Blog State of the Union

Die DFL hatte wahrscheinlich keine andere Wahl, als Union eine Geldstrafe für die Klassenerhalts-Party aufzubrummen

Die DFL hat gestern eine Geldstrafe sowohl gegen den 1. FC Union als auch gegen Christopher Trimmel und Sheraldo Becker verhängt (DFL-Mitteilung). Ich glaube, dass die Begründung der DFL unstrittig ist: „Die Spieler hatten nach dem Bundesliga-Spiel gegen den SC Paderborn 07 offenkundig gegen allgemeine Hygiene- und Infektionsschutzstandards sowie insbesondere gegen das medizinisch-organisatorische Konzept der „Task Force Sportmedizin/Sonderspielbetrieb“ der DFL verstoßen. Erkennbar ist dies auf Videoaufnahmen, die unter anderem in sozialen Netzwerken veröffentlicht wurden. Eine Geldstrafe gegen den 1. FC Union Berlin wurde zusätzlich aufgrund „Organisationsverschuldens“ verhängt.“ Über die Höhe der Geldstrafe gibt die DFL keine Auskunft und auch nicht über die Verwendung des Geldes.

Fussball, Herren, Saison 2019/2020, 1. Bundesliga (32. Spieltag), 1. FC Union Berlin – SC Paderborn (1:0), spontane Feier von Fans und Spielern lange nach Spielschluss auf der Hauptstra?e vor dem bzw. der Einfahrt zum Stadion, mitten drin Christopher Trimmel (1. FC Union) im schwarzen Shirt, 16.06. 2020, Foto: Matthias Koch

Sowohl Christopher Trimmel als auch Sheraldo Becker dürfen erst nach zwei negativen Corona-Tests wieder am Training und Spielbetrieb teilnehmen. Laut BZ wurde Christopher Trimmel deswegen außer der Reihe bereits am Donnerstag getestet und am Freitag in einer Testreihe mit dem gesamten Team. Ob zwei Tests an zwei aufeinander folgenden Tagen im Sinne der Regel sind, vermag ich nicht zu sagen. Aber es entspricht wohl dem Wortlaut der Regeln. Während ich das jetzt schreibe dürfte Urs Fischer und allen anderen sportlich Verantwortlichen mitgeteilt werden, ob sie Christopher Trimmel im Auswärtsspiel bei der TSG Hoffenheim einsetzen dürfen oder nicht.

Ich finde es durchaus besonders, dass die DFL eine Strafe verhängt und nicht der DFB, der sonst für die sportrechtliche Sanktion über den Kontrollausschuss zuständig ist. Die Strafe nennt die DFL auch eine Vertragsverletzungsstrafe, denn der Sonderspielbetrieb wurde in die Spielordnung aufgenommen. Union als Verein und die beiden Spieler werden also dafür bestraft, gegen die Bestimmungen des Ligaspielbetriebs verstoßen zu haben.

Fussball, Herren, Saison 2019/2020, 1. Bundesliga (32. Spieltag), 1. FC Union Berlin – SC Paderborn (1:0), Christopher Trimmel (1. FC Union), 16.06. 2020, Foto: Matthias Koch

Warum sanktioniert jetzt ausgerechnet die DFL?

Hat die DFL kein Herz? Kann die Organisation nicht verstehen, welche menschlichen Regungen in Spielern vorgehen, die einen sportlichen Erfolg feiern? Ich glaube, dass das schon klar ist. Aber es gibt schlicht eine andere Situation, in der der Ligaverband sich gerade befindet. Denn aktuell wird dafür lobbyiert, dass beim Fußball wieder Zuschauer zugelassen werden (wie viele und unter welchen Bedingungen lassen wir mal dahingestellt). Da muss auch transportiert werden, dass Regeln eingehalten und im Zweifel sanktioniert werden.

Mitteilung der DFL über die Geldstrafe wegen der Klassenerhalts-Party, Screenshot: DFL
Mitteilung der DFL über die Geldstrafe wegen der Klassenerhalts-Party, Screenshot: DFL

Denn mit der möglichen Zulassung von Zuschauern begibt sich der Fußball wieder auf ein Feld, wo es heißen dürfte: Warum darf der Fußball was andere nicht dürfen? In dem Fall Großveranstaltungen mit Zuschauern durchführen, obwohl diese doch bis Ende Oktober verboten sind. Das Hintertürchen in der Regelung hatten wir bereits diese Woche erwähnt: eine eindeutig mögliche persönliche Identifikation der Zuschauer.

Das entspricht natürlich dem Wunschdenken der Hardliner unter den Innenministern und widerspricht hundertprozentig der Haltung von Fanszenen. Aber der 1. FC Union Berlin hatte in der Corona-Krise sich schon einmal dahingehend positioniert, dass er zumindest in dieser Ausnahmesituation eine Personalisierung der Tickets (gibt es sowieso schon) als Argument für eine Zulassung von Zuschauern ins Feld führen wird. Das geht aus dem Mailverkehr zwischen Union und Gesundheitsamt vor dem dann abgesagten Bundesligaspiel gegen Bayern München im März hervor:

Mail des 1. FC Union vom 9. März an das Gesundheitsamt Treptow-Köpenick, Screenshot: fragdenstaat.de
Mail des 1. FC Union vom 9. März an das Gesundheitsamt Treptow-Köpenick, Screenshot: fragdenstaat.de

Verlassen wir also einmal die Perspektive der kleinen Party vor dem Stadion und versetzen uns in die aktuelle Situation des Ligaverbandes mit Blick auf die neue Saison, ist absolut verständlich, dass die DFL hier nach außen deutlich macht, dass sie die Regeln auch durchsetzen kann.

Ein Vergleich der Feier vor dem Stadion mit den Leuten, die in Bus und Bahn auf das Tragen von Masken verzichten und dafür aktuell noch nicht sanktioniert werden, ist aus meiner Sicht etwas fehlgeleitet, weil einerseits die DFL momentan und in Zukunft nicht für Bus und Bahn zuständig ist und auch dort über eine Sanktionierung nachgedacht wird.

Über die DFL-Geldstrafen berichten auch Kurier, RBB und Kicker.

Vor dem Spiel gegen Hoffenheim

Über die Partie heute gegen Hoffenheim gibt es einige Vorberichte der Berliner Medien, in denen es wahlweise um Profis auf Abschiedstour wie Keven Schlotterbeck oder um die zukünftigen Fernsehgelder geht:

Die Berliner Zeitung hat ein Interview mit Urs Fischer im Angebot, in dem der Trainer genau so rüber kommt, wie wir ihn bisher erlebt haben. So sagt er auf die Frage, wie schwer es ihm gefallen sei, die Unterbrechung des Kampfes um den Klassenerhalt durch die Corona-Spielpause zu akzeptieren:

Wissen Sie: Ich versuche zu beeinflussen, was ich beeinflussen kann. Und ich versuche, aus den Dingen zu lernen. Was vorbei ist, ist vorbei. Was du beeinflussen kannst, ist die nächste Aufgabe, die ansteht. Das ist für mich das Entscheidende.

Nach dem Spiel in Hoffenheim ist heute Abend Oliver Ruhnert zu Gast im ZDF Sportstudio:

Beim Thema Kader schreibt die BZ, dass es Fisnik Asllani, der eine sehr starke Bundesliga-Saison bei den A-Junioren gespielt hat, von Union wegzieht. Hier dürfte sich wieder die hohe Hürde beim Übergang vom Nachwuchs zu den Profis bemerkbar machen.

Und sonst so?

Sky hat mir geschrieben, dass sie ein tolles Angebot für mich haben, das unter anderem eine 24-monatige Vertragslaufzeit vorsieht. Ich werde mir für die Antwort bis Mitte nächster Woche Zeit lassen, denn am Montag will die DFL bekanntgeben, wer für die Zeit ab 2021 die Übertragungsrechte an Bundesliga und Zweiter Liga hält. Und da könnten durchaus andere Sender zum Zuge kommen, schreibt die Berliner Zeitung in einer Medienkolumne. Ich glaube das nicht zwangsläufig. Denn einerseits war Sky in dieser Saison während der Corona-Krise ein verlässlicher Partner für die DFL (im Vergleich zu Eurosport, die sofort kein Geld mehr gezahlt und den Vertrag gekündigt haben) und gleichzeitig hat sich das Geschäftsmodell von Dazn als nicht krisenfest erwiesen.

Sollte Sky nicht berücksichtigt werden, dürfte es ein echter Bruch werden und es wird nie wieder einen Weg zurück geben, in dem Sky noch einmal in den Bieterkampf einsteigt. Für die DFL dürfte daher die Frage sein, ob man einen langjährigen Partner so dermaßen über die Klinge springen lässt, um sich einem neuen wie meinetwegen Amazon an den Hals zu werfen. Klar dürfte aber auch sein, dass der Bruch kommen wird. Wenn nicht jetzt, dann zur übernächsten Rechteperiode.

16 Kommentare zu “Die DFL hatte wahrscheinlich keine andere Wahl, als Union eine Geldstrafe für die Klassenerhalts-Party aufzubrummen

  1. Matze Jass

    Je länger dieser Spuk dauert und je länger diese Ungleichbehandlung zu anderen Sportarten und Ligen beibehalten wird, schwindet mein Vertrauen in die Entscheider (okay, war eh nicht groß).
    Und auch die Strafe wegen Freudentaumels ist für mich nicht vertretbar. Augenmaß bitte! Gesunder Menschenverstand bitte! Realitätsnähe bitte!
    Aber egal, Hauptsache am Ende: STADTMEISTER

  2. Naja, wird wohl einen Grund haben das sie nicht die Höhe der Geldstrafe bekannt gegeben haben. Wenn es keinem weh tut können alle gut damit leben, und andere haben auch Strafen bekommen, also Scheiß drauf.

  3. Hauptsache die Strafen sind verkündet und der Mob kann sich wieder beruhigen.
    Unioner sind eben auch nur Menschen.

    Fußball mit Zuschauer wird schwierig.
    Pluspunkt Aussenbereiche sind gut durchlüftet.
    Minuspunkt Aerosole und vorallem Tröpfchen fliegen bei Gesängen besonders weit…

    Während der Corona-Krise setzen viele auf Sicherheit. Somit wird Eurosport rausfallen und die andern Medienpartner werden die Lücke schliessen.

  4. Waschweib*r

    Wie kann Mann/Frau nur solche Videos ins Netz stellen? Blamabel wenn nicht vorher nachgedacht wird. Und wenn sie jetzt darüber nachgedacht haben welche Konsequenzen ihr tun hatte hoffe ich das sie jetzt genügend Ars.. in der Hose haben und sich auch an der Strafe beteiligen.

  5. Die Strafen für die Spieler und den Verein machen absolut Sinn.

    Ich fand es schon ziemlich befremdlich, dass Christian Arbeit öffentlich dazu aufgerufen hat, dass die Unioner (Fans) zusammen feiern und Alkohol trinken sollen. Schon dafür hätte es eine empfindliche Strafe geben sollen.

    Man muss sich nur die aktuellen Zahlen des RKI von Berlin anschauen, um zu erkennen, dass wir in der Hauptstadt des Leichtsinns leben, dass solche Aufforderungen von Vereinsseite nicht förderlich sind und dass gemeinsam feiern und saufen genau das ist, was Berlin im Moment NICHT braucht.

    Eine Saison mit Zuschauern macht bis auf weiteres null komma gar keinen Sinn.

  6. @Waschweib*r. Don’t shoot the messenger

  7. Es wird interessant sein zu sehen welche Erfahrungen in Frankreich gemacht werden. Da dürfen ab 11.7. wieder bis zu 5.000 Zuschauer ins Stadion und Mitte Juli soll evaluiert werden ob ab Mitte August weiter gelockert wird. Könnte dann der Testballon für die Bundesliga sein (ob man‘s mag oder nicht…)

    https://www.lequipe.fr/Tous-sports/Actualites/Les-sports-collectifs-de-nouveau-autorises-reouverture-des-stades-au-public-a-partir-du-11-juillet/1145062

  8. Musiclover

    Ich bin sehr gespannt, welche Erlöse die Rechteversteigerung einbringt. In der aktuellen Situation die Rechte anzubieten dürfte im Normalfall schlecht für die DFL ausgehen. Es herrscht absolute Unsicherheit über zukünftige Einnahmesituation im Pay-TV-Bereich. Im Zweifel verpokert sich Sky und geht in den 3 Jahren Vertragslaufzeit Pleite. Einzig Amazon könnte sich die Milliarde als Investitionskosten für die Zukunft leisten und im Notfall einfach abschreiben. Wird spannend.

  9. Nur als Tipp, zum Thema Sky.
    Kannst sie noch etwas zappeln lassen. Ich hatte die letzten 2 Jahre ein Vertrag, für 24,99 alle Pakete und das sogar monatlich kündbar. ;-)

  10. J.D.Coke

    Wie @Paul habe ich auch eine monatliche Kündigungsfrist bei Sky. Ich denke, die stellen bei Stammkunden jetzt nach und nach um, da die 2-jährige Vertragslaufzeit bei Sky ja in Anbetracht der Mitbewerber wirklich nicht mehr zeitgemäß ist.

    @framlin jaja die „aktuellen“ Zahlen vom RKI… du glaubst auch an den Weihnachtsmann, oder?

  11. @J.D.Coke Nein, ich glaube an die Wissenschaft. Es gibt für mich keinerlei Anlass grundsätzlich an den Zahlen zu zweifeln.
    Der verzeichnete Anstieg der Infektionen deckt sich 1:1 mit meiner Beobachtung des Verhaltens vieler Menschen.
    Man kann das natürlich auch alles leugnen, das ändert aber halt nix an den Tatsachen.

  12. Der Sepp

    Wer ein Sky-Abo kauft braucht sich aber nicht über die Spieltagszerstückelung für den Fernsehmarkt zu beschweren. ^^

  13. J.D.Coke

    @Der Sepp,
    ich bin Allesfahrer, Heimspiele natürlich DK, aber habe trotzdem Sky. Einfach, um mir die Spiele danach nochmal in Ruhe zu Hause anzusehen, da Away intensiver Support Vorrang hat. Übrigens: https://www.n-tv.de/sport/Sky-sichert-sich-TV-Pakete-der-Bundesliga-article21860594.html

  14. Waschweib*r

    @framin: Hätte dir gern russisch oder chinesisch, soll ja modern sein, geantwortet, aber nach 50 Jahren Schulabschluss (bei Russisch) fehlen mir da die Worte.
    Aber die Übersetzung deines Spruches war mir teuer genug, da die Übersetzer unbedingt diese Kekse setzen wollten um Infos über mich haben zu wollten..
    Wenn ich deinen Spruch richtig begriffen habe freue ich mich darauf dich einzuladen mit mir gemeinsam Samstag zu versuchen ins Stadion zu gelangen. Ich werde dich dabei filmen und dies ins Netz stellen. Freue mich wenn du dann die Strafe zahlen sollst. Ich bin fein raus, da Überbringer der Botschaft.
    Nichts für ungut. Freuen wir uns auf ein zweites Jahr BL. Wird schwer genug

  15. @Waschweib*r, ich geh erst wieder ins Stadion, wenn es einen Impfstoff für Sars-Cov-2 gibt und ich befürchte, dass das bis zum Samstag nix werden wird ;-)

    Daher freu ich mich momentan auch nicht auf die nächste Saison, falls es eine gibt.
    Geisterspiele oder eine Minimalauswahl von Fans im Stadion sind nix, worauf man sich meiner Meinung nach freuen kann.
    Das Spiel gegen Köln hat in meinen Augen mehr als deutlich gezeigt, dass Fussball unter solchen Umständen keinen Sinn macht.

  16. @Waschweib*r …. ähm … gegen Paderborn meinte ich …..

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