Blog State of the Union

Die große Frage lautet: Wie bewahren wir unsere Fußballkultur in Zeiten des modernen Fußballs?

Seit gestern haben wir Klarheit, was den Anpfiff des DFB-Pokalspiels zwischen Dortmund und Union betrifft. Am 31. Oktober um 18.30 Uhr ist Anstoß. In Erinnerung an das Einlassdebakel vor zwei Jahren habe ich mir tatsächlich Zugtickets geholt, mit denen das große Kind und ich sehr zeitig in Dortmund sein werden. Wie alle anderen warte ich aber vorher gespannt auf den Modus der Ticketvergabe. Auch da gab es vor zwei Jahren Kritik.

Aber ich will gar nicht groß herumkritisieren, wenn es noch nichts zu kritisieren gibt. Viel lieber freue ich mich auf die Partie und schaue mir das gestern viel herumgereichte Video vom Spiel vor 2 Jahren an:

Wer übrigens dachte, dass im DFB-Pokal vielleicht sportlich spannende Spiele live in der ARD übertragen werden, wird sich getäuscht sehen. Es ist das Übliche: Bayern gegen Dorfverein und El Plastico …

Heute geht es für Union aber erst einmal 18.30 Uhr gegen den MSV Duisburg. In der Pressekonferenz (AFTV oder Facebook) hatte Trainer Urs Fischer bereits vor dem bisher tor- und punktlosen Gegner gewarnt. Ich glaube, dass uns wieder ein Geduldsspiel bevorsteht und bin sehr gespannt.

Das sind die Vorberichte der Berliner Medien:

Und vergesst nicht zu tippen in der Twitterförsterei:

Ich finde die Motivationstexte von Exwuschel auf Twitter ja schon immer toll. Doch dieses Mal gab es sogar noch eine starke Fortsetzung:

Twitter: @JanGrobi

Und sonst so?

Der Text „Es reicht endgültig, moderner Fußball“ dürfte vieles aussprechen, was wir aktuell in Zeiten vor der Abschaffung von 50+1 fühlen. Es geht darum, dass uns der Fußball fremd geworden ist, seine Nähe verloren hat, dass Geld und Korruption vieles zerstören. Der Autor zählt unglaublich viele Gründe auf, warum er sich vom Fußball verabschiedet. Und ich kann tatsächlich allen Argumenten folgen. Trotzdem teile ich nicht den Schluss, sich vollkommen abzuwenden. Denn ich liebe das Spiel. Ich liebe es, mitzufiebern, zu verzweifeln oder einfach zu sehen, wie mein Kind die Faust reckt und „Eisern Union!“ ruft.

Liebe ist nicht rational. Deshalb würde Ich Union nicht verlassen, wenn es wieder mal nach unten in eine andere Spielklasse gehen würde. Aber Liebe ist auch nicht blind. Deshalb ist die Chance groß, dass ich Union verlasse, wenn der Fußball, wie wir ihn erleben wollen, nicht mehr im Stadion an der Alten Försterei stattfindet. Wenn wir vielleicht alle nur noch Beiwerk sind. Wenn eine Hallenbeleuchtung im Stadion Stimmung simulieren soll. Oder ein Musikbrei unseren Torjubel erstickt. Dann bin ich weg.

Was mir der Text noch einmal gezeigt hat: Wir als Unioner leben aktuell auf einer Insel der Glückseligen (ich weiß, es gibt bei Union immer was zu meckern, aber ich meine das große Bild). Nicht weil bei Union die Mechanismen des Profifußballs nicht gelten würden. Das ist Quatsch. Hier verdienen Fußballprofis gutes Geld. Der Etat des Vereins ist einer der höchsten der Liga. „Wir sind keen Verein, wo die Euros wehen“, singen wir alle laut vor dem Spiel. Obwohl wir wissen, dass das mit Blick auf die Zweite Liga gar nicht stimmt. Doch warum singen wir das trotzdem mit? Aus Folklore? So wie sie bei Schalke das Steigerlied singen?

Vielleicht. Vielleicht aber auch, weil dieses Lied mehr symbolisiert. Zusammenhalt in Zeiten, in denen eigentlich gar nichts mehr bei Union wehte und Trotz das einzige war, was wir im Überfluss hatten. Unser Glück ist seit vielen Jahren, dass wir von Vereinsführung bis hin zu den Fans und Mitgliedern uns alle darüber einig sind, wie es ungefähr laufen soll. Das haben mir die Diskussionen bei der Fantagung am vergangenen Sonntag noch einmal klar gezeigt. Das Gefühl, nicht nur zum Fußball, sondern zu Union zu gehen, soll bewahrt bleiben. Das war allen wichtig. Die Angst vor dem Verlust dieses Gefühls hat viel damit zu tun, was sich außen in der Fußballwelt alles ändert mit dem stetig wachsenden Kapitalzufluss und damit wie Union in dieser Welt bestehen will. Aber es hat eben auch sehr viel damit zu tun, wie sehr wir den Fußball weitertragen, den wir bei Union sehen wollen. Wir müssen diesen Fußball immer wieder einfordern. Wir müssen ihn aber auch selbst gestalten. Wir müssen ihn leben.

Und das Schöne daran ist, dass es tausend Varianten gibt, das zu gestalten. Wir müssen dafür nicht auf den Verein warten. Wir müssen nicht darauf warten, dass uns beispielsweise Präsident Dirk Zingler sagt, was wir machen sollen. Sondern wir können ganz viel einfach selbst machen. Alle auf ihre eigene Art und Weise. Und das tut mir wirklich leid für den Autoren des Textes „Es reicht endgültig, moderner Fußball“. Dass er diese Liebe nie gefunden hat, für die sich all das lohnt.

Und noch etwas ganz anderes zum Schluss

Ganz viel Liebe hat übrigens auch der DFB erfahren, der sich mit Cornflakes überschüttet sieht (Hintergrund war dieses Feld-Interview eines Lauterer Spielers, nach dem der Kontrollausschuss des Verbandes Ermittlungen aufgenommen hat). Aber ganz so flockig wie es auf Twitter wirkt, war die Übergabe wohl nicht, wie der SWR berichtet.

5 Kommentare zu “Die große Frage lautet: Wie bewahren wir unsere Fußballkultur in Zeiten des modernen Fußballs?

  1. Du buchst schon deinen Zug, bevor du ein Ticket hast? Mutig ;). Ich plane auch schon gegen 17 Uhr in Dortmund zu sein. Sobald ich ein Ticket habe (oder auch nicht) melde ich mich bei dir, vielleicht können wir uns ja vor dem Spielt treffen.

    Deine Gedanken zu Es reicht, moderner Fußball kann ich sehr gut nachvollziehen. So ähnlich erging es mir auch, als ich Axel von Drei90 in der aktuellen Folge über den Effzeh Vorstand schimpfen gehört habe:
    http://drei90.de/2018/09/11/nr-83-null-problemo-reinhard/

  2. Merci für den Text! Für mich als Exiler ist die Alte Försterei ein Stück Heimat, die sich seit meiner Kindheit, wie auch ganz Köpenick, stetig weiterentwickelt hat. Wenn ich an die alten ‚Bordsteinkantentribünen‘ denke und die heutige AF sehe, dann kann gar nicht von Zeitlosigkeit oder Ähnlichem gesprochen werden. Und doch finde ich an der selben Stelle immer die alten Gesichter wieder, egal ob ein Dach drüber ist oder Beton unter meinen Füßen.

    Eisern Union

  3. Sehr schöner Text. Eine Versüßung für das heutige Spiel! Am liebsten dreckig mit 1:0. Eisern Union!

  4. Auch mir hat der Bericht über den modernen Fußball oft aus der Seele gesprochen und auch deine Meinung und deine Gefühle gehen konform (in diesem Zusammenhang ein lustiges Wort) mit meinen wenn ich an Union denke und den Duft und die Geräusche des Wohnzimmers oder der Wohnzimmer“einrichtung“ irgendwo am Spieltag treffe…es ist ein tiefes Gefühl der Liebe für unseren Verein und unsere Art von Fußball …und man kann oft die Sehnsucht bei anderen Fans spüren wenn man ihnen vom 1.FC Union vorschwärmt!!

    Eisern ????

  5. @DoMay: Wer nach Dortmund will, kann ein Zug buchen. Auch ohne Karte gibt es gute Chancen rein zu kommen. Ich war vor zwei Jahren in Dortmund und letztes Jahr in Leverkusen. Vor beiden Spielen wurden Karten von Unionern angeboten, weil jemand nicht konnte. Kein Schwarzmarkt, originale Preise. Also wer mitten in der Woche Zeit hat, kann es auch ohne Karte wagen.
    Viel Spaß allen die hin fahren.

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