Blog State of the Union

Die Woche der Wahrheit beginnt

Heute startet Union in die Woche der Wahrheit. Ich halte normalerweise nicht viel von solch großen Worten, aber dieses Mal treffen sie besonders gut. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen entscheidet sich nach den Spielen am Dienstag gegen Kiel (20.30 Uhr, auswärts) und am Freitag (zu Hause gegen Nürnberg (18.30 Uhr, heim), wohin die sportliche Reise in den nächsten Wochen geht. Denn Union hat sowohl zum oberen Relegationsplatz (3. Rang) als auch zum unteren Relegationsplatz (16. Rang) den gleichen Punktabstand von 7 Zählern. Und je nach Ausgang der Spiele ist dann vielleicht zusätzlich klar, ob man bei Union noch einmal Geld in die Hand nehmen will (jedenfalls, wenn es der finanzielle Spielraum hergibt), um die Innenverteidigung zusätzlich zu stärken, oder ob man der Meinung ist, dass die Personaldecke auf dieser Position für die sportlichen Ziele ausreicht. Transfers sind jedenfalls theoretisch noch bis nächste Woche Mittwoch, den 31. Januar möglich.

So oder so: Der Druck ist da. Und von Trainer André Hofschneider erwarte ich heute in der Pressekonferenz (13 Uhr, live auf AFTV), dass er erzählt, sie würden alle nur von Spiel zu Spiel denken und sich keinen Druck machen.

Wir haben es (endlich) geschafft, eine Podcast-Episode aufzunehmen und diskutieren die großen Themen der Winterpause durch (Taktikwechsel, Torwart-Wechsel, Kapitäns-Nichtwechsel und nur noch 2 etatmäßige Innenverteidiger). Wer etwas mehr als eine Stunde Zeit hat, kann hier hineinhören: Teve315 – Und André Hofschneider so: Scheiß auf die Hater!

Taugt Kiel als Vorbild?

Die Berliner Medien zeigen heute eine sehr breite Vielfalt in ihrer Union-Berichterstattung. Die Morgenpost schaut nach Kiel und meint, der Klub sei vielleicht so etwas wie ein Vorbild für Union. Das mag vom Tabellenplatz und von der Spielweise her betrachtet durchaus stimmen, aber in anderer Hinsicht ist das eigentlich nicht richtig. Fangen wir beim Tabellenplatz an: Union-Präsident Dirk Zingler dürfte aus meiner Sicht (entschuldigt bitte den Ausdruck, aber hier trifft er voll zu) im Strahl kotzen, wenn er sieht, dass wieder ein Team mit weniger eingesetzten finanziellen Mitteln und geringerer individueller Qualität im Kader, Union überholt und zu einem Durchmarsch Richtung Bundesliga ansetzt. Das haben seit Unions Aufstieg 2009 schon einige Teams geschafft, mit denen sich Union auf Augenhöhe sah oder die man eher hinter sich verortete. Als Beispiele seien hier genannt: Darmstadt, Ingolstadt, Paderborn, Braunschweig, Fürth oder Düsseldorf.

Nicht zuletzt das Gefühl, dass Uwe Neuhaus als Trainer nicht das bisschen Mehr aus dem Kader holt, als die individuelle Qualität des Teams versprach, war ein Punkt, der 2014 für die Trennung sprach. Es gibt die übermäßig strapazierte Redewendung, man müsse das Optimale aus dem Vorhandenen herausholen. Aber das ist nur eine Wahrheit. Union hat seit einigen Spielzeiten massiv investiert und war bereit, für Zweitligaverhältnisse hohe Ablösen und entsprechende Gehälter für Spieler zu bezahlen (Gogia, Hedlund, Polter, Kroos) und so die vorhandene individuelle Qualität zu erhöhen. Und aus dieser Sicht ist es mehr als enttäuschend, wenn man trotzdem von einem Aufsteiger spielerisch und punktemäßig in den Schatten gestellt wird.

Es gibt da aber noch mehr Dimensionen. Denn Kiel muss auch erst einmal beweisen, dass sie nach dem Aufstieg über mehrere Spielzeiten konstant zum DFL-Bereich der Bundesliga und Zweiten Liga gehören können. Eine langjährige Etablierung ist gerade in der Zweiten Liga sehr schwer. Und das ist etwas, wofür Union viel Respekt und Anerkennung verdient hat, auch wenn der Ausreißer nach oben fehlt. Union hat Kiel was das Umfeld betrifft (Infrastruktur inklusive Stadion, Merchandise, etc.) so viel voraus, dass ich es etwas unfair finde, aus dem aktuellen sportlichen Ergebnis eine allgemein gültige Aussage abzuleiten. Denn die sportliche Situation ist von Momentaufnahmen geprägt. Und so toll das gerade mit Trainer Markus Anfang dort aussieht, aber was machen sie in Kiel eigentlich, wenn der Trainer und einige Spieler nach dieser Spielzeit dort weg sind?

Ich habe mal vor ein paar Jahren mit einem Aufsichtsrat eines Klubs telefoniert (nein, nicht bei Union oder Hertha), der mir sinngemäß sagte, als ich den Trainer lobte: „Können sie machen, aber von mir werden sie nicht hören, dass ich mir wünsche, wir würden einen langen Vertrag mit ihm eingehen. So erfolgreich der Trainer jetzt ist, er kann morgen absoluten Misserfolg haben oder er wird mit einer Flasche Schnaps in der Hand auf der Straße liegend gefunden. Und dann ist meine Aussage völliger Quatsch. Man muss da realistisch bleiben.“ Will heißen: Personen, die über das Wohl und Wehe von sportlich Verantwortlichen entscheiden, müssen eigentlich eine Perspektive haben, die über die jeweilige Saison hinaus reicht, auch wenn das schwierig ist, weil man nicht weiß, ob man vielleicht die Spielklasse wechselt.

Die anderen Beiträge der Berliner Medien befassen sich mit Sebastian Polters Kampfgewicht, Christopher Trimmels Wert, einem Statement von Spielern zum ehemaligen Co-Trainer Henrik Pedersen und der Frage, wer eigentlich die Elfmeter bei Union schießt:

Und sonst so?

Und wer morgen nach Kiel fährt, sollte einen Fünfer extra dabei haben. Sagt jedenfalls das Wuhlesyndikat:

Aus der Reihe „Kann passieren“: Union bewirbt den Vorverkauf der Karten für das Spiel gegen Bielefeld mit dem Vereinslogo von Bochum:

Twitter: @fcunion

2 Kommentare zu “Die Woche der Wahrheit beginnt

  1. Anstelle von DZ würde ich beim Gedanken an Kiel auch „im Strahl kotzen“. Dass ein schneller Aufstieg nicht nur positiv sein muss, wenn das Umfeld nicht stimmt, zeigt aber das Beispiel Paderborn. Deshalb vielleicht lieber Schritt für Schritt wachsen und dann aufsteigen, wenn man es auch verkraften kann. Ob das bei Union aktuell schon passen würde: Ich habe meine Zweifel. Nur doof, dass dem Wachsen in Liga 2 quasi natürliche Grenzen gesetzt sind, allein wegen der Mindereinnahmen gegenüber der 1. Liga. Den Spagat hinzubekommen, ist die große Kunst.

  2. Jens Otto

    nach dem ganzen Aufregungen der letzten Wochen 2017 (und auch meiner Verärgerung über so manche Art der Entscheidung und Kommunikation vorallem nach innen) habe ich für mich beschlossen es so zu handhaben wie Hofi auch, nicht verrückt machen, von Spiel zu Spiel schauen, gerade diese Saison (wie die guten Statistiken und Analysen hier auch immer wieder zeigen, Danke dafür!) ist unberechenbar, wir sollten uns immer unsere Tugenden ins Gedächtnis rufen, Hindernisse machen uns stark, vor 50 Jahren hat niemand geglaubt das wir wenige Monate später den Pokal holen und so war es schon immer, kämpfen und siegen!

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