Blog State of the Union

So gewinnt Union Spiele in der Bundesliga

Wie dieser Ball sich in einem hohen Bogen in den Strafraum senkte. Wie Sheraldo Becker genau richtig gelaufen ist, um seinen Fuß gefühlvoll hinzuhalten und den Ball mit der Innenseite in die kurze Ecke zu streicheln. Hach. Das war eins der schönsten Tore dieser Saison. Und es hat Union erlaubt, gestern in Gladbach aus einer der besten Leistungen der Saison den verdienten Sieg zu machen.

Sheraldo Becker Union Berlin
Ein perfekter Kontakt: Sheraldo Becker trifft gegen Gladbach. Photo: Matze Koch

Lob vom Gegner ist immer so eine Sache: Verliert man, hilft es einem auch nicht weiter, hat man gewonnen, dient es vielleicht auch, die eigene Leistung zu rechtfertigen. Aber Daniel Farke, der Trainer von Gladbach, hat gestern in der Pressekonferenz nach dem Spiel ganz gut beschrieben, wie Union seine Gegner vor schwere und unangenehme Aufgaben stellt. In der Verteidigung, der „letzten Reihe, in der sie fast fehlerlos gespielt haben“, lässt Union sehr wenig zu, so dass Gegner gezwungen sind, in Angriffen oder im Anlaufen mehr Risiko zu gehen und Union seine Stärke bei Kontern oder dem Spiel in die Tiefe aus dem eigenen Aufbau heraus ausnutzen kann – so wie das eben Roussillon und Becker beim 1-0 gemacht haben.

Zu der oft Cliché-haft zitierten „Kompaktheit“ von Union, die Trainer Urs Fischer schon vor dem Spiel als entscheidend wichtig hervorgehoben hat, trug auch bei, dass Union wieder mit der 1-2 Ordnung im Mittelfeld gespielt hat. Gegen den Ball bedeutete das, dass Union wieder mit den beiden Stürmern als erster Linie im 352 verteidigte, das heißt, meistens recht tief stand und wie gewohnt mit seinem Mittelfeldpressing das Zentrum zumachte. Gladbach fand das ganze Spiel über sehr selten Wege in diesen Defensivblock, die Union nicht wegverteidigen konnte.

Dagegen wurde Union immer wieder gefährlich. Aus dem Mittelfeldpressing gab es Ballgewinne, die für schnelles Umschalten und gute Pässe in die Spitze genutzt wurden. Aïssa Laïdouni machte da vielleicht sein bestes Spiel für Union bisher. Kevin Behrens hätte nach einem phantastischen Zweikampf von Rani Khedira und einer starken Vorarbeit von Sheraldo Becker einen Elfmeter bekommen können, als er in der 21. Minute nach dem Abschluss gefoult wurde.

Nach der Pause lieferte die Mannschaft dann das Gegenteil der Anfangsphase der 2. Halbzeit gegen Bochum: Statt schwer zu erklärender nicht-Präsenz gab es eine absolute Druckphase. Die hätte durchaus die Führung bringen können, war dann aber schon fast etwas abgeflaut, als Jerome Roussillon den Ball in den Strafraum gechippt hat…

Entsprechend zufrieden zeigte sich nach dem Spiel Urs Fischer mit dem disziplinierten, zwingenden und über das Spiel konstantem Auftritt seines Teams. Auch wenn ich vielleicht ein klein wenig widersprechen würde, dass der über 90 Minuten richtig gut war, denn ein bisschen wackeln in der letzten Viertelstunde fühlte sich angesichts des restlichen Spiels unnötig an. Union zog sich da dann ein bisschen zu weit zurück, alles was daraus entstand, waren aber ungefährliche Fernschüsse und Halbfeldflanken mit Kopfbällen, die Frederik Rønnow längst nicht alles abverlangt haben, aber schlimmstenfalls eine starke Leistung um ihren Ertrag hätten bringen können.

Das passierte aber nicht, und für einen Moment sah es aus, als könnte Sven Michel noch ins leere Tor treffen. Aber weil Gladbachs Torwart Omlin eben aufgerückt war, reichte ein Verteidiger vor Michel, um ihn Abseits zu stellen. Das war dann aber auch nur für Michel persönlich schade und insgesamt nicht weiter relevant.

In den letzten fünf Spielen also zehn von fünfzehn Punkten. In einer Abi-Klausur wäre das eine 2-, für Union in der Bundesliga ist es eine 1, und wäre, wenn man es wiederholen könnte, auf jeden Fall genug, um an der elitären Prestige-Uni aufgenommen zu werden (im Unterschied zu den reichen Kindern, die sich da einkaufen). Aber strapazieren wir diese Metapher nicht zu sehr. Und formulieren das Ziel für den Saisonendspurt im C-Bereich vielleicht lieber um in: Cottbus einholen.

Presseschau

Welches Ticket Union für das andere C-Wort braucht, sprich, wie viele Punkte eventuell nötig sein könnten, rechnet der Kurier in einem Kommentar vor, und empfiehlt Urs Fischer und Union, dieses Ziel offensiv anzugehen.

Das sind die weiteren Text der Berliner Medien, die alle den selben Ton anschlagen:

Dass es eine der besten Leistungen der Saison war, galt allem, was man im Fernsehen und von den Auswärtsfahrenden gehört hat auch für den Gästeblock, der es sich verdient hat, das Team zu feiern:

Beim ZDF gibt es einen 20-Minuten-langen Beitrag über Urs Fischer, in dem mit Weggefährten in der Schweiz und mit Urs gesprochen wird, um sein „Erfolgsgeheimnis“ zu erklären.

Union-Frauen

Auch die Union-Frauen haben gewonnen, sie sind gegen den Magdeburger FFC (dessen Zukunft fraglich ist, weil vielleicht auch hier der Männerfußballverein eine Übernahme anstrebt), nach einem 0-1 zur Halbzeit zurückgekommen. Am Ende stand ein 4-1 Sieg für das Team (Spielbericht vom Verein), das damit Platz 2 in der Liga festigt. Nach oben geht aber wohl nichts mehr.

Und sonst so

Wir schaffen es diese Woche leider aus Zeitgründen nicht, einen Podcast zum Spiel aufzunehmen, wir hören uns nächste Woche wieder.

4 Kommentare zu “So gewinnt Union Spiele in der Bundesliga

  1. Toller Text. Danke!

  2. Roussillon auf Becker hat auch schon gegen Stuttgart funktioniert, mit einer ähnlich schönen Flanke.

  3. Der Blick auf die Ewige Tabelle ist tatsächlich immer wieder faszinierend und ordnet die Leistung von Union in den ersten Bundesliga-Saisons beeindruckend ein.

    Union ist allein auf weiter Flur im unteren Bereich der Ewigen Tabelle, wenn man Vereine mit positivem Torverhältnis sucht. Die nächsten Vereine mit positivem Torverhältnis sind Leipzig (29., zählt nicht), Hoffenheim (24., zählt nicht) und Wolfsburg (15., zählt auch nicht wirklich). Wir dürfen uns also in einem „fairen Wettbewerb“ was die Bilanz angeht hinter Kaiserslautern (11.) einordnen! Ich war zu faul, um Punkteschnitte auszurechnen – die Richtung dürfte aber ähnlich sein.

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