Blog State of the Union

Ist ein Trainer eine langfristige Führungskraft oder nur eine kurzfristige Erscheinung?

Nach der Bekanntgabe, dass Dirk Zingler als Vereinspräsident ebenso wie die restlichen Präsidiumsmitglieder des 1. FC Union für weitere 4 Jahre berufen wurde, gab es am Freitag ein Mediengespräch mit dem Präsidenten. Eine wirklich komplett neue Nachricht findet sich darin nicht. Denn weder beim Stadionausbau (Ziel bleibt das Baurecht im Jahr 2022), noch beim Nachwuchsleistungszentrum oder gar bei der aktuellen sportlichen Leitung gab es News.

Medienrunde mit Präsident Dirk Zingler am 30.04. 2021, Foto: Matze Koch

Dafür gibt es ein bisschen die Möglichkeit, sich in die Gedankenwelt von Dirk Zingler zu begeben. Der Präsident hat eine klare Haltung in der aktuellen Diskussion um Trainerwechsel in der Bundesliga. So sieht er sie als Führungskraft im Verein, mit deren Wirken Zingler planen können möchte. Damit hat er natürlich recht. Denn ein Trainer führt nicht nur die Mannschaft, sondern auch den Staff, wie alle anderen Mitarbeiter rund um das Team genannt werden. Das reißt man nicht einfach so auseinander. Jedenfalls in der Theorie.

Wenn ich Dirk Zingler fragen würde, wie oft er in seinen bisherigen 17 Jahren als Präsident das Gefühl hatte, an dieser Position die richtige Führungskraft zu haben, dann vermute ich, dass seine Antwort „Zwei Mal“ lauten würde. Uwe Neuhaus und jetzt Urs Fischer. Zur Praxis gehören aber auch die Faktoren kurzfristiger sportlicher Erfolg, die Beziehung zu einer Mannschaft und die Eingliederung in den Bereich, der bei Union nur „der Sport“ heißt. Es ist also alles etwas dynamischer als in einem normalen Unternehmen.

Präsident Dirk Zingler und Trainer Urs Fischer mit Aufstiegs-Shirts nach der erfolgreichen Relegation gegen Stuttgart, 27.05. 2019, Foto: Matze Koch

Wenn Dirk Zingler über die Wertschätzung für Urs Fischer spricht, sollten wir alle die Bedingungen wie kurzfristiger sportlicher Erfolg im Hinterkopf haben: „Urs Fischer ist einer der besten Trainer in Deutschland, meiner Auffassung nach sogar über Deutschland hinaus. Er ist für uns auch der beste Trainer, weil er sehr ähnlich tickt wie Verantwortliche in diesem Verein. Wir haben ein ähnliches Wertegerüst.“

So verstehe ich auch die Aussage zum aktuell sich sehr schnell drehenden Trainerkarussell in der Bundesliga (Kicker, BZ, Kurier) und bekomme keine Panik angesichts freier Arbeitsplätze bei anderen Clubs: „Ich würde Urs Fischer niemals zu etwas zwingen. Das würde mein Respekt ihm gegenüber gar nicht möglich machen. Wenn ein Mensch wie Urs Fischer zu einer Entscheidung kommt, die ihn hier wegführen wollte, dann weiß ich, dass diese Entscheidung begründet und klug ist, weil er ein kluger Mensch ist.“

Trainer Urs Fischer und Präsident Dirk Zingler im Gespräch im Trainingslager in Windischgarsten 2019, Foto: Matze Koch

Der Schluss kann also lauten: Trainer (und auch Manager) sind in der Bundesliga ebenso austauschbar wie Spieler und haben ihren Transfermarkt. Von Profifußballern unterscheidet sie die längere Dauer der Karriere, die nicht nur auf 10-15 Jahre angelegt sein muss. Aber nur weil das so ist, muss nicht jeder Club sich an diese Marktgesetze halten. Freiburg, aber auch Bremen zeigen, dass man sich dem durchaus entziehen kann. Ob das auch für Union gilt, kann ich Stand jetzt nicht bewerten. Fragt mich mal in zehn Jahren wieder.

Deutscher Fußball besser als sein Ruf?

Ich finde die Einlassungen zum Zustand des deutschen Profifußballs, die Dirk Zingler zuletzt äußerte, ganz interessant. Auch im Mediengespräch sprach er darüber (Tagesspiegel, Berliner Zeitung). Dabei ging es darum, dass man den deutschen Weg mit 50+1 nicht schlechtreden solle, sondern er sich möglicherweise bei der Diskussion um die Super League als Glücksfall erwiesen hätte.

Ich glaube, dass man bei der Diskussion immer klar sagen muss, was man meint. Ich vermute, dass Karl-Heinz Rummennigge damit eher die Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Spitzenfußball, Dirk Zingler vermutlich den Wettbewerb in der Bundesliga und Helge Leonhardt damit die Durchlässigkeit der Ligen eins bis drei meinen würde. Je nach Perspektive ergeben sich unterschiedliche Ziele. Geht es darum, dass wenige möglichst viel Geld bekommen, um mit anderen Großclubs auf der Welt zu konkurrieren oder den Clubwert für einen Verkauf zu steigern? Dann ist 50+1 vielleicht ein Hindernis.

Medienrunde mit Präsident Dirk Zingler am 30.04. 2021, Foto: Matze Koch

Geht es darum, einen sportlich spannenden Wettbewerb zu haben, der zudem auch eine regionale Verwurzelung besitzt? Dann ist 50+1 vielleicht ein Vorteil. Ich sehe allerdings die Berichterstattung kritisch, die Deutschland als leuchtendes Beispiel heraushebt. Denn 50+1 gilt nicht für alle Clubs in Deutschland gleich. Hoffenheim, Leverkusen, Wolfsburg und Leipzig haben das schon ausgehebelt. Andere stehen bereit. Von Wettbewerbsgleichheit kann also nicht die Rede sein.

Was aus der Berichterstattung zum Mediengespräch nicht herauskommt: Welches Gewicht hat mittlerweile das Wort von Dirk Zingler bzw. des 1. FC Union im deutschen Fußball? Die Einlassungen zuletzt zum Thema DFB und Nationalmannschaft hatten zwar einige Berichterstattung nach sich gezogen und durchaus die Rampe für Äußerungen anderer Protagonisten gebaut. Doch die große Diskussion, an der sich meinetwegen der FC Bayern, Borussia Dortmund oder ähnlich große Clubs beteiligen, fand nicht statt.

Hier sind die weiteren Berichte über das Mediengespräch mit Dirk Zingler:

Der Kurier schreibt, dass sich die schlimmen Befürchtungen bei Cedric Teucherts Knieverletzung bisher nicht bestätigt haben. Also kein Kreuzbandriss. Sicher werden wir in der nächsten Woche erfahren, wie schwer die Verletzung ist.

Unions Frauen- und Mädchenfußball-Abteilung erklärt, wie die Vorbereitung auf die neue Saison laufen soll. Die aktuelle Saison wurde mit November 2020 erst gestoppt und mittlerweile abgebrochen.

Und sonst so?

Loris Karius zeigt mit diesem Beitrag bei Sky, das nicht alles im Leben eines Profifußballers erstrebenswert ist.

Joel Pohjanpalo hat derweil eine interessante Vorstellung von Homeoffice und bewirbt sich mit diesem Foto sehr weit vorne für ein neues Instagram-Ranking der Unionprofis:

 

6 Kommentare zu “Ist ein Trainer eine langfristige Führungskraft oder nur eine kurzfristige Erscheinung?

  1. Mitte3000

    Wahrscheinlich nur eine Petitesse, ich weiß…
    Aber:
    ist das schon Product Placement oder einfach nur fehlende Sensibilität bei Pohjanpalos Insta-Foto?
    Flügel wird er ja für Klimmzüge kaum brauchen…

  2. silberhacke

    das insta-bild von pohjanpalo ist auf eine besondere weise geschmacklos. wenn er jemals ein spiel gegen die dosen in der ausverkauften försterei erlebt hätte, hätte er wahrscheinlich eher abstand von der idee einer solchen inszenierung der präsentation genommen. für mich ist das ein schockbild. einfach pisse. und ob die pisse das training pusht sei mal dahingestellt. dreck.

  3. Maria Draghi

    Das Foto ist ein klarer Fingerzeig, dass seine Zeit bei Union enden wird.

    Zu „Wenn ich Dirk Zingler fragen würde, wie oft er in seinen bisherigen 17 Jahren als Präsident das Gefühl hatte, an dieser Position die richtige Führungskraft zu haben, dann vermute ich, dass seine Antwort “Zwei Mal” lauten würde…“
    Wie alles im Leben ist auch jede Personalie zyklisch. Erfolgreiche Phasen und weniger erfolgreiche Phasen wechseln sich so zuverlässig ab wie Regen und Sonnenschein. In guten Phasen (Sonne) muss man die Grundlagen legen, um auch gut durch die schlechten Zeiten (Regen) zu kommen.

  4. Mir ist die Dose gar nicht aufgefallen. Ihm vielleicht auch nicht?

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