Blog State of the Union

Sheraldo Becker: Von Mister Unzufrieden in den Mannschaftsrat

Union hat im Trainingslager in Österreich das Testspiel gegen Budweis mit 1:0 gewonnen (unter anderem die Zusammenfassung gibt es bei AFTV). Dabei könnten wir es auch belassen und weiterziehen. Doch es gibt durchaus einiges, was man vom Spiel gegen einen nicht ganz konkurrenzfähigen Gegner mitnehmen kann. So spielte Union mit Viererkette in einem 4-3-3 und spielte sich schon eine Menge Chancen heraus. Ich bin sehr gespannt, wo und für welche Situationen wir vielleicht wieder öfter dieses System sehen.

Ich habe jedenfalls sehr starke Europa-League-Vibes dabei. Aber wir haben in der vorletzten Saison auch in der Bundesliga öfter mal Wechsel zwischen den Systemen gesehen. Einem Spieler wie Puchacz, aber auch klassischen Außenbahnspielern dürfte das zumindest Chancen auf Einsätze in Aussicht stellen.

Ansonsten gab es jede Menge Chancen in der Partie. Alleine Genki Haraguchi hätte einige Tore erzielen können. Die Verwertung der Möglichkeiten war dann auch das Thema, das Urs Fischer aufgriff, als er nach Abpfiff die Partie analysierte. Ebenfalls monierte der Trainer, dass Union nicht durchgängig aktiv war im Spiel. Gerade gegen solch einen Gegner sollte das möglich sein, um ihn zu Fehlern zu zwingen.

Viele Schüsse, kein Treffer: Genki Haraguchi im Test gegen Budweis, Foto: Matthias Koch

Hier sind die Medienberichte zum Spiel:

Ich habe noch etwas, was mir beim Spiel aufgefallen ist, aber eher grundsätzlicher Natur ist. Das Testspiel gegen Budweis habe ich bei der Arbeit aus dem Augenwinkel auf Twitter verfolgt. Natürlich freute ich mich über das 1:0, aber ich brauchte beim Lesen des Tweets tatsächlich länger als gewöhnlich, um zu verstehen, wer das Tor erzielt hat.

Wer zur Hölle ist Segu? Ein Nachwuchsspieler, von dem ich noch nie gehört habe? Ein Profi, den Oliver Ruhnert im Nachbartal aufgegabelt hat? Ein Ordner aus Sachsen? Ein fixes Scrollen durch die Aufstellung und dann war klar, dass das Paul Seguin sein musste. Gratulation zum Treffer. Aber diese Abkürzung von Spielernamen ist für mich gewöhnungsbedürftig. Erst recht in der Sommervorbereitung, wenn ich noch nicht alle Zugänge zuordnen kann. Ich bin halt nicht täglich mit der Mannschaft unterwegs. Ja, ich weiß, dass auf Twitter wenig Platz ist und so ein Tweet schnell raus muss.

Dass ich prinzipiell Schwierigkeiten damit habe, erwachsene Männer Vogi oder Behre zu nennen, schiebe ich allerdings auf meine fortschreitende Verrentnerung, die in der Uckermark ein beängstigendes Tempo angenommen hat. Wenn ihr demnächst jemanden von der gefühlten Waldseite mit Krückstock fuchteln seht, dann wisst ihr, wer das ist.

Union Leite neuen Verteidiger

Diogo Leite soll laut Bild/BZ bereits im Trainingslager von Union sein und für den kolportierten Betrag von 500.000 Euro vom FC Porto ausgeliehen werden. Natürlich verleitet der Verteidiger zu einigen Wortspielen. Der Kurier lässt sich diese Chance nicht entgehen und spricht von einem möglichen neuen Leit(e)wolf für die Abwehr. Das ist vielleicht eine Umdrehung zu viel bei der Erwartungshaltung, denn mit Robin Knoche hat Union bereits den absoluten Organisator für die Defensive.

Manager Oliver Ruhnert und Trainer Urs Fischer im Trainingslager im Gespräch, Foto: Matthias Koch

Aber ich bin tatsächlich gespannt, wie sich alles zurechtschüttelt in der Defensive. Doekhi, Knoche, Leite. Das klingt nicht schlecht. Dazu noch Jaeckel und Heintz. Und hoffentlich bald wieder Baumgartl. Gute Nachrichten für Union, weniger gute für Rick van Drongelen, dessen Abschied sich wieder abzeichnet. Auch den von Keita Endo prognostiziert der Kurier. Zuletzt wurde in dem Zusammenhang einmal Braunschweig genannt.

Da Diogo Leite einen Hund besitzt, bin ich aber restlos davon überzeugt, dass er bei Union gut ins Team passt (ich weiß, mein Scouting-Niveau ist nicht ganz auf dem von Oliver Ruhnerts Team).

Und sonst so?

Sven Michel ist laut Morgenpost nicht so schwer verletzt wie ursprünglich gedacht. Eventuell ist gegen Nottingham ein Einsatz des Stürmers wieder möglich.

In der Bild gibt es ein Interview mit Sheraldo Becker. Darin erfahren wir unter anderem, dass der niederländische Angreifer nun auch im Mannschaftsrat von Union ist. Ich erwarte zwar nicht, dass er dadurch weniger impulsiv wird, aber der Schritt dürfte für ihn durchaus wichtig sein. Denn es zeigt auch eine Rolle, die er im Team einnimmt. Und er ist im vierten Jahr einer derjenigen Spieler, die am längsten in der Mannschaft sind.

Vor allem illustriert das eine interessante Entwicklung in der vergangenen Saison, in der Sheraldo Becker durch Verletzung und durch Nationalmannschaftseinsätze erst etwas außen vor war, sich darüber öffentlich beschwerte und nach dem Kruse-Weggang sein Potenzial voll entfalten konnte.

Hat gerade eine gute Zeit bei Union: Sheraldo Becker, Foto: Matthias Koch

Test für die Fußball-Dystopie

Wer heute ein bisschen Lust auf Fußball-Dystopie hat, kann mal Richtung Köln schauen, wo bei einem Test zwischen dem Effzeh und Milan allerhand technischer Schnickschack ausprobiert wird (Kicker). Spieler werden mit Kameras und Mikro ausgestattet, der Schiedsrichter bekommt auch eine Kamera. Außerdem sollen bei der Übertragung zig Daten nicht nur erhoben, sondern auch eingeblendet werden.

Für mich sehe ich da wenig Aufregungspotenzial. Denn was die Daten betrifft, so müssen diese auch eingeordnet werden und einen Mehrwert für das Publikum bringen. Bei normalen Fußballübertragungen sehe ich nicht, dass den Leuten am Fernseher dieses Niveau zugetraut wird. Eine fachliche Analyse findet bisher eher nicht im TV statt. Wieso sollte sie das dann in Zukunft tun? Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass so etwas mehr als ein Nischenpublikum findet, dass sich bereits jetzt schon mit den Spieldaten versorgt, wenn es das will.

Auch die Kameras bei Spielern und Referees klingen eher wie aus einer billigen 80er-Jahre-Zukunftsvision. Sie sollen halt der Person am TV suggerieren, dass sie mittendrin wäre. Ist sie aber am Ende nicht. Sie sitzt weiter einfach auf der Couch.

Allerdings werden auch Dinge im Stadion getestet. Eintrittskarte als Chip im Schal eingewebt klingt für mich wenig originell. Ebenso halte ich den Nutzen des Checks, welche Schlange an welchem Getränkestand am kürzesten ist, für eher gering. Sind meist sowieso alle lang oder alle kurz. Das hängt vom Zeitpunkt des Spiels ab und nicht von der Lage eines einzelnen Stands. Will heißen: Dafür brauche ich keine App. Und ob man sich das Bier selbst zapfen kann oder nicht, dürfte auch wenig Vorteile bringen, wenn der Andrang sowieso groß ist. Für mich klingt das alles nach einem wenig kreativen Brainstorming irgendeiner Agentur, die sich mal für eine Stunde eingeschlossen hat, um über die Zukunft des Fußballs nachzudenken.

Ich möchte damit nicht sagen, dass es nicht tatsächlich gute Gründe für Neuerungen gibt. Kontaktloses Bezahlen mit meiner Uhr am Getränkestand würde ich sofort begrüßen. Denn wenn ich demnächst meine Dauerkarte auf dem Telefon habe, brauche ich dann tatsächlich kein Portemonnaie mehr mitnehmen. Und alles, was den Verkauf von Getränken in Stoßzeiten beschleunigt, ist natürlich willkommen. Aber wenn das Thema so einfach wäre, hätten das schon alle Fußballclubs gelöst. Ein Automat, der von angetrunkenen Fans bedient wird, stößt bei mir jedenfalls auf leichte Zweifel.

9 Kommentare zu “Sheraldo Becker: Von Mister Unzufrieden in den Mannschaftsrat

  1. Vllt scoutet Oli ja genau wie du auf Instagram und haben wir demnächst die beste Hundenbesitzermannschaft von Europa. Luis Figo kann dann Assistent von Urs werden mit seinem Hund Cala! https://www.instagram.com/p/CVNkVvGI992/?igshid=YmMyMTA2M2Y=

  2. Der Sepp

    Ich habe mal Aufnahmen von solchen Kameraexperimenten gesehen. Das ist zumindest hilfreich, um zu verstehen, wie schnell die Abläufe da unten auf dem Feld wirklich sind. Besonders für den Schiri. Mit der normalen Fernsehkamera und der 100. Superzeitlupe denkt der Fernsehzuschauer den Eindruck, man hätte für jede Situation Minuten Zeit zum Entscheiden.

  3. Ehrlich gesagt hat mir Rick in den Vorbereitungsspielen deutlich besser gefallen, als Heintzi. Ich hoffe er bleibt.

  4. Ich würde mein Bier auch mit meiner Uhr bezahlen, wenn ich kein Geld mithätte, aber 1. ist meine Uhr mehr wert als ein Bier, 2. hat meine Frau mir die geschenkt und wäre dann sauer und 3. gebe ich lieber Bares rüber und nen Euro in den Trinkgeldbecher für die charmanten Mädels am Bierstand.
    Insofern kann das alles so bleiben, wie es ist.
    Prost ?

    • Ich denke, mit der Uhr bezahlen bezieht sich auf eine SmartWatch und nicht auf das schweizer Präzisionsinstrument, das dir deine Frau geschenkt hat!

  5. Exilunioner

    Wie immer, besten Dank, lieber Fiebi, für deine „Gedanken aus der Uckermark“. Aber mal Spaß beiseite. Kannst du, oder sonst jemand, mir erklären, warum es das Kartenangebot für das erste Auswärtsspiel in Mainz offensichtlich früher gibt, als die Verlosung für die Derby-Karten? Oder ist am Schluß meine Verrentnerung noch weiter fortgeschritten und ich habe da was verpasst?(

    • zentralesMittelfeld

      @Exilunioner

      Das liegt wahrscheinlich einfach daran, dass Mainz die Tickets schon so früh zur Verfügung stellt. Die verkaufen schon seit dieser Woche die Tickets für ihre ersten 3 Heimspiele.

  6. Gregor Beushausen

    Hoffentlich geht die Saison nicht in die Hose! Ihr könnt gern über mich meckern, kein Problem: Aber: Ich hab‘ kein gutes Gefühl, was Siebatcheu betrifft. Ich würde mich wirklich freuen, aber ich bin alles andere als überzeugt.

    • K. M. Ahrendorff

      @ Gregor Beushausen Mh …. ich hab auch kein gutes Gefühl damit, diesmal. ? Mir scheint, es wird erst mal nicht leicht.

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