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Norbert Düwel ist on Fire

Der Neue hat es immer schwer. Vor allem, wenn er auf jemanden folgt, der die Position lange vorher inne hatte. So geht es auch Unions Cheftrainer Norbert Düwel, der seit etwas mehr als einer Woche im Amt ist. An dem nicht mehr anwesenden, aber irgendwie immer noch präsenten Uwe Neuhaus wird er gemessen. Jedenfalls von uns Journalisten, die wir am Dienstag Mittag zwei Stunden Zeit hatten, ihm alle Fragen der Welt zu stellen. Irgendwann wies Düwel bei der Frage nach seinem Spielsystem und dem implizierten Vergleich mit Neuhaus auch darauf hin, indem er klar sagte: „Ich bin ja jemand anderes.“


Foto: Koch

Es ist das Schicksal des 46-Jährigen, dass er gerade eine Saison und sein Arbeitsumfeld vorbereitet, aber nach außen nichts davon ankommt. So ist es schwierig, sich ein Bild von ihm zu machen. Denn erst in den Taten und der Kommunikation der Entscheidungen wird sich zeigen, welche Art von Coach Düwel ist. Bisher liegen vor allem Absichtserklärungen vor. Das wird sich aber zügig ändern.

Zuerst wird er spätestens Anfang nächster Woche bekanntgeben, ob er weiter mit dem Trainerteam von Neuhaus zusammenarbeiten wird. Einen eigenen Co-Trainer hat der Neue noch nicht mitgebracht. Doch vom Verein wird ihm da Gestaltungsspielraum gelassen. Persönlich erwarte ich, dass André Hofschneider nicht Co-Trainer bleiben wird. Ein Neuanfang mit dem rechten Arm von Uwe Neuhaus sähe mir nicht nach dem geforderten emotionalen Neustart aus.

„Uns geht kein Transfer durch die Lappen“

Als nächstes kommen die Transfers. Daran wird im Hintergrund gearbeitet. Aber auch mit der bei Union gewohnten nordkoreanischen Ruhe. Nichts dringt nach außen. So hält es auch Düwel:

Gemeinsam mit dem Scoutingteam und Nico Schäfer sind wir die Spieler durchgegangen, die der Verein als Zugänge im Blick hat. Ich habe mich da selbstverständlich auch eingebracht. Ich beobachte mögliche neue Spieler, aber auch kommende Gegner, am liebsten persönlich im Stadion und möchte mir vor Ort einen Eindruck verschaffen. Zugänge alleine aufgrund von Potential zu verpflichten, ist etwas gefährlich. Aber sie sollten schon vom Alter und von der Entwicklung her eine Perspektive haben. Klar ist, dass die Priorität in der Verjüngung der Mannschaft liegt. Wir haben kein Zieldatum, bis zu dem alle Verpflichtungen durch sein sollen. Im Fußball kann bis zum letzten Tag der Transferperiode bei den Zu- und Abgängen alles passieren. Ich bin mir aber sicher: Uns wird keiner durch die Lappen gehen, den wir wirklich haben wollen.


Foto: Stefanie Fiebrig

Ich habe den Trainer gefragt, warum sich neue Spieler für Union entscheiden sollen. Ähnliches wollte ich bereits letzte Woche von Präsident Dirk Zingler wissen. Düwel sagte dazu:

Weil Union ein sensationeller Klub ist. Für jeden Spieler, der es nicht ad-hoc in die Bundesliga schafft, ist das hier eine Top-Adresse. Die Trainingsbedingungen sind außerdem erstklassig.

Der Bedarf von Union ist klar: Es wird auf jeden Fall ein linker Außenverteidiger gesucht und ein zweiter Torhüter. Darüber hinaus erwarte ich vor allem torgefährliche Offensivspieler. Da hat Union auf den Außenpositionen Handlungsdruck.

„Torsten Mattuschka ist nicht meine größte Baustelle“

Zu den ersten Gesprächen des neuen Trainers gehörten auch Unterhaltungen mit dem bisherigen Mannschaftskapitän Torsten Mattuschka und dem Mannschaftsrat. „Beschnuppern“, nannte Tusche das. Auch Düwel wollte wissen, wie die „Vereinslegende“ (O-Ton Trainer) tickt: „Ich wollte von ihm eine Einschätzung, wie er die abgelaufene Saison sieht. – Er ist und wird ein wichtiger Faktor sein.“ Doch der neue Trainer ist auch hier schlau genug, nicht schon vorzeitig alles klar zu machen:

Aber auf einen Kapitän möchte ich mich noch nicht festlegen. Den werde ich erst vor dem ersten Pflichtspiel festlegen. Das ist für mich eine wichtige Entscheidung. Da gibt es aus meiner Sicht nichts besseres, als sich selbst während der Vorbereitung einen Eindruck zu verschaffen. Im Normalfall würde ich den Kapitän wählen lassen. Aber vielleicht entscheide ich auch: Das ist mein Kapitän und mein verlängerter Arm auf dem Platz. Da habe ich mich noch nicht festgelegt.

Foto: Koch

Ähnlich hat es Jos Luhukay bei Hertha in den vergangenen zwei Jahren gehalten. Der Kapitän wurde immer erst vor dem ersten Pflichtsspiel benannt. Dann aber transparent und mit durchaus deutlichen Worten. So hatte der Niederländer über seinem Aufstiegskapitän Peter Niemeyer gesagt: „Sportlich ist ein Stück Zweifel da. Er ist nicht mehr gesetzt.“ Deshalb nahm er ihm die Binde. Auf Union gemünzt: Es würde mich nicht überraschen, wenn Tusche nicht mehr Kapitän ist. Ihn sicher auch nicht. Es geht dann um die Kommunikation der Entscheidung. Klar und gerade aus gesagt sollte dieser Wechsel keine Irritationen auslösen. Das wird Düwel auch im Kopf haben, schließlich sagte er:

Ich glaube nicht, dass Tusche meine größte Baustelle sein wird. Die Zahlen wie Vorlagen und Tore sind mir dabei erst einmal egal. Das war in der abgelaufenen Saison. Wichtig ist, dass die Spieler das umsetzen können, was ich möchte. Aber meine Fußballphilosophie ist kein Hexenwerk. Dabei achte ich nicht auf Namen und mache mich völlig frei von dem, was vorher war.

Zahlen sind keine Inhalte

Die meiner Meinung nach schwierigste Frage aktuell ist die nach dem Fußball von Norbert Düwel. Er war Co-Trainer unter Mirko Slomka in Hannover und hat dort nicht nur die Hütchen aufgestellt. Darauf legt der Coach sehr viel Wert. Doch sehen können wir alle bisher nichts. Denn die Arbeit auf dem Platz liegt wegen der Sommerpause erst einmal brach. Und an dieser Tatsache wird sich auch bis zum Trainingsauftakt am 25. Juni nicht viel ändern. Wir reden also viel ins Blaue hinein. Düwel macht aber klar, dass er beispielsweise von Waldläufen nichts hält, sondern viel Fitness auf dem Platz mit dem Ball erarbeiten möchte. Aus seinen Äußerungen höre ich heraus, dass er gerne Tempofußball sehen möchte, aber auch weiß, dass gerade in der Zweiten Liga jede Mannschaft in der Lage ist, defensiv sicher zu stehen, selbst wenn sie offensiv nicht aktiv wird.

Ich habe eine Idee vom Fußball, und die werde ich der Mannschaft vermitteln und auf den Platz bringen. In Hannover war ich ja nicht nur Zuschauer. Die Spielweise dort haben wir als Trainerteam gemeinsam entwickelt. Union wird aber keine Kopie von 96. Die Taktik hat zur damaligen Zeit mit den Spielern zu dem Zeitpunkt gepasst. Das muss man natürlich an die Gegebenheiten anpassen und nicht stur daran festhalten. Ballbesitz um des Ballbesitz´ Willen ist jedenfalls nicht meine Art Fußball. Taktisch ist vieles möglich. Zahlen sind dabei nicht relevant. Ob 4-4-2 mit oder ohne Raute oder 4-3-3 oder 4-2-3-1. Wichtig ist, wie die Positionen im Spiel ausgefüllt werden.


Foto: Stefanie Fiebrig

Dem Trainer bleibt nicht viel mehr übrig, als allgemein zu reden. Zu spüren ist aber, dass alle im Verein Lust darauf haben, sofort loszulegen. Die Urlaubspause ist ein permanentes Scharren mit den Hufen. Das betrifft auch Norbert Düwel, der mehr als einmal den Satz sagt: „Ich bin on Fire.“ Er macht keinen Urlaub in diesem Sommer. Zu dem Thema sagte er nur lapidar: „Ich war ein Jahr arbeitssuchend, ich bin ausgeruht genug.“

4 Kommentare zu “Norbert Düwel ist on Fire

  1. Danke. Steffi …. Und danke für Dein Bild Nr.1 . Soll auch heißen, Mathias hör auf zu fotografieren und schreib lieber …. Du Steffi bist eine die „beides“ kann, dass mag ich.
    Oder wie mein Freund Stefan sagt “ Dem Kreativen muß etwas auffallen, bevor ihm etwas einfällt “ … Hab einen schönen Sommer. Danke und Eisern. Matti

  2. Danke – super geschrieben! Eisern!

  3. milchgesicht

    oohhhh, das ist alles so wunderbar und aufregend. dieser neustart war bitter nötig.

  4. J.D.Coke

    Toller Artikel, wie immer sehr lesenswert. Den Worten muss unser neuer Trainer allerdings auch Taten folgen lassen. Vielleicht nicht bei Hofi, aber sonst: Feuer frei Herr Düwel, lass es krachen.
    Dem „Textilvergehen“ eine schöne, entspannte Sommerpause und man liest sich…

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