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Zingler meint es ernst: Abstieg der Männer, würde für Unions Frauen nichts ändern

Als ich mir in dieser Woche im Regionalexpress nach Berlin die ausführliche Vorschau auf die neue Saison der Frauen-Bundesliga beim Rasenfunk-Podcast angehört habe, war ich hin- und hergerissen. Denn einerseits freue ich mich sehr darüber, wie positiv Union gesehen wird. Aber andererseits war ich in mir drin etwas misstrauisch. Ich erinnerte mich noch zu gut an den Bundesliga-Aufstieg der Männer, als Union zuerst als der sympathische und knuffige Verein gesehen wurde, bis dann klar wurde, dass man den anderen Teams bares Geld in der Fernsehtabelle oder im Europapokal wegnimmt.

Wie ernst und nachhaltig verfolgt Union den Weg im Frauenfußball?

Ich habe also überlegt, was dieser Punkt sein könnte, der zu einem Backlash für Union in der Frauen-Bundesliga führen könnte. Und da liegt es auf der Hand, sich zu fragen, wie ernst Union die eigenen Bemühungen meinen wird, sollten die Männer einmal absteigen. Wir kennen das aus vielen Beispielen, dass in Zeiten der Geldknappheit bei den Frauen die Ambitionen plötzlich zurückgestellt werden. Mir fallen viele Beispiele ein, zum Beispiel der Hamburger SV im Jahr 2012Holstein Kiel 2018 oder der MSV Duisburg erst im Jahr 2024.

Und wir erinnern uns noch, wie 2005 nach dem Doppelabstieg der Union-Männer in die Oberliga alles Geld in das Männerteam gesteckt wurde. Das war strategisch zum Überleben des Vereins wichtig. Aber es war auch ein personeller Kahlschlag in allen Bereichen.

Daran musste ich die ganze Zeit denken, wenn in den Berichten zur neuen Bundesliga-Saison der Union-Frauen nicht nur die sportliche Perspektive nach dem Durchmarsch von der Regionalliga in die  Bundesliga gewürdigt wurde. Sondern meist kam gleich hinterher die Anerkennung dafür, wie ernsthaft Union das Thema Frauenfußball angeht – sei es der Profi-Status der Spielerinnen, die Infrastrukturmaßnahmen wie der Bau des gemeinsamen Trainingszentrums für Männer und Frauen oder das Spielen im selben Stadion wie die Männer.

Zugang Tanja Pawollek mit Trainerin Ailien Poese beim Training, Foto: Matthias Koch

Union wird als Maßstab gesehen. Das mischt die Liga auf, in der sich ein gewisser Trott etabliert hat. Aber Applaus gibt es nicht von allen Seiten. Beispielsweise nicht von Klubs, die Frauenfußball möglicherweise als günstige soziale PR betreiben, aber ernsthafte Investitionen scheuen.

Dirk Zingler zerstreut Zweifel in Tagesspiegel-Interview

Also wie ernst meint Union das? Ich bin sehr froh, dass passend zu der Frage, die ich mir am Dienstag im Zug gestellt habe, Dirk Zingler am Freitag im Tagesspiegel-Interview (Bezahl-Link) die entsprechenden Antworten lieferte. So sagte er: „Selbst wenn die Männer irgendwann in die Zweite Liga absteigen würden, werden die Frauen trotzdem die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt bekommen.“

Union-Präsident Dirk Zingler, Foto: Matthias Koch

Er stellte auch den Zusammenhang zu Union vor 10 oder 20 Jahren her, als es vor allem darum gegangen sei, als Verein im eigenen Stadion spielen zu dürfen und die Männer-Mannschaft in die Bundesliga zu bringen.

Zingler: Frauenfußball wird in Deutschland systematisch kleingehalten

Seine These ist, dass der Frauenfußball in Deutschland systematisch klein gehalten werde, weil dieser sich als eigenes Ökosystem selbst finanzieren solle. Damit kann ich mitgehen, denn ohne signifikante Investments wird es aus meiner Perspektive nie einen größeren Ertrag geben. Ein schlechtes Produkt wird nie attraktiv werden, in dem ich darauf warte, dass sich dieses schlechte Produkt am Markt durchsetzt. Deshalb plädiert Zingler für mehr Investments wie beispielsweise den Umzug der Frauen-Teams von Sportplätzen in Stadien und mehr Mühe bei den Übertragungen (in dem Zusammenhang: die KI-Kamera in der 2. Liga wurde in dieser Saison endlich hinter den Schuppen gebracht).

Wenn es um die angeblich riesigen Investitionen von Union geht, dann hilft es, diese vielleicht in ein Verhältnis zu rücken. Zingler sagt dazu:

„Und dann lese ich, dass wir in diesem Sommer so viel in die Frauenmannschaft investiert haben. Wir investieren wenig. Wir haben in den letzten drei Jahren mehr für Gehälter von
Trainern gezahlt, die gar nicht mehr bei uns tätig waren, als für den gesamten Etat der Frauenmannschaft. Im Gegensatz zu vielen Vereinen sehen wir unsere Profimannschaften als eine Abteilung. Es gibt eine Kasse und wir als Verein entscheiden politisch, wofür das Geld ausgegeben wird.“

Ich kann das Interview empfehlen, weil Zingler auch über die Zersplitterung des Spieltages in der Frauen-Bundesliga und die Stadionfragen in Berlin spricht. Er erläutert auch, warum er es richtig findet, dass die Eintrittskarten bei Union im Ligavergleich so viel Geld kosten.

Wir sehen uns hoffentlich am Sonntagabend um 18.30 Uhr im Stadion an der Alten Försterei beim Bundesliga-Debüt von Union gegen Mitaufsteiger 1. FC Nürnberg (Tickets gibt es hier).

Link-Empfehlungen zur Frauen-Bundesliga

Da ich im vergangenen Jahr bis auf Soccerdonna noch nicht so viele Medien kannte, die regelmäßig über die Frauen-Bundesliga berichten (der Kicker hilft in dem Bereich genau so viel wie bei der seriösen Bewertung von Torhüter-Leistungen), habe ich hier eine Liste von Medien, die über die Bundesliga bzw. die Union-Frauen berichten:

Traditionelle Medien:

Podcasts:

Blogs und Insta-Accounts:

https://www.instagram.com/p/DOIgN2CjADI/

Wenn ihr noch Empfehlungen für Medien, Podcasts, Blogs oder Accounts habt, die regelmäßig über die Frauen-Bundesliga bzw. Unions Frauen berichten, schreibt es in die Kommentare.


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7 Kommentare zu “Zingler meint es ernst: Abstieg der Männer, würde für Unions Frauen nichts ändern

  1. Ich freue mich schon wahnsinnig auf das Spiel morgen und hoffe auf volle Hütte!

  2. Können wir ihm wirklich trauen?
    Wie ernst meint es Zingler?
    https://taz.de/Union-Boss-Zingler-und-der-Frauenfussball/!6088967/

    • Traust Du denn dieser Journalistin mehr? Lese Dir die Worte durch, wie sie Zingler beschreibt und fälle selbst Dein Urteil!

    • Ach Du meine Güte, die Gute schwingt aber TAZ-mäßig ganz schön die Keule. Egal was man(n) macht, es ist irgendwie falsch, zumindest liest es sich so. Kann man machen (schreiben), muss sich dann aber nicht wundern wenn viele sich vom Feminismus, zumindest in dieser Art und Weise, abgeschreckt fühlen.

    • @uli49 Wie würdest du denn deine Fragen beantworten?

  3. Hätte ich sie bräuchte ich nicht zu fragen. Skepsis sollte bei vollmundigen Ankündigungen doch angebracht sein. Womit ich vll nicht allein bin Es sei denn man ist der Auffassung, der Chef wirds schon richtig machen.

  4. Ich stimme mit Zingler in den letzten Jahren immer weniger überein. Aber hier hat er es getroffen. Kleingehalten wird Frauenfußball auf jeden Fall. Eine Infrakstruktur, die die Bilder und die Fähigkeiten der Frauen nach außen trägt ist nicht wirklich vorhanden. Oder zumindest in den Kinderschuhen. Angesichts der Tatsache, dass die Technologie existiert und bei den Männern regelmäßig weiterentwickelt wird, ein absolutes Armutszeugnis. Ein simples Beispiel: Heute allein kein Ticker bei Kicker.de zu sehen für ein Bundesligaspiel Union vs. Nürnberg. Konnte auch keine pay per view Option für mich als Auslandsexiler mit VPN Client finden. Selbst wenn man bezahlen möchte, gibt’s keine Optionen.

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