenn ich von Wettbewerbern Unterstützung bekomme, würde ich mir Gedanken machen, ob bei uns was nicht stimmt. Wir sind Wettbewerber“, sagte Zingler am Samstag. Und das klang, bei aller Forsthaus-Astrologie, für mich nicht danach, als ob man davon ausgeht, dass Augsburg, Mainz oder andere direkte Konkurrenten nun über Unions Stehplatzwunsch abstimmen. Im Muster-Hygienekonzept aus dem Juli (pdf), das die DFL damals als Leitfaden veröffentlicht hatte, waren Stehplätze verankert. Ich weiß schlicht nicht, wie dieser Selbstverzicht auf Stehplätze, Gästefans etc. tatsächlich verankert wurde.

Was man aber festhalten sollte: Im Zweifel ist der Verkauf von Stehplatzkarten durch diese Selbstbeschränkung untersagt. Aber es ist nicht verboten, die ganze Zeit am Sitzplatz zu stehen, da es kein Gesetz oder Verordnung gibt, die Sitzplätze im Stadion an der Alten Försterei vorschreibt. Es ist lediglich ein nerviger Aufwand für den Verein, Sitze anschrauben zu müssen.

Hier die weiteren Medienberichte zum Test mit Zuschauern:

Die Bild (nicht online) erklärt, warum trotz 9000 Losen nicht alle 4500 Plätze besetzt waren. Das soll daran gelegen haben, dass Karten nicht übertragen werden konnten. Ich weiß nicht, ob das stimmt, denn so eine Übertragung war nicht vorgesehen. Für mich sah es eher danach aus, dass ein Teil der berechtigten Losempfänger die Karten aus den von der Bild genannten Gründen (Kind gewinnt, Eltern nicht oder ähnliche Varianten) gar nicht erst gekauft hat. Dafür spricht auch die Verfügbarkeit von Karten noch kurz vor dem Spiel. Und vielleicht wurden auch Fanclubs vorher Karten angeboten und nicht komplett abgenommen. Ich glaube, dass das insgesamt ein Thema ist, bei dem Verbesserungspotential herrscht. Also sowohl das Umschreiben von Tickets als auch das gemeinsam in der Nähe Stehen von Familien und Freunden im Stadion. Hier würde ich aber dem Verein zugute halten, dass das alles sehr kurzfristig organisiert werden musste.

Was wird eigentlich boykottiert?

Bei Radioeins gab es einen kurzen Erfahrungsbericht von MC Lücke zum Stadionbesuch. Hier ist ein Fakt durcheinander gegangen, denn es wurde gesagt, die aktive Fanszene hätte das Spiel boykottiert wegen „Alle oder keiner“. Das stimmt meines Wissens nicht. Denn es gab keinen entsprechenden Aufruf der Szene Köpenick und der Fanclubs. Es dürfte eher so gewesen sein, dass die Szene Köpenick prinzipiell bei dem von einem Sponsor ermöglichten letzten Testspiel keinen Support leistet. Das war in den vergangenen Jahren so und auch dieses Jahr. Alles andere wird sich dann demnächst zeigen.

Sportlich gibt es erst einmal keine weiteren großen Themen. Die Bild/BZ fragt sich, warum Max Kruse bei Testspielen nicht zusieht. Und der Kurier freut sich mit Andy Gogia über dessen ersten Einsatz seit seinem Kreuzbandriss.

Zukunft Profifußball

Die Arbeitsgruppe „Fußball als Publikumssport“ hat ihre Ergebnisse und Handlungsempfehlungen auf der der Website zukunft-profifussball.de veröffentlicht. Ich muss mir das mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen und will hier keinen Schnellschuss hinlegen. Kontext ist, dass auch die DFL mit einer Taskforce Profifußball sich der Reformation des Systems widmen möchte. Wobei die Frage nach dem Leidensdruck je nach Fragestellung sicher innerhalb der DFL sehr unterschiedlich bewertet wird. Zukunft Fußball hat übrigens auch einen Podcast.

Im Deutschlandfunk gibt es dazu einen kurzen Beitrag, der allerdings die Reformbewegung innerhalb der Fanszenen komplett außen vor lässt und gleichzeitig munter zwischen DFB, DFL und einzelnen Club-Ereignissen hin- und her wechselt. Mich irritierte vor allem der Absatz: „Denn die Wahrnehmung ändert sich. Die Erzählung vom Fußball als letztem Lagerfeuer der Gesellschaft verliert an Glaubwürdigkeit. Die Kraft des Spiels, unterschiedliche Generationen, Bildungsschichten oder Religionen zusammenzuführen, nimmt ab. Was nicht zuletzt daran liegt, dass der Fußball seine immer wieder pompös zur Schau gestellten Werte nicht überzeugend vertritt.“ Hier gibt es keinerlei Belege für diese Behauptungen, obwohl man die durchaus finden könnte, wenn man will. Allerdings wären das eher Indizien und es ist nicht so, dass es leere Stadien wegen mangelndem Zuschauer-Interesse gibt. Von einer allumfassenden Krise (lassen wir jetzt mal die Coronakrise außen vor) ist der Fußball schon noch weit entfernt.

Auf den anderen Plätzen

Der Start in die Rumpfsaison in der Berlin-Liga gelang dem 2. Team von Unions Frauen mit einem 8:2 bei Borussia Pankow ganz hervorragend. In der Regionalliga trennte sich das 1. Team hingegen vom FSV Babelsberg torlos mit 0:0. Wichtiger dürfte aber gewesen sein, dass endlich wieder ein Meisterschaftsspiel hat stattfinden können.

Endlich wieder Fußball, Foto: 1. FC Union Berlin Frauen
Endlich wieder Fußball, Foto: 1. FC Union Berlin Frauen

Und sonst so?

Fotos vom Markttag der Unionstiftung gestern vor dem Fanhaus findet ihr hier auf Facebook.

Die Saison-Doku „Dit is Union, verstehste“ ist fertig produziert. Nun muss sie „nur noch“ gepresst und versendet werden. Ich bin sehr gespannt.

Ich habe nicht nur endlich etwas Post erledigt (sprich Gewinne verpackt und zur Post gebracht), sondern auch die zwei 11Freunde-Sonderhefte verlost, die uns der Verlag hier zur Verfügung gestellt hatte. Tom und Iron Fist sind die Gewinner. Gratulation!

8 Kommentare zu “Wer würde eigentlich über Unions Ausnahmeantrag für Stehplätze in der Bundesliga entscheiden?

  1. Kann man sicher versuchen mit der Ausnahmegenehmigung, glaube aber nicht das es die gibt. Schließlich war es ja das DFL-Präsidium selbst welches dieses dämliche Stehplatzverbot erst zur Abstimmung gestellt hat. Ist also unter dem Strich wahrscheinlich egal wer darüber entscheidet.

  2. Das Stehplatzverbot wurde in der Spielordnung verankert (§ 3 Ziffer 3b).

    https://media.dfl.de/sites/2/2020/09/Spielordnung-SpOL-2020-09-04-Stand.pdf
    https://www.dfl.de/de/ueber-uns/statuten/

    Welches Gremium über Ausnahmen entscheidet, ist für mich aber unklar. In der Spielordnung wird an anderer Stelle oft auf den DFL e.V. verwiesen (z.B. unter § 11).

  3. Satzung der DFL (§17 Ziff. 3 Aufgaben des Präsidiums) könnte die Antwort sein ;)

    „Das Präsidium kann Bestimmungen des Ligastatuts, der Ordnungen und
    andere nicht satzungsändernde Beschlüsse der Mitgliederversammlung bei
    Dringlichkeit vorbehaltlich der Genehmigung durch die nächste
    Mitgliederversammlung einstweilen in und außer Kraft setzen, Beschlüsse der
    letzten Mitgliederversammlung oder einer nach dieser abgehaltenen
    außerordentlichen Mitgliederversammlung jedoch nur mit einer Mehrheit von
    dreiviertel der Stimmen.

  4. Das oben angesprochene Problem der Nichtübertragbarkeit von Tickets hält mich bislang vom Dauerkartenkauf ab. Wenn ich das richtig verstehe, kann ich das Ticket ja weder für einzelne Spiele noch für die komplette Saison „zurückgeben“, wenn ich feststelle, dass meine Kumpels keine Karte ergattert haben. Und ohne die eigene Bezugsgruppe machts ja nunmal weniger Spaß. Dafür sollte eine Lösung her.
    Wie war es eigentlich beim Testspiel mit den Stehplätzen gelöst, konnte man die frei wählen? Kann man sicherstellen, dass seine Kumpels nicht am anderen Ende des Blocks landen, sondern zumindest vor, hinter oder neben einem?

  5. Musiclover

    @Basti, ich verstehe es so, dass du mit einer Dauerkarte das Recht auf ein Los erworben hast. Du musst dann zu jedem gewünschten Spiel das Los aktivieren und bei Losglück dann einen Platz buchen. Vermutlich wird das ziemlich chaotisch, wenn man so an die Kartenbuchung in den letzten Jahren zurückdenkt. Mit dem jetzigen System dürfte es schwer werden zusammenhängende Plätze zu ergattern.

  6. Dankeschön!

  7. @Basti

    Jetzt beim Testspiel musste man genau auf dem Platz stehen, den man auf seiner Karte hatte. Freie Platzwahl gab es nicht. Diese Einschränkung hängt mit der Rückverfolgung bei eventuellen Corona kontakt zusammen. Beim Kauf des Tickets musste man sich einen Platz aussuchen und so stand es, mit Reihe und Nummer, dann auch auf der Karte.

  8. @Daniel und Basti: Freie Platzwahl im Stadion gab es nicht, aber wohl beim Ticketkauf selbst. Mein Kumpel und ich hatten nebeneinander Plätze, ein weiterer hatte Pech, dass Sektor 2 ausverkauft war und musste deshalb woanders stehen.

Kommentare sind geschlossen.