Blog State of the Union

Ein Spiel braucht nicht viele Torszenen, um hochklassig zu sein

Union gewinnt 2:0 gegen Braunschweig. Und ich bekomme nach Abpfiff eine Nachricht von einem Stuttgarter, der sich dafür bedankt, dass Union mit dem Sieg dem VfB die Tabellenführung besorgt hat. „Nach der ganzen Scheiße der letzten Jahre ist es schön, den VfB mal irgendwo ganz oben zu sehen.“

Was ich am sehr chancenarmen Spiel am interessantesten fand, war die Intensität, mit der beide Mannschaften dafür gesorgt haben, dass das jeweils andere Team nicht das gewohnte Spiel aufziehen kann. Hätte man mit einer Stoppuhr dagestanden, dürfte kaum ein Unioner eine Sekunde den Ball gehabt haben, ohne von einem Braunschweiger gestört worden zu sein. Und umgekehrt galt das auch. Die logische Folge waren hohe Bälle über das Mittelfeld. Aber es war trotzdem sehenswert, wie taktisch diszipliniert beide Mannschaften ihre Vorgaben gehalten haben. Meine Sorge war, dass Union weit mehr als Braunschweig investiert hatte und mit zunehmender Spieldauer eventuell eher die Konzentration verlieren könnte als Braunschweig. Und mit dem Pfostentreffer von Kumbela (wie hat Jakob Busk den noch an den Pfosten gelenkt hat!) wäre es fast soweit gewesen.

Aber der initiale Fehler kam dann von Braunschweig. Weil sich niemand zu Kreilach hin orientierte, sprintete nach kurzem Zögern Innenverteidiger Phil Ofosu-Ayeh hin und ließ damit Simon Hedlund alleine, der genau die Zeit hatte, den Ball anzunehmen (und die Chance fast zu verdaddeln, wie ich erst dachte) und dann den Ball ins lange Eck schoss.

Ich weiß nicht, wann ich jemals eine so taktisch disziplinierte Union-Mannschaft gesehen habe, die in der Liga über 90 Minuten so gnadenlos den Gegner am Spiel gehindert hat. Und ich finde es ein bisschen witzig, dass ausgerechnet ein Pass in die Mitte zum 1:0 geführt hat (Kroos spielt von rechtsaußen auf Kreilach im Zentrum vor dem Strafraum), während in der ersten Hälfte dieser Weg fast komplett gescheut wurde, so dass sich selbst Damir Kreilach häufiger auf dem Flügel wiederfand.

Das konsequente Bespielen des Raums nach dem 2:0 führte auch dazu, dass Braunschweig weiterhin keinen Platz bekam, um Union großartig unter Druck zu setzen. Ich weiß nicht, was der Sky-Kommentator oder der Kicker gestern gesehen haben, die ein tristes bzw. schlechtes Spiel gesehen haben wollen. Das trifft nur zu, wenn man die Qualität einer Partie allein an der Menge an Torraumszenen bewertet. Aber nach diesem Maßstab müsste ja jedes Spiel von Werder Bremen ein Fußballfest sein.

Ich bleibe dabei, dass es ein Topspiel war, in dem beide Teams auf sehr hohem Niveau (und natürlich auf Kosten eines ansehnlichen Aufbauspiels) verteidigt haben. Deswegen hat Torsten Lieberknecht auch nach der Partie in der Pressekonferenz nicht so sehr dem Pfostenschuss hinterhergetrauert, sondern sagte: „Es liegt letztendlich daran, dass wir Gegentore bekommen haben.“ Ich entnehme dem und der sehr defensiven Ausrichtung von Braunschweig, dass er mit einem 0:0 zufrieden gewesen wäre.

Ich hatte gestern gesagt, dass es in der Unionoffensive außer Collin Quaner auch noch andere Optionen gibt. Die individuelle Qualität von Steven Skrzbyski, Philipp Hosiner und Simon Hedlund ist natürlich unbestritten, auch wenn da gestern die Hoffnung aus mir sprach, dass Chancen auch wieder effizient genutzt werden. Gestern war die zweite Chance bereits im Tor. Und die Hackenvorbereitung von Philipp Hosiner beim zweiten Treffer war extrem elegant (auch wenn wir anerkennen müssen, dass Simon Hedlund der Ball danach so versprungen ist, dass er erst die perfekte Vorlage für Dennis Daube wurde).

Kurz nach vorne geschaut: Bereits am Freitag geht es gegen Heidenheim. Das wird noch einmal eine harte Nuss.

Hier sind alle Artikel der Berliner Medien zum Spiel:

Die Bild hat diese Schlagzeile: „Alter Schwede! Union-Profi tanzt die Löwen aus“. Lest euch in dem Zusammenhang diesen Dialog auf Twitter durch:

Twiter: @czossi
Twitter: @ExWuschel

Der Kurier liebt im Kommentar zum Spiel Montagsspiele von Union. Was die Ergebnisse betrifft, stimme ich dem zu. Aber ich glaube, dass alle, die gestern kurzzeitig der „Sektion Ersatzverkehr“ (SEV) beigetreten sind, die Liebe für Montagsspiele bei gleichzeitig nicht fahrender S-Bahn nicht ganz teilen können:

Twitter: @spielbeobachter

 Fotos vom Spiel gibt es hier:

In der Morgenpost gibt es ein Interview mit Torsten Mattuschka zum bevorstehenden Pokalspiel zwischen Altglienicke und dem BAK (heute Abend 19 Uhr im Stadion Altglienicke). Tusche spielt beim Hallenturnier der Traditionsmannschaften am 14. Januar übrigens für Union.

Podcast

Wir senden heute ab 21 Uhr live.

3 Kommentare zu “Ein Spiel braucht nicht viele Torszenen, um hochklassig zu sein

  1. Ich war gestern seit langem mal wieder in der (K)alten Försterei.

    Mein persönliches Highlight des Spiels war es, Hans-Martin aus dem Podcast-Team an seiner Stimme und seiner treffsicheren Analysen in „Echtzeit“ zu erkennen (Ich stand vor ihm) Bemerkenswert finde ich den Unterschied zwischen seiner emotionaler Liveanalyse und der Abgeklärtheit während des Podcasts.

    Ein wunderschöner Fußballabend mit dem korrekten Ergebnis!

  2. Mich hat ein wenig gewundert, dass Braunschweig trotz defensiver Grundeinstellung Union relativ viel Platz gelassen hat. Wenn ich das mit Düsseldorf vergleiche, die hatten deutlich cleverer verteidigt (massiver Funkel-Beton). Deshalb hatte ich immer den Eindruck, Braunschweig ist zu bezwingen.

    Über die Kicker-Einschätzung zur Spielqualität war ich auch erstaunt. So sieht das nunmal aus, wenn sich zwei Mannschaften weitgehend egalisieren.

  3. Hans-Martin

    @mayo
    Das Vegnügen war ganz meinerseits (fame!!1elf!!).
    Und wenn ich im Podcast so emotional wäre wie im Stadion, würde Sebastian aus dem Augenrollen gar nicht mehr heraauskommen. ;-)

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