Blog State of the Union

Die Polizei-Zahlen zur Gewalt im Fußball helfen den Vereinen in ihrer Arbeit nicht weiter

Ich freue mich sehr auf das Spiel gegen Paderborn am Samstag, auch wenn mir durch die Länderspielpause irgendwie mein Gefühl für die Form der Mannschaft von Urs Fischer abhanden gekommen ist. Aber vielleicht lässt der Trainer heute auf der Pressekonferenz um 12.30 Uhr (live auf AFTV) mal etwas blicken. Zum Beispiel, ob er gegen Paderborn Suleiman Abdullahi ins Sturmzentrum stellt und damit Paderborns Kontertaktik mit einer eigenen schnellen Umschaltvariante beantwortet.

Die Berliner Medien setzen ganz unterschiedliche Schwerpunkte. So schaut der Tagesspiegel auf die Trainingsfortschritte von Sebastian Polter und hofft gegen tief stehende Mannschaften auf die körperliche Präsenz des Angreifers, um Bälle festzumachen. Da gehe ich absolut mit, aber irgendwie rechne ich erst gegen Ende April mit einem tatsächlichen Comeback. Da spielt dann beispielsweise der HSV an der Alten Försterei. Die Gästetickets sind gestern in  wenigen Minuten weg gewesen.

Ich bekomme regelmäßig gerade Fragen nach Tickets von HSV-Freunden und -Kollegen. Aber ich kann und will dieses Mal nicht helfen. Der Heimbereich soll rot-weiß sein. Und ehrlicherweise gehe ich davon aus, dass keine Tickets in den freien Verkauf gehen. Wer weiß, ob es überhaupt so richtig eine zweite Verkaufsrunde für alle Mitglieder geben wird. Während sonst ganz häufig solche Top-Spiele zwar ausverkauft sind, aber eine durchaus merkwürdige Stimmung haben, gehe ich davon aus, dass diese Partie gegen Hamburg irgendwie legendär wird. Und legendär schließt für mich die ganze Bandbreite ein. Das geht von „janz enge Kiste“ (Union-Deutsch für herbe Klatsche) bis hin zum Fallrückziehertor kurz vor Schluss.

Aber vor Hamburg gibt es ja noch ganz andere Partien, wie beispielswiese die gegen Paderborn jetzt. Die Bild/BZ checkt mit Grischa Prömel die Wahrscheinlichkeit, dass er sich noch eine zweite Gelbsperre holt. Und der Kurier hat mit Ken Reichel über die Rotation gesprochen, die ihn zuletzt öfter ereilte. Der Spieler findet Rotation doof. Aber das dürfte er mit allen gemein haben.

Auf den anderen Plätzen

Das erste Frauenteam hat gestern im Halbfinale den SC Staaken mit 1:0 besiegt und steht nun erstmals im Berliner Pokalfinale. Gegner ist Viktoria, die auch der härteste Konkurrent im Rennen um den Aufstieg in die Zweite Liga sind. Bemerkenswert am Halbfinale ist, dass Union bereits in der 5. Minute in Führung gegangen ist (Marta Stodulska) und ab der 35. Minute wegen eines Platzverweises in Unterzahl spielen musste.

Einen interessanten Artikel über die erste Saison der eingleisigen Zweiten Bundesliga gibt bei den Potsdamer Neuesten Nachrichten. Im Gegensatz zum Männerbereich sind dort die Zweiten Teams spielberechtigt, dürfen aber nicht aufsteigen. Das führt zu solch absurden Situationen, dass vielleicht am Ende die fünft- und sechstplatzierten Teams aufsteigen, weil die vorderen Plätze von den zweiten Mannschaften der Bundesligisten belegt werden.

Und sonst so?

Der Journalist Rafael Henzel, der den Absturz des Flugzeuges mit dem Team von Chapocoense überlebt hatte und vergangene Woche noch beim 11mm-Fußballfilmfestival den Film „Nossa Chape“ mit vorstellte, ist an einem Herzinfarkt gestorben (Frankfurter Allgemeine Zeitung).

Der Berliner Kurier berichtet von der Antwort des Senats auf eine parlamentarische Anfrage zum Thema Hooligans und gewaltbereite Fußballfans in Berlin. Die Zahlen kommen aus der Datei „Szenekunde Sport“, die vorher als Datei „Sportgewalt Berlin“ geführt wurde. Darin werden die gespeicherten Personen (denen nicht mitgeteilt wird, ob und was gespeichert wird) in die Kategorien B (gewaltbereit) und C (gewaltsuchend) unterteilt. Welche Kriterien es dafür gibt? Keine Ahnung. Wie oft tatsächlich gelöscht wird? Keine Ahnung. Union gibt dazu folgendes Statement im Artikel ab: „Bei diesen Zahlen handelt es sich um polizeiliche Einschätzungen, deren Zustandekommen uns nicht bekannt ist. Daher werden wir sie weder kommentieren noch bewerten.“

Und es ist tatsächlich so, dass unabhängig davon ob Union selbst ein Gewaltproblem sieht oder nicht, diese Zahlen null weiterhelfen. Also nicht dem Verein in seiner Arbeit und auch nicht dem Fanprojekt. Denn da geht es vor allem um Erreichbarkeit, Zugang und Offenheit. Die Frage ist, wie das bei unorganisierter Gewalt, erreicht werden kann. Denn Gruppen sind irgendwie mehr oder weniger ansprechbar. Aber was ist mit Vorfällen, die passieren und nicht angezeigt werden. Die einfach so im Umfeld eines Spiels geschehen? Nicht durch organisierte Fans. Da gefällt einem mal eine Mütze nicht und wird deshalb zugeschlagen, dort wird mal ein Schal abgenommen, dann ist die Hautfarbe nicht hell genug. Darauf eine gute Antwort zu finden, fällt mir schwer. Wir können es verurteilen. Aber wie kann man dem begegnen? Gute Frage.

Zurück zur parlamentarischen Anfrage: Der Senat kommt zum Schluss, dass es zwar  Überschneidungen mit rechtsextremen oder kriminellen Milieus geben würde. Aber wenn ich die Antwort richtig lese, geht man nicht von einem strukturellen Problem aus. Lest euch die Anfrage samt den Antworten der Landesregierung ruhig mal selbst durch.

Über die Mühen der Ebene in der Stadionfrage bei Hertha BSC berichtet die Morgenpost, die eine von der CDU organisierte Bürgerversammlung besuchte. Es ist gar nicht so einfach, in diesem Fall noch den Überblick zu behalten und Scheinargumente von tatsächlich zu lösenden Fragen zu unterscheiden. Klar ist: Wenn Hertha bis Sommer Klarheit will, wird das mindestens ein Kraftakt.

1 Kommentar zu “Die Polizei-Zahlen zur Gewalt im Fußball helfen den Vereinen in ihrer Arbeit nicht weiter

  1. Oliver Mienert

    herrlich wie in dem Kurier-Artikel zum Thema Hooligans nur Bilder von Pyro-Technik abgebildet ist. Mal wieder schön populistisch das abbrennen von Pyro mit dem Thema Hooligan gleichsetzen.

Kommentare sind geschlossen.