Blog State of the Union

Beim knappen 3:1 von Union ragte nicht nur Max Kruse heraus

Ding Dong. Ding Dong. Irgendwann habe ich gedacht, dass ich Samstag früh halb acht beim Bäcker in der Uckermark stehe und nicht auf meinem Bett liege und Fußball schaue. Denn als wäre der Name des Hoffenheimer Stadions nicht schon absurd genug, wurde dort auch ohne Zuschauer das übliche Programm abgefahren. Und das sah bei jeder Auswechslung die Ladenklingel vor. So bimmelte es sechs Mal in der letzten Viertelstunde.

Anzeigetafel mit 1:3-Endstand, Foto: Matze Koch

Nun wären diese akustischen Unterbrecher, die Zuschauer vom Verfolgen des Spiels auf dem Rasen ablenken sollen (unfassbar, wenn man es genau bedenkt), einen eigenen Beitrag wert. Aber das Team von Urs Fischer hat beim 3:1 bei der TSG Hoffenheim solch einen Eindruck hinterlassen, dass wir uns mit schönen Erlebnissen beschäftigen können statt Ding Dong (apropos Ding Dong wie lange habt ihr eigentlich nicht mehr an dieses Lied gedacht?).

Erst einmal möchte ich Urs Fischer noch mehr Respekt zollen als ohnehin schon. Der Trainer entschied sich nämlich für das Spiegeln von Hoffenheims System mit Dreierkette, um einen besseren Zugriff auf den Gegner zu bekommen. Das wäre eigentlich nicht weiter bemerkenswert. Aber es saß einfach kein weiterer Innenverteidiger auf der Bank. Bei einer Verletzung wäre wohl die Umstellung auf Viererkette erfolgt. Der Trainer ist hier ins Risiko gegangen, weil er von seiner taktischen Aufstellung überzeugt war. Leider wurde der Trainer auf der inszenierten Pressekonferenz (Fragen mussten eingereicht werden) nicht dazu befragt.

Das Trainerteam von Union beglückwünscht sich nach Abpfiff, Foto: Matze Koch
Das Trainerteam von Union beglückwünscht sich nach Abpfiff, Foto: Matze Koch

Zum Spiel möchte ich am liebsten ganz viele Spieler loben. Angefangen hinten bei Andreas Luthe, der mit ein paar guten Paraden Union im Spiel gehalten hat. Denn so eindeutig, wie es das Ergebnis aussagt, war die Partie nicht. Ganz im Gegenteil. Union hatte ebenso Chancen zugelassen wie Hoffenheim. Aus der Sicht fand ich es ganz erstaunlich, dass es mit 0:0 in die Pause ging.

Aber auch die Verteidiger waren gut im Spiel. Und wenn sie es nicht waren, wie Robin Knoche, der einen Ball vertändelte, dann waren sie beim Ausbügeln dabei. Der Verteidiger höchstselbst klärte die von ihm verursachte Situation auf der Linie. Wie diese Mannschaft in ihrer Gesamtheit gearbeitet hat, nötigt mir unfassbaren Respekt ab, denn ich war schon vom Zuschauen kaputt. Das sah anstrengend aus, wie immer wieder Räume und Passwege zugelaufen wurden.

Joel Pohjanpalo erzielt mit Torhüter Oliver Baumann das Tor zum 1:2, Foto: Matze Koch

Doch das war nicht das einzig Gute, sondern wir haben gesehen, wie Union sich nicht nur spielerisch hinten heraus befreite, in dem sie die Ballkontrolle behielten, sondern damit auch gefährlich Situationen heraufbeschwören konnten. Man muss sich alleine mal die gesamte Szene bis zum Strafstoß anschauen. Kein Wunder, dass der Trainer die lobt. Das war schon nahe an Perfektion über viele Stationen.

Beim Thema Rote Karte konnte man klar sehen, wer die aktuelle Regelauslegung kennt und wer nicht. Hoffenheims Florian Grillitsch, der dem Schiedsrichter fachliche Kenntnis absprach, fällt in die Keine-Ahnung-Fraktion, weil er den Elfmeter zwar anerkannte, aber nicht die Rote Karte (Bild). Ich verstehe dabei allerdings jede Person, die sagt, dass sich hier die Rote Karte überzogen anfühlt. Den Schiedsrichter trifft dabei allerdings nicht die Schuld.

Nach dem Elfmetertor war Unions Ordnung weg und es fühlte sich ehrlich gesagt überhaupt nicht so an, als würde Urs Fischers Team in Überzahl spielen. Hoffenheim beschäftigte Union so gut, dass die Ballkontrolle nicht mehr gelang. Das Tor war verdient und ich muss es leider so sagen: es war auch eine sehr starke Aktion von Munas Dabbur, wie er zwei Gegner ins Leere schickt und dann den Ball ins Tor hämmert.

Noch einmal: Hoffenheim hätte das Spiel gewinnen können. Auch in Unterzahl. Wie eng die Partie war zeigt am besten eine Szene, in der 93. Minute. Es gibt eine gute Verlagerung auf die linke Strafraumseite, doch Sessegnon bekommt den Ball nicht, weil Marius Bülter als Rechtsverteidiger dazwischen geht und die Kugel erobert. Und dann drischt er den Ball nicht einfach raus, wie man das in der Nachspielzeit durchaus machen kann, sondern findet mit dem langen Ball Max Kruse.

Max Kruse zeigt seinen Wert für Union

Ich sage es mal so: das war eines der knappsten und engsten 3:1-Siege, die ich bisher von Union gesehen habe. Mit unfassbar viel Einsatz, Willen und etwas Spielglück haben sie den Sieg auf ihre Seite gezogen. Vielleicht war es das Spielglück, das zuvor gegen Schalke und Freiburg gefehlt hat.

Leider ist jetzt nur kein Wochenende, so dass ich diese 3 Punkte gar nicht entsprechend genießen kann. Aber ein Blick auf die Tabelle mag diese Woche auch genügen. Platz 7 gemeinsam mit Stuttgart. Unfassbar. Da hat der Kommentar vom Kurier schon recht: Ein Moment zum Genießen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Max Kruse hat gezeigt, welchen Unterschied er machen kann mit seinem Elfmetertor und beiden Torvorlagen. Das ist eine hohe individuelle Qualität und auch eine Abgebrühtheit, dass ich mich immer noch wundere, was so ein unfassbar guter Spieler bei Union macht. Aber der Unterschied ist der, dass einen komplett gesunden und fitten Max Kruse sicher alle hätten verpflichten können.

Hier sind die Spielberichte der Berliner Medien vom Sieg in Hoffenheim:

Wer Fußball nutzt, um seine rassistische Grundeinstellung nach außen zu zeigen, kann sich übrigens gehackt legen.

Es war gestern für mich übrigens sehr merkwürdig, einerseits das Spiel zu sehen und andererseits die Nachrichten aus Wien zu verfolgen. Ich kann das gar nicht in Worte fassen. Es fühlte sich komisch an.

19 Kommentare zu “Beim knappen 3:1 von Union ragte nicht nur Max Kruse heraus

  1. Gut auf den Punkt gebracht: Spielglück war entscheidend. Hätte genauso gut (bzw. schlecht) auch andersrum ausgehen können. Und wie sich Union beim Stand von 1:0 in Überzahl hinten reindrängen lässt, gibt den Trainern viele Ansatzpunkte für die Nachbereitung.

  2. Da ich prinzipiell keine Montagsspiele schaue, vielen Dank für den Spielbericht.

  3. Vielen Dank für den Spielbericht, denn auch ich habe mir das Spiel nicht angeguckt. Zum Einen wegen Montagsspiel und weil es mich auch deprimiert nicht dabei sein zu können…

    Was mir oft bei den Spielberichten auffällt und woran ich mich einfach nicht gewöhnen kann ist diese journalistische Beobachterperspektive. Beispielsweise: „Union hatte ebenso Chancen zugelassen wie Hoffenheim.“ Nach meiner Meinung müsste da „Wir/Die Mannschaft hatte ebenso Chancen zugelassen wie Hoffenheim.“ stehen. Vermutlich ist der Schreibstil aber richtig und angebracht.

  4. Ganz fantastisch fand ich die Szene als Knoche den Ball am eigenen Strafraum verlor, daraus eine Riesenchance wurde, die Gentner aber mit zwei Gazellensprüngen und seinem ausgefahrenen dritten Beingelenk irgendwie noch weggrätschte, um Knoche die Zeit zu geben den Ball aufs Tor dann wegzukratzen. So geht Teamplay.

    Wenn Du mich fragst warum ein Typ wie Kruse bei bei Union ist, dann weil es ein weltklasse Trainerteam mit einer ausgezeichnet zusammengestellen Mannschaft gibt, und somit eine sehr spannende sportliche Perspektive, und das sogar mit einem „richtigen“ BL-Neuling der aber als Verein in der Stadt verwurzelt ist und eine nur noch seltene Mischung aus Tradition, Sport, Stadt, Gesellschaft und Fankultur abbildet. Woanders haste entweder Wolfsburg oder RW Essen, aber da fehlt jeweils noch was zum grossen Glück…
    Es ist daher eine Schande, dass die neuen Spieler die AF noch nie im Normalbetrieb erleben durften.

  5. Glaube jetzt ist der Zeitpunkt gekommen von einem „sehr gutem Start“ zu sprechen :-)

  6. Mir ist es ganz warm ums Herz… ???

    Danke an alle Beteiligten für den unter diesen Umständen perfekten Montagabend.

    Eisern.

    PS. Nach Schlusspfiff hörte ich sogar ein schallendes “Eisern Union” im Stadion. Ich weiß immer noch nicht, ob das real war oder bloß Einbildung… ???

    • Das war keine Einbildung, Holger. Ich habe das auch gehört. Keine Ahnung, von wem das kam aber mein Grinsen wurde noch etwas breiter :-)

    • Mein Grinsen hat gar nicht mehr ins Gesicht gepasst :::)))

  7. Also bei Ding Dong muss ich eher an das hier denken, nicht an die Erste Allgemeine Verunsicherung: https://www.youtube.com/watch?v=IUDAVgSiru8

    • ???

    • Erst habe ich gedacht, ich bekomme die verdammte EAV Melodie nicht aus dem Kopf…
      Bei Ding Dong die Hex ist tot musste ich laut lachen….genau mein Humor….und nu bin ich befreit.
      DAAANKEE!!

  8. Wenn man sich überlegt, bei welchen Bundesligavereinen, die wir bisher immer nur von unten uns angeschaut haben, Punkte geholt haben, wird es einen ganz schwummerig!!!?
    Leider hatte ich noch nicht das Vergnügen einmal ins Stadion zu kommen!!!?
    Das trübt entschieden die Freude!!!
    u.n.v.e.u.

  9. SING:
    „EUROPAPOKAL EUROPA-POKAL“ :-)

    Ich glaube, am meisten über den Tabellenstand wundern, tun sie sich in Charlottenburg. Wir stehen da wo die stehen wollten. :-)

    • Na, das ist doch mal ne Aussage!

      Ja, es war ein Spiel zum Verlieben… Unsere Jungs haben gealtert und sich mit ne guten Sieg belohnt… Das Spiel war sportlich so aktiv und spannend – da beide Seiten mehr als viele Chancen hatten, dass ich noch die ganze Nacht im Traum mitgefiebert hab… Ich vermisse unsere gute Stimmung im Stadion und vor allem „Dabei sein an der alten Försterei“. Aber unsere Mannschaft hat bewiesen, dass sie auch ohne (offiziellen) Support die BuLi rocken – so macht Fußball Spaß und wenn dann noch (nach Abpfiff) von wo auch immer ein „Eisern Union“ erschallt… was will man/frau mehr???

  10. …ähm geackert sollte es heißen…

    Dämliche Autokorrektur :-(

  11. Gealtert trifft es aber auch.
    Bei uns.
    Vorm Radio oder Ticker nach dem 1:1 ;-)

  12. […] Beim knappsten und engsten 3:1-Auswärtssieg, den Union wohl je errungen hat, setzte Trainer Urs Fischer mal wieder auf eine Dreier- respektive Fünferkette. Doch anders als durch die Trainingsrückkehr von Nico Schlotterbeck erwartet wurde, bekleidete Florian Hübner die offene Innenverteidiger-Stelle. Es war Hübners erster Startelf-Einsatz seit dem Heimspiel gegen Schalke in der vergangenen Saison (07.06.2020). […]

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