Blog State of the Union

Zwischen Schwindelgefühlen beim Blick auf die Tabelle und einem Betretungsverbot für Leuven

Der Sonntagabend wirkt noch nach. Auch wenn für mich persönlich beim Besuch der Alten Försterei gegen Gladbach nicht alles super war, zehre ich immer noch von den letzten 20, 30 Minuten dieser unfassbaren Partie. Ein viel besseres Drehbuch hätte man kaum schreiben können. Obwohl das alles so unglaublich war, hat Oliver es ja gestern bemerkenswerterweise geschafft, alles genau in die richtigen Worte zu packen.

Ein bisschen nimmt uns auch ein Artikel aus der Schweiz nochmal mit zu diesem magischen Abend vor zwei Tagen. Zudem wird darin (mal wieder!) versucht Unions Höhenflug und den Anteil, den Urs Fischer daran hat, zu erklären.

Die Tabelle lügt nicht, sie erzeugt nur Schwindelgefühle

Die Schwindelgefühle, die beim Blick auf die Tabelle seit Wochen aufkommen, werden einfach nicht weniger. Mal sehen wielange wir uns damit noch auseinandersetzen „müssen“.

Schwindelgefühle oder zumindest Anzeichen von Erschöpfung könnten auch beim Blick auf den Spielplan aufkommen. Schon wieder englische Woche. Schon wieder ein entscheidendes, ein Highlight-Spiel. Zeit zum Durschnaufen bleibt also weder für die Mannschaft noch uns Fans.

Betretungsverbot für Leuven und Umgebung

Aus Belgien gibt es nun Nachrichten, die zwar nicht erstmalig im Kontext von (internationalen) Fußballspielen auftauchen, die mich persönlich aber einigermaßen sehr schockieren. So wurde durch den Erlass des Bürgermeisters von Leuven ein Betretungsverbot für Union-Fans für die belgische Kleinstadt verhängt.

Gerade diese Passage aus der Union-Mitteilung, welche die Handlungsmöglichkeiten der belgischen Behörden beschreibt, finde ich besonders krass und autoritär:

Die Polizei Leuven wird auf Basis dieses Dekrets zwischen dem 03.11. (ab 10 Uhr) und dem 04.11.2022 (bis 10 Uhr) Union-Fans ohne gültiges Ticket im Stadtgebiet von Leuven und in den angrenzenden Teilgemeinden festsetzen. Die Polizeibehörde vor Ort hat zudem darauf hingewiesen, dass am Stadion eine Ausweiskontrolle erfolgt und der Zutritt Personen mit deutschen Ausweisdokumenten nicht gestattet wird.

Union-Präsident Dirk Zingler hat sich dementsprechend auch sehr verwundert über eine weitere Verschärfung der Maßnahmen (Gästetickets durfen ja eh schon nicht verkauft werden) gezeigt und diese hart kritisiert.

Durch solche Nachrichten sinkt natürlich die Vorfreude auf dieses zumindest aus sportlicher Sicht wohlmöglich historische Spiel enorm. Und selbst das ist noch reichlich euphemistisch formuliert.

Transfermeister Oliver Ruhnert

Derweil hat die BZ mal nachgezählt wie viele Spieler Union-Manager Oliver Ruhnert seit seinem Amtsantritt im Mai 2018 (davor war er ja „nur“ Chefscout) verpflichtet bzw. verkauft hat und ihn daher zum Transfermeister gekürt.

70 Neuzugängen stehen 66 Abgänge gegenüber. Eine immense Zahl gerade im Vergleich mit anderen Bundesliga-Teams. Ruhnert erklärt die Strategie auch folgendermaßen: „Wenn du eine große Kontinuität im Klub hast, musst du dafür sorgen, dass bestimmte Dinge immer wieder eine Herausforderung darstellen. Wenn das nicht über andere Personalien im Klub passiert, muss man versuchen, das extern herbeizuführen.“

Interessant, dass diese enorme Fluktuation scheinbar also nicht nur aus der Not geboren (Leistungsträger wie bspw. Andrich, Friedrich, Kruse, Awoniyi wurden verkauft) ist, sondern man sich ganz bewusst für diesen Weg entschieden hat, um Stillstand zu vermeiden.

Zwei Erfolgsgaranten auf einem Bild: Rani Khedira und Oliver Ruhnert, Foto: Matze Koch

Trotz der Gerüchte um Rani Khedira und der süffisanten Aussagen von Oliver Ruhnert ist es eher unwahrscheinlich, dass der Union-Manager demnächst mit Verantwortlichen des FC Barcelona in Verhandlungen bzgl. von Unions Mittelfeld-Stabilisator treten muss. Ein wirkliches Interesse aus Katalonien ist laut Sky wohl eher nicht vorhanden. Ich glaube allzu unglücklich ist darüber bei uns wohl niemand.

Bei Khediras Verpflichtung hätte ich nicht gedacht, das einmal zu schreiben. Aber dieses Team ohne Rani Khedira ist nur ganz ganz schwer vorstellbar. Für mich übrigens auch deutlich weniger als bei den prominenten Abgängen der letzten Jahre.

Und sonst so

Wer nochmal genau wissen wie und wann Steffi zu Union gekommen ist, kann sich das Themenfrühstück von 11Freunde mit ihr anschauen.

Außerdem versucht sie Unions unglaublichen Erfolg der letzten Jahre irgendwie zu erklären. Vor allem die klare Aufgabenteilung im Sport sei bspw. ein entscheidender Grund. Bei der Frage nach den Highlights der letzten Jahre kommt sie verständlicherweise etwas ins Straucheln: „Ach ja, aber dit war ja übrigens auch noch.“ Zudem spricht sie auch über Wachstumsschmerzen bzw. Veränderungen, die die letzten erfolgreichen Jahre so mit sich gebracht haben.

Auch die NLZ-Mannschaften von Union waren am letzten Wochenende natürlich wieder fleißig und haben gespielt.

Ein sehr gutes Alternativprogramm zur WM in der Union-spielfreien Zeit gibt es hier:

Mindestens einem im Stadion gab es mit dem Lego-Stadion bastelnden Joe Bryant ja immerhin, der dieses 2:1 gegen Borussia Mönchengladbach vorhergesagt hatte. Fraglich ob er diesen verrückten Spielverlauf genauso gecallt hat.

Anlässlich von Halloween hat der Postillon einen Gag über die derzeitige Tabellenkonstellation in der Bundesliga gerissen.

Immerunioner

Ein legendärer Trainer und unterhaltsamer Typ wird am Donnerstag 80 wie der Kurier berichtet. Hans Meyer, der für seine Art und seine Sprüche geliebt und gefürchtet wird, war 1995 auch ein paar Monate Union-Trainer bevor er als ungeschlagener Tabellenzweiter in Liga drei entlassen wurde.

Hans Meyer (rechts) bei der Mitgliederversammlung von Union 2016. Neben ihm steht übrigens Georgi Wassilew, Foto: Matze Koch

Hans Meyer selbst hat sich auch zu Union geäußert und noch einmal verbalisiert was wir alle schon seit Jahren denken und fühlen: „Sie haben bei Manager Oliver Ruhnert und Trainer Urs Fischer richtig ins Gold gegriffen.“

Auch eine Anekdote aus Sicht der Gästetrainer hatte Meyer noch parat:

„Die Wuhlheide war schon deshalb immer beliebt, weil wir früher als Trainer 60 oder 65 Meter an der gesamten Tribüne vorbei mussten, um auf unsere Plätze zu kommen. Auf dieser Tribüne bist du damals als Gästetrainer beleidigt worden ohne Ende. Von den zehn Beleidigungen, die du gehört hast, musstest du aber bei sieben lachen oder Beifall klatschen, weil sie so niveauvoll waren.“

7 Kommentare zu “Zwischen Schwindelgefühlen beim Blick auf die Tabelle und einem Betretungsverbot für Leuven

  1. Zitat Zingler:
    „Sie bestraft mal wieder nicht die Täter, sondern viele friedliche Fußballfans»,
    Tja, wo bleibt denn die Aufarbeitung der Vorfälle gegen Braga u. Malmö? Sind denn die Täter schon gefunden? Und wenn ja, was sind denn die Konsequenzen für diese Schwachköpfe? Wenn Nein! Dann ist das mehr als bitter und man muss sich nicht über solche Maßnahmen wie in Belgien auslassen.

  2. der einzige Trainer Deutschlands, der beide Hauptstadtklubs trainierte.

    Karsten Heine??

  3. Ohne Worte und ganz unterste Schublade was sich der Bürgermeister herausnimmt.
    Eisern

  4. Malmö Gästefans mussten auch einen schwedischen Pass haben…

    Ist die ganze Scheiße in EU eigentlich legal? (unabhängig davon, ob man das jetzt noch durchsetzen kann)

    • gute Frage. Als Veranstalter hast du ja eine relativ grosse Freiheit, Zutrittsbeschränkungen festzulegen. Wenn die diskriminierend sind, muss man zum Gericht, was jetzt aber nicht hilft (und die Schweden vor einer Woche auch nicht).

      Schwieriger wird es beim Aufenthaltsverbot in einer Stadt. Da braucht es als Rechtfertigung hoffentlich viel mehr als die Gefahr, einige Bengalos werden in der Stadt gezündet. Aber ich würde es vergleichen mit Demos die verboten werden, da gibt es dann auch oft ein Aufenthaltsverbot für Leute die sichtbar dennoch demonstrieren möchten. Vielleicht gibt es Anwälte die Textilvergehen lesen und sich dort auskennen :)

  5. Die Aufregung um seltsame Rechtslagen in einem Kernland der freiheitlichen, demokratischen EU hält sich hier ja in Grenzen.
    Ich hätte gedacht, dass ein faktisches Aufenthaltsverbot (bei Androhung von Festsetzung) von Inhabern eines deutschen Passes in einer Stadt/Region eines EU Landes grösseres Interesse erweckt.

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