Blog State of the Union

Würde Union immer so attraktiv spielen, wäre das vielleicht nicht union-like, aber trotzdem schön

Nach dem dritten Spieltag in Unions zweiter Bundesliga-Saison ist klar: Es gibt einige Parallelen zum Start in die Premieren-Spielzeit. Nach einer Auftaktniederlage und einem Auswärts-Unentschieden, konnte erstmalig dreifach gepunktet werden. Gegen Mainz 05 gelang dem Team von Urs Fischer trotzdem etwas noch nie Dagewesenes. Der 1. FC Union Berlin schoss vier Tore in einem Bundesliga-Spiel. Dabei zeigten die Eisernen zuweilen sehr ansehnlichen Offensivfußball und überzeugten nicht nur im Mannschaftsverbund sondern auch individuell.

Max Kruse durfte zum ersten Mal von Beginn an auflaufen und traf direkt. Und das sogar per Kopf. Nico Schlotterbeck war hinten so souverän und vorne wieder so gefährlich, dass Urs Fischer ihn bei Bedarf wohl sogar mal im Sturm aufstellen könnte. Hoffentlich hat sich der Verteidiger bei seiner letzten Aktion im Spiel nicht schwerer verletzt. Zumindest die Länderspielreise zur U21 dürfte für Nico Schlotterbeck nach den Eindrücken von gestern Abend fraglich sein.

Am besten hat mir in der ersten Halbzeit aber Sheraldo Becker gefallen. Analog zum 3. Spieltag der Vorsaison (Anderssons 3:1 gegen den BVB) bereitete er nicht nur den Führungstreffer mit einem kurzen, aber schnellen Antritt, sehenswert vor, sondern beschwor mit seinen Sprints in die Tiefe immer wieder gefährliche Situationen. Hoffen wir, dass er diese Saison seine Form länger halten kann.

In der zweiten Hälfte stach vor allem die Leistung des frisch gebackenen Unioner des Jahres in seinem 200. Spiel für die Eisernen heraus. Kapitän Christopher Trimmel beackerte wie gewohnt die rechte Seite und bereitete, mittlerweile auch wie gewohnt, mit zwei Flanken zwei Tore vor. Eine von diesen Flanken war dabei so exakt, dass sie eigentlich nur mit den Worten des englischen Kommentator aus meinem Livestream beschrieben werden sollte: „Delivered a pinpoint accurate cross“.

Und dann war da noch das Debüt von Joel Pohjanpalo. Nachdem der Finne bereits im ersten Trainingsspiel vor dem Medizincheck (!) zweimal sehenswert traf, legte er im Pflichtspiel direkt nach. 35 Sekunden (!) nach seiner Einwechslung bugsierte er den Ball mit etwas Glück ins Tor. Damit ist er der Union-Spieler, der am wenigsten Einsatzzeit für sein erstes Tor brauchte.

Bis wir wieder nahezu alle an die Alte Försterei pilgern können, wird es dagegen wohl noch eine Weile dauern. Bis dahin lohnt es sich den Namen Pohjanpalo ganz besonders einzuüben. Einerseits da dieser nicht ganz einfach auszusprechen ist. Und anderseits, weil es sicherlich noch einige Gelegenheiten geben wird, nach einem Tor Christian Arbeit mit „Pohjanpalooooooo“ zu antworten. Hier findet ihr die korrekte Aussprache.

Joel Pohjanpalo jubelt nach seinem Tor zum 4:0, Foto: Matze Koch

Insgesamt zeigte Union eine sehr reife Leistung und ließ sich auch von dem teilweise hohen Pressing und der harten Gangart der Mainzer zu keiner Zeit aus dem Konzept bringen. Auch spielerisch war das Spiel schön anzusehen, sodass ich ähnlich wie der Kurier-Kommentar von einer dauerhaft attraktiveren Spielweise träume. Das wäre dann zwar nicht mehr wirklich Union-like, aber trotzdem schön.

Das sind die Berichte der Berliner Medien

Auf dem Platz gab es an der Leistung schlussendlich wenig auszusetzen oder wie es mit den Worten von Urs Fischer in seiner ganz eigenen Art zu sagen: „Wenn du 4:0 gewonnen hast, darf man auch mal zufrieden sein. Wir werden uns das Spiel aber auch nochmal anschauen und analysieren.“

Und auch was die Stimmung auf den Rängen angeht, war ich als Fernsehzuschauer positiv überrascht. Nach den eher mauen Support gegen Augsburg (wiederum Fernseheindrücke) erzeugten die nur 4400 anwesenden Fans eine durchgehend stimmungsvolle Atmosphäre. Trotz fehlender Ultra-Unterstützung klang es so, als wenn der Großteil 90 Minuten mitsang. Vor allem der Klassiker aus der Vorsaison, „Union braucht keinen Karneval, Unioner feiern überall“, zeichnete mir vor dem Livestream ein breites Grinsen aufs Gesicht.

Dass überhaupt so lautstark gesungen werden konnte, wirft dennoch zumindest Fragen auf. Laut Paragraf 5 der Berliner Infektionsschutzverordnung ist Singen bei Sportveranstaltungen nämlich derzeit nicht erlaubt. Während bei TeBe der Stadionsprecher im Verlaufe eines Spiels schon mal die ZuschauerInnen ermahnt, doch bitte die leichten Gesänge einzustellen, wird sich in anderen Berliner Stadien nicht daran gehalten, wie der Tagesspiegel berichtet.

Es gehört wohl zu den Irrungen und Wirrungen der Zeit, dass es solche Regelungen überhaupt gibt und diese dann nicht konsequent umgesetzt werden. Für mich zeigt die Thematik aber noch etwas anderes: Union und Dirk Zinglers Ziel, alle Fans vor dem Stadionbesuch zu testen, muss trotz einiger Fragezeichen weiterhin konsequent diskutiert werden. Bei erfolgreicher Umsetzung würde sich die Frage nach einem in Pandemie-Zeiten angemessenen Support von selbst auflösen.

Und sonst so

Einige Eiserne Ladies sind im Gegensatz zum recht neu zusammengewürfelten Männerteam schon lange in der Mannschaft. Sieben von ihnen haben in den vergangenen Wochen sogar ihr 5-jähriges Jubiläum gefeiert. Glückwunsch dazu! Das nächste Spiel des ersten Frauen-Teams  in der Regionalliga findet am 11. Oktober um 14 Uhr zu Hause gegen den Rostocker FC statt.

19 Kommentare zu “Würde Union immer so attraktiv spielen, wäre das vielleicht nicht union-like, aber trotzdem schön

  1. Auch über den Abstand im Stadion sollte man nochmal diskutieren.

  2. Hallo Felix! Danke für deinen ersten (?) Artikel hier. Das dürfte die anderen beiden entlasten :)

  3. PS : Hatte Özbek damals nicht auch direkt nach der Einwechslung getroffen? Damals dachte ich auch: hey cool, toller Neuzugang… kam dann leider anders

  4. Für mich waren vor allem Schlotterbeck und Kruse überragend. So darf es weitergehen.

  5. Robert aus Karow

    War das die Premiere von Felix hier? Ist mir noch nie aufgefallen…gute Zusammenfassung jedenfalls!! Danke auch für den Link zur korrekten Aussprache von PohJANpalo (oder doch POHjanpalo)….Hat ne Diskussion hier beendet. ;)

    • Felix Morgenstern

      Genau, war meine Premiere hier! Freut mich, wenn mein Beitrag ein bisschen helfen konnte. Aber Diskussionen unter Unionern möchte ich natürlich nie beenden…

  6. Hallo Felix, könntest du vielleicht verraten, wo / wie man Union mit englischem Kommentar live streamen kann? EISERN!

  7. Maria Draghi

    Nicht abheben. Mainz war grottenschlecht.

  8. Januar 2019 Macel Hartel schiesst nach 25 Sekunden das Tor des Jahrzehnts.

  9. Es gab leider noch mehr Minuspunkte gestern: 1. die Nichteinhaltung der Abstände und Maskenpflicht
    2. die Nazis/Rassisten vor und hinter mir…. unglaublich! Was muss da so sehr versagen, dass es solch ein „Denken“ gibt :(

  10. Katerkalle

    Hallo Phrandts,
    hast Du denn wenigstens den Nazis und Rassisten ordentlich Deine und die Werte der Union-Familie vermittelt?
    Oder hast Du Dich weggeduckt und jammerst jetzt hier rum.
    Abstand halten hat nur etwas mit der Pandemie zu tun, nicht mit demokratischen Werten.

    • Hallo Katerkalle, scheinst ein beneidenswert harter Kerl zu sein. Ich Feigling werde dich nächstes mal bitten, mir dabei beizustehen, okay? Danke!

  11. Glückwunsch zum ersten Artikel, Morgie! Da habt ihr euch aber nen dicken Fisch geangelt, liebes Textilvergehen!

  12. Spidertoehy

    Guter Text, Felix! Freue mich auf weitere Beiträge hier von Dir. Nur die Kommasetzung bei Dirk Zingler‘s Zielen haut irgendwie nicht ganz hin.

    • Felix Morgenstern

      Danke, habs geändert. Jetzt müsste es stimmen…

  13. […] Netzwerken weiterhin scharf kritisiert wird, kommt nun noch eine weitere Dimension ins Spiel, die ich am Samstag schon kurz angeschnitten hatte: Das Thema Singen. Ich bin aufgrund von Paragraf 5 der Berliner Infektionsschutzverordnung davon […]

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