Blog State of the Union

Wenn das stolpern ist, fallen wir sehr weich

Der 1.FC Union holt in einem Heimspiel in der Bundesliga einen Punkt. Das ist immer noch und ganz grundsätzlich eine gute Nachricht, und zwar ganz ohne jede Kultklub-Koketterie. Erst recht, wenn der Verein damit eine zu-Hause-ungeschlagen-Serie in der Liga fortsetzt, die inzwischen über ein Jahr lang ist (seit dem 13. Februar 2022 gegen Dortmund). Keiner wird es wagen und so.

Aber trotz alledem kann ich auch jede Person verstehen, die mit diesem 0-0 gegen den 1.FC Köln nicht ganz zufrieden ist. Allen voran Urs Fischer. Denn gerade für den Trainer müssen diese 90 Minuten frustrierend gewesen sein. Und zwar nicht, weil seine Mannschaft alles falsch gemacht hätte. Eher im Gegenteil: In einer Partie, in dem Union über weite Strecken das Spiel machen musste, fand ich die Strukturen im Ballbesitz tatsächlich ganz gut, und gab es durchaus hübsche und auch produktive Pass-Sequenzen. Aber einerseits fehlte in ein paar Situationen im Strafraum ein bisschen Präzision und Druck zum Abschluss. Und vor allem gab es etliche unnötige und unglückliche Ballverluste. Fast alle Chancen von Köln – von denen es drei, vier gefährliche gab – resultierten aus solchen Momenten. So konnte Fischer auch die guten Ansätze, die ich glaube gesehen zu haben, in der Pressekonferenz nach dem Spiel nicht würdigen …

Und von wegen dieser Chancen für Köln: Frederik Rønnow hat schon in München ein herausragendes Spiel mit super Paraden gemacht. Da konnte er damit aber noch nichts am Ergebnis ändern.

Das war gegen Köln anders: Etliche Male verhinderte er den Rückstand und so vielleicht eine Niederlage. Es ist wirklich nicht zu unterschätzen, was für eine Qualität Rønnow zu dieser Union-Mannschaft beiträgt – mit seinen sicheren Aktionen am Ball sowieso, aber eben auch mit wirklich spektakulären Reflexen.

So aber stand es noch 0-0, als Union gut zehn Minuten vor Schluss einen seiner wirklich guten Angriffe spielte und Sheraldo Becker rechts im Strafraum an den Ball kam. Dass aus dieser so vielversprechenden Szene dann aber nichtmal ein Torschuss entstand, war irgendwie symptomatisch für dieses Spiel. Auch wenn es danach noch einmal für einige Minuten eine Drangphase mit mindestens Dreiviertel-Chancen für Union gab. Aber eben keinen Ertrag, und ein bisschen wie gegen Schalke das Gefühl, dass es dabei auch geblieben wäre, hätte das Spiel noch viel länger gedauert. Wie eine Person aus unserem Umfeld nach dem Spiel gesagt hat: „Das Spiel heute hätten wir vor 2 Jahren noch verloren und vor vier Wochen halt gewonnen.“

Ansonsten steht Union weiter auf Platz 3 (DREI!) in der Bundesliga. Mit einem Punkt Vorsprung mehr auf das Konstrukt einen Platz weiter hinten als vor dem Spieltag. Ganz ehrlich: Ich hatte Lust, nach einem Sieg gegen Köln hier die Flamme unter der Champions-League-Pfanne (Champignon-Pfanne?) voll aufzudrehen. Einfach weil es Spaß macht, zu sehen wie diese Mannschaft und dieser Verein neue absurde sportliche Realitäten herstellen. Aber einerseits ist das Essen eben noch warm, andererseits laufen wir wirklich, wirklich nicht Gefahr, zu verhungern.

Hier die Spielberichte:

Fußball … verband UEFA

Ein Thema ist ein bisschen in die Spalten in unserem Veröffentlichungsrhythmus hier gefallen: Am Freitag hat Union quasi zeitgleich zwei Mitteilungen veröffentlicht. In der einen stand, dass das Mitglieder-Losverfahren für das Auswärtsspiel im Europa-League-Achtelfinale in Anderlecht gegen Royale Union St. Gilloise an diesem Wochenende stattfindet (Losziehung noch bis Montagmorgen). Dafür stehen rechnerisch erst einmal rund 1000 Karten zur Verfügung, Union schreibt aber: „Um möglichst vielen Unionern die Chance zu geben, vor Ort in Anderlecht dabei sein zu können, laufen aktuell noch intensive Gespräche mit dem Gastverein über eine etwaige Erhöhung des Kartenkontingents.“ Lassen wir uns also überraschen.

Aber apropos: Zugleich übermittelte Union eben auch noch ein zweites Statement. Darin ging es um eine Strafe der UEFA für das Zünden von Pyrotechnik im Auswärtsblock in Amsterdam. Außer der obligatorischen Geldstrafe hat der Verband dafür auch eine (erneute) Auswärtsblocksperre verhängt. Die ist aber zur Bewährung ausgesetzt. Und damit wird es kompliziert. Denn etwaige Verstöße vom Rückspiel gegen Ajax zuhause sind in der Strafe noch nicht berücksichtigt. Auch bei diesem Spiel soll ja die ein oder andere Pyrofackel gebrannt haben …

Heißt das nun, dass die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannte Bewährung schon gerissen ist? Und falls ja, greift die Sanktion dann schon zum Spiel in Anderlecht in anderthalb Wochen. Beides scheint angesichts der zeitgleichen Ankündigungen zur Ticketvergabe von Union widersinnig. Ausschließen möchte ich es aber auch nicht, weil ich dafür einschätzen können müsste, wie das Sanktionswesen der UEFA funktioniert.

Das war nach Unions Statement aber nicht der einzige Diskussionspunkt. Sondern da gab es auch noch, wie der Verein diesen Vorgang eingeordnet und kommentiert hat:

Der 1. FC Union Berlin hat aufgrund der wiederholten Vorkommnisse in den letzten Monaten die präventiven Maßnahmen deutlich ausgeweitet. So konnten im Vorfeld des Rückspiels bei der Überprüfung von Choreomaterialien im Heimbereich erhebliche Mengen Pyrotechnik gefunden und sichergestellt werden. Trotzdem wurden auch bei diesem Spiel erneut pyrotechnischen Erzeugnisse abgebrannt.
„Wir werden den Einsatz von Personal und Technik zur Aufklärung und Ahndung von Regelverstößen erheblich steigern und auch stärker und schneller sanktionieren. Dazu wird das Mittel einer unmittelbaren Erteilung von Hausverboten, unabhängig von strafrechtlichen Verfahren oder Stadionverbotsverfahren, stärker als bisher genutzt. Auch werden wir bis auf Weiteres einige Erleichterungen für die aktive Fanszene zurücknehmen. Aber klar ist auch, dass wir unseren Dialog und unsere gute Zusammenarbeit mit allen Fangruppen unseres Vereins wie bisher fortführen“, erklärt Pierre Lüttge, Geschäftsführer Organisation und Verwaltung des 1. FC Union Berlin, die seitens des Vereins ergriffenen Maßnahmen. Und er ergänzt: „Dank der Bewährungsfrist haben wir noch die Chance, einen erneuten Zuschauerausschluss zu vermeiden. Wir appellieren an alle Unioner, mit ihrem eigenen Verhalten dazu beizutragen, dass wir auch mögliche weitere Europapokalabende gemeinsam erleben dürfen.“

Hier ist gerade nicht der Platz dafür, aber dieses Thema dürfte noch für Gesprächsstoff sorgen.

Von der Waldseite gab es indessen beim Spiel gestern eine Positionierung gegen die Chatkontrolle.

Union Fans Wuhlesyndikat Waldseite Chatkontrolle
Statement der Waldseite gegen staatliche Überwachung. Photo: Matze Koch

Auf den anderen Plätzen

Positive Ergebnisse gab es am Wochenende von den Union-Junioren: Die U17 gewann 2-0 in Chemnitz, die U19 schlug angeführt von Aljoscha Kemlein Cottbus mit 3-0.

Die B-Juniorinnen haben leider gegen Hertha 03 Zehlendorf mit einem 2-3 nach 2-1-Führung den zweiten Punktgewinn in einer schweren Saison knapp verpasst.

Die Union-Frauen spielen am Sonntagnachmittag zu Hause gegen Erfurt. Anpfiff ist um 14 Uhr auf dem Fritz-Lesch-Sportplatz in Adlershof.

15 Kommentare zu “Wenn das stolpern ist, fallen wir sehr weich

  1. Maria Draghi

    „Hier ist gerade nicht der Platz dafür, aber dieses Thema dürfte noch für Gesprächsstoff sorgen.“

    Ehrlich gesagt hab ich erwartet, dass ihr euch um dieses Thema herumdrücken werdet. Denn wenn man ständig behauptet, dass Pyro zum Fußball dazugehöre und wie schön das doch immer aussehe – und damit Pyromanen argumentativ einen Blankoschein ausstellt – dann tritt man damit nun mal anderen, die ein Auswärtsspiel aufgrund von Verboten oder Verkaufseinschränkungen nicht besuchen können, ordentlich in die Weichteile. Schwieriger Spagat für euch, ja, aber in den habt ihr euch selbst reinmanövriert und mal ausnahmsweise nicht die üblichen Superbösen (FIFA, DFB, UEFA usw.).

    • Wir drücken uns um gar nichts herum. Deshalb kommt das Thema ja auch vor. Aber ich habe gestern nach ein paar Stunden Arbeit an Sotu und 10k Zeichen einfach keine Zeit mehr gehabt, mich im Text angemessen damit zu beschäftigen. Wir werden aber ganz sicher darüber reden und schreiben.

    • hurra hurra maria draghi ist wieder da
      …hallo worum geht’s? Ich bin dagegen! XD

    • es geht darum, dass Pyrotechnik in die Vereinssatzung aufgenommen wird;O)

  2. SebastianH

    Vielen Dank für den Text. Zum Spiel gestern, sehr ich es genauso. Ein Sieg wäre schön aber meiner Meinung auch nicht wirklich verdient gewesen. Früher hätten wir das Spiel noch abgeschenkt. Und dass wir immer noch auf Platz 3 stehen, kommt mir so surreal vor.

  3. BlnMeandor

    Ich nehme an, dass zwischen dem Statement an die Öffentlichkeit, den (eigentlichen) Wünschen der Vereinsfunktionäre, der Szene und dem Standard-Unioner, der Pyro sicher auch okay findet, solange sie in der Hand bleibt, einige Unterschiede liegen. Wir wissen am Ende nicht, was die UEFA tatsächlich geäußert hat, wir wissen nicht, welcher Druck aufgebaut wird und was am Ende zu diesem Statement seitens des Vereins führt.
    Ich bin oft genug kritisch gegenüber den Ultras, aber meines Wissens war in Amsterdam alles – im Vergleich zu Malmö – geregelt, ohne Böller und eben in den Händen geblieben. Daher sehe ich die Aktion der UEFA als sehr übertrieben an, insbesondere im Vergleich zu anderen europäischen Spielen (Nizza, Köln, Frankfurt).
    Demnach verstehe ich die Enttäuschung über das Vorgehen und teile es, aber will mich nicht dem anschließen, dass es andere Wege gibt, da ich nicht am Tisch/Telefon saß und mit der UEFA geredet habe.
    Maria Draghi gebe ich insofern Recht, als dass natürlich jetzt die Frage im Raum steht, ob wir wieder eine Auswärtssperre auf uns nehmen, wenn einige wenige gegen die Auflagen verstoßen. Und das wird wohl passieren, weil 2 Jahre eine lange Zeit sind.

  4. „gegenseitige Pyrotoleranz“ (im Sinne von ‚ihr dreht nicht durch aber wir auch nicht‘) ist ein schmaler Pfad voller ungeschriebener Gesetze… :-)

    Wenn Union von sich aus strengeres Vorgehen ankündigt, muss vermutlich vorher was passiert sein, dass weggucken nicht mehr ging, bzw den Verein sonst kompromittiert hätte.

    Details werden wohl im Nebel bleiben ;-)

  5. Was hat Pyrotechnik mit dem Zuschauen eines Fußballspiels zu tun? Ich gehe in unsere Alte Försterei um unsere Mannschaft beim Spiel zu sehen, mich daran zu begeistern, auch mit ihr zu leiden und sie durch Rufe, Gesänge und Beifall zu unterstützen. Alles was ich höre, stört mich nicht beim Sehen.
    Mit welchem Recht aber beansprucht eine kleine Gruppe des Publikums einen Teil der optischen Aufmerksamkeit für sich und nimmt sie damit den Akteuren auf dem Feld? Schlimmer, durch das Gezündel wird häufig der ganze Platz vernebelt und selbst ein Spielabbruch ist nicht auszuschließen.
    Ich wünsche mir eine klare Position des Vereins gegen diese gefährlichen Pyro-Aktionen und konsequentes Vorgehen dagegen. Die jetzt verhängten Strafen sollten Anlass sein, das Thema grundsätzlich insbesondere nach Sinn und Wirkung zu hinterfragen.

    • Daniel vom Schlachthofviertel

      „Mit welchem Recht aber beansprucht eine kleine Gruppe des Publikums…“ Hast Du nachgezählt oder alle gefragt? Woher weißt Du, dass es eine kleine Gruppe ist? Und was ist klein? Ein Zehntel? Ein Drittel? Und was, wenn es doch die Mehrheit ist?
      Mit welchem Recht beansprucht eine kleine Gruppe von Schlipsträgern in der Uefa, uns vorzuschreiben, was wir in unserem Stadion tun?
      Das Problem ist doch, dass die geschriebenen Regeln jede Form von Pyrotechnik absolut und ausnahmslos verbieten. Professionelles Feuerwerk wäre nicht gefährlich, würde nicht das Spielfeld verrauchen und wäre trotzdem stimmungsvoll. Aber so gibt’s halt nur verbotene, diletantische Stimmung.

    • Matikovski

      Nein, es ist nur eine Minderheit. Siehst Du bei 22012 Zuschauern, wenn 50 eine Fackel zünden. 50 gegen 22012. Da zündet eine Minderheit.
      Das Problem ist die Pyrotechnik. Pyrotechnik unterdrückt die Stimmung. Aber bei Union geht es in erster Linie um Fußball. Um Fußball pur.

  6. Der Artikel ist wirklich toll zu lesen. Die Kommentare beziehen sich selten auf den Artikel, das ist eine echte Unsitte in den social media geworden. Da gibts andere Orte, wo man nachfragen und seine Meinung sagen kann und sollte.

  7. Die aktuelle Tabellensituation ist herausragend und völlig über den Erwartungen, das ist jedem klar denke ich. Es gibt wahrscheinlich 14 andere Mannschaften, die mit uns tauschen würden.

    Darf man trotzdem kritisieren? Ich hoffe doch, denn die Gedanken habe ich unabhängig der Platzierung in der Tabelle:
    Mir gefällt unser Angriff seit einigen Spielen, eigentlich seit Jahreswechsel nicht so richtig. Das Dreieck Becker, Behrens und Haberer funktioniert bisher nur selten, es gibt kaum erfolgreiches Passspiel und Kombination in der Spitze, und dadurch fast keine herausgespielten Torabschlüsse. Nicht von ungefähr fallen die meisten unserer Tore diesjährig aus Standards und dann auch nicht von den Stürmern. Denke auch, Jordan hängt deshalb chancentechnisch weitesgehend in der Luft: wir schaffen es nicht, ihm den Ball ordentlich in die Füße zu spielen, damit er noch 1 Kontakt nehmen und den Abschluss suchen kann.

    Das hat jetzt nichts damit zu tun, dass wir auf Platz 3 stehen und ich gerne nächstes Jahr die CL erleben will, sondern viel mehr damit, dass ich 90min unseren Fussball sehe und mich frage, wie wir vorne den Ball ins Tor schießen wollen.

    • Ich stimme vollumfänglich zu. Momentan sieht die Offensive etwas planlos aus, selbst Sheraldo kommt nur noch selten in gefährliche Räume, trotz seiner Geschwindigkeit. Die Stürmer kriegen kaum verwertbare Zuspiele. Kevin gleicht das noch ein wenig dadurch aus, dass er sich überall reinschmeißt, Jordan wirkt dafür zu wenig dynamisch. Wenn dafür keine Lösung gefunden wird, bleibt’s bei unserer Abhängigkeit von Standards und Zufällen, oder man begnügt sich mit 0:0s.

    • Senfbeilage

      genau das geht mir auch spätestens seit dem Köln Spiel durch den Kopf. Haberer wirkt offensiv gefühlt gar nicht mehr mit, Behrens bleibt für mich der perfekte Einwechselspieler, wo er mit Wucht fehlende Technik ausgleichen kann und Becker sollte mal wieder erklärt werden, dass er nicht nur tief gehen kann, sondern auch entgegenkommen kann. Ich hoffe, dass bald Schäfer wieder fit ist, damit Haberer öfter Erholungspausen bekommt und mal mit Laidouni zusammenwirken kann. Der scheint mir eine zukünftige Lösung für ein kreativeres Mittelfeld zu sein. Des Weiteren habe ich das Gefühl, dass unsere Flanken-Qualität aus dem Spiel heraus seit dem Winter unterirrdisch ist. Allgemein fehlen mir seit ein paar Spielen die Anschlussaktionen, wenn wir außen mal durchbrechen.

  8. Hallo, so wie ich das Urteil bei Kicker gelesen habe, gilt es erst ab Urteilsverkündung, und die war nach dem Spiel zu Hause gegen Ajax. Die Strafe nachträglich zu verschärfen ist nicht möglich. Insofern wird es nochmal eine Extra-Strafe geben aber die 2 Jahre Bewährung bleiben.

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