Blog State of the Union

Fanclubs mit Haltung und ein unzufriedener Sheraldo Becker

Am Dienstag hat Sheraldo Becker sich in einer Medienrunde frustriert über seine Joker-Einsätze gezeigt. Dass er nicht zufrieden mit seinen wenigen Einsätzen ist, dürfte klar sein und ist verständlich. Was mich etwas die Augenbraue lupfen ließ ist folgendes Zitat, das im Kicker steht: „Ich möchte nicht bis zum Ende der Saison auf der Bank sitzen. Ich weiß, dass ich in der Bundesliga spielen kann. Wenn es sich nicht ändert, muss ich mit meinem Berater sprechen. Das Wichtigste ist, dass ich spiele.“ Dazu noch der Hinweis, dass er schon in der Winterpause mit seinem Berater sonst über seine Zukunft sprechen würde.

Sheraldo Becker hat sich einen Timer bis zur Winterpause gestellt, Foto: Matthias Koch


Wie gesagt, der Frust ist nachvollziehbar, der Weg allerdings … gewöhnungsbedürftig. Was sollen denn Spieler wie Keita Endo, Rick van Drongelen, Pawel Wszolek, Bastian Oczipka, Frederik Rönnow, Tymoteusz Puchacz, Anthony Ujah oder Cedric Teuchert sagen? Es gibt angesichts des guten Laufs für den Trainer kaum die Notwendigkeit, groß zu wechseln. Und im Angriff haben sich Kruse und Awoniyi als erste Reihe etabliert. Dazu zeigen Kevin Behrens und Andreas Voglsammer allesamt Brecherqualitäten. Ausgerechnet im Angriff, wo ich Union lange qualitativ nicht breit genug aufgestellt gesehen habe, gibt es Auswahl en masse. Und zu der gehört auch Sheraldo Becker.

Da würde ich auf das Thema Geduld setzen. Denn ohne die Spiele für Suriname beim Gold-Cup in der Vorbereitung und seine muskulären Probleme zu Saisonbeginn würde er sicher anders eingesetzt werden. So heißt es einfach hintenanstellen und sich über den Teamerfolg freuen.

Zumal ich durch die Stabilisierung in Unions Mittelfeld und in der Defensive glaube, dass wir wieder häufiger einen Wechsel zwischen den Systemen mit Dreier oder Viererkette sehen werden. Erst recht gegen Teams, die mehr selbst das Spiel machen wollen. Da ergibt sich nicht nur taktisch Raum für Sheraldo Becker, weil möglicherweise echte Flügelstürmer wieder gefragt sind, sondern auch von der Spielweise, weil viel Geschwindigkeit benötigt wird. Dass der Angreifer nicht nur als klassischer Flügelstürmer gesehen werden will, ist verständlich. Aber insgesamt geht es um ein erfolgreiches Team, nicht alleine um einen spielenden Sheraldo Becker.

Hier alle Texte zu Sheraldo Becker auf einen Blick:

Beim Testspiel gegen den FC St. Gallen am heutigen Mittwoch gibt es eine Chance auch für Becker, sich weiter dem Trainerteam zu empfehlen.

Gute Nachrichten gibt es von Timo Baumgartl, der wieder das Training aufgenommen hat. Wann er tatsächlich wieder spielen kann, steht noch nicht fest.

Berlin ändert wieder die Infektionsschutzverordnung

Die Infektionsschutzverordnung in Berlin wird weiter angepasst, und dabei wird auch auf ein paar der von Union kritisierten Punkte eingegangen. Laut Pressemitteilung des Senats sollen in der ab 10. Oktober gültigen Verordnung folgende Dinge für Veranstalter möglich sein:

  • Personen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können, können künftig unter 2G-Bedingungen teilhaben, wenn sie über einen ärztlichen Nachweis ihrer Impfunfähigkeit und einen negativen PCR-Test verfügen.
  • Gelten 2G-Bedingungen, muss das Personal künftig nur geimpft oder genesen sein, wenn es mit Kundinnen und Kunden in unmittelbaren Kontakt kommt.
  • Bei Veranstaltungen unter 2G-Bedingungen gilt keine zahlenmäßige Personenobergrenze.

Damit dürfte das arbeitsrechtliche Argument entfallen, dass Subunternehmen und Dritte (beispielsweise Fernsehdienstleister, Staff und Mannschaft vom Gegner, etc.) bei Union Nachweise über den Impfstatus ihres Personals vorlegen müssten, da die gar nicht im Publikumskontakt sind. Geimpft und genesen müssen nun vor allem Ordner und das Cateringpersonal sein. Das dürfte (auf den ersten Blick) machbar sein.

Außerdem wurden nun wie von Union gefordert auch Regelungen für diejenigen getroffen, die sich aus ärztlichen Gründen nicht impfen lassen können. Die Gruppe ist von der Zahl her äußerst gering, aber es ist gut, dass auch die nun von der Verordnung erfasst werden. Hier muss, ähnlich wie beim Europapokalspiel in Prag, ein negativer PCR-Test vorgelegt werden. Lästig finde ich weiter, dass es beim Veranstalter (sprich beim Ordnungsdienst) liegt, das Attest der Impfunmöglichkeit (wie auch immer dieses der Form nach auszusehen hat) zu prüfen.

Unter diesen Bedingungen könnte die Alte Försterei aber auf jeden Fall wieder vollständig gefüllt werden, wie das schon Stand jetzt bei manchen Bundesliga-Stadien der Fall sein wird (Übersicht über nutzbare Kapazitäten beim Kicker).

Warum schreibt Union dann gestern, dass die Verlosung gegen Wolfsburg unter den aktuellen 3G-Bedingungen bei 50% Auslastung startet? Das liegt zunächst erst einmal darin begründet, dass der neue Verordnungstext im Ganzen zuerst veröffentlicht und geprüft werden muss. Unterdessen muss die Verlosung der Tickets allerdings schon starten. Wie heißt es so schön in der Mitteilung des Vereins: „Ausgehend von einer Zuschauerauslastung von 50 Prozent gemäß der 3G-Regelung erfolgt die Ticketvergabe weiterhin mittels eines Losverfahrens unter den Dauerkarteninhabern der Saison 2021/2022.“ Das kann sich also ändern.

Im Podcast hatte Christian Arbeit zudem gesagt, dass zu wenig Personal an den Cateringständen Union nicht daran hindern würde, wieder voll aufzumachen. Beim Ordnungsdienst dürfte das allerdings etwas anders aussehen. Also etwas Geduld noch. Ich vermute, dass wir im Laufe der Woche noch etwas vom Verein zu dem Thema hören werden.

Antisemitismus: Uefa ermittelt und Fanclubs melden sich zu Wort

Die Uefa hat mitgeteilt, dass sie wegen der antisemitischen Vorfälle und Angriffe im Stadion beim Europapokalspiel gegen Maccabi Haifa gegen Union ermittelt (Kicker). Das ist der normale Weg in einem solchen Fall, wenn diskriminierendes Verhalten von Fans vorkommt.

In der Zwischenzeit kam von den eingetragenen Union-Fanclubs die Initiative, mit einem Schreiben an Maccabi und Union die eigene Position deutlich zu machen. Union hat das Schreiben auch öffentlich gemacht, was vielleicht nicht die erste Intention der Fanclubs war. Zumal so jetzt ein bisschen der Fokus vom Inhalt des Schreibens weggeht hin zur Frage: Welcher Fanclub hat das unterzeichnet und wer fehlt? Denn die Liste auf Unions Mitteilung ist nicht vollständig. Dort stehen Stand jetzt (6.45 Uhr) 44 Fanclubs. Es fehlen noch einige Fanclubs, die tatsächlich unterzeichnet hatten (meines Wissens waren das fast 60).

Es ist auf jeden Fall spürbar, unter welchem Handlungsdruck Union hier steht. Einzelne haben durch ihre Taten im Olympiastadion Juden und Maccabi-Fans im Stadion angegriffen. Das fällt natürlich auf Union zurück und sorgt für einen immensen Schaden für den Verein. Der steht nicht an erster Stelle, sondern der erste Blick sollte denjenigen gelten, die angegriffen wurden. Aber der Schaden für Union ist nicht von der Hand zu weisen. Der ist auch nicht wiedergutzumachen, sollten die Täter identifiziert und verurteilt werden.

Und sonst so?

Der DFB ermittelt gegen Mainz wegen der Bierduschen für Max Kruse (Bild).

Anlässlich des 100-Tore-Jubiläums in der Bundesliga hat Union alle Tore in einem Video zusammengefasst. Stimmungsmäßig ist da ein Coronaloch zu begutachten:

Apropos Stimmung: Welchen Wert die Szene für Union hat, muss ich hier sicher nicht ausführen. Aber sie hat auch einen sicht- und hörbaren Einfluss auf unser Stadionerlebnis. Das nehmen wir aktuell besonders im Kontrast zwischen Europapokalspielen, wo sie als Gruppe auftritt, und Bundesligaspielen war, wo sie nicht zugegen ist. Immi vom EUFC Fliegender Koffer hat das nach dem Spiel in Mainz so zusammengefasst:

Auf Mainzer Seite waren die Ultras das erste mal nach Corona im Stadion. Das man mit der kleinen Masse nicht dagegen ankommt. Irgendwie klar. Aber es war keine Stimmung. Nichts. Gar nichts. Und da war ich schon enttäuscht.

Man kann zur Szene persönlich stehen, wie man will. Auch ich finde manche Dinge gut und andere nicht. Aber sie fehlt. Und sie fehlt nicht nur ein bisschen. Sie fehlt richtig. Es fehlt ein Capo für die Koordination. Es fehlt eine Trommel für den Rhythmus. Es fehlen die Leute für das Brachiale. Es fehlt einfach alles.

Für Freunde von Pins gibt es bei @kleinkeul zwei besonders schöne Exemplare:

Am Dienstagabend war das Fantreffen mit Kevin Behrens und Andreas Luthe. Fotos gibt es beispielsweise hier. Ein Stuhl ist freigeblieben …

Achim fehlte beim Fantreffen. Foto: Steffen Teichmann
Achim fehlte beim Fantreffen. Foto: Steffen Teichmann

12 Kommentare zu “Fanclubs mit Haltung und ein unzufriedener Sheraldo Becker

  1. Bezüglich der fehlenden Fanclubs ist dem Verein wohl ein dicker Fehler passiert. Zum einen wurden wohl gar nicht alle Fanclubs über die Möglichkeit der gemeinsamen Stellungnahme informiert, und es wurden Clubs, die ebenfalls unterzeichnet hatten, einfach nicht mit aufgeführt. So auch mein Fanclub Ecke Nord. Ich, wie auch die anderen Mitglieder, sind darüber natürlich stinksauer.

    • Ich bin auch erst einmal die Liste der aufgeführten Unterzeichner durchgegangen und war erstaunt wie wenig es sind. In meinem Kopf machte sich dann gleich die Frage breit, wieso andere Fanclubs nicht unterzeichnet haben. Nun bin ich zwar schlauer, aber diese Gedanken zu erzeugen war natürlich mehr als unnötig.

  2. Ich bin sauer über die Person Becker. Es ist lobenswert das er spielen will, aber zu diesem Zeitpunkt der Saison jetzt öffentlich Unruhe zu stiften, wird viele Unioner verärgern und ich denke mal den Trainer auch. Wie kann ich mir denn nach der Vorbereitung inklusive Verletzung sowas rausnehmen. Das erinnert mich doch sehr an einen Torhüter der vor 2 Jahren bei uns spielte ubd dachte er wäre das Herz der Mannschaft…

    Wäre zwar qualitativ definitiv ein Verlust, aber von mir aus kann so einer im Winter gehen ! Fußball ist ein Mannschaftssport !

  3. Die Äusserungen von Sheraldo sind leider sehr bedauerlich,denn er hätte sowieso in Zukunft mehr Einsatzzeit bekommen.

    Ich wundere mich ja,dass ich hier nie generelle Kritik an der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung bzw 2G-Regel lese,sondern nur ob Union diese hilft ein volles Stadion zu ermöglichen.
    Dass Änderungen nach Lust und Laune ohne Begründungen vorgenommen werden (2G galt nach Protest auf einmal für Kinder unter 12 nicht mehr),scheint keinen zu stören.
    Die 25.000er Grenze gilt also weiterhin bei 3G. Welches Argument unterstützt das?
    Die Zuschauer sind bei 3G mit Stehplätzen in der Alten Försterei doch ungefähr genau so eng zusammen wie bei 2G im theoretisch vollen Olympiastadion mit Sitzplätzen. Wo ist da die Logik?
    Die Ultras haben eng beieinander gestanden. Ist doch eine prima Studie,um zu sehen,ob es negative Auswirkungen gab. Ist dort etwas bekannt geworden?
    Mit Gesundheitsschutz hat das nichts zu tun,sondern man will einfach Druck erzeugen. Dann soll man es aber auch einfach so nennen.

    Dass die Vorfälle gegen Haifa negativ auf Union zurückfallen,kann dann eigentlich nur an fehlerhafter Berichterstattung oder Auseinandersetzung damit liegen. Denn wenn man das nüchtern betrachtet waren es ein paar wenige Idioten und der Verein tut scheinbar alles,um die Sache aufzuklären.
    Viele Fans von Haifa sehen das ja zum Glück genauso.

    Danke für den Bericht aus Mainz! Solche Details gefallen mir an euren Texten.

    • @egal
      Ob man die Verordnung hier kritisiert oder nicht ändert nichts an der Verordnung also kann man sich das auch sparen.

    • Und genau mit so einer Einstellung würde sich nichts ändern. Medien stehen nun mal an erster Stelle,wenn es darum geht Mißstände offenzulegen. Politik handelt in der Regel nur auf Druck.

    • Ist schon richtig, sollten sie zumindest. Aber da die Reichweite hier wohl nicht sehr weit über den Union-Kosmos hinausreichen dürfte ist der Einfluss auf die Politik wohl eher begrenzt.

  4. Ich denke auch, dass bei Becker ein bisschen mehr Demut angebracht wäre. Klar, wenn er reinkam, hat er m.M.n. immer geliefert oder zumindest gute Aktionen gezeigt, aber man kann nun mal nur 11 Spieler aufstellen und wenn Kruse und Taiwo vorne super harmonieren, dann muss man das eben auch anerkennen. Wäre auf jeden Fall schade solch einen Spieler zum Winter hin zu verlieren nur weil sein Ego zu groß ist.

  5. Ich kann Sheraldo tatsächlich ganz gut verstehen und habe mich selbst die letzten Spiele auch gewundert, warum er so wenig berücksichtigt wurde. Ich finde aber auch das Timing und die Art und Weise etwas unglücklich. Andererseits denke ich, dass sich das Problem nach der Länderspielpause möglicherweise von selbst erledigt, sollte Urs ein bisschen mehr Offensive im Spielsystem wagen.

    Ich träume wirklich regelmäßig von einer Startaufstellung mit Taiwo, Sheraldo, Puchacz und Endo. Im Zentrum Kruse, der die Bälle verteilt. Damit könnte man wirklich ansehnlichen, schnellen Offensivfußball spielen. Ich denke, die dafür nötige Kompaktheit in der Abwehr und im defensiven Mittelfeld haben wir langsam aufgebaut.

    • Das heißt ja dann Umstellung auf 4er Kette. Denkst du, dass Union schon bereit wär das langfristig zu spielen? Bin mir da noch etwas unsicher

  6. Ich muss sagen wenn union diese Saison mit Viererkette gespielt/umgestellt hat, haben sie mir deutlich besser gefallen. Denke wäre mit ohne ohne Becker ne gute Option.

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