Blog State of the Union

Verwirrung um neue Regeln: Nun doch gar keine Zuschauer im Stadion? Oder doch welche?

Hätte ich gestern Vormittag nicht wegen der Arbeit keine Zeit für News gehabt, ich wäre wohl irre geworden wegen der unterschiedlichen Aussagen zum Thema „Zuschauer im Stadion“, nachdem sich die Bundes- und Landesregierungen wegen einer einheitlichen Linie bei den Corona-Maßnahmen getroffen hatten. „Geisterspiele bis Dezember“, hieß es da. Dann schwirrte das Zitat von Markus Söder (Ministerpräsident von Bayern, CSU) durch die Gegend, der sagte: „Es ist nicht sinnvoll, im September mit Zuschauern zu starten. Es wäre mit einer steigenden Infektionszahl ein falsches Signal.“ Zudem schlage ich heute die Bild auf, die auf der Sportseite titelt: „Bundesliga frühestens im November mit Fans“.

Unions Geisterspiel gegen Mainz im Juni 2020, Foto: 1. FC Union/Pool via Matze Koch

Lese ich aber die verschiedenen Berichte (auch in der Bild), heißt es da wiederum, dass nur Großveranstaltungen ohne Kontaktverfolgung und ohne Hygienemaßnahmen verboten blieben. Das würde für Bundesligaspiele nicht gelten, denn die bieten ja die Option der Kontaktverfolgung über personalisierte Tickets und sehr klar benannte Hygienemaßnahmen.

Der Einfachheit halber habe ich mal geschaut, was direkt im Beschluss der Landesregierungen und der Bundesregierung steht:

„Großveranstaltungen, bei denen eine Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregelungen nicht möglich ist, sollen mindestens bis Ende Dezember 2020
nicht stattfinden. Zum einheitlichen Umgang mit Zuschauern bei bundesweiten Sportveranstaltungen wird eine Arbeitsgruppe auf Ebene der Chefs der Staatskanzleien eingesetzt, die bis Ende Oktober einen Vorschlag vorlegen soll.“

Daraus lese ich: Es ändert sich erst einmal nichts. Wir haben weiter die 16 unterschiedlichen Regeln zum Infektionsschutz und damit weiter die 16 unterschiedlichen Definitionen, was eine Großveranstaltung ist. In Berlin ist das ab Dienstag nächster Woche laut aktueller Infektionsschutzverordnung eine Veranstaltung mit insgesamt 5000 Teilnehmern (also alle Akteure, Ordner. etc. und Zuschauer zusammen). Bis Montag sind es in Berlin noch 1000 Teilnehmer.

„Dirk Zingler kann die Bestellung der Sitze stornieren“, habe ich gestern an mehreren Stellen gelesen. Wenn sich an der aktuellen Infektionsschutzverordnung des Landes Berlin nichts ändert (was natürlich immer möglich ist), kann die Bestellung der Sitze, wenn sie denn wirklich erfolgt ist, ganz normal abgewickelt werden. Dann diskutieren wir nur darüber, ob wir Sitzplätze auf den Stehplatzrängen gut finden oder nicht. Und ob für die Montage in unsere geliebten Ränge gebohrt werden muss.

Update von 7.35 Uhr: Danke für den Hinweis von @Philipp in den Kommentaren: Das Land Berlin verlängert schlicht die Maßnahmen für Großveranstaltungen, aber verschärft sie nicht, wie Bürgermeister Michael Müller (SPD) hier auf der Pressekonferenz sagt.

Neue Regelung für bundesweite Sportveranstaltungen wird kommen

Eventuell können ab November bundesweite Sportveranstaltungen von den Landesinfektionsschutzbestimmungen ausgenommen werden. Was ist eine bundesweite Sportveranstaltung? Das ist ein merkwürdiger Begriff, denn die Bundesliga ist erst einmal eine lokale Sportveranstaltung, hat aber je nach Club bei voller Auslastung des Stadions, also inklusive Gästefans, einen Einfluss auf das bundesweite Reiseverhalten. Für mich klingt das Ganze nach einer Regel, die die DFL vor ein paar Wochen noch erfolglos bei den Gesundheitsministerien der Länder hineinzulobbyieren versucht hat. Eine Ausnahme für bundesweite Veranstalter, die sonst von 16 unterschiedlichen Regelungen betroffen wären.

Ist die DFL ein bundesweiter Veranstalter? Wenn dem so ist, dürfte man das besonders in der Bremer Landesregierung mit gelupfter Augenbraue zur Kenntnis nehmen, denn im Streit um die finanzielle Beteiligung von Polizeieinsätzen bei Risikospielen hatte die DFL noch mit anwaltlicher Hilfe argumentiert, sie sei nicht Veranstalter, sondern der SV Werder Bremen.

Wie auch immer: Ich sehe schon die Verlängerung der Sitzplatzregel bei der DFL wieder zur Debatte stehen, wenn es im Gegenzug dafür möglich sein könnte, mehr Zuschauer ins Stadion zu bekommen. Aber wie gesagt: Das wäre sowieso erst ab November und zudem gilt die alte Gipfel-Regel: Wenn du nicht weiterweißt, gründe einen Arbeitskreis. Denn letztlich muss es eine Regelung geben, die trotzdem auf das lokale Infektionsgeschehen Rücksicht nimmt. Und hier wurden alle möglichen Indikatoren (7-Tage-Inzidenz beispielsweise) gestern erst einmal kassiert.

Drohen perspektivisch mehr Sitzplätze im Stadion an der Alten Försterei?, Foto von 2012: Matze Koch

Das Thema Planungssicherheit für Veranstalter

Sollte das Land Berlin jetzt seine aktuell gültige Infektionsschutzverordnung kurzfristig ändern und die Zahl der an Großveranstaltungen Beteiligten nicht bei 5.000 ab 1. September belassen, wäre das noch einmal ein Schlag ins Gesicht der sowieso schon gebeutelten Veranstalter. Beim Istaf könnten sie dann die 3.500 verkauften Karten zurückgeben. Lassen wir uns überraschen.

Was aber auch gesagt werden muss: Eine hundertprozentige Planungssicherheit wird es nicht geben. Sollte das Infektionsgeschehen in der Erkältungssaison noch einmal dynamischer werden, kann recht zügig eine Lockerung nach der anderen gekappt werden. Das haben wir fast im Tagesrhythmus bereits im Frühjahr erlebt.

Und sonst so?

Der richtige Sport läuft heute mal wieder unter ferner liefen. In der Bild/BZ gibt es einen Text über Robin Knoche, der sich noch ein bisschen an die Dreierkette gewöhnt und sich auf die vielen Standards bei Union freut, weil er da gerne treffen will.

Der Kurier hat einen Text über den aktuell vereinslosen Björn Jopek im Angebot, der sich in Berlin bei verschiedenen Clubs und einem Trainingscamp fit hält.

Auch die Bild hat online einen Text über einen Immerunioner, nämlich Dennis Daube. Der ist mittlerweile bei Preußen Münster und die Grundgeschichte von Daubes Karriere ist immer noch aktuell: unglaublich viele Verletzungen.

Wer auf die Idee kam, ein Training bei Union abzufilmen und bei YouTube reinzustellen, dürfte jetzt nicht mehr viele Freunde haben bei der sportlichen Leitung.

Der Berliner Fußballverband hat erst einmal alle Spiele unterhalb der Berlin-Liga abgesagt, weil Vereine die Hygienevorschriften nicht einhalten können (Berliner Zeitung) und auch Unklarheit herrscht, wie viele Spiele denn in welchem Abstand auf der gleichen Anlage ausgetragen werden können. Hier geht es wahrscheinlich mehr um die Kabinennutzung mit der Taktung der Spiele. Je näher die Partien beieinander liegen, um so wahrscheinlicher sind volle Funktionsgebäude.

23 Kommentare zu “Verwirrung um neue Regeln: Nun doch gar keine Zuschauer im Stadion? Oder doch welche?

  1. Hallo Sebastian, ich habe mir gestern Abend die PK des Senats angeschaut und da wurde auf das Wirrwarr eingegangen. Es wurde nochmal klargestellt, dass die Frist der Verordnungen für Veranstaltungen Indoor und Outdoor bis Jahresende verlängert wurde. Eine Veränderung der Verordnung wäre mit den drei grünen Ampeln derzeit nicht argumentierbar gewesen. Ich fand das sehr nachvollziehbar und war auch etwas verwirrt wegen all der Meldungen gestern. Also ich gehe von den aktuellen max. 5.000 Zuschauer aus.

  2. Das ist wieder typisch BFV.
    Hätte man längst vorhersehen können mit den Kabinen und nun das.

    Alternative sind jetzt Spiele an jedem Wochentag um es zu entzerren?

  3. […] Keine Zuschauer*innen in 2020? Oder erst mal nur bis Ende Oktober?Tja, es bleibt schwierig und kompliziert. Zunächst machte gestern die Meldung die Runde, es werde definitiv bis Ende des Jahres keine Fans in den Stadien der 1. und 2.Liga geben. Später wurde dies dann auf die schon bekannte „bis Ende Oktober und dann mal gucken“-Aussage korrigiert. (Kicker / Süddeutsche)Insgesamt bleiben dabei natürlich Fragen offen, u.a. warum die DFL hier überhaupt eine solche Entscheidung akzeptiert und nicht (wie z.B. die 3.Liga) eine lokale Regelung der jeweils zuständigen Gesundheitsämter vorschlägt, angepasst an das jeweilige Infektionsgeschehen. So kann es jetzt also theoretisch passieren, dass in Kaiserslautern, Dresden und Magdeburg fünfstellige Zuschauerzahlen notiert werden, während im viel größeren Westfalenstadion bei vielleicht sogar geringeren Infektionszahlen keine Zuschauer*innen erlaubt sind. Klar, werden wir auch überleben und der Kampf gegen Corona ist wichtiger – aber so wirklich nachvollziehbar ist das alles nicht.(Ähnlich verwirrt wie wir: Das Textilvergehen) […]

  4. Rot weiß Erfurt bspw. postet gestern, dass sie sich freuen, beim kommenden Heimspiel in der Oberliga ~ 2.200 Zuschauer im Stadion haben zu dürfen. Ihr Konzept wurde vom zuständigen Gesundheitsamt abgenommen.
    —> wie unverhältnismäßig wären Geisterspiele, wenn jedes Wochenende (in deutlich schlechter auf Corona eingestellten Stadien) regelmäßig tausende Menschen Regionalliga- & Oberliga-Fußball schauen…?

  5. Der Spiegel hat gestern noch ein anderes Problem der Beschlüsse beleuchtet. Wenn ab Oktober eine Quarantänepflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten gilt dürfte interessant werden wie die Vereine mit der Abstellpflicht ihrer Nationalspieler umgehen.

  6. Pankowunioner

    „Knoche muss sich erst noch an die Dreierkette gewöhnen“. Schade, habe irgendwie gehofft, und hatte auch in den letzten Spielen den Eindruck, das wir es bald mit viererkette probieren. Darauf deuteten auch Transfers wie Kruse und Griesbeck hin. Na mal gucken. Vielleicht sehen wir ja beide Varianten.

  7. RWE hat letztes WE gegen Grimma vor knapp 2.200 Zuschauern gespielt und wurde für die Einhaltung der Regeln gelobt (unter der vorherigen Ankündigung diese Freigabe bei Verstößen sofort zu kippen). Hat wohl funktioniert.

  8. silberhacke

    es ist natürlich bitter, dass da irgendwer ne halbe stunde training aufnimmt und ins netz stellt. erschreckender ist für mich allerdings der zustand, in dem kruse sich befindet – wann soll der fit sein?! – im oktober? – wohl eher ende oktober. da gibts ne menge arbeit. aber wenigstens verstehe ich jetzt, warum die sich wegen der spielberechtigung keinen großen druck machen. einsetzen kann man ihn so nicht.

  9. Nachtrag:
    Im altehrwürdigen Bruno-Plache-Stadion Lok vs BAK waren weit mehr als 3.000 Zuschauer. Wenn man die Bilder von SiO sieht, mindestens die Hälfte im Stehplatzbereich. Was machen die anders?

  10. @Sebastian …. ganz schön viele Verweise auf die Bild. Ist bzw wird das langsam Dein bevorzugtes Medium, @Sebastian? Meiner Meinung nach sollte man diese Zeitung komplett ignorieren.

  11. Von der Oberliga bis zur Bundesliga bis 5000 Zuschauer bundesweit, wäre eine vergleichbare Maßnahme die für Alle aktuell möglich wäre.

  12. @AndreasM Ich lasse kein Medium aus beim Überblick. Und ich finde, dass zu einem ehrlichen Überblick alle gehören. Das hat nichts mit persönlicher Präferenz zu tun. Wichtiger als der Name des Mediums ist mir die inhaltliche Einordnung der Texte.

  13. Waschweib*r

    Habe eben das Ausweichtrikot gesehen. Bin enttäuscht. Wo ist Blau in den Vereinsfarben vertreten? Im Logo finde ich nur gelb als mögliche Farbe. Schade das hier die Tradition aufgegeben wurde.

  14. @Waschweib*r
    Du sagst also, dass blau bei Union keinen traditionellen Hintergrund hat? Da muss man dir leider sagen, dass du da falsch liegst.

  15. Jens Otto

    @ Nadi: so ist es, im Grunde ist blau unsere Ursprungsfarbe (Union OB) und auch ab 1966 (nach der Neugründung) gab es öfters blau: http://www.immerunioner.de/trikotliste.php – wobei man ja sagen muss dass gerade Trikot 3, d.h. das Ausweichtrikot immer nicht einfach ist, wie bei allen Farben und Mustern muss es ja abgestimmt werden, damit man gegenüber den anderen Mannschaften der jeweiligen Liga erkennbar bleibt. Und: über Geschmack kann man trefflich streiten

  16. @Waschweib*r:
    Zunächst einmal sind es ja nur die Ausweichtrikots. Und dann gab es ja nun mehrfach schon die Farbe Blau auf Unio-Trikots in der Vergangenheit (ob man es nun schön findet, sei mal dahin gestellt), wie man z.B. hier sehen kann: http://www.immerunioner.de/trikotliste.php.
    Und ein ganz klein wenig hat Blau schon Tradition bei uns, da das immerhin die Farbe unseres Vorgängervereins Union Oberschöneweide war.

  17. Wie ist das eigentlich mit Gästefans? Die sollten doch generell verboten sein?
    Am Mittwoch um 17.30 Uhr trat hier der FSV Union Fürstenwalde vor 704 Zuschauern an, darunter ca. 150 Jenaer im Stehplatzgästeblock?

    Siehe: https://www.youtube.com/watch?v=YGa2a2WTyFw

    • @david Gästefans sind nicht prinzipiell verboten. Nur die DFL-Clubs (Bundesliga und Zweite Liga) haben sich selbst diese Beschränkung auferlegt.

  18. Jens Otto

    @ David: da gibt es Unterschiede, für uns ist die DFL zuständig, die hat ein Konzept für die Bundesliga und die 2. Liga vorgeschlagen bzw. teilweise schon abgestimmt, für die 3. Liga ist der DFB direkt zuständig, das von dir erwähnte Spiel war der Landespokal Brandenburg, die Regeln dort wurden durch den Brandenburger Verband mit dem Land Brandenburg abgestimmt, auch im Berliner Landespokal (Altglienicke gegen Viktoria) gab es eigene Regeln, für die Regionalliga und die unteren Ligen ebenso, und auch Probleme: https://www.rbb24.de/sport/beitrag/2020/08/berlin-fussball-verband-absage-spiele-landesliga-bis-kreisliga-wochenende.html

  19. Jens Otto

    Korrektur: das Spiel war Regionalliga Nordost, allerdings auch hier gilt das oben gesagte, im Grunde entscheidet am Ende das jeweilige lokale Gesundheitsamt (wie wir im März beim geplanten Spiel gegen die Bayern schmerzhaft erfahren mussten)

  20. Maria Draghi

    Union testet gegen den 1. FCN als Reminiszenz der Stadioneröffnung 1920.

    Gratulation! Nicht nur sportlich und historisch eine gute Idee, sondern auch ein ganz kleines Stück ein Zeichen setzen: 1920 kam der Glubb als amtierender deutscher Meister (fünf Mal Meister in den 1920ern) zum damals national noch unbekannten Union OB (immerhin Berliner Meister) – während 2020 der Glubb als Zweitligist zum Erstligisten Union kommt.

  21. Da bin ich ja froh das 1920 nicht der Vorläufer von RB erster Gegner war :-)

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