Blog State of the Union

„Du musst arbeiten, du musst die Schnauze halten und auf dem Platz liefern.“

Als wir am Mittwoch nach dem 0:1 gegen Neapel das Stadion verließen, war ich der festen Überzeugung, dass die Mannschaft so aus dem sportlichen Tal wieder herausfinden wird. Das Team präsentierte sich lange Zeit wach und zeigte genau das, was wir zuvor in der Bundesliga gegen Stuttgart noch so schmerzlich vermisst hatten: Aggressivität, Lauffreude und solidarisches Verhalten. Dazu habe ich diese Einheit von Team und Fans gespürt. Nur so schaffen wir das. Gemeinsam.

Doch es gab noch so einige Misstöne, die Felix schon am Mittwoch im State of the Union berichtete, die mich haben nachdenklich werden lassen. David Fofana wurde für seine offen zur Schau getragenen Unzufriedenheit inklusive verweigertem Handschlag mit dem Trainer für eine Woche suspendiert und muss in der Zeit alleine trainieren. Dazu wird er nicht für die Bundesliga-Partie in Bremen oder das Pokalspiel in Stuttgart zur Verfügung stehen (Morgenpost+, Berliner Zeitung, BZ, Kurier, RBB, Kicker, MOZ).

David Fofanas verweigerter Handschlag war eine Frustaktion zu viel, Foto: Matthias Koch

Nun kann man sagen, dass eine Suspendierung schon eine heftige Strafe ist, verglichen damit, dass auch Sheraldo Becker den Trainer beim Abklatschen schon mal hat hängen lassen. Ich sehe die Strafe eher in einem Gesamtkontext, denn nach der Stuttgart-Partie waren Fofana und Becker nicht mit der Mannschaft zu den Fans gegangen, sondern sind sofort in der Kabine verschwunden.

Das ist ein bisschen wie mit ständigem Zuspätkommen von Kollegen bei der Arbeit. Auf dem Papier schadet das nicht, weil die Leute im Normalfall deshalb nicht weniger arbeiten. Becker und Fofana haben keine Minute weniger gespielt dadurch, dass sie nicht auf die Runde gegangen sind. Aber beides zeigt den Kollegen oder Mitspielern gegenüber keinen Respekt. Und wenn man das einmal sich hat einschleifen lassen, kann es leicht die Moral von Teams kaputtmachen.

Und wenn Urs Fischer in der Pressekonferenz darüber spricht, dass man in der sowieso schon schwierigen sportlichen Phase so auch noch Schlagzeilen liefere, anstatt sich auf die sportliche Situation konzentrieren zu können, passt das als Zeichen nach innen und nach außen.  Auf den Punkt gebracht hat das Rani Khedira, der nach der Neapel-Niederlage zur aktuellen Lage sagte (MOZ): „Du musst arbeiten, du musst die Schnauze halten und auf dem Platz liefern.“ Dem ist wirklich nichts hinzuzufügen.

Noch kann Rani Khedira nicht volle 90 Minuten durchspielen, aber als Führungsspieler gibt er die Richtung vor, Foto: Matthias Koch

Becker postet auf Instagram und löscht schnell

Das betrifft aus meiner Sicht ebenso jegliche Instagram-Posts, mit denen Baustellen neben der sportlichen Krise aufgemacht werden, wie die ziemlich schnell gelöschte Story von Sheraldo Becker am Donnerstag zum Nahostkonflikt. Als ob der vielseitig interpretierbare Laidouni-Post nicht schon reichen würde, über den Union seit Laidounis Rückkehr von der Nationalmannschaft nicht mehr gesprochen hat.

Der Nahostkonflikt ist kein Spiel, bei dem man mal für die eine oder andere Seite ist, weil es gerade en vogue ist. Da geht es um Menschenleben, das nicht verhandelbare Existenzrecht des Staates Israel und das Ganze ist eine hochkomplexe Geschichte, die sich nicht mit einer Insta-Story erledigen lässt. Ich weiß, Fußballspieler sind auch Menschen, und wieso sollten da andere Dinge passieren als im Rest der Gesellschaft … Das muss ich vielleicht akzeptieren, selbst wenn ich es null nachvollziehen kann. Ich wünsche mir gerade nur, dass der Rani-Khedira-Satz im Moment von allen Spielern beherzigt würde.

Um zum Anfang zurückzukommen: Die Gewissheit nach dem Neapel-Spiel schwindet bei mir von Stunde zu Stunde. Nicht nur, weil ich weiß, dass Champions-League-Spiele oder DFB-Pokal-Begegnungen Krisen-Mannschaften immer leichter fallen als Bundesliga-Spiele, in denen der Druck der Tabelle und des Gewinnen-Müssens spürbarer ist und lähmender sein kann. Es ist vor allem eine Unsicherheit darüber, wie sehr die Mannschaft eine Mannschaft ist. Da muss ich von außen Spielern wie Rani Khedira glauben, die sagen, es sei alles intakt. Aber jede Nebengeschichte wie die von Fofana oder Becker nährt Zweifel.

Natürlich freue ich mich, dass die angebliche Bonucci-Unzufriedenheit abgeräumt wurde (BZ). Doch es bleibt dabei: Für die aktuelle Union-Mannschaft habe ich noch kein Gespür. Klappt es mit den Sprach-Regeln für die Kabine? Sind alle Spieler vom Urs-Fischer-Weg überzeugt und stehen dahinter? Schleppen vielleicht zu viele neue Spieler negative Erlebnisse aus der Vorsaison mit sich herum? Was ist mit den Verletzungen von Juranovic und Doekhi?

Egal wie die Partie am Sonnabend um 15.30 Uhr in Bremen ausgeht, sie wird keine endgültigen Antworten auf diese Fragen liefern. Das schreiben die Berliner Medien vor dem Krisen-Duell:

Überraschendes Heimspiel für Unions Frauen

Am Sonntag um 13.30 Uhr spielt das Team von Trainerin Ailien Poese auf dem Fritz-Lesch-Sportplatz und nicht in Potsdam, da dort der Platz unbespielbar ist. Das Heimrecht wurde getauscht (Vereinsmitteilung).

Und sonst so?

Die Morgenpost (Bezahl-Artikel) fragt sich aus meiner Sicht zurecht, warum die An- und Abreise vom Olympiastadion ständig in einem Chaos endet. Mir ist klar, dass nicht 75.000 Personen auf einen Schlag wegfahren können. Aber die Herausforderung ist nicht neu. Und wenn ich Dortmund für eine unzulängliche Organisation kritisiere, darf ich Berlin nicht verschonen. Erst recht nicht, wenn sowohl der S-Bahnhof als auch der U-Bahnhof für solche Mengen gebaut wurden.

Eine unerwartete und außergewöhnliche Mitteilung kam von Union zu einem Treffen von Fanvertretern mit Uefa-Vertretern als Nachgang zu den Protesten im ersten Heimspiel in der Champions League (Vereinsmitteilung).

In eigener Sache

Wir haben aktuell das eine oder andere technische Problem mit der Website (beispielsweise funktioniert aktuell das Versenden von E-Mails als Benachrichtigung über neue Beiträge nicht oder bei Kommentaren sieht es so aus, als würden sie nicht gepostet, doch sie erscheinen und deshalb gibt es manchmal mehrfach dieselben Kommentare). Eigentlich hatten wir vor, die Weihnachtspause für die technischen Arbeiten zu nutzen. Das werden wir sehr wahrscheinlich vorziehen, weil das momentan einfach kein Zustand ist. Wir geben Bescheid, wenn wir das machen und würden in der Zeit keine neuen Beiträge veröffentlichen. Der Podcast läuft aber weiter, weil er von den technischen Problemen nicht mehr betroffen ist.

Der nächste State of the Union erscheint am Sonntag.

6 Kommentare zu “„Du musst arbeiten, du musst die Schnauze halten und auf dem Platz liefern.“

  1. Zu Laidouni gar keine öffentliche Reaktion des Vereins, ebenso nun bei Becker und Fofana (ein Leihspieler) wird suspendiert.

    Muß man nicht verstehen.

  2. Hallo wir haben noch 3 Karten Gästeblock für Bremen..
    Eisern

  3. Was war denn am Oly los? Wir sind sehr gut hin- und weg gekommen (U-Bahn)?

    • Also wir standen vor stummen Beamten, die uns den Zugang zum U Bahnhof verwehrten…warum, wieso, weshalb? keine Ahnung.Als wären sie taubstumm. Nach 15 Min plötzlich machten sie kommentarlos Platz und ließen alle durch. Glücklicherweise waren fast alle down und enttäuscht nach dem Spiel. Wohl auch deshalb ist es nicht eskaliert. Seitens der Polizei gab es diesbezüglich keine Bestrebungen. Kein Wunder, dass so auch gemäßigte Fans kein Verständnis für die vermeintliche Willkür haben…

  4. Nun ist die Zeit gekommen die Reihen zu schließen! Zeit der Prüfung für die neue Generation an Eisernen!
    U.N.V.E.U.

  5. Senger, Alexander

    Jan Du hast Recht. Eisern UNION! Eisern Berlin!
    Alex aus Pankow

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