Blog State of the Union

Vor dem Spiel Union gegen Freiburg geht es fast gar nicht um den Sport

Ich bin genervt. Denn vor lauter Getöse rund um das Spiel von Union gegen den SC Freiburg ist vom sportlichen Aspekt kaum noch die Rede. Das Spiel rückt in den Hintergrund. Hauptsächlich geht es um die Zuschauer bei der Partie. Darum, dass sie überhaupt da sind. Wer eigentlich dafür verantwortlich ist, dass sie zugelassen wurden. Dass sie nicht singen oder rufen sollen. Und wie sie stattdessen anfeuern wollen. Dabei ist uns doch allen klar, dass Fußball, so wie er aktuell stattfindet, nichts mit unserer Art Fußball zu schauen zu tun hat.

Ich gehe heute unter den aktuellen Bedingungen auch nicht ins Stadion, weil ich das unfassbar toll finde. Ganz im Gegenteil. Ich weiß noch gar nicht, wie ich mich verhalten soll. Summen, wie es die Berliner Zeitung suggeriert? Klatschen? Dabei kann ich gar keinen Takt halten. Topfschlagen, wie es „Die Eisernen“ vorschlagen? Nein, das ist für mich nebensächlich. Für mich hat das heute zwei Aspekte. Es ist vielleicht das letzte Mal für einen unbestimmten Zeitraum, dass wir ins Stadion dürfen. Und vor allem möchte ich der Mannschaft zeigen, dass wir sie supporten. Unter welch beschissenen Umständen auch immer.

Und die Partie heute gegen Freiburg ist enorm wichtig. Einerseits vom Ergebnis her, weil Union mit einem Sieg aus einem guten einen sehr guten Saisonstart machen kann. Aber auch weil Freiburg für mich nach drei Gegnern mit einem jeweils schlechten Lauf nun ein bisschen der Gradmesser ist, wo Union wirklich steht. Schafft Urs Fischers Team auch hier, sich sicher hinten heraus zu kombinieren und kommt vorne zu guten Tormöglichkeiten? Spielt Union mit Dreier- oder Viererkette? Kann die Mannschaft erneut Christian Streich mit harter Zweikampfführung nerven und aus dem Konzept bringen? Wie sehr wird Grischa Prömel fehlen im Mittelfeld und ist Christian Gentner wirklich schon fit?

Das sind die Vorberichte der Berliner Medien:

Corona und Zuschauer im Stadion

Auch wenn es mich nervt, ganz weglassen kann ich dieses Thema nicht. Denn ich bin wirklich irritiert darüber, dass es Meldungen der Gesundheitssenatorin (BZ) oder der Senatsverwaltung für Inneres (RBB) gibt, die das Spiel von Union mit Zuschauern kritisieren. Dabei verstehe ich, dass es durchaus den Wunsch gab, Zuschauer auszuschließen. Schon allein, um zu signalisieren, dass die Lage in der Corona-Panemie in Berlin sehr ernst ist. Was ich dabei nicht verstehe, sind zwei Dinge:

Wer, wenn nicht die Landesregierung, hat denn aktuell die Möglichkeiten, das zu ändern? Der Senat von Berlin hätte das Thema diese Woche bei der Änderung der Infektionsschutzverordnung einfach erledigen können. Sich hinterher hinzustellen und den Schwarzen Peter entweder dem Gesundheitsamt, das die Regeln des Senats umsetzt, oder der Deutschen Fußball-Liga, die gar keine Regelungsbefugnis hat, zuzuschieben, ist extrem dünn. Erst echt, wenn man im Hinterkopf hat, wie die DFL die entsprechende Senatsverwaltung schriftlich diese Woche darauf hinweisen musste, dass Empfehlungen der Liga nicht einfach Landesrecht brechen können. Das ist einfach nur ein unfassbar peinlicher Moment für die Berliner Landesregierung.

Und das zweite Thema geht völlig zu Unrecht unter: Es wird gar nicht darüber diskutiert, ob Maßnahmen sinnvoll sind. Also ist es sinnvoll, Fußballspiele unter den aktuellen Bedingungen mit Zuschauern stattfinden zu lassen oder nicht? Zwar sagt der Regierende Bürgermeister und auch das Gesundheitsamt von Treptow-Köpenick, dass es keine Erkenntnisse gebe, dass diese Art von Veranstaltungen mit Hygienekonzept einen Einfluss auf das Infektionsgeschehen habe. Doch liegt das daran, dass man es weiß oder aber daran, dass man es nicht weiß, weil man die Ursache für die meisten Infektionen nicht findet?

Und gilt diese Erkenntnis auch für das stärkere Infektionsgeschehen wie jetzt, wenn das allgemeine Risiko auch steigt oder galt die Erkenntnis nur für die Zeit, als die Inzidenzwerte noch im grünen Bereich waren? Ich wäre wahnsinnig froh, wenn wir bei diesem Thema aus dem Herummeinen herauskommen würden (das gilt auch für diesen Kommentar des Fanclubs „Die Eisernen“ auf Facebook, der schon arg stammtischig rüberkommt) und uns mit Fakten beschäftigen würden.

Aktuelle Meldung im Fanshop, Screenshot Union Zeughaus
Aktuelle Meldung im Fanshop, Screenshot: Union Zeughaus

Zuletzt können wir festhalten, dass der Run aufs Stadion wahrscheinlich auch nicht so hoch ist wie sonst. Es gab gestern noch eine Stunde nach Beginn des Verkaufs der Restkarten noch ganz bequem Tickets. Eine Situation, wie wir sie seit Jahren nicht mehr erlebt haben. Und das trotz Corona-Verknappung. Es wird wohl ein signifikanter Teil der Dauerkarten-Inhaber auf das zugeloste Ticket verzichtet haben.

Das ist auch kein Wunder, denn wer beispielsweise über Fanclubs versucht hatte, eine Karte zu bekommen, musste sich schon vor 3 Wochen dazu entschließen. Da war das Infektionsgeschehen noch ein anderes. Jetzt ist die Partie gegen Freiburg trotzdem ausverkauft. Es war für Nicht-Dauerkartenbesitzer wohl eine der wenigen Chancen in dieser Saison, sich mal ein Bundesliga-Spiel im Stadion anzusehen.

 

Corona und der Fußball

Wie sich beim aktuellen Infektions-Geschehen ein nationaler Wettbewerb (und erst recht ein internationaler) durchführen lässt, werden wir in den nächsten Wochen beobachten können. Gestern gab es erst die Meldung, dass 5 Profis von Heidenheim positiv getestet wurden und kurze Zeit später wurde bekannt, dass in einer zweiten Testreihe in einem anderen Labor alle negativ waren (Kicker). Nun muss ein dritter Test heute her, um zu ermöglichen, dass am Sonntag gespielt werden darf.

Auf den anderen Plätzen

Unions B-Junioren treten heute um 13 Uhr in der Bundesliga beim Halleschen FC an. Und morgen kommt es bei den Frauen in der Regionalliga zum Spitzenspiel gegen Viktoria. Anpfiff ist 14 Uhr auf dem Sportplatz Dörpfeldstraße und Zuschauer sind zugelassen.

Spielankündigung für das Spitzenspiel gegen Viktoria, Instagram: 1. FC Union Berlin Frauen
Spielankündigung für das Spitzenspiel gegen Viktoria, Instagram: 1. FC Union Berlin Frauen

Und sonst so?

Zwar benötigt man auf Twitter gerade ein extrem dickes Fell als Unioner, um nicht über jedes dargereichte Stöckchen zu springen, aber wer es trotzdem dort aushält, kann @dfbschiris folgen. Hier soll Transparenz in die Videoassistenten-Checks gebracht werden. Mal sehen, wie das läuft und ob da in Zukunft noch mehr Erläuterungen zu Schiedsrichter-Entscheidungen kommen.

Christoph Biermann ist am Sonntag um 11 Uhr im Doppelpass zu Gast und ich bin gespannt, ob er eher mit Tobi Escher über Spieltaktik nerdet oder dem staunenden Doppelpass-Publikum erklären muss, wie die bei Union eigentlich so ticken.

Zum Schluss noch eine Podcast-Empfehlung, die ich bereits ausspreche, obwohl ich mir die Episode gleich auf der Fahrt vom Erzgebirge nach Berlin anhören werde. Beim Podcast der Unionstiftung Wir – Union vereint war Dirk Zingler zu Gast.

15 Kommentare zu “Vor dem Spiel Union gegen Freiburg geht es fast gar nicht um den Sport

  1. Ich bin enttäuscht, dass einer vom Zentralkomitee der kritisch Besorgten freiwillig zu Union geht!

    Niemand sollte genervt wie Du in ein Risikogebiet einreisen.

    Du kannst klatschen! Und den Gegner auspfeiffen.

    Und niemals vergessen Eisern Union

  2. Toto Totosik

    Wenn man wirklich Angst hat, sich anzustecken,
    wenn man wirklich aus tiefem Herzen besorgt ist.
    Wenn man wirklich die Maßnahmen befürwortet und damit dem Ausbreiten eines Virus entgegenwirken möchte,
    dann kann man auf gar keinen Fall ins Stadion gehen.
    Alles andere ist pure Heuchelei.

  3. Maria Draghi

    „oder dem staunenden Doppelpass-Publikum erklären muss, wie die bei Union eigentlich so ticken“

    Ich denke, was manchen Nicht-Unionern wirklich an Union auf die Nerven geht ist, dass wir ganz gerne mal dem Rest der Fußballwelt erklären wollen, wie man es richtig macht.

    Manchmal wirken wir so ein bisschen wie die Alice Schwarzer des Fußballs. Immer moralisch und natürlich immer auf der „richtigen“ Seite.
    Mal sehen, wann herauskommt, dass wir selbst Steuern hinterzogen haben. :-)

  4. Pankowunioner

    Ich denke das man sich schon ziemlich sicher sein kann das bei den Veranstaltungen bei uns im Stadion nix passiert ist. Denn man hätte es definitiv nachverfolgen können. Schließlich ist das Ticket personalisiert und ich kann mir nicht vorstellen das ein Unioner dann auf Anfrage des Gesundheitsamtes vergessen hat, das er ja im Stadion war. Is ja schließlich kein supermarktbesuch.

  5. Woher kommt eigentlich dieser Drang, allen gefallen zu wollen? Mir ist es ganz recht, dass das Gerede vom sympathischen kleinen Underdog-Kultclub jetzt erstmal vorbei ist.
    Im übrigen denke ich, dass für viele potentielle Zuschauer der Grund, das gewonnene Los nicht wahrzunehmen, weniger in Besorgnis über irgendwelche Zahlen begründet ist, sondern eher in den konkreten Umständen des Stadionbesuchs. Bei einem weiß ich es sogar genau.

  6. @Maria Draghi:

    „die Alice Schwarzer des Fußballs“ – – vielen Dank dafür! Hat mir an diesem sonnigen Herbstmorgen ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert.

    …und in ein paar Stunden dann aufs Rad schwingen und ab zur Emma-Redaktionssitzung An der Alten Försterei, ich bin gespannt.

  7. silberhacke

    für uns ist es so: meine tochter und ich hatten jeder ein los gewonnen. da haben wir uns gefreut. dann kam die nachricht, dass die maske währen des gesamten stadionaufenthalts zu tragen sei. das hat die freude schon getrübt.
    dann haben wir uns vorgestellt, wie wir trotz maske dann weder singen noch jubeln dürfen und hatten dann beide keinen bock drauf.
    ich, für meinen teil, kann die entscheidung der ultras, sich für die dauer der maßnahmen zurückzuziehen, immer besser nachvollziehen.
    auf die funktion als bio-aufsteller kann ich verzichten. einfach zum fußball kann ich auch hier im dorf gehen.

    EISERN

  8. Nochmal, es gab bisher keinerlei Infektionen über einen Besuch der AF. Das Hygienekonzept hat also gut funktioniert. Nun wurde es nochmal verschärft. Völlig okay da nicht hinzugehen, aber ein erhöhtes Risiko im Vergleich zum restlichen Leben kann ich nicht erkennen.
    Wer absolute Sicherheit und alles meiden möchte, kann das immer noch tun. Ein Besuch beim Rewe oder das Verlassen des Hauses sollte dann auch von allen Mitbewohnern unterlassen werden.
    Ich bring gerne Brot und Wasser vorbei… ?

    Zum anderen Thema: Ich glaube ein Gutteil der „Genervtheit“ über Union bei nicht-Unionern liegt daran, dass Union auch ohne aktive Aussendarstellung einfach durch sein dasein aufzeigt, was bei denen alles nervt.
    Nun gibt es die, die sehr gerne zB das Werbegedudel und die Publikumsverblödung durch Deppenmusikanimation im eigenen Stadion abstellen würden, sich aber nicht mit Verweis auf Union indirekt da anbiedern möchten, aber es gibt sicherlich auch Milluonen, die den modernen Showkommerz völlig okay finden und denen Unions Beispiel eigentlich aufzeigt wie plastikmäßig und beliebig deren Fussballwelt ist. Fazit: das will keiner wirklich hören, oder wenn, dann bitte nur sehr wohldosiert… ?

  9. @sebastian …du schreibst.. „…Ich bin genervt. Denn vor lauter Getöse rund um das Spiel von Union gegen den SC Freiburg ist vom sportlichen Aspekt kaum noch die Rede. “

    und dann sind ca. 75% des heutigen Beitrags wieder über Corona und nur ein kleiner Absatz zum sportlichen Aspekt des heutigen Spiels. Würde ich mir anders wünschen.

  10. Schmusi Ultra

    Ja, ich bin gerade im Stadion. Ja, es war für mich als Nicht-DK-Besitzer eine der wenigen Möglichkeiten, ein Ticket zu bekommen. Ja, ich möchte Union im Stadion spielen sehen und so unterstützen, weil es ein sportlich wichtiges Spiel ist. Und ja, auch ich habe länger darüber nachgedacht, ob bei diesem Infektionsgeschehen ein Stadionbesuch angesagt ist. Fazit: Ja! In der S-Bahn hatte ALLE in meinem Waggon Maken auf; es war nicht gedrängt. Im Stadion ist genug Platz um mich herum, ich fühle mich in keiner Minute gefährdet. Wo also ist das Problem? Es ist ja vermutlich auch so, dass der Verein ohne behördliche Anordnung die Zuschauer gar nicht einfach so ausschließen könnte – das würde ja vermutlich Regressfordrungen der Caterer etc. nach sich ziehen, oder? Also nicht Union kritisieren, sondern wenn dann die Politik, die hier evtl. zu lasch handelt. Ich jedenfalls habe in Stadion nicht das Gefühl, dass es hier gefährlicher wäre als anderswo. Auch wenn das Stadionelebnis natürlich stark eingeschränkt ist.

  11. Jürgen Bienek

    Corona hin und her , es geht ein langsam auf die Nerven! Keine spricht noch über andere Dinge. Z.B. über den Stadionausbau !! Es kommt auch wieder die Zeit da das Stadion voll besetzt ist, und dann fangen wir an zu bauen. Dann gibt es wieder Einschränkungen bei den Zuschauerzahlen. Lasst doch die Corona Zeit etwas Gutes abgewinnen und fangt an zu bauen
    EISERN !!!!!!!

    • @Jürgen Bienek Wenn du das Thema Stadionausbau verfolgst, wirst du wissen, dass Union noch kein Planungsrecht hat. Bis zum Baubeginn ist es also noch ein bisschen. Ich verstehe die Neigung, hier mit vermeintlich einfachen Lösungen das Gute aus der schlechten Zeit zu machen. Aber so einfach ist es halt nicht.

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