Blog State of the Union

Union spielt besser, steht aber trotzdem unter Druck

Es gibt im Prinzip zwei Sichtweisen auf das 1:3 bei Rasenballsport Leipzig am Samstagabend. Die eine schaut darauf, wie Union gespielt hat und nimmt positive Aspekte mit. Die andere schaut auf das reine Ergebnis und sieht Union in der Tabelle wieder stärker in den Abstiegskampf rutschen und beim Heimspiel gegen Augsburg am nächsten Wochenende unter starkem Druck. Beide Interpretationen sind aus meiner Sicht absolut in Ordnung. Sie schließen sich sogar nicht einmal aus.

Kapitän Marvin Friedrich, Rafal Gikiewicz und Jakob Busk bedanken sich für den Support gegen Leipzig, Foto: Matze Koch

Der Druck wird bis Saisonende bleiben

So sind sie auch in den Berliner Medien zu finden. Über den Druck, den sich auch Union selbst macht, berichten Berliner Zeitung und Morgenpost. Grund dafür ist das Zusammenschmelzen des Vorsprungs auf den Relegationsplatz, der nur noch 3 Punkte beträgt.

Nun wird das weiter so gehen, denn es ist überhaupt nicht zu erwarten, dass Union konstant 8 bis 10 Punkte Vorsprung haben wird. Ganz im Gegenteil. Mit diesem Druck muss die Mannschaft genauso umgehen können wie wir als Zuschauer. Und dieser Zustand wird sehr wahrscheinlich bis zum Ende der Saison anhalten.

Kritik an Yunus Malli

Yunus Malli und Christian Gentner nach dem Spiel im Gespräch, Foto: Matze Koch

Auch die Bild/BZ sieht Union unter Druck und findet, dass Yunus Malli in Leipzig enttäuscht hat. Das ist sicher richtig, wenn wir nur die gut 20 Minuten auf dem Platz betrachten. Doch Urs Fischer sagte dazu: „Wir haben uns für Yunus entschieden, weil er gewisse Dinge mitbringt und versucht, Eins-zu-eins-Situationen zu lösen. Er hat Zug zum Tor und eine gewisse Kreativität.“

Der Trainer ist in der Phase, als es nur 2:1 für Leipzig stand, mit den Einwechslungen ins Risiko gegangen. Das hat im Endeffekt nicht funktioniert. Aber so ist das mit Entscheidungen. Irgendjemand muss sie treffen und dann klappen sie oder eben nicht. Malli selbst wird etwas Zeit benötigen, Unions Spiel zu adaptieren. Denn da geht es vor allem in der eigenen Hälfte um eine risikofreie Spielweise. Das ist ihm in Leipzig noch nicht gelungen.

Fortschritte in Unions Spielweise

Die Fortschritte in Unions Spielweise sehen der Berliner Kurier und der Tagesspiegel. Letzterer ist ebenso wie ich sehr angetan von Dayot Upamecano, der gegen Union ein sagenhaft gutes Spiel gemacht hat. Die Kombination aus körperlicher Robustheit, Tempo und Technik habe ich so auf der Position noch nie live im Stadion gesehen. Ein um das andere Mal hat der Franzose gute Kontermöglichkeiten von Union fast im Alleingang zunichte gemacht.

Dayot Upamecano schirmt den Ball gegen Anthony Ujah ab, Foto: Matze Koch

Daniel hat die Fortschritte von Union einmal extra für uns in 3 Punkten zusammengefasst:

In unserer Vorschau zum Spiel von Union in Leipzig haben wir Union sehr wenig Chancen für das Spiel in Leipzig eingeräumt. Denn keine andere Mannschaft als Leipzig beherrscht in der Bundesliga die Dinge so gut, die gegen Unions Spielweise helfen. Sie kann „in bestimmten Zonen des Feldes Überzahl herstellen und so aus Zweikämpfen für Union ein Verteidigen in Unterzahl machen. Und sie vermag es, den Ball in die freien Räume auf dem Feld spielen und diese schneller besetzen als Union.“

Nun hat Union zwar beim Tabellenführer verloren, dabei aber lange in Führung gelegen und eine größere Chance auf Punkte gehabt, als wir vorher erwartet haben. Das lag vor allem daran, dass es Union (über lange Zeit) gut gelungen ist, das Aufbauspiel Leipzigs in Abwehr und die Offensivreihe voneinander zu trennen. Dafür gab es vor allem drei Gründe.

Die Grafik der Pässe innerhalb von Leipzigs Mannschaft zeigt, dass Union die Offensivreihe relativ gut aus dem Spiel genommen hat. Infografik via Between the Posts
Die Grafik der Pässe innerhalb von Leipzigs Mannschaft zeigt, dass Union die Offensivreihe relativ gut aus dem Spiel genommen hat. Infografik via Between the Posts

Die Vorwärts-Verteidigung von Robert Andrich und Christian Gentner

Union hat sich nicht etwa vor dem eigenen Strafraum verbarrikadiert, sondern überall auf dem Feld Druck auf Leipzig ausgeübt. Das führte zu guten Ballgewinnen (ein Beispiel ist die Aktion von Christian Gentner, die zum Tor von Marius Bülter führte).

Die Sechser von Union haben recht konsequent weit nach vorn geschoben und die Mittelfeldspieler Adams und Laimer angegriffen. So hatten die beiden – die übrigens keine idealen Sechser für Ballbesitzspiel sind – keine Gelegenheit, in Ruhe Bälle in die Spitze und vor allem hinter Unions Abwehrkette zu spielen.

Das Herausrücken der Verteidiger

Auch die Dreierkette verteidigte aktiv. Das gelang zwar nicht immer, war aber trotzdem wichtig. Denn so vermied es Union, in Laufduelle mit den Leipziger Spielern zu gehen, in denen Marvin Friedrich, Neven Subotic und Michael Parensen öfter schlecht ausgesehen hätten. Stattdessen verteidigten sie eher den vorletzten Ball. Damit geht ein gewisses Risiko einher, was in der ersten halben Stunde des Spiels einige Male zu sehen war, aber da nicht von Leipzig bestraft wurde.

Etwas Ruhe am Ball

Es gab von Union die erwartet vielen langen Bälle auf Sebastian Andersson. Aber die waren nicht das einzige, und oft nicht das erste Mittel von Union am Ball. Stattdessen wurde jede Ballbesitzphase nicht nur ein paar Pässe länger, sondern auch aussichtsreicher.

In Unions besseren Phasen im Spiel hatten diese Angriffe den positiven Nebeneffekt, dass Leipzig etwas tiefer stand und so nicht kontinuierlich Druck aufbauen konnte wie zum Beispiel in den letzten Minuten der ersten Halbzeit.

Verlorenes Testspiel gegen St. Gallen

Am Sonntag verlor Union das Testspiel gegen den FC St. Gallen mit 1:2. Etwas mehr als 60 Minuten spielte auch Yunus Malli mit. Spielberichte zu der Partie findet ihr hier: Berliner Kurier, Morgenpost, RBB, Kicker

Fans vom FC St. Gallen feuern ihr Team an, Bild: @sumpfi5
Fans vom FC St. Gallen feuern ihr Team an, Bild: @sumpfi5

Und sonst so?

Erinnert ihr euch noch an den brennenden Sonderzug der Freiburger Fans und die Unterstellung, dass der Brand in Berlin möglicherweise durch Pyro herbeigeführt worden sei? Nun hat die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (pdf) festgestellt, dass der Brand von einer defekten Heizungsanlage ausgegangen ist. Der Zugbetreiber hatte genau das ursprünglich ausgeschlossen.

In unserem Geschichts-Podcast „Und niemals vergessen“ geht es dieses Mal um einen Unioner, der zwar 22 Jahre lang aktives Mitglied war, aber letztendlich nur ein Spiel für die 1. Mannschaft gemacht hat: Tobias Döge. Daniel hat ihn am Rande eines Hallenturniers in Senftenberg interviewt. Dort verrät er, warum er noch in der Probezeit seinen Job als Mannschaftsleiter des Profiteams gekündigt hat und worin er jetzt seine Erfüllung bei der Arbeit findet.

Tobias Döge ist der Hauptakteur der aktuellen Episode von "Und niemals vergessen", Foto: Matze Koch
Tobias Döge ist der Hauptakteur der aktuellen Episode von „Und niemals vergessen“, Foto: Matze Koch

Bei ZeitOnline gab es vor ein paar Tagen ein kleines Interview mit Michael Parensen über sein erstes Bundesliga-Tor, das wirklich sehr schön zu lesen ist, denn eigentlich eignet sich die Geschichte wunderbar zum Überhöhen, dass da jemand erst 33 Jahre alt werden musste, um sein 1. Tor in der Bundesliga zu schießen. Aber dann ist das Michael Parensen, der so einen Moment genau wieder auf den Boden bringen kann, wie in dieser kurzen Gesprächs-Szene deutlich wird:

Parensen: Dann dachte ich: Oh, ich habe ein Tor geschossen! Was mach ich jetzt? Ich wollte dann in der Emotion irgendwie loslaufen und kam auf den Gedanken, den Schlenker zu unseren Fans zu machen.

ZEIT ONLINE: Sie haben sich vorher keine Gedanken gemacht, wie Sie jubeln würden?

Parensen: Nein. Bei mir kommt das so selten vor, da wäre es verlorene Zeit, sich vorher was zu überlegen.

ZEIT ONLINE: Wenn Sie sich im Nachhinein selbst jubeln sehen, was denken Sie da?

Parensen: Es sieht komisch aus. Vielleicht überlegen die Spieler, die öfter Tore machen, sich deshalb vorher Sachen. Damit man nicht irgendwas macht und nur wie doof herumläuft. Es ist ja jede Kamera auf einen gerichtet und alle Leute im Stadion schauen auf einen. Selbst ich, der diese Situation mit den dazugehörigen Emotionen erlebt hat, kann das später nicht mehr nachempfinden. Wenn ich das sehe, denke ich nur: Was mache ich da?

Diesen wunderschönen Aufkleber kannte ich übrigens noch nicht:

Sticker mit der Aufschrift "Livin' la vida Bocka", Twitter: @derPucki
Sticker mit der Aufschrift „Livin‘ la vida Bocka“, Twitter: @derPucki

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4 Kommentare zu “Union spielt besser, steht aber trotzdem unter Druck

  1. Am Samstag gab es auf ZEIT Online noch ein Interview mit Michael Parensen (wenn es mir nicht durchgerutscht ist, war das in den letzten SotUs nicht verlinkt):

    https://www.zeit.de/sport/2020-01/michael-parensen-fc-union-berlin-bundesliga-tor

  2. Na da darf man ja mal gespannt sein ob die Klärung der Brandursache auch so medial verwurstet wird wie die damalige Behauptung es handelt sich um Pyro.

  3. cuttertom

    @Andreas – mal ne ganz steile These: Natürlich nicht.

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