State of the Union

Uwe Neuhaus oder Das Undenkbare denken

Den ersten Schreck besorgte mir heute ein Tweet. Ich wischte etwas lustlos über das Telefon und schaute in den verschiedenen Listen und gespeicherten Suchen, was denn so los war. Nüscht. Jedenfalls nichts, was mich zum Thema Union sonderlich bewegt hätte. Bis mich dieser Tweet ansprang:

Der Klick auf den Link verwies auf die Texte aus der Redaktionsgemeinschaft Bild und BZ, die von einem MännerGespräch zwischen Präsident Dirk Zingler und Trainer Uwe Neuhaus berichteten:

Der Grund für das Ungemach ist das Abschneiden des Teams, das aufstiegstauglich verstärkt wurde und in der schwächsten „Stärksten Zweiten Liga aller Zeiten“ doch nicht bis zum Ende mit um den Sprung in die Erstklassigkeit kämpfen konnte. Da der Trainer die sportliche Verantwortung allein tragen wollte, bekommt er jetzt auch den Gegenwind auf sich persönlich zugeschnitten. „Ergebnis nach dem 29. Spieltag: Platz 7. Für diese Platzierung hätte man keinen Etat von über 11 Mio Euro gebraucht“, schreiben Bild/BZ.


Foto: Koch

Ganz im Gegensatz dazu steht der Kurier, der sich versucht, in den Trainer hineinzuversetzen. Im Vergleich zur Boulevard-Konkurrenz ist das geradezu handzahm.

Bei Neuhaus geht es mir wie mit Helmut Kohl

Ich denke die ganze Zeit daran, dass es viele Argumente für einen Trainerwechsel gibt. Festgefahrenes aufbrechen, das Team benötigt einen Generationswechsel, eine neue Art der sportlichen Leitung hereinholen, Bewährtem wie dem EisernLab weiter Priorität zukommen lassen. Bei all diesen Gedanken komme ich mir vor wie in meiner Kindheit und Jugend, als der Bundeskanzler immer Helmut Kohl hieß. Wie ein Regierungswechsel geht, musste ich im Geschichtsbuch nachlesen. Ähnlich geht es mir mit Uwe Neuhaus. Ich weiß gar nicht mehr, wie Trainerwechsel geht.

Und dann ist da das Gegenargument: Uwe Neuhaus hat noch einen Vertrag bis 2016. Eine Trennung dürfte teuer werden. Außerdem ist die Alternative unklar. Klar ist nur, dass Jürgen Klopp niemals Union trainieren würde. All dies schwirrt mir im Kopf herum. Und ich merke: So ist das, wenn man das Undenkbare denkt.

Zinglers Erkenntnis: Erfolg kommt durch Vertrauen

Pling! Eine SMS holt mich aus den Gedanken. Darin die Frage, ob der Abgang von Neuhaus schon in Sack und Tüten ist. Puh, das geht aber schnell. Mir persönlich, der ich nie ein gutes persönliches Verhältnis zum Trainer hatte, geht das alles etwas zu schnell.

Foto: Koch

Ich denke daran, was Dirk Zingler im vergangenen Sommer in der Morgenpost zum Thema gesagt hatte:

Wir haben mit Uwe Neuhaus einen Trainer, der inzwischen der dienstälteste im deutschen Profifußball ist. Das konnte ich mir vor ein paar Jahren noch weniger vorstellen als die umfassende Modernisierung unseres Stadions. Dazu gehört auch, in schlechten Zeiten zueinander zu stehen, eine Philosophie zu haben, wie man mit Menschen umgehen will. Wir haben ja nicht geplant, sechs Jahre zusammenzuarbeiten, sondern wir haben festgestellt, dass Erfolg sich einstellt, wenn man vertrauensvoll und unter bestimmten Prinzipien miteinander arbeitet.

Das sagt der Präsident, der Fußball vollkommen unromatisch, aber zu recht als Hochrisiko-Anlage bezeichnet hat. Es müsste also mehr passiert sein, als ein enttäuschender siebter Platz jenseits von gut und böse in der Zweiten Liga, sollte der Trainer Union demnächst verlassen. Beispielsweise müsste man das Zutrauen in die Fähigkeit des Trainers verlieren, eine Mannschaft weiterzuentwickeln.

Die anderen Berliner Medien nehmen das Thema nicht auf:

Mit einem Satz kommt die Berliner Zeitung zu einer vollkommen anderen Einschätzung:

Die Ehe zwischen Trainer und Verein ist dennoch nicht in Gefahr, selbst wenn die 50-Punkte-Marke und somit die Kleinstschrittverbesserung verpasst würde.

4 Kommentare zu “Uwe Neuhaus oder Das Undenkbare denken

  1. Diese Mannschaft kann immer noch 4. oder 5. werden. Das wäre dann ein Riesensprung gegenüber dem Vorjahr. Nach oben wird die Luft bekanntlich inmer dünner… Wie kann man erwarten nach 5 Jahren Zweitligazugehörigkeit einen Anspruch auf die 1. Liga zu haben? Den man bis zum letzten Drittel der Saison auch gar nicht öffentlich kommuniziert hat. Wie absurd würde da eine Trainerentlassung wirken? (Wohl in etwa so absurd wie in Leverkusen, wo, auf Platz 5 stehend, der Teammanger den Trainer entlässt, danach aber den Schiri für die soeben erlittene Niederlage verantwortlich macht?!)

  2. super harter mega krass ostiger hooligan

    jeder, der augen im kopf hat, kann sehen, dass sich die mannschaft die letzten jahre nicht substantiell weiterentwickelt hat. das große glück des uwe neuhaus war es, dass sich platzierungstechnisch die mannschaft dennoch stets verbessert hat. dementsprechend war kritik an neuhaus in den und durch die medien nicht möglich. sollte das ziel aufstieg diesmal klar verfehlt werden, dann wird sich dies zum ersten mal gehörig ändern. dass die verantwortlichen im verein, die letzten jahre mit einem trainer glücklich waren, der teure einkäufe nicht in die mannschaft integrieren konnte, eigene talente kaum weiterentwickeln half, taktisch seltsamen fußball spielen ließ und auf zwischenmenschlicher ebene stets reibungsverluste erzeugte, kann ich mir kaum vorstellen.
    man bedenke, dass der trainer in den medien die letzten jahre unantastbar war, wenn nun diskussion losgehen, so kann man das als erstes indiz deuten, dass erste kleine teile von neuhaus truppen am überlaufen sind – aber das kann sich dann auch ganz schnell verstärken.
    ein weiteres jahr neuhaus wäre für die entwicklung des vereins in meinen augen schlimmer, als eine teure abfindung. kann mir gut vorstellen, dass das auch einige im verein so sehen.

  3. *räusper*

    Hatte ich nicht fragende Blicke geerntet, als ich sagte, ihr müsst den Trainer entlassen…

  4. […] Uhr im Stadion an der Alten Försterei bot aus Unionperspektive Diskussionsstoff. Erst wurde ein Disput/Gespräch zwischen Präsident Dirk Zingler und Trainer Uwe Neuhaus publik, das von der Lautstärke den irgendwann über den Müggelsee von und zum Flughafen BER kreisenden […]

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