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Die Geschichte vom ewigen Micha

Wenn das 1:0 gegen Aue anhand von Spielern erzählt werden soll, dann gibt es eigentlich nur zwei Varianten. Die naheliegende ist, es über den Siegtorschützen Felix Kroos machen. Und die Geschichte bietet durchaus Potential: Wie schätzt der Vizekapitän seine Rolle in der Mannschaft ein? Und zwar nicht nur sportlich, wo er eigentlich auf der Achterposition vor Schmiedebach eingeplant war, aber gegen Aue zum Schluss wieder als Sechser zum Einsatz kam. Sondern auch was die Hierarchie in der Mannschaft betrifft.

Felix Kroos beim Aufwärmen vor dem Spiel gegen Aue, Foto: Stefanie Fiebrig

Hier nennen die Fakten einen Abstieg, vom Kapitän zum Vizekapitän. Doch es kann eben nur ein Spieler Kapitän sein. Und die Frage, die kein Spieler jemals ernsthaft beantworten konnte, ist die hier: Wie wichtig ist dir die Kapitänsbinde? Der jeweilige Kapitän sagt immer, dass er stolz drauf sei, die Binde zu tragen. Und wer auch immer nicht Kapitän ist, wird sagen, dass er für seine Autorität im Team die Binde nicht bräuchte und sich auch so einbringen werde.

Doch was war für Felix Kroos ganz ehrlich die Herausforderung in der vergangenen Saison als Kapitän? Und hier meine ich nicht die prekäre sportliche Lage, sondern intern im Verhältnis untereinander. Er hatte ja selbst zu Beginn der Vorbereitung davon gesprochen, dass man sich selbst überschätzt habe (Morgenpost von Anfang Juli). Was war der Punkt, an dem er das Gefühl hatte, dass was schief läuft. Und hat er das Gefühl, diesen Punkt im Nachhinein nicht ernst genug genommen zu haben. Und wie würde er heute reagieren? Und was sieht er jetzt als Herausforderung für die Mannschaft in dieser Saison? Und vor allem für sich selbst auch?

Denn nur oberflächlich betrachtet klang es nach zwei schlechten Nachrichten hintereinander mit der Verletzung zum Ende der Vorbereitung und dem Fakt, dass er nicht mehr Kapitän ist. Wie würde denn Felix Kroos in so einer Situation über Felix Kroos berichten?  Ich habe so viele Fragen und finde die Entwicklung gerade in Unions zentralem Mittelfeld sehr spannend. Antworten gibt es darauf aber noch nicht. Der Tagesspiegel beschreibt, wie sich Felix Kroos den Fragen der Berliner Medien am Montag entzog.

Beko taz und Michael Parensen auf der Bank vor dem Test gegen Girondins de Bordeaux, Foto: Michael Hundt/Matze Koch

Die Morgenpost erzählt die Geschichte vom 1:0 lieber über Michael Parensen. Und wenn wir in 5 oder 10 Jahren unseren Kindern oder Enkeln diese Geschichte erzählen, dann wird sie in einem Bilderbuch aus Pappe erschienen sein. Nur ist es dann nicht „Die Geschichte vom Grüffelo“, sondern „Die Geschichte vom ewigen Micha“. Vom Fußballer, der anfangs schwere Verletzungen sammelte wie andere Panini-Sticker, doch immer wieder aufstand und niemals weniger als 100 Prozent geben konnte. Mit der Zeit verschwand sein Verletzungspech. Doch dann kamen immer wieder Trainer und sagten ihm: „Micha, du bist ein guter Kerl, aber das wird diese Saison wirklich schwer für dich. Vielleicht suchst du dir was anderes. Oder du hörst mit Fußball aus.“ Doch Micha hörte nicht darauf. Weil er noch nie darauf gehört hatte, wenn ihm Leute sagten, was er nicht schaffen kann. Dann zeigte er es ihnen erst recht. Und stand am Ende immer wieder auf dem Platz.

Michael Parensen im Spiel gegen Aue, Foto: Michael Hundt/Matze Koch

Okay, andere Leute können Kindergeschichten viel besser schreiben als ich (zum Beispiel Steffi, als sie dieses Pixi-Buch geschrieben hat). Aber so ähnlich könnte die Geschichte aussehen.

Trainer Urs Fischer äußerte sich noch zum Spiel, war einerseits zufrieden mit der Defensivleistung und mit dem Zusammenhalt im Team, aber sieht noch viel Verbesserungspotential im Spiel nach vorne. Nachlesen könnt ihr die Aussagen hier:

Wir haben hier Nachbarn, die im Dorf ohne Handy-Empfang ihr Wlan für uns aufgemacht haben. Das ist sehr nett, denn so kann ich einerseits täglich hier schreiben und andererseits konnten wir so gestern Abend auch den Podcast veröffentlichen:

Und sonst so?

Natürlich hat Felix Kroos keinen Bock, immer mit seinem Bruder verglichen zu werden. Das verstehe ich ganz gut. Ich würde es auch nicht gerne haben, wenn nach meiner Leistung immer gleich die des anderen genannt werden würde. Oder dass viele einfach den Namen meines Bruders nennen, wenn sie mich meinen. Die Cuxhavener Nachrichten haben es geschafft, dass es mal anders herum läuft:

6 Kommentare zu “Die Geschichte vom ewigen Micha

  1. Also wenn Felix als Kapitän bei Problemen innerhalb der Mannschaft auch so Diven-mässig wie jetzt mit der Presse reagiert hat dann erklärt sich einiges… Und ja, ich kenne ihn nicht persönlich und es ist Spekulatius, aber ich könnte mir schon gut vorstellen, dass er eher der Mensch ist, der Problemen aus dem Weg geht und sei es einfach durch pure Ignoranz…

  2. Christian

    Ich fand es ein bisschen anstrengend – auch in den PKs vor und nach dem Spiel – immerwieder medial suggeriert zu bekommen, wie Felix als Kapitän abgesägt wurde und dann von Urs Fischer aber zu hören, dass dies eine Entscheidung von allen (also ihm inklusive) war. Er kriegt mir da immer zu viel geschimpfe ab. Da hätte ich auch keinen Bock drauf.

  3. Es ist aus meiner Sicht weder arogant noch ignorant, wenn Felix Kroos sich am Montag nicht geäußert hat. Und auch nicht, wenn er es die nächsten 3 Wochen nicht tut. Und das gleiche gilt für den Rest der Truppe. Diese Jungs werden für’s Fußball spielen bezahlt und nicht, um 10 Jahre lang (im Schnitt) die immer wiederkehrenden, gleichen dämlichen Fragen zu beantworten. Von mir aus könnte man Interviews mit Spielern komplett abschaffen, denn die Antworten, auf die immer gleichen Fragen, kann sich jeder halbwegs logisch denkende Mensch selbst geben! Wahnsinnig viele Optionen gibt es nämlich meist nicht. Und ist man sich mal doch unsicher, kann den Spieler nicht einschätzen oder ist doch soooo gespannt, auf die Antwort, kann man sich die diese einfach auf dem Platz geben lassen. Felix Kroos hat am Sonntag in der 87. Minute übrigens ziemlich eindeutig geantwortet, wie ich finde. Eisern!

  4. Ich verstehe Felix. Da erklärt der Trainer und jeder der etwas dazu sagen kann, wie die Geschichte gelaufen ist und dennoch kommen sie wieder mit der Sägengeschichte und der Degradierung um die Ecke… das ist doch enervierend. Nur weil sich scheinbar in diesem Land niemand mehr vorstellen kann, dass man nicht wie doof an nem Posten kleben muss. Ich kaufe die Geschichte so wie sie der Trainer erzählt und danke.

  5. micha774

    So wie Felix kann es gern die ganze Mannschaft halten und nichts sagen. Hat Kroos ja selbst gesagt das letzte Saison schon zuviel gesabbelt wurde. Also weiter Mund halten und auf dem Platz antworten!

    Bei Parensen sollte man langsam übergehen ihm ein Abschiedsspiel an der AF zuzusichern plus die 29 nicht mehr zu vergeben. Er war und ist immer ein Vorbild. Und das ohne Sprüche zu klopfen. Und er sieht das drumherum beim Fußball differenzierter. Gefällt mir sehr.

    PS Sebastian:
    Heißt Taz mit Vornamen nicht Berkan?

  6. Karl Lehmann

    Der ewige Micha in allen Ehren, aber ich finde auch dass Er so langsam an Abschied denken sollte.
    Keine Impulse nach vorne, immer das ewige zum Torwart gespiele.
    Nee, nee, als Backup noch für diese Saison dann muss aber Schluss sein.

    Und der gute Felix hat mal wieder seit 2 Jahren einen rausgehauen, wenn er das noch 5x macht in dieser Saison, dann verzeihe ich ihm die Letzte.

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