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DFB-Pokal-Karten bei Union online kaufen – eine Manöverkritik

Screenshot: Union-Zeughaus

Dieses Bild werden viele von uns gestern Morgen gesehen haben, als sie sich online um Karten für das DFB Pokal Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund bemühen wollten.

Ich persönlich sah es zum ersten mal um 11:12 Uhr – 12 Minuten nach dem offiziellen Verkaufsstart als ich an der Vorschaltseite vorbei war, die den zu erwartenden Ansturm in für den Server verträgliche Bahnen lenken sollte.

Zwölf Minuten nach dem Verkaufsstart mit einer Seite konfrontiert zu werden, die einem relativ unmissverständlich vermittelt, dass keine Tickets mehr zu haben sind, ist natürlich etwas ernüchternd. Dass ich mehr oder weniger zufällig via Twitter erfahren sollte, dass es anscheinend immer mal Kontingente gibt, die online „freigeschaltet“ werden, hat mich mehr verwirrt als beruhigt (Danke an Sebastian für die Information)

Nach ca. 20 Minuten Reload-Orgien, in denen ich jedem Justin Bieber Fan auf der Jagd nach einem Meet & Greet mit Justin himself Konkurrenz gemacht habe, sah ich dann auch das erste Mal tatsächlich ein grünes „Tickets verfügbar“.

Hätte ich geahnt, welch erratisches Verhalten einer eigentlich deterministischen Software mich hinter dem nun folgenden Klick erwartete, ich hätte wohl die Seite schnell verlassen und mir eine Menge Frust erspart.

Im Folgenden möchte ich in einer Art offenen Brief meine Vermutungen über die Ursachen dieses Frusts teilen in der Hoffnung, dass eventuell Schritte vom Verein und dem technischen Dienstleister unternommen werden können, um ähnliche Missgeschicke spätestens beim Vorverkauf für die dritte Runde des DFB Pokals dann zu vermeiden.

Am Ende habe ich ein paar Vorschläge zusammengesammelt, wie ein solches Erlebnis in Zukunft vermieden werden kann. Schauen wir uns also an, was meiner Meinung nach diesmal schief ging – here be dragons!

Hatte man den oben beschriebenen Prozess hinter sich gelassen, sah man eine Frage nach der Größe einer Regenjacke – eine zumindest ungewöhnliche Vorauswahl, wollte man doch Tickets kaufen. Union hatte zwar angekündigt zu jedem Ticket eine rote Regenjacke mitzugeben (für das Branding im Stadion!), eine Erwähnung dieser Tatsache an prominenter Stelle, hätte hier aber sicher geholfen.

Die Entscheidung, diese Regenjacke direkt an Kauf der Tickets zu koppeln, hat dem ganzen Vorgang aber in meinen Augen das Genick gebrochen.

Screenshot: Union-Zeughaus

Der Shop, den Union hier von LMS Sport lizenziert, macht an dieser Stelle Folgendes: Bei jeder Auswahl der Größe der Regenjacke sendet er eine Anfrage an den Server, ob die gewählte Konfiguration der Artikel noch im Lager vorhanden ist.

Dies ist eine durchaus sinnvolle Konfiguration, wenn es darum geht darüber Trikots, T-Shirts etc. im Normalbetrieb zu verkaufen: Kunde klickt auf ein Trikot, wählt eine Größe und kriegt dann die Rückmeldung, ob das Trikot in der Größe noch vorhanden ist.

Screenshot: Union-Zeughaus

Bei dem Verkauf von begehrten Tickets wie gestern ist diese Kopplung inklusive der erneuten Anfrage an den Server nach Größenanwahl aber Gift, wenn es darum geht, dem Kunden jederzeit klar zu vermitteln, was gerade passiert. Ich weiß nicht, in welchen Größenordnungen die Tickets heute im Shop nach und nach freigegeben wurden, aber nehmen wir an, dass der Kunde beim Neuladen der Seite eine der wenigen Minuten erwischt hat, in denen für einen Block Karten verfügbar waren.

Nach dem Klick auf diesen Block sieht er die grüne Meldung, dass Tickets verfügbar seien, er aber erstmal die Größe seiner Regenjacke wählen soll. Tut er dies, wird, wie vorgesehen, die Anfrage an den Server gesendet (s.o.), die nicht nur die Größeninformationen aktualisiert, sondern auch die Verfügbarkeit der Tickets. Da die freigegebenen Margen vermutlich sehr klein waren, war das Ergebnis dann meist, dass nach der Größenanwahl die Ticketverfügbarkeit wieder auf „nicht verfügbar“ gesetzt wurde – das genaue Gegenteil dessen, was dem Kunden noch einen Klick vorher angezeigt wurde. Rein technisch korrekt, da die Tickets mittlerweile vergriffen waren, trotzdem extrem verwirrend.

Da diese erneute Überprüfung via AJAX geschieht, kriegt nicht jeder Kunde mit, dass die Wahl der Größe der Regenjacke eigentlich eine komplett neue Anfrage ist und die Ansicht, die ihm eben noch mitgeteilt hat, dass Tickets verfügbar seien, schon nicht mehr aktuell ist. Dies passiert, weil diese AJAX Anfrage, wie gesagt, eigentlich dafür gedacht ist zu überprüfen, ob beispielsweise Trikots in der gewählten Größe noch vorhanden sind. Mit der vorher angezeigten Verfügbarkeit von Tickets in diesem Block hat sie nicht mehr viel zu tun. Dies ist inkonsistente Kundenansprache – nie eine gute Idee. Die Information, die dem Kunden präsentiert wird, sollte in jedem Schritt des Kaufprozesses konsistent sein. Wenn am Anfang stand, es seien noch Tickets verfügbar, darf mitten im Kaufprozess diese Information nicht ins Gegenteil verkehrt werden.

Dazu kommt die, in meinen Augen, katastrophale Kommunikation allgemein vom Verein, was den Online-Verkauf anging. Das ging bei der oben schon gezeigten Übersichtsseite voller ausverkaufter Blöcke los, auf der sich nicht ein Hinweis fand, das dies nicht der Weisheit letzter Schluss ist, sondern immer wieder Ticket-Kontingente freigegeben werden. Auch dies darf in meinen Augen nicht passieren.

Ebenso die Kommunikation der verfügbaren Ticket-Anzahl in den einzelnen Blöcken. War man dann mal, trotz aller Widrigkeiten, zu dem Eingabefeld vorgedrungen, in das man eingeben konnte, wieviele Tickets man gerne kaufen möchte, fand sich dort keine Information über die maximal verfügbaren Tickets. In das Freitextfeld (wer hatte eigentlich diese Idee?) konnte man jede Zahl eingeben, die man wollte. Zu oft kam dann die, reichlich nutzlose, Information, dass so viele Tickets nicht verfügbar wären. Keinerlei Information darüber, wieviele der Shop denn gerade geneigt wäre, herauszurücken. Die „versprochenen“ 10 Tickets pro Mitglied waren da längst in Vergessenheit geraten und auch völlig egal geworden. Es war an dieser Stelle mehr ein Ratespiel, welche Zahl nun akzeptiert würde.

Lieber Verein, liebes Zeughaus-Team, liebe Entwickler und Berater der LMS SPORT GmbH – nehmen wir uns doch mal den Werbespruch von der Homepage von LMS Sport GmbH zu Herzen und schauen wir, wie man einen solchen Prozess verbessern könnte, ja?

Screenshot Homepage LMS Sport GmbH
Screenshot: Homepage LMS Sport GmbH

Es stellt sich für mich so dar, als wäre hier ein Shopmodul zum Verkauf der Tickets verwendet worden, das eigentlich nicht als Ticketing Modul gedacht ist, sondern zum Verkauf von zeitunkritischen (!) Artikeln (Trikots, T-Shirts, und so weiter) gemacht ist. Das eigentliche Ticketing Modul sieht augenscheinlich anders aus und hat auch eine andere Teil-URL („spticket“ vs. „ShopProdukte“). Warum dies passiert ist und wer diese Entscheidung getroffen hat, wissen wir nicht und eigentlich ist es auch egal – es hat jedenfalls in meinen Augen zu der reichlich frustrierenden Regenjacken-Größen-wo-sind-die-Tickets-hin-die-eben-noch-verfügbar-waren-Situation geführt.

Dann die ebenfalls bereits angesprochene völlig fehlende Kommunikation und Erklärung der Prozesse: Wenn im Vorfeld vom Verein gesagt wird, es wird 10 Tickets pro Mitglied geben, kann es nicht sein, dass mir als Mitglied im Shop dann bei der Eingabe von 8 gewünschten Tickets gesagt wird, dass „diese Anzahl nicht verfügbar sei“. Schreibt bitte demnächst ganz klar hin, wieviele Tickets pro Block gerade verfügbar sind und wieviele ich in einem Bestellvorgang maximal bekommen kann und sorgt dann bitte dafür, dass diese zwei Angaben auch eingehalten werden.

Und dann letztendlich: Kommuniziert bitte klar und deutlich, dass die Tickets in Phasen freigeben werden und eine Seite wie die, mit der ich diesen offenen Brief eröffnet habe, nicht bedeutet, dass alle Tickets vergriffen sind.

So entsteht für mich der Eindruck, dass bei Union niemand den Prozess der Ticketbestellung getestet hat beziehungsweise bestimmte Randbedingungen („Tickets alle“) einfach in eventuellen Tests nicht berücksichtigt wurden. Der angestrebte Prozess war irgendwann schwammig zu erkennen, die allermeisten Schritte und Informationen musste man aber eher erraten.

Vorschlag bzw. Wunsch für den nächsten Ausnahmevorverkauf:

Eine klar geregelte Queue der Nutzer (first come, first serve) mit klar kommunizierten Karten-Kontingenten und Warteschlangen-Positionen. Jeder, der in einer Zeit, in der Karten freigeschaltet sind, rechtzeitig in die Warteschlange kommt, hat 15 Minuten oder so Zeit, um den Bestellprozess abzuschließen und in dieser Zeit ist die Anzahl Karten, die er gewählt hat, geblockt und für ihn reserviert. Ach, und die Anzahl der verfügbaren Karten sollte natürlich durch ein Dropdown auswählbar und entsprechend eingeschränkt sein – kein Freitextfeld oder ähnlichen Unsinn bitte.

Dazu klar kommunizierte Zeitpunkte, wann neue Kontingente freigeschaltet werden, so dass man sich rechtzeitig in die virtuelle Warteschlange einreihen kann. Und die Regenjacken bitte bitte erst im Warenkorb hinzufügen und nicht zur Vorbedingung einer Bestellung machen. Dann läuft das nächstes Mal auch besser.

Zu guter Letzt möchte ich noch festhalten, dass diese Zeilen nicht aus dem Frust heraus entstanden sind, keine Karten bekommen zu haben. Mir ist völlig bewusst, dass bei einer begrenzten Anzahl Karten nicht alle mit Kartenwunsch auch Karten abbekommen werden. Dies akzeptiert wahrscheinlich jeder, als Verkäufer wäre es dann jedoch angeraten, in einer solchen Situation den Prozess des Kartenkaufs nicht unnötig zu verkomplizieren und nicht noch extra frustrierend zu gestalten.

Das klappt ja auch normalerweise und offline hat ja augenscheinlich alles funktioniert aber zumindest online gab es diesmal so viele leicht vermeidbare Probleme, deren Ursache nicht so sehr in technischen Fehlern lagen, sondern in Prozessen, die nicht zu Ende gedacht wurden oder vermutlich aufgesetzt wurden, ohne die Limitierungen und Möglichkeiten der eingesetzten Shop-Software zu bedenken.

Viele Grüße,
Robert

13 Kommentare zu “DFB-Pokal-Karten bei Union online kaufen – eine Manöverkritik

  1. Ach Robert. Wie recht du hast.

  2. Noch eine kleine Ergänzung: selbst wenn man es endlich geschafft hatte, sage und schreibe 9! von den preiswerteren Tickets (32 ohne Gebühren) in den Warenkorb zu legen, war das noch nicht durch. Der Weg zur Kasse war nicht frei….sprich, man konnte diese Tickets nicht bezahlen. Immer wieder aktualisiert, weiter zur Kasse, keine Chance. Nach 15 Minuten sind dann die Tickets aus dem Warenkorb rausgefallen.
    Ich war gestern so sauer, dass ich immer noch überlege, überhaupt zu fahren. Für zwei Personen inkl. Fahrt und der teuren Tickets sind das jetzt 250 Euro. Und da kommt ja noch einiges dazu. Und wenn man dann noch alle 2 Wochen auswärts fährt braucht man bald mal einen Lottogewinn um das alles zu stemmen. ;)

  3. Wunderbar geschrieben und so recht, du hast. Ein Blick in andere Ticket Shops zeigt mir, wie einfach es gehen kann. Eventim mag teuer sein und vllt nur gut funktionieren, wenn man festgelegte Sitzplätze hat, aber innerhalb von fünf Minuten hatte ich dort meine Tickets und die Registrierung abgeschlossen. Der mini Aufschlag zum Selberdrucken, fast geschenkt, wenn ich an die knappen 7€ bei Union denke – wofür eigentlich?
    Ich würde es typisch Union finden, wenn wir da einen maximalen Sinn von Transparenz in den Verkauf bekämen. Außerdem, wer verlangt denn, dass die MA beim Verein Experten für Shopsoftware sein müssen… Aber man kann sicherlich auf viel Wissen aus der Fanszene bauen, die da gerne zur Seite stehen. Stadionbau ist das eine, webshop und Marketing (oh oh) aber was anderes…
    Danke für den Beitrag Robert. Hoffentlich wird er ernst genommen.

  4. Jan Grobi

    Ich gehörte zu den Offlinern und muss sagen, dass sich bis auf wenige Ausnahmen alle gesittet angestellt haben.
    Einige Kritikpunkte hab ich trotzdem:
    1.) Warum wird man mit der Schlange durch den gesamten Verkaufsraum geschleust? Wenn man sich um 4 Uhr aufmacht, dann zieht man sich warm an, im Zeughaus waren gefühlt 30°C und eine Stunde lang darin war nicht angenehm.
    2.) Ich wollte eigentlich Karten für Block 70 und man sagte mir an der Kasse um 13 Uhr „der Block ist ausverkauft (1 Karte verfügbar). Später, als ich zu Hause war, las ich, dass vor allem für den genannten Block noch viele Karten verfügbar sind.
    Aber alles in allem, ein großes Lob an das Team des Zeughauses

  5. Fischsocke

    Kurze Nachfrage, seid ihr euch sicher, dass beim Online Verkauf immer wieder neue Kontingente freigegeben wurden? Ich hatte ehrlich gesagt eher den Eindruck, dass die immer wieder freiwerdenden Karten in Zusammenhang mit den Problemen beim Abschluss des Kaufvorganges im Onlineshop standen. Viele (auch ich) schienen ja das Problem zu haben, dass man ganz am Anfang zwar seine Tickets in den Warenkorb bekommen hat (wo diese dann 15 Minuten lang reserviert sind), aber dann konnte man halt wegen einer Fehlermeldung den Kauf nicht abschließen und so verfiel die Reservierung und es wurden immer wieder einzelne reservierte Tickets frei. Das würde auch besser erklären, weshalb immer mal nur für wenige Sekunden Tickets in einzelnen Blocks verfügbar waren und nicht wenigstens für 1-2 Minuten gleichzeitig in allen Blocks.

  6. @Fischsocke: Nein, sicher bin ich mir da nicht. So stellte es sich von außen dar und ich habe dann einfach das mir am sinnvollsten erscheinende Vorgehen angenommen. Dein Szenario ist natürlich auch plausibel und würde die 15 Minuten Abstände erklären. Gut möglich.

  7. eiserner_bursche

    Leider hinterfragt hier weithin niemand warum man sich für zehn Karten pro Mitglied entschieden hat. Was sollte das? Und wo ist der große Gästeblock den jeder Verein beim BVB bekommt?

  8. @ robert , wie wäre es wenn du dich einmal bewerben würdest für den onlinevercauf , wenn du doch anscheinend oh soviel ahnung hast

  9. Tim: Du hast die zwei wichtigsten Regeln vergessen: 1. Die MA des Vereins sind Experten für jeden erdenklichen Bereich. 2. Expertise aus dem Fanlager ist grundsätzlich abzulehnen.

  10. Musiclover

    @ fan, wenn der Posten bereits an eine inkompetente Firma oder Person vergeben ist, wird diese ihren Posten wohl kaum freiwillig verlassen. Ein Bewerbung macht zum jetzigen Zeitpunkt also wenig Sinn.

  11. @ fan: Ich habe schon einen Job – danke. Und ein bisschen kenne ich mich in diesem Internet schon aus – habe 1995 immerhin den Internet-Füherschein gemacht und sammle seit 1997 die HÖRZU-Sonderausgaben mit den 1500 besten Webseiten.

  12. 5 Jahre später. Und der Ticketshop hat sich kein Stück verbessert – s. so-called Warteschlangen-Vorschaltseite.
    Ganz schön erschreckend.

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