Blog State of the Union

Ein kleiner Trikot-Hype und die Frage, wo die moralische Bewertung von Sponsoren beginnt und endet

Manchmal denke ich, dass das Business im Profifußball der Männer nicht verrückter werden kann. Und dann, ihr ahnt es natürlich, kommt es noch doller. Aber von vorne. Union präsentierte am Donnerstag einen Ärmelsponsor (Vereinsmitteilung). Dazu gab es ein Foto mit diesem Sponsorenaufdruck. So weit, so unspektakulär.

Blick auf ein noch nicht vorgestelltes Uniontrikot, Foto: 1. FC Union Berlin
Blick auf ein noch nicht vorgestelltes Uniontrikot, Foto: 1. FC Union Berlin

Aber aufgrund der Tatsache, dass bisher weder Auswärtstrikot noch Heimtrikot vorgestellt wurden, ist das dann eine Sache geworden. Sehen wir da eventuell das Auswärtstrikot? Und es gab dann tatsächlich eine Seite, die sich damit brüstet EXKLUSIV eine Vorhersage der Auswärtstrikots auf Basis dieses Bild vom Ärmelsponsor gemacht zu haben. Ich habe mich wirklich kurz gefragt, ob ich eventuell nicht richtig bin, weil ich den Hype nicht verstehe.

Das Auswärtstrikot wird wahrscheinlich heute vorgestellt, damit es am Sonnabend bei der Präsentation der Heimtrikots nicht untergeht. Die Präsentation des Ärmelsponsors mit einem Bild eines noch nicht veröffentlichten Trikots ist Teil des Aufbaus einer Rampe, um die Aufmerksamkeit auf die Trikots zu lenken. Jedenfalls hätte ich es so gemacht, wenn ich das entscheiden müsste.

Update von 10.15 Uhr: Union hat eben beide neuen Trikots vorgestellt (Vereinsmitteilung).

So sehen Heim- und Auswärtstrikots für die neue Saison aus. Foto: 1. FC Union Berlin
So sehen Heim- und Auswärtstrikots für die neue Saison aus. Foto: 1. FC Union Berlin

Verzichtet Union auf Werbung für Wettanbieter?

Viel spannender als die Trikot-Frage, die heute, allerspätestens morgen zum letzten Test gegen Bergamo, beantwortet ist, finde ich den Blick auf das Thema Sponsoring insgesamt. Denn da könnten wir uns schon mal ein paar Fragen stellen. Wo ist eigentlich Wefox hin? Wir erinnern uns an die warmen Worte aus der Pressemitteilung „Der bisherige Hauptsponsor wefox bleibt auch weiterhin Partner des 1. FC Union Berlin. Bereits seit 2018 ist das Berliner Insurtech-Unternehmen mit Union verbunden.“ Auf der Sponsoren-Übersicht von Union sind sie nicht mehr zu finden und im Stadion war beim letzten Besuch auch kein Hinweis mehr zu sehen.

Dazu kommt, dass Union aktuell keine Verbindung mehr zu einem Wettanbieter hat. Der Vertrag mit bwin wurde dem Vernehmen nach nicht verlängert. Aus meiner Sicht kann das gerne so bleiben, weil das in meinen Augen neben Spielautomatenbetreibern eine Branche ist, die zwar legal sein mag, aber nicht legal sein sollte. Die können sich alle hundert Mal das Wort „verantwortungsbewusst“ überall draufkleben, haben meiner Meinung nach aber mit dem Wortsinne nichts zu tun, sondern profitieren davon, wenn Menschen spielsüchtig werden.

Wird es noch Sportwetten-Werbung im Stadion geben?, Foto: Matthias Koch

Wo beginnt und wo endet die moralische Bewertung von Sponsoren?

Aber auch hier gilt: Solch einen Verzicht muss man sich leisten können. Ich weiß nicht, ob Union das macht. Lange Zeit war man als Verein auf alle Arten von Geldgebern angewiesen. Und das führt mich zu einer Ebene, die ich bei Sponsoring-Diskussionen immer öfter bemerke: Die Frage nach der Integrität eines Sponsors. Wir hatten die beispielsweise bei der Vorstellung von Aroundtown als Hauptsponsor.

Es fällt mir schwer, hier eine klare Position zu definieren. Denn das ist eine moralische Diskussion und damit eine, die nach unterschiedlichen individuellen Maßstäben geführt wird. Für mich kann ich beispielsweise sagen, dass ich nicht möchte, dass Union mit Marken in Verbindung gebracht wird, die Menschen vorsätzlich schaden. Dazu gehören Cryptowährungen, die ich für Scam halte, aber eben auch Wettanbieter oder Spielautomatenkasinos.

Rund um Aroundtown gab es eine Diskussion, die medial und unter Fans geführt wurde, Foto: Matthias Koch

Aber die Diskussionen um Katar und Saudi-Arabien im Fußball wurde bei anderen Clubs auch schon geführt (beim FC Bayern beispielsweise). Bisher war Union dafür nicht relevant genug, aber vielleicht steht uns das auch einmal bevor, dass wir uns mit der Frage auseinandersetzen müssen. Oder es ist noch einmal ein so sensibles Thema wie Wohnen. Wenn ein Unternehmen legal arbeitet, aber das einige vielleicht trotzdem nicht gut finden, muss uns das interessieren? Wiesenhof-Diskussion bei Bremen beispielsweise. Oder es ist ein Unternehmen mit zweifelhaften Arbeitsbedingungen? Oder es unterläuft gesetzliche Mindestlohnregelungen?

Ich habe das Gefühl, dass diese Diskussion grenzenlos werden kann. Weil irgendetwas, was irgendjemand nicht gefällt, findet man bei jedem Unternehmen. Aber gleichzeitig finde ich es auch gut, wenn Unternehmen hinterfragt werden. Schließlich wollen die vom Union-Image auch profitieren.

Neues von der Verletzung von Lucas Tousart

Kommen wir kurz zu den sportlichen News. Bei Lucas Tousart spricht die Bild (Bezahlartikel) von einer Überdehnung der vorderen Oberschenkelmuskulatur. Ich bin kein Arzt und kann damit wenig anfangen. Aber den Reaktionen von Trainer Urs Fischer im Trainingslagergespräch nach, ist es nicht so, als würde er monatelang ausfallen, sondern als könnte er bald wieder trainieren.

Wie sehr trifft die Local-Player-Regelung Union in der Champions League?

Das Thema Local Player betrifft Union bei der Aufstellung des Kaders für die Champions League und da geht die Bild/BZ noch einmal hinterher und nennt 4 Spieler, die darunter fallen. 8 wären nötig. Wahrscheinlich ist es so, dass es doppelt bitter werden kann. Nämlich dass bestimmte Profis gar nicht nominiert werden können für den Wettbewerb und Union gleichzeitig weniger Spieler melden kann. Wir kennen das aus dem vergangenen Jahr in der Europa League.

Local Player oder local Bankdrücker in der Champions League: Aljoscha Kemlein, Laurenz Dehl und Benedict Hollerbach, Foto: Matthias Koch

Da kann man sich natürlich darüber beschweren und zurecht darauf hinweisen, dass Union seit Jahren ein Problem hat, den Übergang von den Junioren in den Profibereich zu moderieren. Ich würde in dem Zusammenhang aber auch darauf hinweisen, dass der Profibereich sich in einem Tempo und in eine Richtung bewegt hat, die wirklich nicht einmal kühnste Optimisten so planen konnten.

Aber je nachdem, wie es auf der Abgangsseite bei den Junioren aussieht, ist es vielleicht auch nicht sooooo dramatisch. Von den acht Spielern, die die Uefa als Local Player vorschreibt, müssen 4 im eigenen Verein ausgebildet sein. Bei weiteren vier reicht es, wenn sie im eigenen Verband ausgebildet wurden, also im Alter zwischen 15 und 21 im selben Verband registriert waren. Korrigiert mich, wenn ich damit falsch liege, aber damit würden Kevin Behrens ja auch als local Player gelten oder Robin Knoche oder Rani Khedira. Es geht also letzten Endes um vier Spieler, die bei Union ausgebildet wurden.

Kevin Behrens fällt auch unter die Local-Player-Regelung, wenn es nach im Verband ausgebildeten Spielern geht, Foto: Matthias Koch

Das sind die weiteren Texte über Union:

14 Kommentare zu “Ein kleiner Trikot-Hype und die Frage, wo die moralische Bewertung von Sponsoren beginnt und endet

  1. Ein neuer Sponsor der in seiner Pressemitteilung von Dir union oder der union spricht. Scheinen sich super mit unserem Verein auseinander gesetzt zuhaben.

  2. Also wenn mich nicht alles täuscht gehören zu den Local Playern die im Verein ausgebildet sein müssen Mathis Bruns, Yannic Stein, Aljoscha Kemlein, Laurenz Dehl und Malick Sanogo. Zu den Local Playern die im Verband ausgebildet sein müssen gehören Schwolow, Jaeckel, Knoche, Heintz, Khedira, Haberer, Hollerbach, Behrens, Skarke und Pantovic. Es kann also theoretisch noch einer der jungschen ausgeliehen werden. Und von den „älteren“ werden Pantovic und wohl leider auch Skarke eher schlechte Karten haben, was die Champions League angeht.

  3. Frank Kunzweiler

    Thema Sponsoring am Rande:
    Bleibt noch das Thema „Eberswalder Wurstwaren“ diese gehören jetzt zum Tönnies-Konzern?!

    http://www.moz.de/nachrichten/brandenburg/eberswalder-wuerstchen-verkauft_-wer-hinter-zur-muehlen-steckt_-was-toennies-damit-zu-tun-hat-70156577.html

  4. Suchtpotenzial Wetten – Suchtpotenzial Alkohol:
    Schlechte Werbung? Gute Werbung?
    Alles gleich? Oder gibt’s da Unterschiede?
    Bei der einen Sucht existiert eine respektable Selbsthilfegruppe. Bei der anderen wohl nicht.
    Offensichtlich gehören beide Versuchungen zum Geschäft Profifussball. Auch bei uns.

  5. herrdoesi

    Ein Sponsorenvertrag ist letztendlich ein Geschäft und seine Geschäftspartner muss man nicht mögen. Trotzdem gibt es auch da Grenzen. Es gibt Leute, mit denen macht man keine Geschäfte. Wo diese Grenzen liegen wird man immer wieder ausdiskutieren müssen. Für unsere Verantwortlichen ist das ein Drahtseilakt. Da sollten wir etwas nachsichtig sein.
    Heimtrikot: hm! Hab ein Problem mit dem Schnitt.
    Auswärtstrikot: ok
    Ausweichtrikot: ok

  6. Nach „ISP“ und „Aroundtown“ kann mich eigentlich nichts mehr erschrecken bzgl. Moral bei Sponsoren…

  7. Da ich leider nicht anreisen kann, Karte Sektor 3 abzugeben für Bergamo : hensel-21@gmx.at
    sorry liebes Textilvergehen, is nur schade für die Karte

  8. Watt soll denn diese Knopfleiste beim Heimtrikot? Designtechnischer Griff ins Klo. Ohne die fände ich es richtig schick

  9. Dit Auswärtstrikot sieht sehr farblos aus.
    Irgendwie fehlt die Hälfte am Wappen.

    • Maria Draghi

      es fehlt nicht die Hälfte des Wappens sondern es ist einfach irgendein Phantasie-Wappen. Merkwürdig, dass ein solcher Traditionsbruch kommentarlos in den Berliner Medien bleibt. Aber irgendwie auch nicht merkwürdig in Zeiten ängstlicher Redakteure, die nur das nächste Gratis-Schnittchen interessiert.

    • Das farblose Logo gab es früher immer mal auf verschiedenem Merch und auch schon auf Trikots (http://www.immerunioner.de/trikotliste.php8) – insbesondere zwischen 1992 und 1996; teilweise war zu dieser Zeit auch gar kein Logo auf der Brust. Aber früher war alles besser und der moderne Fußball heutzutage ist einfach böse…

  10. Danke für die guten Gedanken!

  11. Wer sich die Stadionhefte von 66/67 ansieht, findet da die Logovariante, die ungefähr alle zwei Jahre auch auf Trikots und Merch erscheint. Ist dieselbe wie am Tor vor dem Forsthaus. Mehr Tradition geht kaum. Jeder Grafiker, in dem Fall Peter Gribat, macht von einem Logo immer mindestens auch eine einfarbige Variante. Die ist nicht weniger valide als die in den Vereinsfarben. Grafikdesign ist entgegen der landläufigen Ansicht nämlich kein anderes Wort für Dekorationswissenschaft, sondern sorgt für Wiedererkennbarkeit, Lesefreundlichkeit und Praktikabilität.

  12. Chris_Union

    Zu Wefox:

    Das Unternehmen befindet sich wohl, nicht erst seit heute, in Zahlungsschwierigkeiten. Der Business case scheint nicht, wie von den Investoren erhofft, aufzugehen.

    Sehr schade. Die hätten für Union auf lange Sicht ein richtig fetter Ankersponsor werden können.

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