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„Ich denke immer positiv!“ – Ein fiktives Gespräch in schweren Zeiten

Hinweis: Dieses fiktive Gespräch hat nichts, aber überhaupt gar nichts mit der Realität zu tun.

Liebe Pressevertreter, ich wende mich nach der Freude von Mainz sowie der Enttäuschung gegen Wolfsburg an Sie. Aus diesem Satz sind viele Worte nebensächlich. Wichtig, sehr, sehr wichtig, sind genau drei: Enttäuschung, Pressevertreter, nebensächlich!

Foto: Koch

Pressearbeit ist unser Leben. Meines seit nunmehr 16 Minuten in voller Intensität.

Fans, das ist die Macht, die uns antreibt. Auch wenn dieser Satz grammatikalisch abenteuerlich ist, sind uns die Einnahmen aus Ostkurve, Haupt- und Gegengerade bis hin zum Marathontor wichtig.

Bundesliga, das ist unsere Spielklasse… jedenfalls zunächst noch. Mein festes, unser festes Ziel für die kommende Saison ist, neben der Anschaffung einer Deutschen Grammatik, ist weiterhin die gute Zusammenarbeit mit der Presse für kommende Saison, ganz egal, wie schwer die Lage momentan ist.

Ja, die Gesprächsbereitschaft nach dem Spiel gegen Wolfsburg war ein herber Rückschlag. Vor allem, weil die phasenweise toll formulierten Plattitüden und Durchhalteparolen, die ich mir zurechtgelegt hatte, ungenutzt blieben und am Ende in Ihren Augen ein bitteres, dem Geschehen vollkommen gerecht werdendes Ergebnis, aufleuchtete.

Aber genau deswegen will ich Ihnen, liebe Pressevertreter, die brennendsten Fragen nach dem 28. Spieltag beantworten – jedenfalls das, was ich dafür halte. Weil ich sie mir selbst stelle, und auch beantworte, werde ich nichts von Ihren Rückfragen spüren und kann weiterhin für unsere Hertha kämpfen.

Die Medienvertreter fragen (…glaube ich zumindest):

Ist Hertha jetzt schon abgestiegen, wie gehen Sie mir dieser Situation um?

Ich danke mir selbst, dass ich mein Interview mit dieser Frage beginne, denn so sind die Durchhalteparolen und leeren Versprechungen, die ich mir bereits nach dem unglücklichen Eigentor zurechtgelegt hatte, doch nicht für die Katz gewesen.

„Hertha BSC, unser Verein, ist noch lange nicht abgestiegen! Wir haben noch sechs Partien und somit noch mindestens 18 Punkte zu holen … Wir sind auf dem richtigen Weg, Pech im Abschluss, guter Trainer…“ – bitte vervollständigen Sie selbst den Rest, sie machen diesen Unsinn schließlich schon länger als ich … Wenn Sie eventuell noch etwas von „nicht beirren lassen“ hier einfügen würden, dann muss ich mich nicht darum kümmern.

Reden Sie sich die Hoffnung nicht nur ein? Der Trend ist doch ganz deutlich und führt direkt in die Zweite Liga?

Diese Unterstellung weise ich entschieden zurück, auch wenn ich sie mir selbst ausgedacht habe. Otto Rehhagel, Rene Tretschok und Ante Covic haben die mentale und kämpferische Trendwende geschafft. Zumindest steht dieser Satz so in dem Buch „Wie rede ich mir meine eigenen Entscheidungen schön? Tausendundein hilfreicher Tipp für mittelständige Abteilungsleiter“, welches ich mir kurz nach dem Spiel gegen Wolfsburg auf meinen Kindle lud. Diese Kindlegeschichte wird sich durchsetzen und in Sachen Lesen das Glück zurückerobern. Davon bin ich überzeugt.

Wie können Sie verhindern, dass die Mannschaft sich aufgibt?

Lassen Sie mich diese selbstausgedachte Frage mit ebenso selbstausgedachter Küchentischphilosophie beantworten. Nachdem wir durch eigene Dummheit und spielerischer Überlegenheit des Gegners gegen Wolfsburg 1:2 zurücklagen, habe ich eine Mannschaft gesehen, die sich Chance um Chance erspielte und die sich niemals aufgab. Das im gleichen Spiel noch Hertha mitspielte, können Sie mir nun wirklich nicht zum Vorwurf machen – Fragen, die den Spielplan betreffen, beantwortet ausschließlich die DFL.

Gibt es Konsequenzen nach der Niederlage gegen Wolfsburg? Die Trainer haben Montag frei gegeben…

Nein. Wir werden weiterhin die gleiche offene und faire Kommunikationsstrategie mit den Vertretern der Presse und unseren Fans an den Tag legen, die wir auch vor dem Spiel zu hundert Prozent verfolgt haben. Nach dem Verlauf der Pressekonferenz waren Sie total enttäuscht. Deshalb war es richtig von mir, dass ich die Hoheit über Ihre Arbeit zunächst an mich nahm und Ihnen den Montag quasi freigegeben habe. Sie sollen diese Enttäuschung verarbeiten und die mentale Frische zurückbekommen, die ab Dienstag eine voll und ganz unkritische Berichterstattung erlaubt.

Und was, wenn der Abstieg trotzdem passiert?

Darauf werde ich keine Antwort geben – auch wenn ich mir die Frage selbst gestellt habe. Für Hertha, für unsere Fans, für Ehre, das Vaterland… wie war die Frage nochmal?

Lassen Sie mich am Abschluss bitte noch meine Mutti grüßen. Hallo Mutti, ich bin im Internet!


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11 Kommentare zu “„Ich denke immer positiv!“ – Ein fiktives Gespräch in schweren Zeiten

  1. Lachfalten allenhalben – Danke!

  2. Zitronenmicha vom Feinsten. Großartig :-)

  3. Billig.
    :-(

  4. Und mehr als flüssig.

  5. Ach Leute!

    Das liest sich hier aber sehr nach „beleidigtem Journalisten“. Ganz davon abgesehen, dass es einen starken Beigeschmack hat, wenn jetzt hier in einem Union-Blog (ja, ja, ich weiß, Blog für Fußball-Kultur) auf den Stadtkonkurrenten eingedroschen wird. Macht’s euch Spaß? Na dann: weitermachen!

  6. Hierzu stelle ich fest: Ich bin weder Journalist noch beleidigt.

  7. frau_elster

    Ob Stadtkonkurrent oder nicht. So eine Vorlage kann man durchaus mal verwerten. Ich finds lustig, auch wenn mir der Micha derzeit etwas leid tut. Aber bei ihm trifft wohl die unumstößliche Fußballwahrheit “ Haste Scheiße am Schuh, dann haste Scheiße am Schuh!“ zu.

  8. @Robert: Zum Glück habe ich Anführungszeichen gesetzt. Was soll’s, nix für ungut.

  9. Großartig, Robert. Weiter machen

  10. @Faase ich kündige mal vorsorglich was an, auch wenn ich hoffe, dass es nicht so bald eintritt: Wenn Union und Hertha in einer Liga aufeinander treffen, wird auch hier wieder verstärkt Hertha stattfinden. Haben wir bei Herthas letzter Zweitligasaison (damals!) genauso gemacht. Nicht aus Bosheit, sondern weil es unser unmittelbares Fußballumfeld ist und uns irgendwie … mitbetrifft. Und auch interessiert. Eine ähnliche Satire wie die von Robert mussten sich übrigens Uwe Neuhaus auch schon gefallen lassen ;) Man sagt, er sei drüber hinweg gekommen. Wir gehen im aktuellen Podcast (Sebastian schnippelt noch dran) etwas un-ironischer darauf ein.

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