Blog State of the Union

Robin Gosens ist da

Robin Gosens wechselt vom FC Internazionale aus Mailand zum 1.FC Union Berlin. Mit diesem Satz, bei dem sich das Union-Bewusstsein immer noch ein paar Mal kneifen muss, endete gestern Abend die langwierigste Transfer-Saga dieses Sommers bei Union. Dass wir von dieser möglichen Verpflichtung schon den ganzen Sommer lesen konnten, sollte aber nicht verblassen lassen, dass sie für Union wirklich ziemlich monumental ist. Nicht umsonst schreibt der Verein in der offiziellen Meldung davon, dass Gosens vor wenigen Monaten noch im Finale der Champions League gespielt hat, bevor er nun mit Union in diesem Wettbewerb antreten wird. Nochmal kneifen bitte.

Robin Gosens Union Berlin
Robin und Gosens bei Union Berlin. Photo: Matze Koch

Wenn man das schreibt oder liest, ist auch kein Wunder, dass gerade mehr als 1000 Unioner:innen ins Stadion gekommen sind, um die Vorstellung von Gosens das öffentliche Training zu sehen (BZ). Und trotzdem ist das etwas, von dem man sich fragt, ob es das bei diesem Verein schon jemals gegeben hat.

Was ich an dieser Vollzugsmeldung noch interessant fand, war das Zitat von Oliver Ruhnert, dass darin vorkommt. Denn darin ist vor allem von Gosens Qualität als Mannschaftsspieler mit starker Mentalität und Einsatzbereitschaft die Rede. Gosens mehr enthusiastische und mitreißende als filigrane Spielweise beschreibt auch Christoph Biermann in einem Text über seinen Wechsel zu Union. Der kommt zu dem Fazit: „Es wäre ein mittelschweres Wunder, wenn dieser Vereinswechsel nicht zur Kategorie „gesucht und gefunden“ gehören würde.“

Das gilt aber eben nicht nur auf Mentalitätsebene, sondern auch taktisch. Denn Robin Gosens spielt als linker Flügelläufer seit Jahren genau die Position, die in Unions System unter Urs Fischer fundamental wichtig für die Balance zwischen defensiver Stabilität und offensiver Wucht ist. Und er spielt sie genau mit der Dynamik und Aggressivität, die dieses Konstrukt zum Funktionieren bringt. Aber eben, ohne Front gegen Jerome Roussillon, auf einem noch höheren Niveau (ich bin mir sicher, dass Union genug Spiele haben wird, um auch Roussillon angemessen viel Spielzeit zu gewähren). Und überhaupt: mit Gosens, Roussillon, Josip Juranovi? und Christopher Trimmel sind die Außenbahnen jetzt schon einigermaßen phantastisch besetzt.

Wenn es darum geht, wie Gosens sportlich in Unions Spiel passt, macht Till Oppermann für den RBB eine interessante Bemerkung, nämlich dass Gianpiero Gasperinis Atalanta-Team, bei dem Gosens zu internationaler Klasse gewachsen ist, eins der taktischen Vorbilder für Urs Fischers taktische Ausrichtung bei Union ist.

In den Presseberichten über den Wechsel von Robin Gosens zu Union wird stets auch dessen ungewöhnlicher Karriereweg für einen deutschen Nationalspieler erwähnt, Union wird sein erster Profiverein in Deutschland. Der Aspekt, dass Gosens nicht aus einem Nachwuchsleistungszentrum hervorgegangen ist, kann dabei aber auch überstrapaziert werden (auch wenn er nicht gänzlich falsch ist, wie dieses 11Freunde-Interview von 2019 zeigt). Denn er hat zwar in seinen Teenager-Jahren tatsächlich bei unterklassigen Vereinen gespielt, ehe er mit 18 zum niederländischen Erstligisten Vitesse Arnheim gekommen ist. Aber er hat sich dort dann eben auch über dessen Jugendmannschaften und dann eine Station bei einem kleineren Verein in der zweiten und ersten Liga in Holland im Profifußball etabliert. Dass das eben nicht in Deutschland, sondern den Niederlanden passiert ist, ist für jemanden, der in Wurfweite dieses Landes aufgewachsen ist dann auch nicht so überraschend.

Dem Zufall, dass Gosens Heimatstadt Emmerich aber eben gerade so in Deutschland liegt, dürfte es Union jetzt auch zu verdanken haben, dass Gosens nach fünf Jahren in den Niederlanden und sechs in der Lombardei hierher kommt. Und das ist, da bin auch ich optimistisch, gut.

Natürlich drehen sich die Berliner Medien um den Transfer von Robin Gosens:

Auch die Union-Podcasts Taktik & Suff und Mattuschka’s Right Peg sind mit neuen Folgen in die Saison gestartet.

Ein anderer prominenter Transfer?

Aber das war es eben noch nicht an Transfers. Einerseits, weil es bis zum Ligastart am Sonntag noch einen weiteren sehr markanten Zugang geben könnte, und zwar mit sehr viel kürzerer Gerüchte-Vorgeschichte als bei Gosens: Ein Wechsel von Kevin Volland von der AS Monaco zu Union scheint Berichten von Sky und Sport Bild zufolge unmittelbar bevorzustehen.

Das ist oder wäre ein Transfer, den ich sehr spannend finde. Volland spielt seit 2020 in Monaco und war damit vielleicht in der Wahrnehmung nicht mehr ganz so präsent wie nach seinem Durchbruch in der Bundesliga (vor inzwischen gut zehn Jahren), der Zeit, in der er einige Male Teil des Nationalmannschaftskaders war oder mit Wechseln zu ganz großen deutschen und europäischen Vereinen in Verbindung gebracht wurde. Aber er ist sicher immer noch ein sehr intelligent spielender Stürmer, der in drei Saisons in der französischen Liga auch weiter ziemlich bis sehr gute Statistiken bei einem der Top-Teams im Wettbewerb vorzuweisen hatte. Das gilt Minute-für-Minute auch für die letzte Saison, in der allerdings eine Serie kleiner Verletzungen dazu geführt hat, dass Volland nur selten auf dem Platz stehen konnte.

Kevin Volland Statistiken
Kevin Vollands Spielerprofil bei FBRef.

Das Risiko dieses Transfers bestünde dann darin, dass sich das wiederholt (Volland war vor der Saison 2022/23 aber nicht verletzungsanfällig) oder seine Leistungskurve mit 31 vielleicht nach unten zeigen könnte. Wenn er jedoch fit ist, hätte Union mit Kevin Volland einen Stürmer mit sehr gutem Spielverständnis, Abschlussqualität und Pressingbereitschaft, der außerdem viel Erfahrung auf dem Niveau hat, auf dem Union in dieser Saison spielt (spielen muss).

Das könnten also sehr gute Nachrichten für Union sein. Weniger gut findet das sicherlich Jordan, dessen Position im Kader damit noch weniger haltbar wird – neben Kevin Behrens und Mikkel Kaufmann wäre er mit einer weiteren Verpflichtung erstmal Option Nummer vier im Sturmzentrum, nachdem er schon in der letzten Saison Einsatzzeiten verloren hat. Es wundert also nicht, dass es Berichte über einen möglichen Abgang (Richtung Gladbach) gibt.

Auch damit wären wir aber eventuell noch nicht mit dem Thema „Transfers in diesem Sommer“ durch. Weil das, was da noch kommen könnte, aber weniger erfreulich ist, und es sowieso nervt, dass die Kader-Unsicherheit sich noch so lange zieht, beschäftigen wir uns mit dem übrigen erst, wenn es so weit ist.

Und sonst so

Neben all den großen Meldungen vom Sport gibt es auch aus der Szene zwei Neuigkeiten. Zum einen haben die Gruppen Hammerhearts und UBDK schon vor ein paar Tagen mitgeteilt, sich zusammen zu tun.

Und vom Wuhlesyndikat erscheint eine neue Ausgabe des Fanzines Jottwede, die elfte.

7 Kommentare zu “Robin Gosens ist da

  1. Kleine „Service-Info“: Die mehrfach erwähnten Einlaufjacken vom Pokalspiel, gibt es jetzt zur Vorbestellung im Zeughaus.

  2. Kennt ihr diese Spielervorstellung, wo ein Ronaldo oder Bale in ein gefülltes Stadion läuft, dreimal den Ball jongliert und in die Menge winkt. Hat heute so leichte Vibes. Noch nicht ganz so, aber weit entfernt sind wir davon nicht mehr. War für mich immer ein Zirkus von der eher unnötigen Sorte.

    Bin froh, dass es hier um Robin Gosens geht und nicht um einen, möglicherweise abgehalfterten Alt-Star mit viel zu großem Ego.

    • Ich finde diese Spielervorstellungen auch immer affig und unnötig. Nur ein einziges Mal hatte so eine Vorstellung etwas Besonderes und das war, als ein gewisser Diego Maradona mit dem Heli im Stadio San Paolo landete. Da es aber nie wieder einen wie ihn geben wird, kann man den Quatsch auch einstellen.

  3. Hoppla, der Hypetrain ist aber sehr plötzlich von der gemütlichen klitzekleinen Wuhleeisenbahn zum transkontinentalen Überschalltransrapid mutiert. Wer da wohl immer mitfährt?

    Also ich mag die Wuhleeisenbahn :-)

  4. herrdoesi

    Ich mag Robin Gosens aber die Erwartungen die allgemein geäußert werden laufen Gefahr enttäuscht zu werden.

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