Blog State of the Union

Dirk Zingler: „Selbst wenn die Klasse gehalten wird, sind nicht alle Probleme weg.“

Nach der Predigt des Weihnachtsmannes beim Weihnachtssingen erreicht uns an den Feiertagen von Union noch eine weitere Weihnachtsbotschaft: Klub-Präsident Dirk Zingler hat mit Christian Arbeit darüber gesprochen, wie er auf das zurückliegende Jahr bei Union und die Lage an dessen Ende schaut (in zwei Teilen bei AFTV, Teil 1 und Teil 2).

Dirk Zingler Union Berlin
Auch Dirk Zingler war in den letzten paar Monaten nicht immer zum Lachen zumute. Photo: Matze Koch

Darin geht es natürlich auch um die sportliche Krise dieser Hinrunde. Aber, und das finde ich irgendwie Union-typisch, im Detail erst im zweiten Teil des Gesprächs. Zingler sagt dazu, was wir alle in den vergangenen Monaten von Woche zu Woche gesehen haben: Dass der große Unterschied zwischen dem Negativlauf jetzt und der „Overperformance“ der letzten Jahre ist, dass der Mannschaft Stück für Stück das Selbstvertrauen verloren gegangen ist, das vorher dabei geholfen hat, das absolute Maximum aus den eigenen Möglichkeiten herauszuholen.

Sehr klar sagt Zingler auch, dass er es für eine komplett falsche Analyse der sportlichen Krise der Hinrunde hält, sie den neu verpflichtenden Spielern anzulasten. Dass die das Mannschaftsgefüge gesprengt hätten, ist tatsächlich eine angebliche Erklärung für diese Krise, die man hier und da hört – so zum Beispiel auch in der Hinrunden-Analyse zur Bundesliga beim Rasenfunk (die insgesamt empfehlenswert ist).

Im Gegenteil seien die Verpflichtungen des Sommers einerseits überhaupt keine Abkehr von der Strategie der vergangenen Jahre gewesen: Robin Gosens und Leonardo Bonucci sind demnach die Manuel Schmiedebach, Christian Gentner und Max Kruses dieser Saison. Und andererseits hätten Spieler wie Kevin Volland und Benedict Hollerbach entscheidend dazu beigetragen, dass die sportlich-tabellarische Situation für die Saison zwar schlecht ist, aber nicht so dramatisch, wie sie mit vielleicht acht statt 13 Punkten gewesen wäre.

Urs Fischer Union Berlin
Die zweite Hälfte des Jahres 2023 war oft ungemütlich und brachte harte Entscheidungen mit sich. Photo: Matze Koch

Klar ist für Zingler aber auch: „Selbst wenn die Klasse gehalten wird, sind nicht alle Probleme weg.“ Es werde weitere Veränderungen geben, auch personelle innerhalb des Kaders und, so klingt es bei Zingler, darüber hinaus. Diese so weiter anstehenden schwierigen Entscheidungen zu treffen und umzusetzen, sei aber in der ersten Liga leichter als in der zweiten, und der Klassenerhalt deshalb auch für die mittelfristige Neuordnung wichtig. Dass der Klassenerhalt Unions Ziel in der Bundesliga ist, sei und bleibe sowieso keine Folklore, sondern auf absehbare Zeit die realistische Einschätzung der eigenen Kragenweite.

NEnad Bjelica Dirk Zingler Union Berlin
Zingler plädiert dafür, Nenad Bjelica Zeit zu geben, bei Union richtig anzukommen. Photo: Matze Koch

Und apropos unfaire Erwartungen: Man dürfe Nenad Bjelica in seinen ersten Monaten als Union-Trainer nicht mit Urs Fischer auf dem Höhepunkt seiner Union-Zeit vergleichen, sondern müsse ihm Zeit geben, sich bei Union zurechtzufinden und mit der Mannschaft zu arbeiten. Die Gelegenheit dazu beginne für den neuen Trainer eigentlich erst im Januar, sagt der Präsident.

Die neue Alte Försterei

Neben dem Sportlichen beschäftigen Zingler offensichtlich vor allem die Infrastruktur-Projekte. Die Erweiterung, nein, der Neubau des Stadions ist davon natürlich das größte. Dazu hat Dirk Zingler subtil auch ein paar Neuigkeiten durchblicken lassen. Etwa, dass der Neubau dem Stadion „knapp über 40?000“ geben soll, also „alle vier Seiten, auch die Haupttribüne, um drei bis vier Reihen erhöht werden gegenüber der bisherigen Planung“. Vielleicht auch neu ist diese Bemerkung zu den Planungen für das neue Fanhaus: „Wir überlegen uns, einen Klub reinzubauen“ – also neben der Kneipe und einem neuen Zeughaus und eben den Mitarbeitendenbüros. Am interessantesten ist dabei natürlich der Zeitplan: Zingler sprach von der Eröffnung in der Saison 2026/27.

Überhaupt müsse das Ziel für Union aber sein, alle Wettbewerbe, an denen der Verein teilnimmt, im eigenen Stadion spielen zu können. Das sei aktuell aber eben eigentlich nicht mal für die Bundesliga der Fall. Wenn Zingler über den Stadion-Neubau sagt, „das ist für uns als Klub überlebensnotwendig“, denkt er aber nicht nur daran, sondern vor allem auch an die Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden des stark gewachsenen Vereins, die aktuell mit Provisorien zurecht kommen müssen.

Union-Präsident Dirk Zingler sprach auch noch einmal über den aktuellen Stand der Planungen für den Neubau des Stadions. Bild: 1.FC Union Berlin

Vor diesem Hintergrund reflektierte Zingler auch noch einmal die Entscheidung, die Champions-League-Heimspiele im Olympiastadion auszurichten. Die hält er trotz der damit verbundenen Ambivalenz für richtig hält, weil sie möglichst vielen Unioner:innen, vielleicht auch ein paar neuen, erlaubt hat, daran teilzunehmen.

Zingler betont darüber hinaus noch, dass schon der Bau des Nachwuchsleistungszentrums eine Investition in einer für den Verein neuen Dimension ist.

Neben den unmittelbaren Union-Themen spricht Zingler in seinem Jahresfazit auch noch einmal darüber, was Union an den Vorgängen innerhalb der DFL rund um den Investoren-Einstieg stört und wie der Verein damit umgeht: Union sei bei der ersten Abstimmung dafür gewesen, Verhandlungen über einen Investoren-Deal für die Liga zu führen. Das sei dann offenbar trotz des ablehnenden Votums passiert, mit einem Ergebnis, dass den deutschen Fußball nicht wirklich stärke, und das man deshalb abgelehnt habe. Trotzdem wolle Union nun angesichts des Votums der (gerade so erreichten) Zweidrittelmehrheit für den Deal arbeiten.

Und sonst so

Auch von mir noch schöne Feiertage!

19 Kommentare zu “Dirk Zingler: „Selbst wenn die Klasse gehalten wird, sind nicht alle Probleme weg.“

  1. Maria Draghi

    Einen langen Artikel darüber, was DZ in dem Gespräch sagt – für ein Interview fehlen die kritischen Nachfragen von CA – ist nicht wirklich notwendig, denn das kann ja jeder selber nachhören.
    Frohe Weihnachten.

    • Bei aller gebotenen Aufmerksamkeit wären doch kritische Fragen in diesem Interview der falsche Ort und der falsche Zeitpunkt. Dafür gibt es andere Möglichkeiten und man muss ja auch nicht immer den Quertreiber raushängen lassen, denn bei diesem, wie ich finde offenen und sachlichen Interview, ging es darum, dass der Präsident zum Jahresabschluss die Situation rund um unseren Klub aus seiner Sicht beschreibt, seine Perspektive erläutert und natürlich auch ein wenig Ausblick auf die kommenden Monate gibt.
      Mir hat es inhaltlich und in der Art und Weise sehr gefallen.
      Matthias

  2. Liebe Maria,
    aber so ne Zusammenfassung hat doch was, vorallem für diejenigen von uns die nicht unbedingt AF-TV schauen wollen, oder können…entspanntes Restweihnachtfest…Eiserne Grüße aus Savannakhet/Laos

    • eine Stunde Interview höre ich mir jedenfalls so schnell nicht an, deshalb ist für mich die Zusammenfassung super. danke für den Service!

  3. Danke für die Zusammenfassung. Wollte mich Weihnachten.eigentlich nicht mit Fußball beschäftigen…deshalb doppelt danke ;-)
    Dass DZ sich ein steingewordenes Denkmal in den Südosten Berlins bauen will, verwundert bei dem beruflichen Hintergrund nicht. Das es nun ständig höher und weiter werden muss ist ebenfalls keine Überraschung. So werden wir bald das was wir nie sein wollten…ein Verein, der dringend den vermeintlich Großen der Liga nacheifern möchte (BVB / FCB Syndrom).
    Wir sollten uns wieder/weiter auf das Besinnen was uns ausmacht und Dinge tun, die Union eben tut

    Eisern!

    • Im Interview hat DZ darüber gesprochen eben genau das nicht zu wollen.. Das Ziel ist es, die AF zu mehr als einem Stadion zu machen, da sich kein Stadion nur sich Fußball (finanziell) trägt. Es soll eben ein Anlaufpunkt für alle Unioner sein und sich eben durch viele andre Aktivitäten für und von Unionern mit Leben füllen und eben auch finanzieren.

  4. Nachtrag:
    warum nicht ein Stadion für 52000 Unioner und Gäste? Wenn man von der aktuellen Mitgliederzahl die dem Hype Geschuldeten abzieht müsste das grob hinkommen…
    Oder wir bauen gleich größer als Dortmund. Dann sind wir für wirklich alle Ligen und Supercups und Klub WMs gerüstet. ..für immer!

  5. Tazunioner

    du hast ja sooooo Recht?
    wir wandeln einfach 10000 Steh in 5000 Sizuplätze um.und ihr Puristen seid Glücklich?

  6. Angela Liepolt

    Danke schön für die Einschätzung des Interviews mit Dirk Zingler! Mich hat die sachlich – realistische Art und Weise echt gefreut! Allerdings war ich über die neue Platzgröße von ca 42.000 Plätzen erstaunt – bei jetzt schon 65.000 Mitgliedern wird auch das für die Zukunft für die Teilnahme der meisten Unioner kaum ausreichen… Einiges wurde auch erläutert, begründet und klargestellt – danke dafür!
    Und ja, auch wir als Unioner werden bei Erfolg des Vereins / der Mannschaft natürlich Veränderungen annehmen und mit leben müssen!
    Schmerzhafte ersonelle Veränderungen? Wer noch außer Becker? Bleibt Ruhnert? ?
    Allen einen schönen 2. Weihnachtsfeiertag gewünscht! EISERN U N V E U

    • ErfolgsFan^^

      Als die Allianz Arena eröffnet wurde hatte Bayern München schon fast doppelt so viele Mitglieder wie Plätze in dem Stadion sind. Und heute sind es sogar vier mal soviele Mitglieder.

      Die Mitgliederzahl als Maßstab halte ich daher für sehr gefährlich. Viel wichtiger ist die Frage, wie viele Zuschauer werden im Schnitt zu erwarten sein. In diesem Jahr wollten viele Leute Union-Spiele sehen und einige sind vermutlich nur deswegen Vereinsmitglied geworden, weil man sonst gar keine Eintrittskarten bekommt.
      Wenn das wegfällt, dann prophezeie ich mal, wird es auch noch mal einen kleinen Einbruch bei den Mitgliederzahlen geben. Und was passiert, falls Union tatsächlich absteigen sollte, das steht noch mal auf einem ganz anderen Blatt.

      Ich halte daher aktuell ein Stadion für 40.000 Leute als absolut ausreichend. Mehr Kapazität käme mir viel zu optimistisch und riskant vor, da große Stadien ja auch mehr Unterhalt kosten.

    • BlnMeandor

      Kurz zur Größe: Viel mehr ist rein bautechnisch und rechtlich nicht mehr möglich an dem Standort. Größer würde Umzug bedeuten.
      LG

  7. Musiclover

    25 Millionen, also deutlich mehr als die Haupttribüne gekostet hat, für das kleine Internatsgebäude? Klingt nach, aktuell können wir großzügig das Geld ausgeben. Ohne viel Geld könnte man über die Webseite Mitgliederbefragungen durchführen. Gab es auch schon mal. So hätte unser Präsident vielleicht eine genaueres Bild von den Mitgliedern und deren Wünschen.

  8. Ich halte die angestrebten 40 000 Plätze auch für die richtige Größe. Wir sollten uns von der Anzahl der Mitglieder nicht blenden lassen, da haben auch viele ihre Verwandten als Mitglieder angemeldet um bessere Chancen auf Karten zu haben. Und die Highlight Spiele in der Champions League sollten ebenso kein Maßstab sein, ich kenne viele Leute, die dort waren und ansonsten vielleicht einmal pro Saison zu Union gehen. Lieber haben wir ein volles Stadion und nehmen in Kauf, dass bei einigen besonderen Spielen nicht alle rein können als ein riesen Stadion zu haben, das viele leere Plätze hat. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es auch durchaus mal wieder in die Zweite Liga gehen könnte. Und da bezweifle ich sowieso, dass wir 40 000 ins Stadion bekommen.
    Eisern!

    • Daumen hoch

    • MehlGipsen

      40.000 sind in der BL (und das ist ja das Ziel dort dauerhaft zu spielen) absolut realistisch in einer Metropole wie Berlin (unabhängig von den Mitgliederzahlen). Wenn man dort jetzt zu ängstlich agiert löst man das Problem mit der großen Nachfrage ganz einfach nicht. Und selbst wenn es doch mal wieder runter gehen sollte kann man das Stadion füllen (siehe Hamburg). Mir machen eher die vielen Abhängigkeiten (Regio Bhf. Köpenick, WUB) Sorge die Union gar nicht beeinflussen kann. Ich sehe uns schon mit neuem Parkhaus und Klubhaus, aber immer noch in einem viel zu kleinen Stadion spielen. Ob da die Prioritäten gerade so richtig gesetzt werden? An eine Stadionerweiterung ab Sommer 25 glaube ich im Leben nicht wenn man weiss wie lange Infrastrukturprojekte in Berlin so dauern…

  9. Meine Kommentare sollten eher sarkastisch gemeint sein und meine kritische Haltung zu den immer besser, höher und weiter (Bau) Plänen ausdrücken. Freue mich aber, dass ich damit nicht allein bin!
    Eisern und Treu!

  10. Kapazität wie bei Freiburg hätte ich noch gemütlich gefunden, die Fortführung des Größenwahns treibt uns jetzt schon auf über 40K. Es ist wie es ist. Das als Ausflug propagierte Abenteuer Bundesliga wird den Verein komplett verändern, inkl. der Außendarstellung die ihn für mich über 40 Jahre in der Zone als auch danach so wichtig gemacht hat. Kommerz schlägt Tradition! Viel Spaß dann mit 60K beim Weihnachtssingen….
    Wachstum koste es was es wolle….zum Schluß sind wir auch nichts Anderes mehr als diverse andere Bundesligisten oder dann halt auch mal ein Zweitligist mit zu großem Stadion. Mit einem Augenzwinkern an Herrn Zingler…..wenn schon richtig in Steine in investiert wird und wir die richtig Fette Kohle ja wohl doch haben….warum nicht eine 60.000K Schüssel neben Tesla und als Ersatz für die 2. Liga behalten wir unsere Alte Försterei????

  11. Hieß es nicht vor einiger Zeit vom Verein auch hier bei TV das höchstens 37000 Plätze baurechtlich vom Bezirk genehmigt werden? Und jetzt bauen wir einfach so für über 40000 Plätze. Was soll man denn jetzt glauben?

  12. Ich finde die Lösung mit 40.000 Plätzen völlig in Ordnung, und ich verstehe die Diskussion auch nicht.
    In den 70iger Jahren passten so um die 8.000 Leute in die AF. Und weil die Entwicklung nun einmal vorwärts geht sind heute 22.000 Plätze zu wenig.
    Wenn also schon vor 40 Jahren alle so engstirnig gewesen wären, würden wir aus „Tradition“ heute noch auf den Sandhügeln stehen.
    Und ja, die AF wurde jedes Mal mit Hilfe und Unterstützung der Fans ausgebaut. Nun hat der Ausbau eine Dimension angenommen, das es eher ein Neubau ist.
    Es ist nicht das Stadion was den Verein ausmacht, es ist der Standort und vor allem sind es die Fans und die Mitglieder.
    und dass jetzt hier alle mit einer DK über den Bau schimpfen……, das kann man nur machen, wenn man eben eine DK hat. Soweit ich weiß sind es ca.12.000 DK. Dass heißt, das ca. 8.000 Karten (abzüglich VIP und Presse) in die Verlosung kommen. Im Verhältnis zur Mitgliederzahl verdammt wenig. Ich möchte hier jetzt auch keine neue Diskussion über die DK anfangen, ich möchte einfach nur sagen, das Leben ist Veränderung. Unser Verein lebt, also wird er sich auch verändern.

    EISERN und einen Guten Rutsch ins neue, und hoffentlich auch bessere Jahr 2024.

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