Blog State of the Union

Wenig Zeit für Analyse, Unioner auf Länderspielreisen und ein verschärftes Hygienekonzept der DFL

Egal wie man zu den Länderspielen steht, die uns nun bevorstehen und die für weitere Reisebewegungen der Fußballspieler mindestens in Europa sorgen werden, ich drücke die Daumen, dass es nicht so ausgeht, wie im Herbst, als reihenweise Spieler sich auf diesen Reisen mit dem Coronavirus infiziert haben. Aktuell sorgen Infektionen bei zwei Wettkämpfen (Hallen-Leichtathletik-EM in Polen und Fecht-Weltcup in Ungarn) für Verunsicherung (Deutschlandfunk). Die deutschen Fechter sind sogar mit Campingkocher ins Hotel gereist, um nicht im dortigen Restaurant essen zu müssen. Vor einer Infektion hat es nicht geschützt.

Sechs Union-Spieler gehen auf Reisen. Christopher Trimmel (Österreich), Marcus Ingvartsen (Dänemark), Julian Ryerson (Norwegen) und Joel Pohjanpalo (Finnland) wurden für die A-Nationalmannschaften berufen. Dazu kommen noch Nico Schlotterbeck (Deutschland) und Petar Musa (Kroatien) für die U21-Europameisterschaft (Kurier, Kicker). Wie gesagt: Daumen gedrückt, dass alle wieder gesund zurück kommen.

Neues Hygienekonzept für die DFL

Die DFL wird laut Kicker (Montagsausgabe) ihr Hygienekonzept in dieser Woche anpassen an die aktuelle Situation. Das soll unter anderem bedeuten, dass zusätzlich zu den zwei PCR-Tests pro Woche die Spieler an jedem Trainingstag mit Schnelltests geprüft werden. Klar ist, dass durch solch eine engmaschige Testung Infektionen noch schneller auffallen und Infektionsketten unterbrochen werden können. Dazu kommt, dass dadurch auch eine schnelle Isolation von Spielern möglich und Quarantäne-Anordnungen für komplette Teams eher vermieden werden können.

Für die Aufarbeitung des Frankfurt-Spiels blieb wenig Zeit

Wegen der anstehenden Länderspielreisen sind nicht alle Profis nach Berlin zurückgereist, sondern manche direkt von Frankfurt aus zu ihren Nationalmannschaften geflogen. Das hilft vielleicht nicht bei der Aufarbeitung des 2:5 gegen die Eintracht, aber die nötigen Lektionen (Effizienz bei Torchancen und Kompaktheit im eigenen Spiel), dürften auch so alle mitgenommen haben. Die Berliner Medien arbeiten die Partie, die mit dem Eigentor von Robert Andrich für ein paar Minuten in ein Freak-Spiel abglitt, noch einmal auf.

Anzeigetafel mit 5:2-Endstand nach dem Spiel bei Eintracht Frankfurt, Foto: Matze Koch

Und sonst so?

Weiter hohe Wellen schlägt die Verurteilung von Heiko Vogel (unter anderem in der Montagsausgabe des Kickers), Trainer der U23 von Borussia Mönchengladbach, der vom Sportgericht des Westdeutschen Fußballverbands nicht nur zu zwei Spielen Innenraumsperre und einer Geldstrafe verurteilt wurde, sondern zusätzlich als Auflage bekam, auch 6 Trainings-Einheiten einer Mädchen- oder Frauenmannschaft zu leiten. Der letzte Punkt sorgt für einige Aufregung und Verwunderung, wie ein offener Brief von Spielerinnen der ersten beiden deutschen Ligen zeigt.

Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, dass dieses Sportgerichtsurteil nicht das letzte Wort in diesem Fall war. Ich bin auch verwundert, mit welcher Milde in einem solch krassen und offensichtlichen Fall von Diskriminierung geurteilt wird. Die Rechts- und Verfahrensordnung des DFB (pdf) sieht da ganz andere Mindeststrafen vor, kommt aber hier sehr wahrscheinlich nicht zur Anwendung, da sie nur für Bundesspiele gilt und nicht für eine Regionalligapartie, wie in diesem Fall.

Die Datei Gewalttäter Sport

Etwas grundsätzlicher befasst sich der Podcast von WDR Sport Inside mit der Datei Gewalttäter Sport und ihren Auswirkungen. Konkret geht es nicht nur um den Aufbau der Datei und die aktuelle Frage, wie in einer Zeit mit Spielen größtenteils ohne Zuschauer diese Datei noch anwachsen konnte, sondern auch anhand eines konkreten Falls um die Auswirkungen eines Eintrags in dieser Datei und die Datenweitergabe nach Russland durch deutsche Behörden vor der Weltmeisterschaft 2018.

Was prinzipiell fehlt, sind kritische Einschätzungen durch die Behörden und durch die Innenministerien der Länder. Hier zeigt sich vor allem der Hang zu Intransparenz. Die Frage, wie sinnvoll die Bundes-Datei Gewalttäter Sport in der täglichen Polizeiarbeit überhaupt noch ist, wenn fast jedes Bundesland mittlerweile eine eigene Datei führt, wird im Podcast nicht aufgeworfen.

Kurios ist auch, dass das Bundesland Nordrhein-Westfalen eine Aufschlüsselung der eingetragenen mutmaßlichen Gewalttäter nach Clubzugehörigkeit verweigert, weil dies das Staatswohl gefährden würde (pdf). Zu einer solch anmaßenden Antwort, fällt mir echt nicht mehr viel ein.

Wir nehmen unseren Podcast heute Abend um 20 Uhr auf. Gestern Abend war die Verbindung so instabil, dass wir die Aufnahme gar nicht erst starten konnten. Wer live dabei sein will, kann den Stream einschalten.

13 Kommentare zu “Wenig Zeit für Analyse, Unioner auf Länderspielreisen und ein verschärftes Hygienekonzept der DFL

  1. Man muss nicht Lauterbach oder Drosten heissen, um zu erkennen, dass Daumendrücken ein unzureichendes Mittel gegen die Pandemie ist. Erinnert fast an Verharmlosungen in der Frühzeit der Atomkraft – Aktentasche gegen Strahlung („Wer eine Aktentasche zur Hand hat, soll sie im Falle einer Atomexplosion über den Kopf halten. So lautete in den fünfziger Jahren ein ernst gemeinter Rat des Zivilschutzes.“ – Quelle Deutschlandfunk 2013)

    • @uli49 Darf ich den Union-Spielern nicht mehr alles Gute wünschen? Habe außerdem mit keiner Silbe Daumendrücken als Mittel gegen die Pandemie empfohlen.

    • Großartig! Danke für den Kommentar

    • Also der Kommentar zum Zivilschutz, ansonsten hat Sebastian natürlich recht, was anderes als Daumendrücken bleibt uns nicht

  2. Senfbeilage

    Ich würde gerne mal eine Sache einwerfen und eure Standpunkte hören. Mir fiel schon in der Hinrunde auf und v.a. jetzt seit dem Kruse wieder fit ist, dass Ingvartsen mit Kruse auf dem Feld untertaucht, zumindest aber seine Stärken nicht mehr ausspielen kann. Glaubt ihr seine Rolle, die er einnehmen muss ist einfach unauffälliger oder „leidet“ er unter der Anwesenheit von Kruse auf dem Spielfeld? Welche Rolle würdet ihr als seine Paraderolle sehen?

    • Maria Draghi

      Ingvartsen „abgetaucht“ ist mir zu harsch. Er könnte mehr aus Situationen machen, wenn sich 2-3 Gegner auf Kruse orientieren. Aber was er grundsätzlich immer noch viel zu selten nutzt sind seine Qualitäten bei Fernschüssen.

    • Senfbeilage

      @ Maria Draghi…ich meine das grundsätzlich auch erstmal nicht negativ. Das er auffälliger spielen kann hat man meiner Meinung nach in den Spielen gesehen in denen Kruse nicht dabei war. Meine Frage zielt eher darauf, ob es evtl an einer anderen Rolle liegt, die er einnehmen muss wenn Kruse dabei ist oder Kruse seine Stärken raubt/sein Spiel negativ beeinflusst, sodass Ingvartsen es einfach nicht mehr auf den Platz bringt.

      Beim Thema Fernschüssen bin ich komplett auf deiner Seite und verstehe es auch nicht. Regelmäßige Trainingsbesucher vor Corona haben mir gesagt, dass er einer der besten Fernschützen ist im Training, die sie bisher gesehen haben bei Union im Training. Ansatzweise zeigt er es ja auch in den Spielen. Schade

  3. Musiclover

    Kann vielleicht jemand eine schicke Grafik mit Reiserouten, Spielorten und Datum der Spiele unserer Nationalspieler erstellen? Ich würde das sehr interessant finden.

  4. Hieß es letzte Woche nicht das man Trimmel nicht reisen läßt?

    Apropo: Hertha muß 9 Leute abstellen, darunter sogar den verletzten (!) Boyata.

    Zum Strafmaß des DFB kann man sich nur wundern. Sieht man ja auch an Wolfsburgs Otavio oder Bochums Blum die sehr gut wegkamen. Abschreckung gleich null, da wäre mind.das doppelte gerecht gewesen. Und dann noch mildernd hinzufügen das sich der Gegenspieler kaum verletzt hat ist schon sehr zynisch.

    Aber wenn selbst bei schlechten Schirileistungen (Frankfurt, Köln, München, Paderborn) nichts passiert, wundert mich das dann wiederum nicht.

    • @michael Soweit ich das richtig verstanden habe, liegt die Nachnominierung von Christopher Trimmel daran, dass die Einschätzung der jeweiligen Länder durch das Robert-Koch-Institut sich verändert hat. Damit einher geht keine Zwangsquarantäne mehr, die bei einer Mindestdauer von 5 Tagen die Grundlage auf den Verzicht einer Abstellung ist. Somit sind die Vereine gezwungen, ihre Spieler abzustellen.

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