Blog State of the Union

Die Bundesliga startet und trotzdem fühlt es sich wie „Verzichten auf Union“ an

Die DFL hat gestern die Ansetzung der nächsten Spieltage veröffentlicht und ich fühle exakt nichts. Anders als bei der Sommerpause, mit der die aktuelle Spielpause wegen des neuen Coronavirus gerne verglichen wird, fehlt dieser Kitzel des Unbekannten und diese leichte Aufregung. Wir kennen ja unsere Spieler und wissen, was wir an ihnen haben. Aber wir dürfen es sie nicht spüren lassen. Wir dürfen sie nicht unterstützen. „Berliner Derby am Freitagabend“ vermeldet der Tagesspiegel, als wäre alles wie immer. Ist es aber nicht. Ich kann nächste Woche am Freitagabend meine Karten für das Herthaspiel in die Hand nehmen. Ansonsten ist das ein Tag wie jeder andere in den verdammten 8 Wochen, die hinter uns liegen.

Ja, ich habe auf die Rückzahlung meiner Karten verzichtet. Weil ich Union jetzt nicht noch extra einen Stein in den Weg legen möchte. Und weil ich es mir leisten kann (es gibt sicher genug, die das nicht können). Aber ich fühle mich beraubt. Und zwar wahnsinnig schöner und unendlich trauriger Momente. Was werden wir als Stadionzuschauer an unvergesslichen Erlebnissen aus diesen Geisterspielen mitnehmen? Nichts. Und wenn es richtig schlecht kommt, steigt Union ab. Ganz alleine. Ohne uns.

Natürlich weiß ich, dass niemand freiwillig auf Zuschauer verzichtet. Natürlich war mir klar, dass wir Großveranstaltungen für eine gewisse Zeit nicht machen können. Natürlich verstehe ich, dass die Clubs spielen wollen und müssen, wenn es geht. Aber deswegen ziehe ich mir jetzt nicht mein T-Shirt aus und renne auf den Balkon, um zu jubeln. Es ist mehr so die Einsicht in die Notwendigkeit. Ich werde mit meinem Freund Knut draußen etwas heimwerken und dabei hören oder schauen wir Bundesliga. Mal sehen, wie es dann sein wird.

Leerer Capo-Podest auf der Waldseite, Foto: Matze Koch

Das berichten die Berliner Medien:

Ich bin stimmungsmäßig komplett bei Sven Mühle vom Eisernen Virus, der bei Radioeins so klingt, als würde er am Friedhof kurz vor einer Beisetzung interviewt.

Und wer eine sportliche Vorschau auf die Partie am Sonntag haben will, kann sich beim Bayern-Blog Miasanrot vorbereiten. Die Bild/BZ beschäftigt sich heute noch mit dem abwesenden Cheftrainer Urs Fischer. Klar ist, dass er erst auf die Trainerbank zurückkehrt, wenn es die private Situation aus seiner Sicht zulässt und er ein zweiter Test auf das Coronavirus negativ ausgefallen ist.

Sky probt schon mal die Fußball-Dystopie

Sky hat sich für die Bundesliga was ganz Besonderes ausgedacht und will über eine extra Tonoption Fangesänge einspielen (Pressemitteilung). Dass kommt der Dystopie vom klinischen Fußballspiel, bei dem Fans simuliert werden, sehr nahe. Wir haben uns ja schon daran gewöhnt, dass Werbeeinblendungen auf den Banden je nach Land, in das die Partie übertragen wird, angepasst werden. Mir als Stadionzuschauer blutet bei solchen Aktionen das Herz.

Screenshot der Pressemitteilung von Sky zu den Tonoptionen bei Geisterspielen, Quelle: Sky
Screenshot der Pressemitteilung von Sky zu den Tonoptionen bei Geisterspielen, Quelle: Sky

Die Alte Podcasterei hat eine Halbzeit Gesänge aus der Alten Försterei veröffentlicht. Und ich könnte vor Sehnsucht fast heulen, wenn ich das höre.

Felix Kroos macht jetzt auch Podcasts

Felix Kroos macht mit seinem auch Fußball spielenden Bruder einen Podcast. Da heute um 10 Uhr die erste Episode erscheint, kann ich noch nichts weiter dazu sagen. Aber ich bin ehrlich gesagt schon gespannt, denn Felix Kroos hat ja zwei Gesichter: Einerseits hat er nach meinem Eindruck einen unglaublich trockenen Humor und andererseits zeigt er in manchen Mediengesprächen eine Eigenschaft, die mit maulfaul noch nett umschrieben ist. Nun redet er mit seinem Bruder, hat also einen vertrauten Gesprächspartner, aber gleichzeitig ist klar, dass alles öffentlich ist, was sie bereden. Mal schauem, welches Gesicht Felix Kroos hier zeigen wird. Die Bild berichtet auch darüber und erklärt, wo der Podcast-Titel „Einfach mal luppen“ her kommt.

Frank "Nussi" Nussbücker und Sam Paff, Foto via Nussi
Frank „Nussi“ Nussbücker und Sam Paff, Foto via Nussi

In der aktuellen Episode von „Wir – Union vereint“ tauchen Nussi und Sam Paff auf und die beiden entertainen sich durch die Sendung. Hebt auf jeden Fall die Stimmung, sich das anzuhören.

Das ist los in der Bundesliga

Wer ganz kurz wissen will, welche Regeln die DFL sich gegeben hat (5 Auswechslungen, mögliche Verlängerung der Saison, mögliche Verschiebung der neuen Spielzeit und mögliche Ansetzung an einem anderen Ort) wird in Kürze ganz gut beim Kicker bedient.

Und wer in Kürze wissen will, warum sich die Clubs der Bundesliga und Zweiten Liga nicht auf ein Modell für die Wertung einer abgebrochenen Saison einigen konnten, sollte das beim Spiegel nachlesen.

12 Kommentare zu “Die Bundesliga startet und trotzdem fühlt es sich wie „Verzichten auf Union“ an

  1. Und Sebastian Polter und Rafal Gikiewizc sind dann, wenn wir wieder da sind, einfach mal weg. Das macht die Geisterspiele anzuschauen oder zu akzeptieren noch schwerer für mich.

  2. Am Bahnhof Köpenick wurden heute morgen Absperrgitter abgeladen.

  3. Mehl Gipsen

    Für mich geht „Warten auf Union“ einfach nur weiter. Nur das mir als Junkie jetzt auch noch dieser minderwertige Ersatz angeboten wird. So als wäre ich in der Fastenzeit und sähe mir im TV eine Live Übertragung von McDoof an.

  4. Das mit der künstlichen Athmosphäre auf Sky finde ich sensationell scheisse. Das überholt mal eben die dööfsten Prognosen, die man aus kommerzkritischer Sicht je geäussert hat. Noch ein Schritt gegen das Stadionpublikum und hin zur Virtualisierung einer Quatschliga.
    Einmal eingeführt kann es ja gleich bleiben. Aber endlich Stimmung bei RBL…

    Ein Saisonabbruch wäre mir deutlich lieber.

  5. Andreas

    Tatsache, schlimmer geht nimmer, wenn schon Geisterspiele dann wenigstens mit authentisch beschissener Geisterspiel Atmosphäre, das auch der letzte mitbekommt wie scheiße Fußball ohne Zuschauer ist.

  6. Michael

    @Geist, das sieht dann wohl nach Bannmeile aus, damit niemand zu nah ans Stadion kommt und damit ne Wertung am grünen Tisch provoziert.

  7. Naja, ich sehe das nicht so dramatisch mit der Tonspur. Das tolle an der Stadionatmosphäre ist ja dass sie sich aufs Spiel überträgt und das kann mit der TV-Tonspur nie erreicht werden. Ich mache im Stadion ja nicht für die Fernsehzuschauer Stimmung noch schalten diese in erster Linie wegen des Stadions ein.

  8. @elfc, ich fürchte doch. Das TV Publikum kann das per Geisterspiel ins Gegenteil verkehrte Sportereignis künstlich kompensieren, während die Mannschaften ohne jeden äusseren Einfluss (ob positiv oder negativ) spielen müssen.

    Mit Blick auf einerseits die kommerziellen Interessen der Sender, Sponsoren und vieler Vereinsfunktionäre, und andererseits der unklaren Lage wann wieder Spiele vor Publikum stattfinden können, kann das Vorgehen schon ein Schritt sein, der bleiben wird.

    Sowas schreckliches wird hier ja auch gewünscht: https://www.berliner-zeitung.de/sport-leidenschaft/paul-breitner-wir-erleben-eine-wiedergeburt-eine-befreiung-li.83579

    So einen konsequenten Satz wie von Helge Schneider, dass „Fans ein ganz, ganz wichtiger Teil für meine Arbeit“ sind und wenn die fehlen, ist sein Job für die „nächste längere Zeit infrage gestellt“, hätte ich mir von der DFL oder den Vereinen gewünscht, die sprechen gerne den ersten Teil aus, und der wirkt mäßig überzeugend wenn danach sofort ein alternativloses ABER kommt…
    (Quelle zB hier https://www.laut.de/News/Corona-Statement-Helge-Schneider-geht-in-Rente-13-05-2020-16992)

  9. @Matze: Danke für den Beitrag und den Link. Ja, ich habe das wohl zu sehr mit meinem Stadionbesuchertunnelblick betrachtet und klar hat die Stimmung in der Regel eher negative Effekte für die Auswärtsteams. Es eint uns aber die Hoffnung, dass sich Breitners Gedankenspiele nicht durchsetzen und es irgendwann zu ausverkauften Hütten zurück geht und das hoffentlich nicht nur in der Alten Försterei.

  10. Makrele

    Sebastian, es geht mir genau so, Fussball wie auf einen anderen Planeten, wo wir uns nur noch die Augen wischen vor Wehmut, Schmerz und einfach nur traurig. Nun, ein Leuchten der Augen, ein Mitsummen und ein immer lauter werdendes Mitsingen, wieder mit Wehmut, aber einer Hoffnung, woher auch immer z. Z., ein weiter Mithoffen in Eiserner Leiden… schafft.

  11. Der Sepp

    Ich glaube, für mich ist die Saison beendet, unabhängig davon, was die kommenden Wochen bringen. Es fühlt sich für mich von vorne bis hinten einfach nur falsch an.

    Natürlich freut es mich für Union, wenn der Verein einer wirtschaftlichen Krise aus dem Weg gehen kann, aber das war es dann auch.

    Von mir aus hätte dieses Konstrukt „Profifußball“ ruhig mal eine ordentliche Bruchlandung hinlegen können, weil nur so die Option auf eine Änderung bestanden hätte.

  12. Heute weine ich um Union.
    Eisern.

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