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Woher kommt eigentlich Unions Defensivstärke, und wo war sie in der zweiten Halbzeit?

In Bielefeld spielt Union schon wieder, und nun schon zum dritten Mal in Folge, unentschieden. Und das, anders als zuletzt gegen Duisburg, ohne Drama. Aber auch ohne neue Impulse im Offensivspiel, das diesmal von nach vorn stoßenden Außenverteidigern, Dribblings von Akaki Gogia, und Abschlüssen von Grischa Prömel geprägt wird.

Doch die andere Seite von Unions stagnierendem Offensivspiel ist, dass die Defensive stabil genug ist, Spiele mit durchschnittlicher Produktion im Angriff zumindest nicht zu verlieren. Gegen Bielefeld war auf den ersten Blick deutlich sichtbar, dass Unions Defensive effektiv ist: Die Ostwestfalen waren bisher mit 17 Schüssen pro Spiel das Team mit den meisten Abschlüssen in der Liga. Gegen Union hatten sie nur sechs. Und von diesen sechs Schüssen entstanden nur zwei aus dem Spiel. Woher kommt nun diese defensive Stabilität?

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Die Startaufstellungen: Union läuft im Vergleich zum Spiel gegen Duisburg unverändert auf

Defensive Stabilität

Jedenfalls nicht aus sehr aggressivem Pressing. Denn Union spielt unter Urs Fischer sehr konstant – und effektiv – ein Mittelfeldpressing. Dieser Begriff ist allerdings insofern etwas irreführend, als er sich auf den Raum bezieht, in dem die verteidigende Mannschaft aktiv Druck auf den Gegenspieler in Ballbesitz ausübt. Bei Union ist das eben meistens das Mittelfeld, oft innerhalb der ersten zehn Metern der gegnerischen Hälfte. ‚Mittelfeldpressing‘ zu spielen heißt aber nicht, dass die eigenen Stürmer (beziehungsweise die Spieler, die an der Spitze der Pressingformation stehen, hier also Stürmer Andersson und Zehner Kroos) keine Aufgabe dabei haben. Zwar sind es in der Tat vor allem die Sechser, die tatsächlich Zweikämpfe um den Ball führen. Aber trotzdem haben die Stürmer wichtige Funktionen in Unions Defensivschema.

Die erste davon ist, den Gegner daran zu hindern, überhaupt ins Aufbauspiel zu kommen. Spielt der nämlich zum Torhüter zurück bemüht sich Union oft, beide Innenverteidiger zuzustellen und so einen langen Ball zu provozieren. Außerdem verhindern sie in der Regel, dass die gegnerischen Sechser den Ball bekommen können, indem sie in den Halbräumen auf Anspiele aus der Innenverteidigung warten: Die Mittelfeldspieler des Gegners sind nur dann anspielbar, wenn sie sich im Lauf anbieten, was dann oft in der Mitte im Korridor zwischen den Innenverteidigern geschieht (einige von Bielefelds besseren Momenten kamen, als nicht nur die Mittelfeldspieler, sondern auch die Flügelspieler oder Stürmer ihres 442 solche Wege gingen).

Doch auch aus diesen Momenten gewinnen Unions Gegner selten Schwung nach vorn. Das liegt daran, dass Manuel Schmiedebach und Grischa Prömel sehr aufmerksam und dynamisch darin sind, ihre Gegner bei diesen Bewegungen zu verfolgen. Die können sich dann nur selten aufdrehen, sondern müssen den Ball in der Regel zurück in die Abwehr prallen lassen.

Manuel Schmiedebachs und Grischa Prömels Läufe leisten oft unauffällige, aber entscheidende Defensivarbeit, Photo: Matze Koch

Gegen Bielefeld kam das vor allem in den ersten Minuten bemerkenswert oft vor. Und das auch mindestens im gleich Maß, fast sogar noch häufiger, in den Minuten, die Ken Reichel verpasste, weil seine Kopfverletzung behandelt werden musste. Union verzichtete währenddessen auf eine der Spitzen, zog das Mittelfeld aber nicht weiter zurück agierte dort mit der gleichen Intensität.

Kontrollverlust

Nach diesem Muster kontrollierte Union das Spiel in der ersten Halbzeit weitgehend. Und nachdem man dann durch einen Abstoß, zwei gute Ablagen von Sebastian Andersson, einen Pass von Felix Kroos mit großer Übersicht und schließlich Grischa Prömels entschlossenes Nachsetzen in Führung ging, schien viel dafür zu sprechen, dass das zu einem Sieg reichen würde.

Doch in der zweiten Halbzeit änderte sich das Spiel. Paradoxerweise trug der Umstand, dass Union eine Führung zu verteidigen hatte, dazu bei, dass Unions Verteidigung die Kontrolle über das Spiel verlor. Denn Urs Fischers Mannschaft stand nun etwas tiefer, und griff häufiger zu Befreiungsschlägen. Je öfter, länger und höher der Ball in der Luft war, desto seltener war Bielefeld in den Aufbausituationen, die Union vorher gut kontrollierte.

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In der zweiten Halbzeit brachte Arminia mehr Unordnung ins Spiel und damit auch in Unions Verteidigung; Photo: Matze Koch

Dazu, dass diese seltener vorkamen, trug aber natürlich auch die Arminia selbst bei, die direkter spielte, mehr ungeordnete Situationen provozierte und so nach halb-geklärten oder versprungenen Bällen auch öfter im Mittelfeld mit Blick nach vorn an den Ball kam. Außerdem erzwang man so mehr Standardsituationen tiefer in Unions Hälfte, und nach etwas mehr als einer Viertelstunde im zweiten Durchgang das 1:1.

Sehr viel stringenten, konstruktiven Fußball zeigte danach keine Mannschaft, auch wenn beide in einzelnen Momenten nicht sehr weit davon entfernt waren, doch noch einen Durchbruch und ein Siegtor zu finden.

Szene des Spiels

Die Minute, die Bielefeld zwischen 6:14 und 7:14 in Ballbesitz verbrachte, enthält gute Beispiele sowohl für das Funktionieren als auch das – seltene – Versagen von Unions Defensivordnung. Das ‚Versagen‘ besteht hier darin, dass Schmiedebach Prietl zwei Meter Platz ließ und der den Ball einmal nach vorn weiterleiten konnte.

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