Blog State of the Union

Im Profiteam ist aktuell alles auf die nächsten 2 Jahre ausgerichtet

Die Berliner Morgenpost hat sich vorgenommen, uns heute Manager Oliver Ruhnert etwas näherzubringen. Das finde ich gut, weil ich mir noch überhaupt keine Meinung zu ihm bilden konnte. Der deutliche Unterschied zu seinem Vorgänger Lutz Munack ist, dass er viel offensiver in der Öffentlichkeit seine Position vertritt. Das fand ich beispielsweise gut, als er sich am Freitag zum Umgang der Polizei Nordrhein-Westfalen mit Testspielen geäußert hat.

Manager Oliver Ruhnert; Foto: Michael Hundt/Matze Koch

Er hatte das zwar schon in der Antrittspressekonferenz angekündigt, als er sagte, dass er jederzeit von Journalisten angerufen werden kann, wenn die eine Frage haben. Union hatte bis dato eher launig verlauten lassen, dass man zwar jeden anrufen könne, der aber nicht rangehen werde. Wozu das Anrufen wichtig ist? Es ist einfach die zweite Quelle, die dazu führt, dass man etwas veröffentlichen kann oder nicht. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es hilfreich ist, wenn einem ein Manager am Telefon sagt, dass Spieler XY keine Rolle in den Überlegungen spielt und man das Gerücht einfach vergessen könne. Das hilft nicht nur dabei, keinen Quatsch zu veröffentlichen, sondern auch redaktionsintern, wenn der Chef unbedingt Transfergerücht XY abgebildet sehen möchte und man sagen kann, dass es Quatsch ist.

Wie sehr diese Art bei Oliver Ruhnert Bestand haben wird, werden wir im Laufe der Saison sehen. Denn die Vorbereitungszeit ist natürlich auch eine Zeit ohne echte Rückschläge und Druck. Das alles kommt erst während der Saison. Dann werden wir auch sehen, wie stark das Commitment von Union zu Oliver Ruhnert und umgekehrt ist. Ich glaube nämlich, dass er Union Richtung Wolfsburg verlassen hätte, wenn Horst Heldt dort als Manager angefangen hätte (das brachte im April die BZ). Aktuell ist alles auf die nächsten zwei Jahre ausgerichtet. Das arbeitet der Text der Morgenpost gut raus. Das ist auch daran zu erkennen, dass erfahrene und teils über 30 Jahre alte Spieler geholt wurden, die vielleicht weniger Zeit für die Akklimatisierung brauchen. Ihre Verträge laufen fast immer 2 Jahre, was exakt der Vertragslaufzeit von Ruhnert als Geschäftsführer Profifußball entspricht. Strategische Verträge, wie sie Union 2014 noch mit Fabian Schönheim (5-Jahres-Vertrag) oder Eroll Zejnullahu (4-Jahres-Vertrag) geschlossen hat, sind jetzt eher nicht zu erwarten.

Oliver Ruhnert beobachtet das Training von einem Hochsitz; Foto: Michael Hundt/Matze Koch

Einen von Ruhnerts Transfers, nämlich Linksverteidiger Ken Reichel, hat der Kurier im Porträt.

Am Dienstag startet mit dem Testspiel gegen Norwich City wahrscheinlich der Teil der Vorbereitung, in dem langsam das Gesicht der Mannschaft zu sehen sein wird, das Union in der Zweiten Liga zeigen möchte.

Und sonst so?

Die WM geht zu Ende, und mit Reporter und Fotograf Matze Koch ist zumindest eine Person aus dem Union-Umfeld im Finale:

Und statt jetzt so einfach wie der Fifa-Chef Gianni Infantino das Turnier als das beste aller Zeiten zu bezeichnen und den Hinweis auf politische Gefangene, Krieg und Unfreiheit im Land mit einer „Woanders ist auch Scheiße“-Rhetorik abzukanzeln, dachte ich, dass ich hier einfach mal ein paar Hinweise zum Weiterlesen und Weiterhören anbringe, und ihr für euch selbst entscheiden könnt, ob ihr euch das zu Gemüte führen wollt. Ich finde, dass man durchaus das Turnier sportlich bewerten und gleichzeitig die Rahmenbedingungen kritisieren kann.

Doping: Die Fifa hat in den Kontrollen keine Beweise für Doping gefunden. Fakt ist, dass die Fifa die Kontrollen selbst durchführt (es gibt keine unabhängigen Kontrollen) und nur sehr wenige Proben zwischen den Spielen stattfanden (nämlich 54), obwohl das gerade der Zeitpunkt für Doping ist (bei den Radfahrern wurde vor allem an Ruhetagen gedopt), weil das Auswirkungen auf die Regeneration und Ausdauerfähigkeit haben kann. Die deutsche Antidoping-Agentur NADA kritisiert die durchgeführten Kontrollen, aber die auf Doping spezialisierte Journalistin Grit Hartmann schreibt dazu:

Korruption: Hier geht es gar nicht um die vermutete Korruption innerhalb Russlands bei den Stadionbauten. Es geht darum, dass Fifa-Funktionäre selbst anfällig sind. Fifa-Chef Infantino wird eine besondere Nähe zu Saudi-Arabien nachgesagt (so ging die Fifa nicht gegen einen Piratensender in Saudi Arabien vor, der Fußballstreams illegal sendet, dann gab es das 25-Milliarden-Dollar-Angebot an Infantino für neue Fifa-Wettbewerbe neben der WM und es steht die Option im Raum, dass die auf 48 Teilnehmer aufgeblähte WM bereits in vier Jahren in Katar stattfinden soll, indem Spiele auch in Saudi Arabien ausgetragen werden). Zusätzlich findet in New York weiter der Fifa-Prozess statt. Wer sich darüber informieren will, sollte sich das mehrstündige Gespräch mit dem Journalisten Jürgen Kalwa im Rasenfunk anhören.

Auswirkungen auf Russland: Das Narrativ der russischen Staats-Medien lautet aktuell mit der beginnenden Auswertung der WM „Schaut, was die westlichen Medien für Vorurteile hatten und seht, wie deren Reporter jetzt ein anderes Bild von Russland zeichnen“. Ob dieser Ausschnitt von Freiheit für Fans auch die WM überleben wird, ist unklar. Darüber hatte ich mit Ingo Petz von Fankurve Ost gesprochen, der Osteuropa-Kenner ist und mit der deutschen Fanbotschaft in Russland war. Es gibt so kuriose Gegebenheiten in Russland wie die, dass die Fahne des Kosovo als vollwertiges Fifa-Mitglied im Stadion gezeigt werden darf, aber außerhalb der Stadien nicht (New York Times). Und es gibt so ernsthafte Fälle, wie den seit fast zwei Monaten hungerstreikenden ukrainischen Regisseur Oleg Sentsow, der wegen angeblicher Terrorgefahr zu 20 Jahren Lagerhaft in Russland verurteilt wurde. Proteste wie gegen die Rentenreform gab es in den WM-Städten nicht, weil dort Demonstrationen grundsätzlich verboten waren. Ich empfehle für einen differenzierten Blick auch das Blog Buterbrod und Spiele nachzulesen, in dem Osteuropa-Journalist Moritz Gathmann und Fotograf Christian Frey ihre Reise durch Russland während der WM dokumentieren.

5 Kommentare zu “Im Profiteam ist aktuell alles auf die nächsten 2 Jahre ausgerichtet

  1. silberhacke

    Mein Liebllingssatz aus dem Kurier-Portrait: „Reichel hat es geschafft, ist weiterhin zweitklassig.“

  2. Übrigens hat Ruhnert ein Interview zum DFB bei Sky gegeben.

  3. Das man 30 jährige Spieler nicht mehr 4 oder 5 Jahres Verträge gibt ist ja auch logisch.

  4. Dass man 30jährige Spieler holt, ist dagegen nicht zwingend.

  5. Da ich vom Rasenfunk gelernt habe, dass man davon ausgehen muss, dass 30% der Bundesliga-Spieler gedopt sind, ist es aber auch kein Problem mehr, Spieler zu holen, die über 30 sind …. ;-)

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