Blog State of the Union

Was kann Union noch erreichen und wann sind eigentlich Zuschauer im Stadion wieder realistisch?

Wenn es neben der Chancenverwertung von Taiwo Awoniyi (der Angreifer fällt jetzt mehrere Wochen aus, dazu auch Kurier, Morgenpost, Kicker) noch heftige Diskussionen in den vergangenen Wochen gab, dann wohl über die Fragen, ob denn Loris Karius oder Andreas Luthe die Nummer eins im Tor sein sollte und ob Union denn nicht ein neues Saisonziel bräuchte.

Um letztere Diskussion war es etwas ruhiger geworden, als Union 5 Spiele in Folge nicht gewinnen konnte. Doch es reicht allein ein Sieg, um die wieder aufkommen zu lassen. Außerdem gibt uns das hier die Möglichkeit, eines der witzigsten Foto-Motive vom Wochenende zu betrachten, als Matze Koch den Blick für diese Kombination aus Werbung und Spielern hatte.

Bild/BZ leitet aus Statistiken vergangener Saisons ab, dass Union den Klassenerhalt bereits sicher habe. Das Eisen, das damit angefasst wird, ist so heiß wie meine Pfanne in der Mitte der Rückrunde einer durchschnittlichen Uwe-Neuhaus-Saison. Ich glaube, dass es auch unter Spielern und im Verein Common Sense ist, dass man nicht nur 40 Punkte in dieser Spielzeit holen möchte. Dazu hätte es auch gar nicht Max Kruses Aussagen im Kickbase-Podcast gebraucht.

Was wäre ein gutes neues Saisonziel?

Die Frage ist also nicht, ob sich Union ein neues Ziel setzt, sondern wann sie vom Verein aus etwas dazu sagen. Und hier sehe ich ganz klar den Zeitpunkt dann, wenn das ursprünglich ausgegebene Ziel erreicht wurde. Also nach den 40 Punkten. Es wäre auch merkwürdig, ein neues Ziel auszugeben, wenn das erste noch gar nicht erreicht ist.

Platz 7 oder 8 sind am wahrscheinlichsten

Doch was sollte das neue Ziel sein? Gleich Europa? Oder lieber so etwas wie ein einstelliger Tabellenplatz? Oder eine bestimmte Punktezahl wie 50 Punkte? Ich bin unschlüssig. Natürlich hätte ich Lust, auswärts durch Europa zu reisen (ja, wir haben eine Pandemie, ich weiß). Schauen wir uns mal die Prognosen von Goal Impact an, dann sehen wir, dass Platz 7 oder 8 die wahrscheinlichsten Platzierungen werden. Hätte mir das jemand vor der Saison gesagt …

Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann würde ich ein volles Stadion an der Alten Försterei vorziehen. Wenigstens einmal in dieser Saison. Klar wäre es toll für uns. Aber ich würde auch unglaublich gerne allen Spielern, die in dieser Spielzeit neu zu Union gekommen sind, zeigen, was ihnen entgangen ist. Das müssen wir uns einfach mal vorstellen: Weder Andreas Luthe noch Loris Karius oder Nico Schlotterbeck, Joel Pohjanpalo oder Taiwo Awoniyi haben ein ausverkauftes Stadion als Unionspieler erlebt. Auch Robin Knoche, Niko Gießelmann, Max Kruse oder Sebastian Griesbeck sind nicht in den Genuss gekommen. Und ich finde, dass das Stadionerlebnis nicht nur für uns, sondern auch für die Spieler von Union ein elementarer Teil ist.

Von einer Verwirklichung sind wir bei allem Öffnungsgerede noch weit entfernt, da es weiter keine klaren und verbindlichen Rahmenbedingungen gibt. Und die Infektionszahlen sinken auch nicht weiter. Am 22. Mai, also in ziemlich genau 3 Monaten steigt das letzte Saisonspiel zu Hause gegen Rasenballsport Leipzig. Viel Zeit ist also nicht mehr. Und ganz ehrlich: ich glaube nicht an eine Verwirklichung des Wunsches.

Vorlage eines Öffnungskonzepts für Sport- und Kulturveranstaltungen

In diesem Zusammenhang wurde gestern ein Konzept für die Rückkehr von Zuschauern bei Sport- und Kulturveranstaltungen vorgelegt (unter anderem auch vom DFB und der DFL unterstützt). Darin findet sich ehrlich gesagt wenig Neues, wenn wir das nur aus der Bundesliga-Perspektive betrachten. Aber hier geht es auch darum, kleinere Veranstaltungen ohne die organisatorische Kraft der Bundesliga zu ermöglichen. In dem PDF kann man nachlesen, wieviele Verdachtsfälle es in der Bundesliga und Zweiten Liga bei Spielen vor Zuschauern gegeben habe:

Bei gut 250.000 Zuschauern gab es 3 Coronafälle, die die Herausgabe von 47 Personendaten notwendig machten. Das klingt natürlich nicht viel. Gemessen daran, dass die Gesundheitsämter bereits im September mit der Nachverfolgung überfordert waren und bei der überwiegenden Zahl der Infektionen der Infektionsort gar nicht nachgewiesen werden kann, würde ich diese Zahl aber auch nicht überbewerten.

Anfeuern durch die Fans auf der Waldseite
Unionfans auf der Waldseite beim Spiel gegen den FC Augsburg am 25. Januar 2020, Foto: Stefanie Fiebrig

 

Interessant ist, dass die Idee eines Immunitätsausweises in diesem Dokument wieder aufgenommen wird (für Personen, die geimpft sind bzw. eine Infektion überstanden hätten) und auch, dass Unions Idee des Testens hier Eingang findet, um die Zahl der Zuschauer zu erhöhen. Ignoriert wird in diesem Konzept allerdings wie so oft die Anreise zu Veranstaltungen. Außerdem fragwürdig finde ich, dass hier Spezialkonzepte von Fachärzten bestätigt werden sollen. Wer diese sein sollen, steht nicht drin.

Dieses Konzept könnte einen Weg für Union öffnen, um wieder Veranstaltungen jenseits von Bundesligaspielen durchzuführen. Aber es ist aus meiner Sicht der dritte Schritt vor dem ersten. Die ersten beiden Schritte müssen lauten: Infektionszahlen massiv senken (durch Impfungen und effektive Präventionsmaßnahmen) und verlässliche Rahmenbedingungen für mögliche Rückkehr zu einer Art Normalität schaffen. Beides ist bisher nicht erreicht. Das heißt natürlich nicht, dass man sich nicht damit beschäftigen sollte, unter welchen Bedingungen de facto stillgelegtes Leben wieder aufgenommen werden kann. Ganz im Gegenteil. Aber es sollte aus meiner Sicht nicht suggerieren, wir könnten jetzt einfach aufmachen und zu einem Leben vor der Pandemie zurückkehren. Das ist leider nicht der Fall.

Der RBB hat ein Interview mit Florian Kainzinger geführt, der die Erstellung des Papiers koordiniert hat.

Und sonst so?

Wenn ihr mal die Faust in der Tasche ballen und Wut in euch aufsteigen spüren wollt, dann lest diesen Bericht der Fanhilfe Hannover über ein Verfahren gegen einen 96-Fan, bei dem alles dabei ist, was man eher nicht in einem Rechtsstaat verorten würde.

18 Kommentare zu “Was kann Union noch erreichen und wann sind eigentlich Zuschauer im Stadion wieder realistisch?

  1. Ich weiß, dass der Vergleich etwas hinkt, aber bei einer Riesen-Vertragsverlängerung (bis 2035 ohne Ausstiegsklausel ;) ) von supertalentierten Innenverteidigern muss ich immer an Fabian Schönheim denken. Als die Scouts schon die Sitztribüne füllten um ihn sich anzuschauen, hat Union mal eben einen Vierjahresvertrag für Schönheim (und parallel für Puncec einen Zweijahresvertrag) rausgehauen. Danach ging es bei ihm nicht ganz so toll weiter.
    Am liebsten also: Marvin Friedrich bleibt lange, eisern und gesund!

  2. Einstelliger Tabellenplatz wäre doch ein gutes und realistisches nächstes Ziel, und bietet vor allem viel Spielraum. Guckt man sich die aktuelle Tabelle an, haben sich die ersten vier etwas abgesetzt und werden das vielleicht unter sich aus machen. Und beim Rest von Europa haben wir ja mit Gladbach, Leverkusen und Dortmund als direkte Konkurrenten echt namhafte Gegner, hätte sich vor der Saison wohl auch keiner träumen lassen. Also von Europa zu reden wäre vielleicht bei den Namen dann doch etwas vermessen, was ja nicht heißt das man es nicht versuchen kann.

  3. Blue curacao

    Union hat schon zuviele Punkte geholt in der Saison die sich schon dem Ende nähert. In einigen Gesprächsrunden wollen einige nicht aus verschiedensten Gründen das union Europa erreicht, dann müssten sie jetzt locker 5-6 spiele am Stück verlieren um das nicht in diesen Tabellen/punkteregion zu bleiben, das kann doch kein Fan wollen das sein Verein bewusst nicht mehr Punktet, die tv-tablette die noch wichtiger geworden ist interessiert auch kaum noch jemanden wenn man sich eine bewusste negative Serie wünscht um nur nicht im uefa-Cup aufzutreten, komische Leute gibts.

  4. Der Kommentar im Deutschlandfunk „Profifußball in der Pandemie Die Bodenhaftung geht weiter verloren“

    https://www.deutschlandfunk.de/profifussball-in-der-pandemie-die-bodenhaftung-geht-weiter.1346.de.html?dram:article_id=492540&utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

    fasst richtig gut alles zusammen, über das in der letzten Zeit, auch hier, diskutiert wurde

    Am Interessantesten aber die Ausführungen am Ende:
    …Fußballfans haben sich getroffen. Allerdings ziemlich selten. Bei Aufstiegsfeiern oder nach Pokalerfolgen wurde ein bisschen gehupt, gejubelt und Pyro gezündet. Meist sogar mit Abstand. Es waren sogar die oft gescholtenen Ultras, die sich als erste mit Bannern beim medizinischen Personal bedankten…
    …Es zeigt sich also einmal mehr: Die größte Gefahr für den Profifußball geht nicht von den Fans, sondern von den Funktionären aus…

  5. Dieser Herr Karkos sollte langsam mal Hausverbot bekommen für den Müll den er schreibt. „Statistisch belegt“ na hurra. Dann also Füße hochlegen, alle Spiele verlieren und Abstiegs- sowie Titelkampf beeinflussen.

    Und am 34.Spieltag dann das böse erwachen a la
    „Huch. Wir sind ja abgestiegen mit 33 Punkten wie ging denn das?“ Dann hätte Herr K. wieder einen neuen Grund sinnloses zu schreiben.

  6. Nachdem man davon ausgehen kann, dass das Thema Abstieg wohl kein Thema mehr ist, sollte man einfach befreit und ohne jeden Druck und Erwartung aufspielen und die Saison genießen. Dann schauen wir mal, was am Ende rauskommt.
    Wenn es Europa sein sollte, umso besser.

  7. Ganz unabhängig von Union und der Diskussion über den anzustrebenden Punktestand nach 34 Spieltagen: die sogenannte „40 Punkte-Anzahl“ für den 15.Tabellenplatz und damit sicheren Nichtabstieg ist empirisch schwer zu belegen.
    In den letzten 19 Spielzeiten der 1.Bundesliga wurde der „beste“ 16.Tabellenplatz in der Spielzeit 2016/17 mit 37 Punkten durch den VfL Wolfsburg erreicht, 15. war Mainz mit ebenfalls 37 Punkten und dem besseren Torverhältnis.
    Selbst in jener Saison hätten also 38 Punkte für Platz 15 gereicht.
    „Schlechtester“ 16. war übrigens der HSV in der Saison 2013/14 mit 27 Punkten.

    • Es geht bei dieser Schwelle vermutlich eher darum, dass es eine plakative Zahl und der Abstieg bei dieser Punktzahl statistisch sehr unwahrscheinlich ist.

    • silberhacke

      genau. es geht um eine angestrebte inzidenz von über 40 punkten, bei deren erreichen der fan dann lockerungen durchführen darf.

    • Meine Rede. Im Best Case reichen die 33 Punkte sogar schon aus. Für mich ist die Sache Klassenerhalt bereits abgehakt.

  8. Sollte der Abstand zu Europa in dem Moment, wo das neue Ziel verkündet wird, so sein wie aktuell, dann kann das Ziel nur Platz 6 lauten. Alles andere wäre lächerlich und unglaubwürdig.

    Ich versteh die Angst einiger Unioner vor Europa nicht. Nur weil andere Vereine das nicht gebacken bekommen, kann es doch nicht sein, dass ich mir das für Union nicht wünsche.
    Ich traue der sportlichen Führung und der Vereinsführung auf jeden Fall zu, dass sie das gut managen.
    Europa bringt nochmal ein paar zusätzliche Millionen ein und aktuell kann Union bestimmt jeden Cent gebrauchen.
    Man muss ja dann die internationalen Spiele nicht in Bestbesetzung angehen und es dafür in der Liga schleifen lassen. Man kann nie genug Spiele haben, in denen man denen, die in der Liga nicht so oft dran kommen, Spielpraxis gibt und denen die gerade von Verletzungen zurückkommen dazu verhilft, ihren Rhythmus zu finden.

    Ziel zu Beginn der nächsten Saison sind dann ja auf jeden Fall wieder 40 Punkte, egal wie diese Saison ausgeht ;-)

    • Also finanziell vorteilhaft und ohne zusätzliche Belastung in der nächsten Saison wäre es vor allem, den relativen Abstand auf Stuttgart und Augsburg um zwei zusätzliche Tabellenplätze zu vergrößern. Aktuell dürfte Union auf Platz 14 der 5-Jahreswertung für die TV-Geld-Verteilung liegen (vor Köln, Bielefeld und 2 egalen Aufsteigern). Stuttgart und Augsburg sind noch in Reichweite, von hinten könnte höchstens noch Köln vorbeiziehen. Platz 12 statt 14 in den 5-Jahres-Wertungen würde in Summe 4-5 Mio. € mehr TV-Geld bedeuten ;)

  9. Mal abgesehen davon, dass ich das Erreichen der europäischen Plätze als super schwierig erachte, da wir auf die wenig verbliebenen Plätze sehr namenhafte Konkurenten haben, würde ich mich als Sportler fehl am Platz fühlen, wenn ich die Möglichkeit dies zu erreichen einfach abschreiben würde. Sollte der Fall denn eintreten, dass wir den BVB/B04(!) überholen, wäre das ein riesen Ding. Für mich fast gleichbedeutend mit dem Aufstieg in Liga 1.
    Wie geil wäre das denn bitte nach 34 Spieltage mehr Punkte auf dem Konto zu haben, als die beiden genannten.
    Und was hat man dann davon, dass wir international spielen? Auf jeden Fall Argumente für den Verbleib einiger Spieler, die das Interesse von anderen Mannschaften schon geweckt haben (Friedrich, Prömel, Andrich).

  10. Ich denke zwar, dass das am Ende eine überflüssige Frage ist: Aber ist die Alte Försterei eigentlich europapokaltauglich?

  11. Ich würde lieber Punkte als Ziel ausgeben. Das orientiert sich an der Philosophie von Spiel zu Spiel zu denken. Denn am Ende kann man die Ergebnisse der anderen nicht beeinflussen.
    Eisern

  12. […] Gestern hat Sebastian hier geschrieben, dass die Frage, ob Loris Karius vielleicht doch Andreas Luthe im Tor von Union ablösen sollte, eine derjenigen ist, die bei Union gerade am spannendsten sind. Und tatsächlich ist es so, dass die beiden Spiele, die Karius zuletzt bestritten hat, kaum weniger aufschlussreich dazu hätten sein können. […]

  13. grad gelesen: https://www.stadionwelt.de/news/24994/intensivmediziner-planen-studie-zu-fans-in-stadien

    „Karagiannidis schlägt vor maximal die Hälfte der Sitzplätze unter strengen Hygienekonzepten oder Studienbedingungen zu besetzen. Bevor die Fans das Stadion betreten müssen sie sich einem Schnelltest sowie einem PCR-Test per Abstrich unterziehen. Außerdem wird bei den Besuchern die Temperatur gemessen, liegt diese über 38 Grad oder zeigt der Test eine Infektion an, müssen sich die Teilnehmer in Quarantäne begeben.

    Im Stadion sollen die Zuschauer in verschiedene Blöcke aufgeteilt werden, in manchen ist das Tragen einer FFP2-Maske Pflicht, in anderen reicht ein einfacher medizinischer Mund-Nasen-Schutz. Drei Tage nach dem Spiel sollen alle Fans erneut auf das Coronavirus getestet werden. Laut Karagiannidis kann man so Informationen darüber erhalten wie viele Menschen trotz des negativen Schnelltests Corona-positiv waren. Genau so liefere das Experiment darüber Aufschluss wie viele Besucher erst nach dem Spiel eine Infektion aufweisen und wie viele sich möglicherweise erst im Stadion angesteckt haben.

    Des Weiteren soll im Stadion die Lautstärke vor den Rängen gemessen werden, um den Einfluss von Fangesängen auf das Infektionsrisiko zu untersuchen. Die Finanzierung der Studie sieht Karagiannidis im Aufgabenbereich des DFB. Der Verband hätte genügend Mittel und zudem ein Interesse daran, Fans so schnell wie möglich in die Stadien zurückzuholen.“

    (das wäre wohl eher die DFL, aber egal)
    Aber die Studie sollte unbedingt in der AF gemacht werden bevor in anderen Stadien völlig unzureichende Lautstärken gemessen würden ;-)

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