Blog State of the Union

Eine schwere Woche, um das gute Gefühl wiederzufinden

Mir fiel es in dieser Woche sehr schwer, Fußball wichtig zu nehmen oder mich darauf zu konzentrieren. Dass kein Pflichtspiel war, das uns gewissermaßen die Tage strukturiert mit Nachbericht, öffentlichem Training, Spieltagspressekonferenz und Spiel selbst, kam noch oben drauf. Ich dachte vor allem daran, wie ich vor Kurzem mit meinem kleinen Kind über Terroranschläge gesprochen habe. Anlass waren die Anschläge vom 11. September 2001, die in der Schule Thema waren. Die Kinder sollten danach ihre Eltern befragen, wo diese damals gewesen seien.

Wir sprachen über die Folgen dieses Terroranschlags wie den Einmarsch in Afghanistan und danach den Krieg gegen den Irak. Und immer wieder über Terroranschläge. Madrid. London. Paris. Die Geiselnahmen in Moskau beim Musical Nord-Ost und in Beslan. Berlin, Breitscheidplatz. Utoya in Norwegen. Jeder Anschlag für sich alleine ein Trauma. Und dann am Wochenende in Israel. Viele Anschläge als ein Anschlag. Mir lässt das keine Ruhe. Und ich möchte am liebsten die ganze Zeit meine Kinder umarmen.

Felix Tamsut teilte auf Bluesky die Nachricht der Ermordung von Lior Assulin (DW), @ftamsut.bsky.social
Felix Tamsut teilte auf Bluesky die Nachricht der Ermordung von Lior Assulin (DW), @ftamsut.bsky.social

Und doch möchte ich über Fußball schreiben. Vielleicht ein bisschen als Eskapismus, weil es mich aus diesen düsteren Gedanken herausholt. Und weil bestimmte Routinen uns dazu bringen, unseren Alltag in jeglichen Situationen zu bewältigen. Aber auch, weil uns Fußball als verbindendes Element so viel Kraft geben kann. Oder vielleicht andersherum. Wir geben uns gegenseitig so viel Kraft, während wir zusammenstehen beim Fußball. Wir unterstützen nicht nur unsere Mannschaft, sondern uns gegenseitig.

Behrens muss auf sein Debüt warten

Die deutsche Nationalmannschaft spielt und Union-Spieler treten gegeneinander an. Das war gestern Abend beim Länderspiel gegen die USA tatsächlich der Fall und kommt auf meine mittlerweile unendlich lange Liste der ersten Male seit 2019. Für mich war es das erste Spiel der Nationalmannschaft, das ich seit 2018 gesehen habe. Wann ich überhaupt das letzte Mal ein Testspiel des DFB-Teams gesehen habe, weiß ich gar nicht.

Aber gestern habe ich mir einen Test-Account von RTL geklickt, habe mir die Vorberichterstattung geknickt und bin nicht eingenickt. Das lag daran, dass es in der ersten Halbzeit ein schräges Spiel war, in dem die deutsche Mannschaft zu viele Räume für das schnelle amerikanische Team angeboten hat. Ich dachte, dass Timothy Weah da einen Sprint hingelegt hat, bei dem nicht nur Sheraldo Becker nicht hätte mithalten können, sondern Weah überlegen sollte, ob es nicht für eine Olympia-Teilnahme in Paris reicht, falls er im Sommer 2024 nichts anderes vorhat.

Beim Tor von Pulisic dürften alle Unionfans gedacht haben, sie würden eines der Unionspiele zuletzt sehen. Kein energisches Stören im Mittelfeld und stattdessen Begleitung des Gegenspielers, so dass von außerhalb des Strafraums ein Traumtor geschossen werden kann. Dazu das Vergeben guter Möglichkeiten. in der zweiten Halbzeit wurde energischer gestört und lieber eine Gelbe Karte in Kauf genommen, anstatt die Amerikaner aufdrehen zu lassen. Robin Gosens hat für Niclas Füllkrug das Tor zum 2:1 aufgelegt. Eine Vorlage, die mit jeder Zeitlupe schöner wurde.

Brenden Aaronson kam in der zweiten Halbzeit bei den USA zum Einsatz. Er hatte da etwas Pech, dass die Zweikämpfe vom deutschen Team resoluter geführt wurden. Und so sahen wir, wie er ein um das andere Mal diese Duelle verlor. Und das kommt mir aus den Union-Spielen bekannt vor, in denen ich mir wünschte, dass Aaronson etwas robuster wäre oder diese Zweikämpfe körperlicher führen würde.

Da wir auch ein Mode-Blog sind, möchte ich zumindest erwähnen, dass die Auswärts-Trikots der USA super schick aussehen und ich verwundert feststellen durfte, dass es Nike-Trikots gibt ohne diese furchtbaren Halbkreis unterhalb des Kragens, der diese Trikots sonst untragbar macht.

Kevin Behrens kam leider nicht zum Einsatz. Ich glaube, dass wir alle eigentlich dafür RTL eingeschaltet hatten. Dann heißt es vielleicht Wecker stellen für die Nacht auf Mittwoch, wenn die Nationalmannschaft um 2 Uhr morgens (Mitteleuropäische Zeit) gegen Mexiko spielt.

Ich weiß, dass ich das wohl machen werde, auch wenn das dazu führt, dass ich wohl beim Thema Flanellhemden von Julian Nagelsmann auf dem Laufenden gehalten werde. Während ich dachte, dass es das Hemd für 5 Euro bei Humana gibt, musste ich lernen, dass es über 300 Euro kostet. Vielleicht muss man einfach die 90er miterlebt haben, um diese Hemden nicht mehr tragen zu können. Mein Gruß geht raus an Al Borland, der die einzige Person ist, die diese Hemden immer tragen darf.

Ein Fünkchen Hoffnung auf ein Ende der Krise

Die fehlende defensive Stabilität wurde in der Erfolglos-Serie des Teams von Urs Fischer mit 7 Niederlagen in Folge als eine der Ursachen der sportlichen Krise ausgemacht. Deshalb gab es unter der Woche eine verhaltene Euphorie über die Trainingseinheiten von Robin Knoche und Rani Khedira, die beide zweifellos in den vergangenen Wochen fehlten. Den Berichten nach (Kicker, BZ, MOZ, Berliner Zeitung) ist Khedira etwas weiter als Knoche. Aber genaues zum Zustand oder ob sie vielleicht eine Option für das Heimspiel gegen Stuttgart sein könnten, wissen wir nicht. Union hält sich dazu traditionell zurück.

Es gab natürlich noch viele Texte, die sich allgemein mit der Krise befassten. Ich fand diese knappe, sehr sachliche Analyse vom RBB am eingängigsten. Falls euch jemand fragt, warum es gerade bei Union sportlich nicht läuft, könnt ihr aus meiner Sicht einfach den Text schicken. Damit wäre nämlich alles gesagt. Ansonsten ist wohl das Fantreffen am Dienstag mit Urs Fischer und Oliver Ruhnert Pflicht (Vereinsmitteilung) für diejenigen unter uns, die sich für die Perspektive der sportlichen Leitung interessieren.

Aber es gibt natürlich noch viel mehr Texte. Hier eine Auswahl:

Laidounis Instagram-Story

Aissa Laidouni teilte in dieser Woche dieses Bild in seiner Instagram-Story (Bild berichtete):

Bild via @laids_93

Wir haben von verschiedenen Seiten Fragen dazu bekommen bzw. Aufforderungen erhalten, unsere Meinung zu diesem Bild zu äußern. Wer das hier erwartet, ist falsch. Und ehrlich gesagt bin ich von manch einer Erwartungshaltung etwas irritiert. Denn ich als nicht betroffene Person kann tatsächlich nicht vom Anschein dieses Posts auf eine klare Aussage schließen, die lauten würde, dass Laidouni die Terroranschläge der Hamas unterstützt. Ich kann trotzdem sehr gut nachvollziehen, dass eine jüdische Person hier ganz andere Botschaften erkennt und das Bild für sie unerträglich ist.

Wenn man wirklich herausfinden will, was gemeint ist, muss man mit Aissa Laidouni sprechen, der aktuell auf Länderspielreise ist. Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass wir nach seiner Rückkehr etwas Erhellendes dazu hören werden.

Vielleicht nehmen wir für uns aber mit, dass wir den jüdischen Unionfans weiter eine Atmosphäre bieten, in der sie sagen können, dass die Alte Försterei ihr Wohnzimmer und Union ihre Familie ist. Beides hat was mit Sicherheit zu tun. Und ich möchte, dass sie sich bei uns sicher fühlen können.

Der Tagesspiegel schreibt darüber, wie schwierig für Klubs der Umgang damit ist, wenn Spieler sich mit Palästina oder Hamas solidarisieren.

Große Chance in Erfurt

Das Team von Trainerin Ailien Poese spielt heute um 14 Uhr in Erfurt um die nächsten 3 Punkte (Vorbericht auf der Vereins-Website). Mit einem Sieg könnte der Vorsprung auf die Verfolger-Clubs Viktoria und Hertha ausgebaut werden. Zur Vorbereitung könnt ihr euch das Interview mit Dina Orschmann auf AFTV anschauen, die am vergangenen Wochenende ihr 50. Tor für Union erzielt hatte. Es ist auf Englisch geführt, leider ohne Untertitel.

Was geht beim Nachwuchs?

Der Bau des Nachwuchsleistungszentrums und das Youth-League-Spiel gegen Braga (1:4-Niederlage) sind für den RBB Anlass, sich einmal kurz zu fragen, wo eigentlich der Nachwuchs von Union steht. Die Antwort lautet: auf dem Sprung. Mit dem neuen Nachwuchsleistungszentrum als Basis, soll sich der Unterbau der Männer-Mannschaft so entwickeln, dass Spieler wieder eher den Sprung zu den Profis schaffen. Die aktuell scheinbar unendlich groß wirkende Lücke zwischen U19 und Profiteam soll geschlossen werden. Dazu gehören auch Transfers, wie wir im Sommer erstmals als Vereinsmitteilung gelesen haben.

Da Nachwuchs einfach anders funktioniert als das Profiteam, bin ich schon gespannt, welche Ziele man konkret wann erreichen will bei Union. Die Durchlässigkeit zu den Profis ist ein Ziel. Vielleicht wäre ein zweites, im Nachwuchsbereich um einen Titel mitzuspielen oder ein drittes, eine bestimmte Anzahl von Spielern je Jahrgang für den deutschen Profifußball auszubilden (Ligen 1 bis 3).

Die B-Junioren spielen übrigens heute um 13 Uhr in Magdeburg (Vereinsmitteilung).

Und sonst so?

Weil heute der Text so lang ist, mache ich es hier ganz kurz. Es gibt am 25.10. noch ein zweites Fantreffen, in dem die Stiftung des 1. FC Union Berlin von ihrer Arbeit berichtet, Unterstützer auszeichnet und die Premiere einer viertelstündigen Doku über die Alte Försterei 2 in Südafrika. Für dieses Fantreffen wird um Anmeldung gebeten (Vereinsmitteilung).

Außerdem gab es noch folgende Texte der Berliner Medien über Union:

14 Kommentare zu “Eine schwere Woche, um das gute Gefühl wiederzufinden

  1. :) habe nicht wirklich mit dem Einsatz von K. B. gerechnet.

    ..und weil du es ansprichst, wer direkt nach einem Massaker die Flagge der Täter zeigt, den brauche ich nicht nach seiner Motivation fragen.

    • @thomas problematisch ist, dass viele nicht unterscheiden können. Wer Palästinenser mit der Terrororganisation Hamas gleichstellt, sollte sich noch einmal belesen. Die Situation für die Palästinenser ist mit dem drohenden Einmarsch der israelischen Armee nicht gerade gut. Daher sollte man auch in diesen Zeiten nicht verallgemeinern.

    • @Tom
      danke für den Hinweis.
      Die Hamas ist eine radikale militärische Terrororganisation der Palästinenser. Sie sehen ihr Staatsgebiet (Palästina) durch Israel besetzt und wollen es befreien. Nebenbei haben sie das Ziel die Juden zu vernichten.
      Die Glaubwürdigkeit vom politischen Vertreter Palästinas, Abbas, darf man anzweifeln.

      Nein, nicht verallgemeinern, aber bitte auch nicht so tun, als ob „die Palästinenser“ sich gegen Hamas wehren.

    • @Thomas: Sebastian ist ja fast schon gezwungen, es ja zumindest anzusprechen, da Schweigen heutzutage bereits als Symphatie oder Positionierung ausgelegt wird/werden kann.
      Ich habe natürlich auch eine Meinung dazu, verzichte aber an dieser Stelle darauf sie zu teilen..
      Allerdings möchte ich anlassbezogen daran erinnern, dass Vereine (gerade in der BL) möglichst immer Spieler verpflichten sollen, die moralische und wertebasierte Vorbilder nach westlicher Denkweise sein sollen. Das es sich dabei um Menschen handelt, die eigene Erlebnisse, Erfahrungen und Vorstellungen haben „schockt“ uns immer dann, wenn sie es wagen, diese öffentlich mitzuteilen. Ich erinnere nur an den Fall Kimmich während der Corona Zeit oder aktuell auch den FCB und seinen Spieler Mazraouis.
      Union, vertreten durch DZ, hat immer wieder klar gemacht, dass Fußball verbinden soll und nicht ausgrenzen.
      Allein dadurch, dass ich hoffentlich am Samstag auf der Gegengerade wieder neben Menschen stehen werde, deren politische oder moralische Ausrichtung meiner komplett entgegenstehen wird, mit denen ich rede, zusammen (hoffentlich) jubeln, möglicherweise trauern und Bier trinken werde, entsteht Verbindendes, welches zukünftig mehr Verständnis und weniger Hass produzieren kann.
      Deshalb freue ich mich wie Bolle auf die AF und min. 2 Stunden (inkl. einer selbstverständlichen Schweigeminute) Abschalten und Vergessen, dass die Menschen nicht in der Lage sind und es wohl niemals sein werden, friedlich zusammen zu leben…
      Eisern! Union!

  2. @Tom Danke, daß dieser Umstand mal erwähnt wird. Ich möchte auch hinzufügen, daß eben nicht die „Flagge der Täter“, also der Hamas, sondern die Flagge des Staates Palästina gezeigt wurde. Das ist m. E. schon ein gewaltiger Unterschied. Leider wird das in den gleichgeschalteten öffentlichen Medien NICHT propagiert.

  3. natürlich muss man nicht den krieg im nahen osten kommentieren
    vllt kommt die erwartungshaltung daher das du ja kein problem hattest dich zu positionieren als russen auf das gebiet der ukraine eindrangen und mordeten und vergewaltigten
    sicher ist das palästinenser in gaza benachteiligt sind und unter wiedrigen umständen leben müssen
    sicher ist auch die hamas ist nicht palästina oder jeder palästinenser bei der hamas oder deren unterstützer
    sicher ist aber auch wer wenige stunden nach diesem terrorangriff eine palästinensische flagge posten billigt das vorgehen bzw nimmt in kauf das das von außen so wahrgenommen wird

    • @rd Du kannst meinen persönlichen Standpunkt hier gerne rauslassen. Die Erwartungshaltung wurde nicht nur an mich, sondern auch an andere aus unserem Team herangetragen. Und ich sehe schon einen großen Unterschied zu einer Positionierung in einem Krieg oder zu Terroranschlägen (da gibt es keine Unsicherheit oder Unwillen bei mir) oder ob ich zu einem Instagrampost etwas sagen soll, den ich nicht gepostet habe und für den mir das Detailwissen fehlt, um ihn fehlerfrei zu bewerten.

  4. Ich komme mal mit einem komplett unmöglichen Vergleich: Wenn Du am 2.09.1939 eine schwarz-rot-goldene Flagge gepostet hättest – wie wäre das wohl angekommen?
    Mir ist klar, dass das eine absurde Vorstellung ist. Aber bevor hier die aufgeregten Antworten reinprasseln- sacken lassen und darüber nachdenken. Danke.

    • @martin Nicht alles, was hinkt ist ein Vergleich. Und wäre es so eindeutig, würde niemand über den Instagrampost diskutieren.

    • @Martin besides, mitten in schwarz-weiß-rot Deutschland eine schwarz-rot-goldene Fahne zu posten wäre gar kein eindeutiges Signal so wie du es meinst

  5. Daniel ist meinen kruden Gedanken nahegekommen: schwarzrotgold stand/steht eben nicht für Nazideutschland. Nicht jeder Deutsche war ein Nazi oder gar Kriegsverbrecher. Und trotzdem wäre es als Signal fatal.

  6. Manchmal wäre es wirklich besser die Kommentarfunktion wenigstens zeitweise zu deaktivieren. Hat nicht jeder irgendwie mindestens einen sozialen Kontakt, mit dem er sich 1:1 mündlich austauschen kann, ohne dass das www davon Kenntnis nehmen muss? Man muss doch wirklich nicht jeden kruden Gedanken mit der Welt teilen.

  7. 4.04 Uhr Nationalmannschaft-Depüt eines Unioners im DFB-Team. Kevin Behrens wird eingewechselt. Dafür hat es sich gelohnt wach zu bleiben,

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