Dieser Text von Steffi erschien zuerst im Januar 2012 im Köpenicker Magazin Maulbeerblatt.
Ein typisches Telefonat mit Detlef Schneeweiß klingt von seiner Seite etwa so: „Hallo Sebastian! – Ja, wann brauchst’n die? – Um sieben Uhr früh? – Geht klar, komm mal rüber.“ Schnell und präzise.
Foto: Matze Koch
Ganz anders ist Detlefs Büro. Das ist im Mannschaftscontainer untergebracht. Klar stehen dort Rechner und Büromöbel. Vor allem aber ist es ein Verwahrungsort. In und auf Vitrinen finden sich allerhand Erinnerungsstücke an Spieler und Fußballereignisse rund um den 1.FC Union. Historische Fußballschuhe sehe ich, eine Gipsmaske, unter der einmal das Gesicht von Karim Benyamina steckte, eine Collage zum Pokalfinale im Olympiastadion, ein Bild vom Teddybären im Union-Trikot, der Litex-Lovech-Wimpel und Unmengen Glücksbringer. Hier arbeitet einer, der dem Verein sehr verbunden ist.
Nun ist Detlef nicht etwa Museumsdirektor, sondern Mannschaftsleiter der ersten Herren beim 1.FC Union Berlin. Seine Stecktabelle zeigt deshalb auch konsequent ausschließlich die 2.Liga an.
„Ich bin das älteste Stück hier“
Nach dem ältesten Stück im Büro gefragt sagt Detlef knapp: „Ich.“ Auch wenn das nicht stimmt – wir finden später ein paar Stollenschuhe, die wohl noch handgefertigt sind – entspricht es doch dem Eindruck, dass Detlef schon immer da war. Tatsächlich sind es 13 Jahre, die er inzwischen für den Verein arbeitet. Im Fußball eine kleine Ewigkeit.
Mannschaftsleiter zu sein bedeutet, die Spieler so wenig wie möglich mit Alltag zu belasten. „Der Mannschaftsleiter fängt das auf, was so anfällt“, sagt Detlef. „Es geht los – bei ausländischen Spielern zumindest – mit Formalitäten beim Einwohnermeldeamt. Schulanmeldungen für die Kinder der Spieler. Kindergartenplätze. Führerscheinangelegenheiten. Organisieren von Auswärtsspielen, Bus, Flüge, Hotels. Enger Kontakt zum Ausrüster, Bestellen der gesamten Ausstattung – und immer da sein, wenn die Spieler etwas haben wollen.“
Auch Reifenwechseln und Wohnungssuche sind Dinge, um die sich kein Spieler selbst kümmern muss. „Viele beneiden mich um den Job, weil sie sagen, du bist nah an der Mannschaft. Du sitzt mit auf der Trainerbank und siehst die Spieler jeden Tag. Is‘ dit schau! Ja klar, das hat was. Aber dass Du jeden Tag 10 Stunden hier bist, manchmal an sieben Tagen in der Woche, sieht niemand.“ Auch Traumjobs sind Arbeit.
Lange hat Detlef als Mathematiklehrer gearbeitet. Einer, der am Montagmorgen mit seinen Schülern zunächst das Fußballwochenende ausgewertet hat. Später hat er einen Zeitungsvertrieb organisiert, danach zum Industriekaufmann umgeschult. Die Umschulung war noch nicht abgeschlossen, da wusste er schon, dass das nichts für ihn ist. „In der Berliner Fußballwoche las ich im Frühjahr 1999, dass der 1. FC Union – mein 1. FC Union – einen Mannschaftsleiter und einen Zeugwart sucht. Ich dachte: Union-Fan bist Du schon seit Jahrzehnten, versuchst Du es einfach mal.“
Leiter einer Schulklasse oder Leiter einer Sportmannschaft – das ist manchmal gar nicht so verschieden. Hier wie dort ist es ein Kommen und Gehen. „Man gewöhnt sich an alle. Ich sag immer: Wer mit mir nicht zurecht kommt, ist selber schuld. Dem einen oder anderen Spieler trauert man nach. Da sagt man: Das war ein dufter Typ, wir haben uns gut verstanden. Aber nach einem halben Jahr ist das fast vergessen. Andersherum verdrängt man auch, dass es einige gibt, zu denen man nicht so richtig Kontakt findet.“ Ehemalige Schützlinge, seien es Spieler oder Schüler, trifft Detlef inzwischen fast überall.
Was die Arbeit mit jungen Menschen mit sich bringt, sind Denkanstöße. „Facebook haben mir die Spieler gezeigt.“ Da ist er neugierig geblieben, obwohl er lieber telefoniert. Ruhestand kann er sich dagegen noch nicht so richtig vorstellen. Auch wegen der vielen Ruhe.
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