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Union könnte vom Investoren-Deal überproportional profitieren

Am Donnerstag ist die DFL in Frankfurt endlich einmal offensiv geworden was den Investoren-Einstieg betrifft und hat erklärt, wie viele der sechs Angebote von Private-Equity-Unternehmen noch im Rennen sind (nämlich vier), wie viel Geld die Liga mit der Verkauf von 12,5 Prozent der Medienerlöse über 20 Jahre einnehmen möchte (nämlich 2 Milliarden Euro). Und vor allem wurde gesagt, wie das Geld auf die 36 Proficlubs verteilt werden soll.

So beschreibt die Sportschau den Schlüssel:

  • 40 Prozent (800 Millionen Euro) sollen für die Digitalisierung und Internationalisierung der DFL genutzt werden: Eine Online-Plattform für die Verbreitung von Inhalten soll aufgebaut und damit vor allem auch Fans im Ausland angesprochen werden, besonders jüngere.
  • 45 Prozent (900 Millionen Euro) sollen in die Infrastruktur der Klubs gesteckt werden: Die Klubs sollen in ihre Stadien, Nachwuchsleistungszentren und auch Geschäftsstellen investieren.
  • 15 Prozent (300 Millionen Euro) bleiben zur freien Verfügung: Hier sollen die Klubs zur Steigerung der Attraktivität in neue Spieler investieren können oder Schulden abbauen.

Die Befürchtung, dass das Investorengeld nun den Zustand des deutschen Fußballs zementiert dürfte wahr werden, denn die 60 Prozent für die Clubs sollen anteilig so verteilt werden wie die Erlöse aus der TV-Vermarktung. Das ist für einen spannenden Wettbewerb natürlich Gift. Aber es entspricht natürlich einer gewissen Logik, wenn vorgezogene Erlöse aus der Medienvermarktung, und nichts anderes ist das Investorengeld, auch genauso verteilt werden wie die Medienerlöse. Ob wir das gut finden müssen steht auf einem anderen Blatt.

Nun könnte ich einfach Union-Präsident Dirk Zingler die Forderungen für einen Kurswechsel des deutschen Profifußballs um die Ohren hauen, in dem er unter anderem die stufenlose Verteilung der Medienerlöse gefordert hat. Aber vielleicht müssen wir diesen scheinbaren Widerspruch aushalten, dass Zingler sowohl den Kurswechsel fordern dürfte (denn von einem Meinungsumschwung ist mir nichts bekannt), aber gleichzeitig auch für den Investoren-Einstieg ist.

Union-Präsident Dirk Zingler, hier beim Spiel gegen Leverkusen, befürwortet den Investoren-Einstieg, Foto: Matthias Koch

Um das zu verstehen, muss man wissen, welche Berufung Dirk Zingler hat: Er ist der Präsident des 1. FC Union Berlin und sieht seine Aufgabe darin, alles für diesen Verein zu tun. Für den Kurswechsel dürfte es aktuell keine Mehrheiten in der DFL geben. Aber gleichzeitig befindet sich Union bei den Medienerlösen in einer Position der Stärke (ganz anders als 2018 als das Positionspapier von Union veröffentlicht wurde).

Wenn die Platzierungen in der Bundesliga so bleiben wie jetzt, landet Union in der nächsten Saison auf Rang 6 in der TV-Geld-Tabelle. Es wäre vermessen zu glauben, dass dies ein Dauerzustand werden wird. Deshalb kann es tatsächlich für Union so etwas wie ein legaler Gelddiebstahl bei den etablierten Top-Clubs sein, wenn das Investorengeld nach dieser Tabelle verteilt wird. Mit Gerechtigkeit und spannendem Wettbewerb hat das allerdings nichts zu tun.

Und auch was die Ziele dieses Investoreneinstiegs betrifft, bin ich skeptisch. Ob die Liga sich insgesamt auf einem Plateau bei den TV-Einnahmen befindet und deshalb der Investorendeal möglicherweise ein bisschen das Risiko sinkender Einnahmen dämpft, glaube ich nicht. Das mag für den heimischen Markt gelten. Aber bei den internationalen Rechten gilt die Bundesliga nach dem, was ich bisher gelesen habe, als unterbewertet. Und es ist ja nicht so, als würden diese Private-Equity-Unternehmen ihre Hausaufgaben nicht machen. Die wissen schon, welche Renditeerwartungen sie haben können.

Modell vom ausgebauten Stadion an der Alten Försterei. Für die Infrastruktur-Investitionen könnte Union Geld benötigen., Bild: 1. FC Union Berlin
Modell vom ausgebauten Stadion an der Alten Försterei. Für die Infrastruktur-Investitionen könnte Union Geld benötigen., Bild: 1. FC Union Berlin

Was fangen wir also damit an? Für Union kann dieser Investorendeal das Thema Infrastruktur-Investition (über 100 Millionen Euro sollen die Maßnahmen kosten) elegant lösen, ohne dass dem Sport nennenswert Gelder vorenthalten werden. Die Handlungsfähigkeit des Clubs bleibt erhalten. Da kommt es also vor allem darauf an, wie viel Geld Union am Ende tatsächlich erhalten würde (ich würde einiges dafür geben, um auf die Exceltabelle zu schielen, auf die Zingler geschaut hat, um das Ergebnis für Union zu bewerten).

Was die Liga insgesamt betrifft, bin ich weiter skeptisch. Wir können im Zweifel nur im Nachhinein bewerten, ob das Geld wirklich für Investitionen ausgegeben wird und nicht doch der größte Teil konsumiert wird (Spielergehälter, Ablösen, Beraterhonorare). Es bleibt der Fakt, dass dann für 20 Jahre 12,5 Prozent der Einnahmen fehlen werden. Wenn diese steigen sollten, wird uns weisgemacht, dann würde den Clubs ja nichts fehlen. Doch, nämlich die höheren Einnahmen würden genauso zu 12,5 Prozent fehlen. Die Rechnung geht möglicherweise nur auf, wenn man sich sagt, dass die erfolgsabhängigen Zinsen für die Investoren im Misserfolgsfall günstiger sind als feste Bankzinsen, die vom Erfolg oder Misserfolg der Vermarktung unabhängig sind.

Am 8. Mai haben wir die Chance, uns beim Fantreffen mit Dirk Zingler zu dem Thema auszutauschen. Nutzt die Möglichkeit.

Auch das Handelsblatt und der Kicker berichten über die Zwischenergebnisse bei der Investorensuche. Und die Bild sieht bei dem Thema einen Dissens zwischen Fanszene und Union-Präsident.

Und sonst so?

Am Sonnabend trifft die Männermannschaft von Union auf Augsburg und bereitet sich bereits in Bayern auf die Partie vor, weshalb die Pressekonferenz im Corona-Maßnahmen-Style ablief (AFTV). Alle Spieler sind fit, nur Diogo Leite steht wegen seiner Gelb-Sperre nicht zur Verfügung. Das sind die Berichte der Berliner Medien zur PK:

Bei der PK schaute Urs Fischer in den Computer, weil er mit der Mannschaft bereits in Bayern ist, Screenshot: AFTV
Bei der PK schaute Urs Fischer in den Computer, weil er mit der Mannschaft bereits in Bayern ist, Screenshot: AFTV

Das Frauenteam ist am Sonntag unterwegs und zwar spielen sie beim FC Carl Zeiss Jena II. Anpfiff ist um 14 Uhr in meiner alten Heimat, allerdings nicht auf dem Ernst-Abbe-Sportfeld, das ich als Kind immer besucht habe, sondern auf dem Kunstrasenplatz des Uni-Sportzentrums gleich daneben. Einfach vom Paradies kommend die Brücke über die Saale nehmen.

11 Kommentare zu “Union könnte vom Investoren-Deal überproportional profitieren

  1. […] im Deutschlandfunk oder als Gespräch in einem englischen Podcast bei Talking Fussball. Auch das Textilvergehen hat sich das genauer angeschaut.Fragen, die sich zwangsläufig […]

  2. 900 Millionen Euro in die Infrastruktur der Klubs … würden die Klubs nicht ohnehin Summen in ähnlicher Höhe in den kommenden Jahren für Infrastruktur ausgeben? Auf die Klubs der 1. und 2. Liga umgelegt wären das ja im Schnitt gerade mal 25 Mio. pro Verein – gar nicht so krass viel, erst recht nicht über 20 Jahre. Meine Befürchtung ist, dass letztlich eben keine zusätzlichen Investitionen in Infrastruktur getätigt werden, sondern nur umgeschichtet wird und das Geld v.a. in Transfers fließt.

  3. Andreas

    Ob die Erwartungen eintreten und sich der Deal am Ende lohnt wird man eh erst in vielen Jahren beurteilen können. Interessant wäre noch wie die DFL das mit Auf und Absteigern regeln will wenn sie Geld aus der Zukunft verteilt. Das DZ das Wohl von Union als erstes im Blick hat, sollte klar sein, und ja Union könnte einer der großen Profiteure von diesem Deal sein.
    Was die Bedenken bei der Verwendung der Gelder in anderen Vereinen betrifft, weiß nicht ob die DFL nun Elternersatz für diziplienlose Clubs sein muß und denen das Taschengeld einteilt das sie nicht alles am ersten Tag für Süßigkeiten ausgeben.

  4. x5lejo2

    Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, da wird etwas im Forsthaus entschieden und wir sind außen vor. Natürlich verstehe ich, dass mit anhaltendem sportlichen Erfolg auch ein gewisser Anspruch entsteht, aber ich frage mich – brauchen wir das? Ist das mit den Werten der Union vereinbar?
    Wenn während einer Heim-WM die Mehrwertsteuer erhöht wird oder die Mövenpick – FDP Geschichte (ja, lange her) – Als Unioner beschleicht mich ein ungutes Gefühl, dass es in Köpenick in eine ähnliche Richtung geht.
    Dirk Z. mit Herrn Watzke in der „Welt“, vor 4 Jahren wäre das undenkbar gewesen, spielen wir das Spiel der DFL langsam mit oder bleiben wir Union und setzen uns einfach in der ersten Liga fest?

    Jedes Bundesliga- und Europapokalspiel ist etwas Besonderes, aber der schleichende Prozess, dass das zur Normalität werden soll, beschäftigt mich und ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll.
    Geht das nur mir so?

    • Phrandts

      Nee, geht nicht nur dir so. Das alles hat mit „Urlaub in der ersten Liga, auf den man lange gespart hat“ nix mehr zu tun. Wie sich die beiden im Interview die Bälle zugeworfen haben…kannste dir nicht ausdenken.

  5. Daniel

    Die damit verbundene Frage, ob wir nach dem Aufstieg in die 1. Bundesliga uns verändern, hat verschiedene Dimensionen wie wir langsam zu verstehen lernen. Zum einen verändern wir uns unter sich ändernden Rahmenbedingungen kontinuierlich. Ebenso ist es, wenn wir uns als Gruppe (UnionerInnen) definieren, Stichwort Mitgliederzuwachs. Ob zum Besseren oder Schlechteren ist gar nicht so einfach zu beantworten, auf jeden Fall ist / wird es stetig anders.
    Das Präsidium wird ihre Meinung in Bezug zum Positionspapier „Kurswechsel“ vielleicht auch nur unter sich ändernden Rahmenbedingungen bewerten, denn das Ziel war vermutlich immer – was ist das vermeintlich beste für den Verein 1. FC Union Berlin.
    Mir persönlich stößt diese (egozentrische) Logik, die oft auch in anderen Bereichen als gottgegeben angesehen wird, bei Äußerungen von Dirk, unter Berücksichtigung der Zwängen und unbestrittener Verdienste, schon länger auf. Wünschen würde ich mir hier mehr Transparenz und Mitsprache. Leider wird das Fantreffen mit Dirk, soweit ich weiß, nicht übertragen. Ich freue mich auf ein paar Eindrücke und Statements hier im Blog.

  6. Wenn die Logik wäre ‚wir bekommen jetzt überdurchschnittlich viel Geld weil wir in der TV-Geldertabelle an sechster Stelle liegen‘, wäre es ein schlechtes Argument. So reden Bayern und BVB schon seit Jaren, um ihre eigene Machtsposition zu zementieren. Wir brauchen aber mehr Wettbewerb in der Liga. Was (wegen den Geldern aus europäischen Wettbewerben) schon sehr kompliziert ist, aber dieser Deal macht es noch schwieriger. Deswegen sollte Zingler bei seinem Streben nach einem Kurswechsel bleiben, und eine stufenlose Verteilung der TV-Gelder fördern.
    Was ich noch weniger verstehe, ist warum das Geld gebraucht wird. Die Infrastruktur (45% der Erlöse) ist ohnehin bereits gut. Die Digitalisierung und internationale Vermarktung (40%) wird ja nur vom Investorengeld finanziert, bei der Summe von 800 Millionen (40 Millionen im Jahr, 2,25 Millionen pro Jahr pro Bundesligist) könnten die Vereine ja auch selbst investieren. Nur wenn Investoren einzigartige Expertise bei Digitalisierung und internationale Vermarktung mitbringen würden, macht der Deal Sinn. Wird aber nicht passieren. Dann kann man es m.E. besser versuchen selbst aufzubauen, so wie La Liga die internationale Vermarktung in den letzten Jahren krass verbessert hat (oder die Formel 1)

  7. herrdoesi

    Ohne nochmal die Zahlen zu wälzen, Geld aus der Zukunft das jetzt verteilt wird, wird in der Zukunft fehlen. Wenn der Erlös aus der Vermarktung gesteigert wird, bedeutet das nichts anderes, als dass uns mehr Geld aus der Tasche gezogen wird.

  8. Union geht sportlich gerade steil. Wahnsinn. Aber teuer erkauft.Wir sollten uns nicht einreden, wir hätten an dem Erfolg irgendwie mitreden könnnen. Noch werden wir das in Zukunft. Wir sind im Grunde wie die Ex-DDR. Nur das wir mit unserem Politbüro gerade mehr Glück haben. Lebendige Vereinsdemokratie ist doch bei uns ein Schauspiel wie die letzte Mitgliederversammlung gezeigt hat. Bei alle wichtigen Entscheidungen teilt man uns höchstens die Ergebnisse mit.

    • BlnMeandor

      Die Frage ist, ob wir als „Masse“ aber auch wirklich immer bessere Entscheidungen treffen würden. Ich maße mir mit meinem Studium und Beruf jetzt nicht an, hier vor allem personelle und unternehmerische Entscheidungen treffen zu müssen/wollen.
      Kritisch sein sollten wir aber definitiv, aber dann eben mit Hand und Fuß.
      LG

  9. Für mich erscheint der Investoren-Deal auch auf dem ersten Blick wie eine Möglichkwit für die Vereine an schnelles Geld zu kommen.

    Wie wird denn kontrolliert, wer am Ende das Geld für was ausgibt? Gibt es da einen Topf, bei dem jeder Verein seine Investition beantragen muss und die durch ein Kontrollgremiun welcher Art auch immer abgesegnet werden muss?

    Für Union ist es vielleicht hilfreich, aber da wissen wir alle einfach zu wenig, wie die ganzen Infrastrukturmaßnahmen finanziert werden sollen.

    Ein Punkt, den ich aber wichtig für die Glaubwürdigkeit finde ist, dass sich gerade aus einer Position der Stärke heraus, in der sich Union gerade befindet, für das Positionspapier und die stufenlose Verteilung eingesetzt werden müsste. Wenn man wieder weiter unten ist, hat man bestimmt nicht mehr Befürworter.. Wenn man jetzt davon abweicht zeigt das doch nur, dass man einfach das Beste für sich selbst rausholen will. Und insbesondere bei diesem Investorendeal macht es kein Sinn aus meiner Sicht, die Gelder nach „Leistung“ gestaffelt zu verteilen. Das ist eine einmalige Zahlung und warum sollen die Topvereine mehr Geld in Ihre Infrastruktur investieren dürfen wie die Zweitligavereine? Wenn, dann ist sogar eher der Gegenteil der Fall, damit die kleineren Vereine von der Infrastruktur aufholen können.

    Das Kredo sollte eigentlich immer noch sein, dass man die geößten Vermarktungserlöse mit einem spannenden und abwechslungsreichen Wettbewerb erzielen kann.

    LG

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