Blog State of the Union

Loris Karius spielt und ist unzufrieden

Marco Rose lobte Union nach dem Spiel. In das Sky-Mikro sagte er, dass sei ein typisches Union-Spiel gewesen mit dem einzigen Unterschied, dass beim Gegner der Name Gladbach gestanden hätte. Besser kann man es nicht ausdrücken, denn Union das eigene Spiel aufzuzwingen ist als Gegner tatsächlich schwierig und die Borussia nicht das erste Team, das damit kein Glück hatte. In der Pressekonferenz (AFTV) wählte Rose noch andere Worte und sagte: „Hut ab vor Union Berlin! Sie kommen nicht nur über Kampf, sondern können auch Fußball spielen.“

Marco Rose lobte Union auf der Pressekonferenz, Screenshot via AFTV
Marco Rose lobte Union auf der Pressekonferenz, Screenshot via AFTV

Wenn der Gegner lobt, hat man selbst natürlich Anlass zur Kritik. Und die richtet sich heute auf das Ausspielen der Kontersituationen. Da stimmte mal die Präzision nicht, mal der Laufweg oder, wie in der sicherlich augenfälligsten Situation, das Timing beim Abspiel. Cedric Teuchert hätte Awoniy 8 Sekunden vorher anspielen können, wie Sky-Kommentator Michael Born mit leichter, aber treffender Übertreibung anmerkte. Union war schludrig in einer Phase in der zweiten Halbzeit, als sie sich Optionen für das 2:0 hätten erspielen können, weil Gladbach selbst offener unterwegs war.

Es war im Prinzip das Gegenteil zur ersten Halbzeit, als quasi eine Chance reichte, um ein Tor zu machen. Robin Knoche spielt eine hervorragende Saison und ist dabei nur in Zahlen auffällig, wenn er regelmäßig als einer derjenigen mit den meisten Ballkontakten im Spiel gezeigt wird. Torgefährlich war noch ein Attribut, das ihm verliehen wurde, als er zu Union wechselte. Beweisen konnte er es aber erst jetzt.

Etwas traurig bin ich, dass Michael Born bei Sky den Reim nicht vollendete, als er angesichts von Unions 12. Standardtor sagte: „Da warnst du als Trainer Woche für Woche, und dann …“ „kommt Knoche!“, vollendete ich in Gedanken, während ich meine Aufregung über das Spiel damit zu senken versuchte, dass ich das Abendessen vorbereitete.

Robin Knoche jubelt über sein Tor zum 1:0, Foto: Matze Koch

Karius-Interview kommt nicht überall gut an

Andreas Luthe musste in der zweiten Halbzeit nach einem Zusammenprall mit Knoche und Marcus Thuram ausgewechselt werden, was ich prinzipiell (Stichwort Kopfverletzungen) für eine gute Maßnahme halte. Für ihn kam Loris Karius, der sich ähnlich schnell die Socken anzog wie meine Kinder früher vor dem Abflug Richtung Kindergarten. Aber für ihn gab es in der Partie fast nichts zu tun, so weit hielt die Defensive den Ball weg vom Tor.

Lediglich einen Kopfball von Thuram bei der Eckballflut in der Nachspielzeit musste er parieren. Ich habe mir das zig Mal angeschaut und mich gefragt, ob man den nicht auch festhalten kann. Dann habe ich die Frage aufgegeben und mir gedacht, dass es besser ist, in dieser Phase auf Nummer sicher zu gehen und ich Karius sicher nicht anhand einer Situation bewerten werde.

Keinen Hehl aus einer für ihn unbefriedigenden Situation machte er danach im Interview bei Sky. Er wurde da gefragt, ob er nicht schon manchmal die Faust in der Tasche ballen würde, weil er nicht spielt. Das bejahte er. „Es ist nicht mein Anspruch, ich sehe mich hier schon ganz klar im Tor. Ich kam spät dazu, dann wurden die ersten zwei Spiele für Andi gewertet. Seitdem haben wir fast kein Spiel verloren. Schon extrem bitter für mich. Für die Mannschaft war es ein Top-Lauf. Ich bin trotzdem zuversichtlich, dass ich meine Einsätze bekomme. Ich glaube, das hätte ich verdient.“

Torhüter Loris Karius zwischen seinen Vorderleuten Marvin Friedrich und Robin Knoche, Foto: Matze Koch

Aus Sportler-Sicht, der auf einer Position spielt, auf der man entweder spielt oder nicht, fand ich diese Aussagen normal. Er hat sich nicht als „König von Köpenick“ bezeichnet oder so, sondern seinen Anspruch klar gemacht. Und vielleicht liegt es daran, dass ich mich noch allzu gut an die Zeit erinnern kann, als sich unsere Keeper etwas zu gut verstanden. Der eine wusste, dass er spielt und der andere war als Ersatzkeeper zufrieden. Ich mag es, wenn da Pfeffer drin ist.

Kann man aus diesem Interview etwas über die Teamkultur ablesen? Wahrscheinlich nicht. Hätte Karius da öffentlichkeitswirksam Genesungswünsche an Luthe schicken können? Wahrscheinlich schon. Ändert das alles etwas an der Torhüter-Hierarchie? Wahrscheinlich nicht. Das hängt jetzt eher davon ab, wie gut es Luthe geht und ob er tatsächlich wieder spielen kann gegen Mainz am nächsten Samstag.

Wer beim Karius-Interview etwas Puls bekam, dem empfehle ich dieses Bild zur Beruhigung:

Das sind die Medienberichte zum Spiel:

Damit es nicht untergeht, möchte ich die Weltklasse-Balleroberung von Marvin Friedrich in der 90. Minute loben, als er vor dem eigenen Strafraum dem heranstürmenden Gegenspieler den Ball abnahm, ohne den Spieler umzusensen und gleich in die Spielfortsetzung kam. Ehrlicherweise hoffe ich aber auch, dass das nicht so viele gesehen haben, die gerade einen jungen, torgefährlichen Innenverteidiger suchen.

Und sonst so?

Neven Subotic könnte in Österreich unterschreiben, heißt es und der Kurier hat das Ganze noch einmal aufgeschrieben.

In der Neuen Zürcher Zeitung gab es am Samstag ein Interview mit Urs Fischer, bei dem es unter anderem darum ging, wie sich der Trainer anpasst und entwickelt hat. Ich habe direkt die Stimme des Trainers im Ohr, wenn er im Interview sagt: „Ich bin ja auch Old School.“

Zu unserem Geschichtspodcast Und niemals vergessen: Die Aufnahme können wir heute nicht machen, weil wir etwas an der Internetabdeckung in Deutschland scheitern. Aber die Episode kommt dann morgen oder übermorgen. Die Episode ist jedenfalls vorbereitet.

Wir nehmen heute Abend um 20 Uhr unsere Podcastfolge zum Spiel gegen Mönchengladbach auf. Ihr könnt live im Stream zuhören und auch mitdiskutieren im Chat.

7 Kommentare zu “Loris Karius spielt und ist unzufrieden

  1. Schönster Satz im Spiegel-Artikel:
    An der Alten Försterei unentschieden zu spielen, ist inzwischen für jedes Team ein ehrenvolles Resultat, das hat selbst Bayern München einsehen müssen.

  2. Wuhleblut

    Wer ein Problem in Karius Interview sieht, der hat wohl grundsätzlich ein Problem mit der Person.

    Am Anfang als er zu uns kam wurde ihm auch jede sportliche Kompetenz abgesprochen, weil er gut aussieht und auf Instagram Model Bilder postet.
    Das andere Spieler von uns genauso fleißig auf Instagram sind, war da völlig egal.

    Wer Fehler sucht, der findet welche.
    Ich kann Karius verstehen und sportlicher Ehrgeiz ist das A und O im BERUFSsport.

    Daher seh ich auch Karius lieber im Tor/auf der Bank, als Busk, dem wohl das tägliche Training reicht.

    • Das mit Busk unterschreibe ich sofort. Das dieser sich jahrelang auf die Tribüne setzt – und dann auch noch den Vertrag verlängert, finde ich (ohne jedes Hintergrundwissen) absolut absurd.

      Und auch wenn sportlicher Ehrgeiz bzw. Druck von der Bank gerade bei einem Torwart das A und O für die richtige Motivation sind, ärgerte mich der erste Satz von Karius gestern massiv, denn er impliziert sowohl, dass die Nr. 1 nicht der richtige Keeper und der Trainer eine falsche Entscheidung getroffen hätte. Und so geht man einfach nicht an die Öffentlichkeit, jedenfalls nicht, wenn man sich als Teil einer nun mal funktionierenden Mannschaft sieht.

  3. Maria Draghi

    Manche Leute haben immer irgendwas zu meckern. Keine Ahnung, was die für Vorstellungen von Profisport haben. Dass der 2. Torhüter im Interview sagt: „Ich sitze gerne auf der Bank“?

  4. Ivan Novak

    Ich war anfangs sehr skeptisch, als Loris Karius Unioner wurde. Das boulevardeske Geahne wegen seiner Geschichte und seiner Partnerin löste sich jedoch schnell in Luft auf. Er ist einfach ein guter Torhüter, der nicht mehr Bohei um seine Person als andere unserer InstaModels macht und uns gestern auch einen Punkt bescherte.

  5. Musiclover

    Ich mag Busk. Er ist eben Vollblutunioner.

    Ach ja, heute Abend ‚State of the Union ‚ in der ARD. Werde ich mir ansehen. ?

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