Blog State of the Union

Der Parensen-Abgang nervt, weil er so unwürdig erscheint

Als Union am Sonntag mitteilte, die Zusammenarbeit mit Michael Parensen sei beendet, kam das überraschend. Denn dass Manager Oliver Ruhnert gehen könnte, wurde immer mal wieder gerüchtet. Dann übernimmt der ewige Micha wahrscheinlich den Posten, dachten sicher die meisten. Aber laut Medienberichten (Bild, Kicker) hatte Union entschieden, dass Parensen in dieser Besetzungsrunde (wenn Oliver Ruhnert tatsächlich seine Aufgabe abgibt) nicht Nachfolger würde, sondern weiter Technischer Direktor bliebe, also Nachfolger im Wartestand. Das wiederum hätte Parensen nicht gepasst. Soweit die Berichte.

Choreo vom 1. Spieltag der Saison mit Münzen, auf denen Michael Parensen und Sebastian Bönig dargestellt sind. Beide üben am Ende der Saison ihre Positionen nicht mehr aus, Foto: Matthias Koch

Was wurde von Michael Parensen erwartet?

Wir schauen jetzt mal kurz hoch und sehen das Schild „Achtung! Sie verlassen den Sektor der gesicherten Informationen“. Es kommt jetzt meine persönliche Wahrnehmung der Dinge. Wer den Film „Union – die besten aller Tage“ gesehen hat, wird spätestens seitdem wissen, wie Präsident Dirk Zingler Führung interpretiert. Das kann man gut oder schlecht finden, aber darum soll es hier nicht gehen. Es zeigt vor allem, dass es ihm wichtig zu sein scheint, dass Personen mit Führungsverantwortung präsent sind und diese Verantwortung übernehmen, sich mit vollem Einsatz ihrer Aufgabe widmen (ungeachtet persönlicher Kosten wie Überstunden etc.) und damit erfolgreich sind. Kurzum, erwartet von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dasselbe, was er selbst gibt.

Zum Ende des vergangenen Jahres hatte ich das Gefühl, Michael Parensen hätte präsenter sein können. In der Phase rund um den Trainerwechsel. Vielleicht ist das ungerecht von mir. Denn ich schaue von außen darauf. Aber gerade wenn man eine Position übernehmen möchte, in der man so im Brennglas der Öffentlichkeit sitzt, muss man sich aktiv in dieser Öffentlichkeit bewegen.

Scheinbar erfüllte Michael Parensen noch nicht alle Erwartungen, Foto: Matthias Koch

Man muss sich vielleicht vor die Mannschaft und den ganzen Sport stellen. Man muss die ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen, damit alle anderen in Ruhe arbeiten können. Vor allem muss man ausstrahlen, dass man keine Zweifel daran hat, dass die selbst getroffenen Entscheidungen die richtigen sind. Auch was jeden einzelnen Transfer betrifft.

Mein Gedanke ist, dass dieses sich komplett in die Öffentlichkeit Stellen möglicherweise nicht der Stil von Michael Parensen ist, aber das von ihm erwartet wurde. Das bedeutet nicht, dass er mit seinem Stil nicht erfolgreich sein kann (denn ich kann seine Arbeit null bewerten), aber vielleicht passt der nicht in die Erwartungen der Organisation oder des Präsidenten.

Michael Parensens Perspektive kennen wir nicht, da er sich nicht dazu äußert, Foto: Matthias Koch

Verpasste Chance für Michael Parensen?

Nun könnte man einwerfen, dass Michael Parensen eine riesige Chance wegwirft, wenn er bei Union aufhört. Denn ihm wurde laut Medienberichten nicht die Perspektive genommen, einmal die Managerposition bei Union zu übernehmen, sondern lediglich mitgeteilt, dass man ihn noch nicht so weit sehen würde. Andere haben auch gewartet: Simon Rolfes vier Jahre bei Leverkusen, Michael Preetz sechs Jahre bei Hertha und Sebastian Kehl vier Jahre bei Dortmund.

Also Chance weggeworfen? So einfach sehe ich das nicht. Wenn man in seiner Einschätzung der eigenen Fähigkeiten zu einem anderen Schluss kommt als die Organisation, in der man arbeitet, dann ist es besser, diese zu verlassen. Dieses Gefühl, übergangen worden zu sein, ist schon ein sehr starkes negatives Gefühl. Vor allem, wenn man vielleicht woanders schon signalisiert bekommen hat, dass man möglicherweise für eine solche Position in Frage kommt.

15 Jahre einfach so vorbei?

30. Januar 2009: Michael Parensen fängt als Spieler beim 1. FC Union Berlin an, Foto: Matthias Koch

Mich nervt an der ganzen Thematik nicht die Tatsache, dass Michael Parensen Union verlässt. Ich mochte ihn als Spieler und kam in den Berührungspunkten, die wir miteinander hatten, super mit ihm zurecht. Aber ich kenne seine Arbeit als Funktionär überhaupt nicht. Deshalb ist das eine Entscheidung, die ich gleichzeitig hinnehmen und schade finden kann.

Doch mich nervt, dass zwischen den Zeilen eine persönliche Enttäuschung oder Verwerfung spürbar ist. Denn normalerweise gibt es in solchen Mitteilungen ein Zitat der sich verabschiedenden Person und vor allem arbeitet sie noch bis Saisonende. Beides ist hier nicht der Fall. Wer auch immer hier wie auf wen zugehen muss: Ich hoffe, dass das bis Saisonende passiert und wir am letzten Heimspieltag Michael Parensen würdig verabschieden können. Denn bei aller Enttäuschung: 15 Jahre wischt man nicht so einfach weg.

6 Kommentare zu “Der Parensen-Abgang nervt, weil er so unwürdig erscheint

  1. Momentaufnahme

    Lieber Sebastian,

    vielen Dank für deine persönliche ausführliche Sicht auf den Abgang von Michael Parensen. Das gibt mir etwas Orientierung, denn ich persönlich wusste überhaupt nicht, was ich mit dem Stil der Meldung anfangen sollte. In meiner Familie verstand das auch niemand, aber jede/r erkannte sofort, dass in der Unioner Führungsetage etwas im argen liegt.

    Wir haben in den vergangenen Jahren gelernt, jährlich mit einer hohen Zahl an Abgängen zu leben. Da gingen auch Kader aus der dritten Reihe, deren Namen ich kaum kannte. Jeder bekam aber über den Inhalt der entsprechenden Meldung ein gutes Zeugnis ausgestellt und in der Regel kam jeder Abgänger auch selbst zu Wort.

    Wie man nun in der aktuellen Abgangsmeldung mit Michael Parensen als Unioner Urgestein umgeht, ist absolut unterirdisch. Egal was im Hintergrund lief. (Die werden sich ja wohl nicht gekloppt haben, wie man das Ende vergangenen Jahres in der Hertha-Führungsetage getan hat. Präsi lag nach Brustcheck im Krankenhaus.)

    Der Satz „…er hat interessante Ideen eingebracht…“- wird heutzutage im hiesigen Personaldeutsch offiziell übersetzt mit „…er hatte leider keine verwertbaren Ideen gehabt…“ („Interessant“ ist bekanntlich der kleine Bruder von „Sch….“.)
    Man mag das vielleicht intern so sehen, aber so etwas trägt man nicht in die Öffentlichkeit!

    So sollte man nicht mit Mitarbeitern umgehen, deren Wirken man einst geschätzt hatte!!!

    Eiserne Grüße

    • Ich denke, er hat in den Augen der Vereinsführung noch viel zu wenig Erfahrung, um den Job zu bekommen, den er haben wollte. Also wollte er weg.
      Die „interessanten Ideen“ werden ihm ja von Ruhnert und nicht von Zingler zugeschrieben, was die Aussage in einem anderen Licht erscheinen lässt.

  2. Was für eine plötzliche und unwürdige Abschiedsmitteilung von unserem Lieblingsverein. Beschämend.

    Zingler, Ruhnert, Arbeit und andere werden da drauf geschaut und das abgenickt haben. Er hat „interessante Ideen eingebracht‘ ist Höchststrafe nach 15 gemeinsamen Jahren. Wie bei einem Schuljungen auf dem Halbjahreszeugnis,

    Wenn Micha sich irgendetwas Verwerfliches zu Schulden hat kommen lassen in den letzten Monaten, um so verabschiedet zu werden, dann stellt sich die Frage, wie man ihn überhaupt so lange fördern und chauffieren konnte im Verein.

    Am Ende fällt es so oder so auf die Vereinsführung zurück. Unsägliche Abgänge wie bei Gebhardt, Tusche, Neuhaus, Düwel, Keller scheinen unserm Verein oder zumindest unseren Verantwortlichem im Blut zu liegen.

    Für mich ist das das Gegenteil von eisernen Werten, wenn so miteinander umgegangen wird.

  3. UnionJohn

    Hallo Sebastian,

    Ich schätze euern Blog schon sehr lange, auch wenn ich nicht jedem euerer Standpunkte teilen kann.
    Du erwähnst in einem Nebensatz die Interpretation von Führung durch Dirk Zingler. Gerade die Sicht von
    Euch darauf würde mich wirklich brennend interessieren. Mir ist bewusst dass dein Beitrag nur die Sachlage
    bzw. die Sicht auf die Umstände, der auch aus meiner Sicht, unwürdigen Trennung von Micha beleuchten möchte.
    Vielleicht ist das auch ein Nachsaisonthema. Für mich reiht sich die Geschichte in eine Menge sehr zu hinterfragenden
    Veränderungen von unserem „kleenen Union“ ein. Und ich meine damit wirklich jeden Bereich der unseren geliebten Verein betrifft
    Kaderplanung, Ausrichtung des Vereins, zwingende sportliche Ansprüche, öffentliche Kommunikation(oder auch bewusste Nichtkommunikation),
    Veränderung des Publikums, Abnehmende Stimmung/Lautstärke im Stadion, gefühlt wachsendes Distanzgefühl zum führenden Personal,
    wachsende Kommerzialisierung (man könnte noch viele weitere aufzählen).
    Ich weiß ,dass sind sehr viele unterschiedliche Themen, und jedes für sich wäre vielleicht gar nicht so brisant, die Summe macht mich jedoch
    sehr besorgt. Schlussendlich geht es mir darum, dass bei allen Veränderungen (nicht allen kann man sich entziehen) das Besondere an unserem
    Verein zu erhalten und ihn nicht zum austauschbaren Livestyle Produkt werden zu lassen.

    Ich mache mir zur Zeit bei meinen Stadionbesuchen sehr viele Gedanken und das war früher anders.
    Da war zwei Stunden alles rauslassen angesagt (egal was die Anzeigetafel anzeigte) und nach Spielende heiser und glücklich nach Hause gehen.
    Dass wünsche ich mir zurück (egal in welcher Liga). Wie gesagt eure Meinung dazu interessiert mich.

    Eisern

    • @UnionJohn Ich kann den Führungsstil von Dirk Zingler nicht bewerten und ehrlich gesagt möchte ich das auch nicht. Es gibt immer verschiedene Arten der Führung. Und nicht jede passt für alle Menschen. Wäre die Führung von Dirk Zingler grundsätzlich furchtbar, wäre er nicht so lange Präsident, nicht so erfolgreich mit Union und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden in Scharen davonlaufen. Ist es anstrengend und fordernd? Bestimmt.

  4. Du machst hier ein paar interessante Punkte, insbesondere die Öffentlichkeitswirksamkeit. Tatsächlich hab ich auch bei der einen oder anderen PM gedacht, ob da nicht auch langsam mal Zitate von Parensen stehen sollten, wenn er kurz- bis mittelfristig Posten übernimmt oder übernehmen will.

    Tatsächlich fällt mir gerade gar keine Situation ein, in der sich Micha öffentlich geäußert hat. Ehrlicherweise weiß ich nicht mal, was er im Tagesgeschäft genau gemacht hat. ‚:)

    Deine Ausführungen klingen insgesamt stimmig und es ist schade, dass das jetzt so kam. Es waren jetzt noch, was, sechs Wochen bis Saisonende? Die hätte man ja jetzt noch fertigmachen können. Dass dafür –und für ein Abschiedsstatement – keine Basis mehr da war, ist tatsächlich schlicht unwürdig und traurig.

    Ansonsten kann man das mit den „interessanten Ideen“ auch derart deuten, dass es unterschiedliche Auffassungen über recht bedeutsame (oder als bedeutsam wahrgenommene) Thrmenfelder gab, die in ihrer Vehemenz und/oder Prinzipienhaftigkeit nicht (mehr) vereinbar waren.

    So oder so, eine ordentliche Verabschiedung sollte definitiv drin sein. Selbst bei härteren Trennungen sollte man auch immer die guten Zeiten in Ehren halten.

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