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Union Berlin und FC St. Pauli: Manchmal ist Freiheit dreckig und natürlich ist Fußball auch Politik

Die schlechte Nachricht vorneweg: Wir. Werden. Nicht. In. Hamburg. Sein. Niemanden könnte das mehr schmerzen als uns, und leider gibts keinen, den man dafür zur Verantwortung oder an den Ohren ziehen könnte. Trotzdem ein Großteil des Millerntorstadions fehlt, gingen soviele Karten wie auch sonst üblich nach Berlin. Es waren angesichts des Publikumsinteresses zu wenige. Der Verein -also, der unsrige- hat sich bemüht, die zu wenigen Karten so gerecht als möglich zu verteilen. Union gegen St. Pauli ist eine dieser Partien, bei denen die Karten immer irgendwie zu wenige sein werden, selbst wenn man das Spiel auf Mittwoch früh um 6 in den Wald verlegte. „Wie kommt das?“ haben wir uns gefragt. Und weil wir keine Zeit für die Planung und Durchführung einer Auswärtsfahrt verwenden mussten, sind wir statt dessen genau dieser Frage nachgegangen. Für alle, die auch zuhause bleiben müssen. Für alle, die dabei sein können.

Wir haben aus Praktikabilitätsgründen die eine große Frage in fünf kleinere zerbröselt und an Erik nach Hamburg geschickt. Erik kennen wir aus diesem Dorf namens Twitter. Er war am Montag zusammen mit Heiko zum Spiel gegen Kaiserslautern im Stadion An der Alten Försterei und schrieb hinterher mit einiger Begeisterung, es sei eine „millertorartige Stimmung“ gewesen. Unverschämtheit, dachte ich. Aber ´ne nette Unverschämtheit. Und genau der richtige Mensch zum Befragen. Erik las unsere Fragen, stutzte, spruch: dis kann ich so nicht beantworten. In allen anderen Fällen wäre das der frühe Tod einer an sich guten Idee gewesen. Was aber macht der netzaffine Fan der Neuzeit? Er setzt auf Schwarmintelligenz und reicht die Frage weiter. An ungefähr alle Leute, die er kennt. Entstanden ist nicht „die Antwort“, sondern ein Antwortenfestival.

Wir freuen uns und sagen danke dafür!

20091128_union-stpauli

Wir dachten, St. Pauli sei im goldenen Westen, aber die Stadionfrage begleitet Euch ja mindestens genauso lange wie uns. Welche Probleme gab es und mit welchen Einschränkungen müsst ihr während des Umbaus leben? Gab es bei euch ebenfalls Überlegungen, die Fans am Bau zu beteiligen?

René Martens (Autor von „Niemand siegt am Millerntor. Die Geschichte des legendären St.-Pauli-Stadions„) antwortet:

Einige Teilaspekte von Frage 1 kann ich kurz anreißen. Da das Thema Stadion-um bzw. – neubau uns seit 1983 begleitet und es sich bei dem Modell, das sich jetzt in der Umsetzung befindet, um ungefähr das achte handelt (über die genaue Zahl lässt sich streiten, das hängt davon ab, ob man bestimmte Untervarianten als eigenständiges Modell betrachtet), lässt sich zu den Problemen nur so viel sagen: Es gab praktisch jedes Mal andere.

Zu den Problemen, die es beim Bau der Südtribüne gab, vielleicht so viel: Die Planung war in vielerlei Hinsicht unprofessionell, der externe Projektleiter agierte sehr oft sehr befremdlich (glücklicherweise mischt der Bursche beim weiteren Neubau nicht mehr mit). Außerdem wurden wesentliche Teile des Konzepts nicht umgesetzt. Unter dem Schlagwort „St. Pauli antik“ war angekündigt worden, den Charme des alten Stadions auf innenarchitektonischem Wege ins neue Bauwerk zu transferieren. Von diesen Ideen ist aber fast nichts übrig geblieben.

Ein Problem war sicherlich auch, dass es mit der Fanbeteiligung – um ein weiteres Stichwort aufzugreifen – nicht hingehauen hat: Ende August 2007 löste sich die so genannte Lenkungsgruppe auf, die aus Fanvertretern und Mitgliedern des Amateurvorstands bestand – und beim Stadionbau eigentlich als eine Art Beirat und Kontrollgremium für die operativ tätige Projektgruppe fungieren sollte. In einer Stellungnahme zur Auflösung heißt es: „Nach nun genau einem Jahr und zehn Treffen dieser Lenkungsgruppe“ sei „die Einbindung von FanvertreterInnen gescheitert“. Die gesamte Lenkungsgruppe sei „in diesem Jahr in keine der anfallenden Grundsatzentscheidungen eingebunden“ gewesen, „eine Überwachung der Projektgruppe konnte nicht stattfinden“.

Wer mehr lesen will: in dem Buch „Niemand siegt am Millerntor“ finden sich zwei Kapitel zu diesen Themen (‚À là recherche du temps perdu. Die Geschichte der nicht realisierten Neubauten“ und „Status quo vadis. Die lange Geschichte einer noch jungen Tribüne“ und in „Wunder gibt es immer wieder“ eines („Das lange Warten. Der beschwerliche Weg zu einem neuen Stadion“).

Einerseits sieht man eure Fanartikel bundesweit, Sachen von St. Pauli gelten als Street Wear chic, und man kann sie auch bundesweit kaufen. Andererseits gibt es mit dem selbstverwalteten Fanladen und Fanprojekten noch immer eine linke Kultur. Wie nimmt man als Fan diese Diskrepanz wahr und lebt mit ihr? Gibt es einen Weg, sich der Kommerzialisierung zu öffnen und damit die Perspektiven des Klubs zu erweitern und gleichzeitig die Klubidentität zu wahren?

Im Grunde genommen ist es alles eine Frage der Balance. St. Pauli verkauft sich so gut, weil es ein Image hat, das sich beänsgtigend nahtlos in den Zeitgeist einzufügen scheint. Piraten, Freibeuterei und Totenkopf-Motive finden sich derzeit ja auch bei Ed Hardy und echten Designern. Das aber als Grund für die guten Geschäfte mit der Marke St. Pauli auszumachen, wäre zu kurz gedacht. Und gefährlich.

Zunächst muss man festhalten, dass der FC St. Pauli an den Verkäufen von Merchandising-Artikeln mit Totenkopf oder Vereinsemblem nur minimal partizipert. Nach einem aus der Not geborenen Schweine-Deal, nennen es die einen, Nothilfe-Rendite sicher die anderen, verbleiben beim Verein nur 10% der Einnahmen aus Totenkopf-T-Shirts und Co. – und das auf Jahrzehnte, wenn ich das Hamburger Abendblatt und Corny Littmann recht verstehe.

Trotz und gerade deswegen gibt es eine sehr lebendige Fanszene, die sich ihre Klamotten auch schon mal selber machen, wie ich auch, oder die frustrierten Auswärtsfahrer von der RHOI-Hessenfront. Auch sind die T-Shirts mit dem Totenkopf sehr viel billiger als der Rest der Merchandising-Liga oder der chicen Accessoires mit Vereinslogo, wie Dir vielleicht schon aufgefallen ist. Das hängt damit zusammen, dass der Vermarkter sehr bewusst den Fans des FCSP etwas zurückgeben will, ihm ist nämlich sehr bewusst, dass das ganze Image, der ganze Hype auf etwas sehr realem fußt. Auf der Kultur im Stadtteil und im Verein, die allein die Fans in den letzten 25 Jahren mit Leben angefüllt haben, geerdet in einer gemeinsamen Überzeugung, die gemeinsam seine Liebe sucht, das Erlebnis Fußball und versucht das Leben drumherum auf gemeinsame Nenner zu bringen. Letztes Ergebnis dieses immer währenden Dialoges übrigens sind die Leitlinien des FC St. Pauli.

Dieses gemeinsame Verständnis von Lebenswürde und Liebe am Fußball und am Stadtteil, den Menschen darin und denen, die uns ähnlich sind, ist das Fundament dieses Vereines – und deswegen ist Deine Frage auch kein Widerspruch, sondern eine Betrachtung von Folgen.

Was übrigens auch zur Beantwortung Deiner dritten Frage führt – was Union und St. Pauli gemeinsam haben und was sie trennt. Auf jeden Fall die bewusste Genesis einer Kultur, die aus einem stinknormalen Buffer-Verein etwas besonderes und liebenswertes macht. Aber dazu später mehr.

… ach, und fast hätte ich vergessen zu erwähnen, wie sich meine kleine Theorie auch ästethisch diese Saison bahn bricht – in der neuen Kollektion des FC St. Pauli, das wesentliche Kulturmerkmale der USPler übernimmt, kopiert und in den “kollektiven Style”, so würde das wohl ein Werber ausdrücken, integriert. ;)

Eine der Sorgen bei Union war, dass Trainer Uwe Neuhaus durch die erfolgreiche Arbeit weggekauft werden könnte. Holger Stanislawski wird bei St. Pauli ebenso wie Neuhaus mit der aufgebauten Mannschaft und dem Erfolg der letzten drei jahre identifiziert. Habt ihr auch die Sorge, Stanislawski könnte mal weg sein? Und was zeichnet seine Arbeit aus?

Eigentlich freue ich mich über die Frage, auch wenn sie diffuse Ängste belebt, die jeden Fan am Millerntor irgendwie bewegen. Da geht es um eine merkwürdige Melange, den immer noch ungläubigen Blick auf die tollen Spiele und den famosen Fußball, der seit Stanis und Trullas Übernahme seit nun 3 Jahren am Millerntor gespielt wird. So recht trauen wir dem Braten ja immer noch nicht, und laufen so Gefahr, es nicht genießen zu können, bevor es mal vorbei sein wird.

Und das wird es. Ein professioneller Fußballtrainer, wie Holger Stanislawski, quält sich ja nicht zur Prüfung, um dann in zwei oder drei Jahren nicht in der 1. Bundesliga zu trainieren. Meiner bescheidenen Einschätzung nach, bleibt dem magischen FC dieses Gespann noch zwei weitere Jahre erhalten, in denen wir entweder in die Bundesliga aufsteigen oder auch nicht. Für mich eigentlich einerlei, ich sehe Spiele gegen Union genauso gerne, wie gegen Bochum.

Das zunächst auch von mir kritisch beäugte Wiederverpflichten von Helmut Schulte kann sich dann als Glücksgriff herausstellen. Dieser Mann ist nicht nur ein hervorragender Junioren-Trainer und Scout, er kann den Stil eines Stani auch mit Trulla gemeinsam weiterführen. Das macht mich also nicht bange.

Im Zuge der “Bluten für Union” Aktion und dem Benefizspiel von St. Pauli in Berlin gab es die Blutsbrüder T-Shirts. Viel ist von Verwandtschaft der beiden Klubs die Rede. Union besitzt im Gegensatz zu St. Pauli kein eindeutig politisches Profil und wurde zum Beispiel zwischenzeitlich von linker Seite sehr dafür kritisiert (Bsp: Jungle World 2007: Ende eines Missverständnisses). Wo siehst Du Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Fankulturen der beiden Vereine? Und wie kommt es Deiner Meinung nach dazu, die mediale Wahrnehmung von St. Pauli und Union so ähnlich ist?

Ich hatte erst zweimal Berührung mit Union-Fans, einmal vor fünf Jahren und einmal am Montag. Man kann sagen, wir, der 1. FC Union und ich, sind auf einem guten Weg. Am vergangenen Montag in der Wuhlheide habe ich meinen Totenkopf drunter getragen, was zum einen dem Hamburger Wetter und zum anderen der Unsicherheit geschuldet war. “Bei Union kann es so oder so laufen, entweder sie freuen sich Dich zu sehen, oder sie hauen Dir eine rein”, hatte mir ein Freund mit auf den Weg gegeben. Das Problem sei, dass man die beiden Gesichter von Union nicht gleich auseinanderhalten kann.

Sebastian hatte mich nach kritischen Zitaten in meinem magischen social stream gefragt. Hier einige Zitate:

»Bin 2002 mal zu nem Spiel mit 6-7 Leuten mit der Strassenbahn da angereist. Beim Umsteigen am Bahnhof Köpenick sind wir von ner ganzen Horde solcher Idioten mit einem Flaschenhagel empfangen worden und waren froh, daß dort einige Polizisten rumstanden und uns vor schlimmerem bewahrten. Es gibt allerdings genau so viele nette Fans von Union, eine Handvoll davon kommen zu fast jedem St. Pauli Heimspiel nach Hamburg gereist.«

t. (dem Autoren bekannt ;)

»Sind “die guten” nicht alle zum Babelsberger SV abgewandert? Behaupten zumindest die, die zu Babelsberg abgewandert sind. Ich persönlich besitze da aber nur gefährliches Halbwissen. Solange Nina Hagen noch die Stadionhymne singt…»

A. via Facebook

Gemeinsamkeiten gibt es viele. Beispielsweise die fröhliche und energische Erkenntnis, dass die Fans diesen Verein ausmachen. Das wirkt eben vor allem in Zeiten der existentiellen Krise, wenn Menschen sich auf etwas gemeinsames konzentrieren, wie die alte Försterei zu renovieren oder die Retter-Aktion am Millerntor. Das ist dann Kult- und Kultur-stiftend. Das dreht dann die Magie zurück in Richtung Erde und wirkt lange nach. Die Stadion-Rettungs-Aktion in der Wuhlheide ist ja ein ureigenes Kulturstück des 1. FC Union. Eines, zu dem wir am Millerntor vielleicht gar nicht in der Lage wären.

Wesentlicher Unterschied scheint mir zu sein, dass auf St. Pauli die Erkenntnis vorherrscht, dass Fußball sehr wohl eine politische Veranstaltung ist. Ist auch meine. Wenn 20.000 Menschen in einem Stadion und Tausende vor dem AFM-Webradio das Spiel verfolgen, in diesen zwei Stunden sich artikulieren und ja, auch medial inszenieren, dann ist das politisch. Da kann man sich gar nicht gegen wehren, man muss es aber auch zur Kenntnis nehmen.

Wenn ich den Artikel in der Jungle World und meine eigene Erfahrung da zusammennehme, dann scheint diese Diskussion beim 1. FC Union Berlin immer vermieden worden zu sein. Argumente, wie “das sind doch wenige” oder “das ist keine Politik, sondern Fußball” helfen da aber nicht weiter. Eines der wesentlichen Gründe, weswegen der FC St. Pauli in seiner heterogenen Streitkultur so einig erscheint, ist der Raum, auf den wir uns geeinigt haben. Wir bewegen uns nicht mit Rassisten, versuchen den Sexisten in uns zu zähmen (schwer genug ;) und uns eint, bei allem Streit, das Bekenntnis zu den Grundsätzen des Anstandes.

Nur deswegen können wir (der Präsident, Blogger und USPs) uns für diese Spacken in Rostsock entschuldigen. Eben weil es uns gegen den Strich geht. Ist man nicht soweit, muss man abwiegeln.

Findet ihr Astra eigentlich wirklich lecker oder gehört es einfach dazu?

Nein und Nein, wäre die kurze Antwort.

Die etwas längere: Spätestens seit dem Wegzug der Brauerei aus St. Pauli ist Astra nichts weiter als eine Biermarke. Durch nichts mehr, als den Vermarktungsvertrag mit dem magischen FC verbunden. Käme morgen ein Flensbuger Pilsener, ich würde jubeln. Astra schmeckt mir nämlich noch nicht einmal. Ich halte Astra für Fusel. Irgendwo in der persönlichen Rangliste knapp vor Aldis Hansa-Pils, wenn das noch jemand kennt – aber hinter Karlsquell. ;(

Eigentlich ist dieser dumme Hype um das Bier auch ein Warnsignal. Wenn ich in München oder Berlin in Kneipen bin, die dem Lebensgefühl des FC St. Pauli nahestehen, sehe ich viele Astra-Trinker. Das ist das einerseits entferntes Dabeisein, gut, aber auch eine Virtualität und Fetisch-sauferei, die mit meinem St. Pauli nicht mehr viel zu tun hat. Genausowenig wie die Carlsberg-Marke Astra mit dem Stadtteil. Im Gegenteil, Astra ist für mich Symbol der Gentrifizierung St. Paulis. Degradiert zur Ikone.

Irgendwelche Werber-Affen, die mittags Fritz-Cola und abends Astra trinken und meinen, damit täte sich was schönes in ihrer Seele, tun mir regelrecht leid.

19 Kommentare zu “Union Berlin und FC St. Pauli: Manchmal ist Freiheit dreckig und natürlich ist Fußball auch Politik

  1. Heißt „buffen“ bei euch das gleiche wie bei uns?

  2. @erz eine Wikidiskussion erklärt das so: Buffsport, Buffer oder einfach Buffen bezeichnet im norddeutschen Plattland etwas despektierlich, aber durchaus liebevoll den soliden, einfachen Fußball(stil) – wobei „Buffer“ sowohl die Fußballschuhe als auch die Besitzer der darinsteckenden Füße meinen kann

  3. Auch wenn ich hoffe, diese lächerlichen Blutsbrüder-Shirts morgen nicht sehen zu müssen, freue ich mich auf Hamburg.

    Die Fahrten ans Millerntor waren zwar sportlich nicht immer erfolgreich, aber trotzdem immer lustig.

    Danke für den langen langen Vorbericht, den ich dann heute abend auch noch zu Ende lesen werde – als Einstimmung auf die Fahrt morgen.

  4. OK, bei uns bedeutet es etwas, das ich zwar auch mit dem Publikum des Millerntores verbinde, was aber mit den Dopingproben des Fußballsports unvereinbar ist. Fragt Ibrahim Tanko.

  5. @steffi @sebastian Vielen Dank für diesen tollen Vorbericht.

    Und auch nochmals Danke für, na ihr wisst schon.
    So und nun auf nach St.Pauli …

  6. @robert ach, manchmal bin ich nostalgisch. das shirt als solches ist eher so lala, stimmt schon, aber der anlaß relativiert das dann …

  7. @steffi Ich fand den Anlaß und die Hilfsbereitschaft von Pauli rund um Bluten für Union auch grandios und hege auch Sympathien für den Hamburger Kiezclub, keine Frage.

    Aber bei solchen persönlichen Sympathien sollte es dann auch bleiben. Im Normallfall kümmern wir uns doch um Pauli nicht wirklich und andersherum bin ich mir sicher, ist es denen völlig Banane, was in Köpenick sportlich passiert.

  8. @robert dann sind wir uns ja doch einig ;)

  9. RHOI? USP? Buffer? Hier fehlt ein Glossar.

  10. @probek okay. Recht hast Du. Habe die Begriffe mal im Text verlinkt.

    Buffer habe ich schon versucht, oben zu erklären.

    USP – sind die Ultra Sankt Pauli

    RHOIhessefront – ein Fanzine und erklärt sich auf deren Website

  11. Danke. Ein Lob an den Leserservice dieses Blogs.

  12. ist schon ein Hammer in wie vielen Sprachen die Antifaschisten in Hamburg ihre antifaschistische Gegennazis-haltung heraushängen lassen können. Neben den Transpis in griechisch und russisch lese ich auch im Pisscontainer andauernd ´smash Fashism`,´contra de la Fashismo`und gegen Nazis sind sie natürlich auch noch, echter Dauerbeschuß,ich habs andauernd begriffen.
    Da ich sonst immer nur Gutes über Sankt Pauli sage, prangere ich heute noch den Spaß und Jubelbefehl durch den Torjingle an, dieses infantile Juch Hu fand ich räudig, vor allem in dreifacher Ausführung, ich wollte mir schon die zweite Halbzeit vom Riesenrad aus angucken.
    Das mich die Ordner nicht in meinen Block lassen wollten,obwohl ich ne 25 Euro-Sitzplatzkarte hatte, lag wohl an meinem fehlenden Antinaziaufnäher, denn sonst war ich ganz chic angezogen; rote Jacke, weiße Hose und alles frisch gewaschen. Nach einigen Wanderungen mußte ich dann gepflegt ausrasten, um auf meinen Platz zu dürfen, der zu meinem Entsetzen auch noch hinterm Tor lag, von wo ich niemals freiwillig Fußball gucke. Hatte leider nicht geahnt, daß man für das Geld hinterm Tornetzt zuschauen muß, hätte sonst kaum getauscht.
    Aber warum sollte mir an diesem Nachmittag irgendwas gefallen, der fing sowieso seltsam an.
    Nach einer guten langen 15 stündigen Party und vier Stunden Schlaf in Braunschweig weckte mich mein netter Gastgeber mit einer Pfanne Biorührei, das hatte ich mir aus Spaß gewünscht. Und das war nicht mein erster Fehler. In Kackstadt (Hannover) überkam mich die Lust auf Zähne putzen, ich griff mir in der Apotheke so eine
    blend-a-dent -Schachtel, kaufte Aspirin gegen den brummenden Schädel, nahm zwei davon, stieg in den ICE und bestellte im Bordsrestaurant Biorindergulasch. Da ahnte ich schon, daß das nicht gut geht, wartete aber tapfer auf das Essen und als es kam, zog so ein leichter Geruch in meine Nase.
    Die erste Ladung vom Ei ging auf den Teller, den Rest habe ich auf dem Klo ausgereiert, mir ist wohl von den Tabletten schlecht geworden. Als ich wieder schön leer war, gings ans Zähne putzen, nur leider stellte sich meine Zahncreme als Super-haftcreme für die Dritten heraus, habe dann fast bis Hamburg durchgewürgt.
    Zurück am Tisch las ich den Text auf der Schachtel, die fast genau wie Zahnpasta aussieht.
    -bietet starken Halt den ganzen Tag
    -erhöht den Tragekomfort durch Polsterung zwischen Zahnfleisch und Prothese
    – erlaubt ihnen ihre Lieblingsspeisen wieder zu genießen
    – hilft zu vermeiden, daß störende Speisereste unter ihre Dritten gelangen.
    da sind doch so ein paar Gegentore am Horizont harmlos, oder was…

  13. @milan, was für eine Scheißanreise. Kein Wunder, dass Dir das Spiel dann auch nicht bekommen ist.

  14. „Union besitzt im Gegensatz zu St. Pauli kein eindeutig politisches Profil und wurde zum Beispiel zwischenzeitlich von linker Seite sehr dafür kritisiert (Bsp: Jungle World 2007: Ende eines Missverständnisses).“
    Das solch Mist auch noch immer verlinkt wird.
    Ich finde es gut wie Union ist. Alle haben ihren Platz und die Extremisten fliegen raus. Union ist keine politische Veranstaltung wie TeBe, Babelsberg oder St. Pauli, von denen ich 2 von 3 ganz gern leiden mag (auch ob ihrer Überzeugungen) aber wenn ich meine Einstellungen zur Politik dokumentieren will, dann nicht in der AF (oder nur wenn es nötig wird mal irgendwelchen Extremisten die Meinung zu geigen), sondern auf der Strasse oder bei politischen Veranstaltungen.

  15. @palei schön, dass mal einer darauf anspringt. Allerdings gehe ich mit der Antwort von Erik sehr d’accord.

    Wenn ich den Artikel in der Jungle World und meine eigene Erfahrung da zusammennehme, dann scheint diese Diskussion beim 1. FC Union Berlin immer vermieden worden zu sein. Argumente, wie “das sind doch wenige” oder “das ist keine Politik, sondern Fußball” helfen da aber nicht weiter. Eines der wesentlichen Gründe, weswegen der FC St. Pauli in seiner heterogenen Streitkultur so einig erscheint, ist der Raum, auf den wir uns geeinigt haben. Wir bewegen uns nicht mit Rassisten, versuchen den Sexisten in uns zu zähmen (schwer genug ;) und uns eint, bei allem Streit, das Bekenntnis zu den Grundsätzen des Anstandes.

    Nur deswegen können wir (der Präsident, Blogger und USPs) uns für diese Spacken in Rostsock entschuldigen. Eben weil es uns gegen den Strich geht. Ist man nicht soweit, muss man abwiegeln.

    Ich sehe da auf uns bei Union noch eine sehr interessante Diskussion zukommen, wenn es um die geplante Satzungsänderung geht. Meiner Meinung nach wird in unserem Fankreis politisch zu eng gesehen und parteipolitisch bzw. mit einer bestimmten politischen Richtung verbunden. Es gibt aber jenseits dieser engen Sicht eine politische Dimension, die das Zusammenleben und dessen Regelung betrifft. Und damit ist Fußball und seine Kultur eindeutig politisch. Persönlich finde ich, dass man dazu stehen muss. Meiner Meinung nach wird es sich bei Union manchmal zu einfach gemacht, diese Diskussion damit zu beenden, dass gesagt wird, wir seien kein politischer Verein.

    Als Beispiel finde ich es gut, dass man sich nicht dem plakativen Druck hingegeben hat, zu sagen: „Wir verbieten Klamotten von Thor Steinar im Stadion.“ Das wäre ja bestenfalls plakativ. Der Verein argumentiert damit, dass die Auseinandersetzung gesucht und nicht einfach ausgegrenzt werden soll. Das finde ich gut, könnte aber deutlich offensiver vertreten werden.

    Es könnte auch offensiver vertreten werden, was positiv ist. Dass es bei uns seit Jahren beim Abschlag des Torhüters keine Sprechchöre wie „Ar***, Wi***, Hu***“ mehr gibt. Ebensowenig wenig wird die Mannschaftsaufstellung des Gegners nicht verunglimpft. Viele Punkte, die man positiv und offensiv verkaufen sollte. Wir brauchen auch keinen Familienblock oder so. Kinder und Frauen sind überall im Stadion willkommen. Auch als Schiedsrichterin.

    Und das ist alles politisch. Und auch noch mehr. Das soziale Engagement für die Jugendmannschaften, die Streitkultur usw.

  16. oha, ich dachte, die sache mit der politik im stadion hätten wir längstens geklärt? ich erinnere mich an den artikel im „freitag“, der das so schön zusammenfasste:

    http://www.freitag.de/wochenthema/0932-gute-gesellschaft-fussball-union-berlin

    ich finde nicht, dass man seine grundsätze lautstark vor sich her tragen und sich selbst als grün oder links (oder was immer grad grad angesagt ist) positionieren muss. einfaches „sich anständig benehmen“ reicht eigentlich. lächerlicher weise steht der scheiß schon in der bibel, kann man damit auch irgendwie der cdu/csu andichten. steht andererseits auch in der verfassung von diesem land, das um uns drum herum ist. könnte man deshalb mit etwas gutem willen sogar als „deutsch“ bezeichnen. ich polemisiere, ich weiß.

    es hat, final betrachtet, mit umgangsformen und der organisation menschlichen zusammenlebens zu tun. wenn man das, so wie Sebastian es ja tut, als „politik“ ansieht, ist überhaupt alles, was man macht, politisch und „politisch“ damit kein kriterium mehr. ein wort ganz frei von inhalt.

    ich denke, dass die klaren parteipolitischen ambitionen mancher clubs durchaus gute gründe haben, fühle mich bei sowas aber nicht richtig wohl und möchte das in köpenick nicht haben.

    die geplante satzungsänderung greift etwas auf, das ich für selbstverständlich halte. das ist das einzige, was man an ihr aussetzen kann: sie ist überflüssig. ich bin sehr osten, ich mag keine diktate „von oben“. eine satzung ist ein solches diktat. ich verhalte mich aber nicht deshalb richtig, weil es mir diktiert wird, sondern weil ich bestimmte verhaltensmuster als richtig erkannt habe. ich benehme mich anständig, weil ich das so will. dieses zutrauen habe ich auch in die meisten meiner mitmenschen.

    insofern gefällt es mir bei weitem besser, wenn einzelne personen immer wieder impulse setzen und vorbildhaft handeln, als dass man sich als große gruppe ein fettes etikett anheftet („wir sind gegen rassismus“). nicht etwa, weil das etikett falsch wär, sondern weil es das handeln beschränkt. man ruht sich auf dem guten gefühl aus, ein tolles statement abgegeben zu haben.

  17. MalerMario

    Liebe Steffi,
    danke für diese Worte: sie drücken einfach und klar aus, was viele in unserem Verein bewegt ( egal, welches Parteibuch )
    Ich hatte beim brainstorming in der Bo das Gefühl, daß eine Menge Leutz genau DAS zum Ausdruck bringen wollten, aber irgentwie nicht richtig wußten, wie.
    Denn da waren auch vorwurfsvolle und „aufmerksame“ Blicke.

  18. Sehe ich ganau so @Steffi, gesunder Menschenanstand reicht.
    Es ist doch absurd, seine Anständigkeit plakativ zu betonen. Leute , die plakativ auf ihre Haltung verweisen, waren schon immer suspekt.

    nebenher: Bei einer Gruppe von Menschen, die sich auf den Raum einigt, in dem sie den Sexisten in sich zügeln wollen (was ihnen schwer genug fällt) tippe ich auf eine Therapiegruppe oder auf einen Club intellektueller Frohnaturen. Ich tippe auf St. Pauli. :-)

  19. gefällt mir sehr gut, was der kollege fan da geantwortet hat, herzlichst und eisern denke ich mit etwas wehmut an die guten zeiten die ich mit pauli von 89-92 hatte, immer wieder gerne, andora

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