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Taiwo Awoniyis Fleiß und Niko Gießelmanns Ehrgeiz

Der Kicker hatte sich Mühe gegeben, mit einer Infografik einen Überblick über Taiwo Awoniyis bisherige Stationen in Europa zu geben. Doch am Ende sah die Grafik aus, als hätte sich ein einjähriges Kind einen Buntstift genommen und ein paar Mal beherzt einige Striche auf dem europäischen Kontinent hinterlassen. Die Aussage bleibt aber dieselbe: Bei den vielen Leihen hätte sich wohl die eine oder andere Person an Awoniyis Stelle verzettelt. Denn der Angreifer hatte in den vergangenen 6 Jahren, seit er in Europa ist, keine fußballerische Heimat gefunden, sondern war immer unterwegs. Bis er zu Union kam.

Taiwo Awoniyi hat aktuell bei Union allen Grund zum Jubeln, Foto: Matze Koch

Nun ist diese Geschichte nicht neu, doch der Kicker hat für den dreiseitigen Text mit Thomas Oral gesprochen, der ihn 2015/16 beim FSV Frankfurt trainierte. Sehr plastisch wird die wirklich unfassbare Herausforderung geschildert, mental zu verarbeiten, dass Awoniyi zwar von Liverpool verpflichtet wurde, um dann aber am Bornheimer Hang Abstiegskampf in der Zweiten Liga zu spielen. Auch weil Awoniyi bei seiner Verpflichtung gar nicht wusste, dass er keine Arbeitserlaubnis für Großbritannien bekommen würde.

Was sein früherer Trainer dem Union-Angreifer allerdings bescheinigt, ist Ehrgeiz und Trainingsfleiß. Letzteres ist etwas, das immer wieder genannt wird im Text. Ich habe dann darüber nachgedacht, dass Union nicht nur einen 24-jährigen Nigerianer im Kader hat. Doch von Suleiman Abdullahi hört man kaum noch etwas. Ich könnte das jetzt gegeneinander schneiden, weil das so augenscheinlich ist. Zwei nigerianische Angreifer, beide 24 Jahre alt und beim 1. FC Union unter Vertrag. Und doch so verschieden.

Taiwo Awoniyi im Mediengespräch im Sommertrainingslager 2021, Foto: Matze Koch

Doch statt die Geschichte von Taiwo Awoniyi zu überhöhen, sollten wir uns doch vor Augen halten, dass es der normale Weg ist, dass die Talente aus Ländern wie Nigeria hier nicht bestehen und entwurzelt alleine gelassen werden. Über den Druck der Heimat, wo man als erfolgreicher Fußballer nicht nur die Erwartungen der eigenen Familie, sondern auch der Nachbarschaft erfüllen muss, hat Anthony Ujah bereits gesprochen. Er ist der dritte nigerianische Angreifer in Unions Kader.

Es wäre also etwas sehr einfach, nur zu schreiben, dass der eine Spieler hohen Trainingsfleiß habe und der andere vermeintlich weniger professionell sei. Im Kicker ist es beispielsweise nur ein Satz, wenn da steht: „Zwischenzeitlich (ver)zweifelte der gläubige Christ an sich und der Welt.“ Aber was es für einen jungen Menschen bedeutet, einfach irgendwo zu trainieren, fernab von Freunden und Familie, im November in Belgien oder eben am Bornheimer Hang in Frankfurt, und dann vor allem den eigenen Gedanken nachzuhängen, das steht da nicht. Die Geschichte ist erträglich, weil wir ihr gutes Ende kennen.

Aber man könnte da auch eine ganz andere Story erzählen. Und die hat nichts mit Fußballromatik zu tun, sondern eher mit solchen Geschäften, wie sie in kapitalistischer Perfektion beispielsweise Dietmar Hopp betreibt (Kicker über Hopp-Unternehmen, das Zweitligisten in Portugal übernimmt und über seine Verbindungen zu Rogon und nach Brasilien).

Der Ehrgeiz von Niko Gießelmann

In einem Interview mit dem Kicker (ebenfalls in der Montagsausgabe) wird Niko Gießelmann auf die, auf dem Papier eher ungewöhnliche, Verpflichtung eines dritten Linksverteidigers durch Union angesprochen und gefragt, ob das nicht ein Misstrauensvotum gegen ihn sei. Ich glaube, dass Gießelmann vielleicht gar nicht der richtige Adressat für diese Frage ist, denn er spielt ja konstant. Und Profi, der er ist, reicht er die Frage an Oliver Ruhnert weiter, der die Entscheidung getroffen hat.

Damit könnte das Gespräch beendet sein. Aber das wirklich Interessante kommt etwas später. Denn Gießelmann lässt durchblicken, dass es ihn angespornt habe, als er im Sommer medial nicht für einen Stammplatz auf der linken Verteidigerposition in Betracht gezogen wurde. Ich bin gespannt, wie wir im November/Dezember über diese Position sprechen und welche Rolle Niko Gießelmann, Bastian Oczipka und Tymo Puchacz dabei einnehmen. Und ob wir einen häufigen Wechsel zwischen Dreier- und Viererkette sehen werden.

Tymo Puchacz hat übrigens gestern mit Polen 7:1 gegen San Marino gewonnen, bei dem er eine Vorlage beigesteuert hat.

Mattuschka wird Kneipenbesitzer

Torsten Mattuschka wird Namensgeber und Teilhaber einer neuen Kneipe, die in den Räumlichkeiten des früheren Coe aufmacht, schreibt die Bild. Dass bedeutet allerdings nicht, dass Tusche selbst am Zapfhahn steht.

Torsten Mattuschka und Daniel Göhlert am Zapfhahn im Sonderzug, 30.09.2011, Foto: Matze Koch
Torsten Mattuschka und Daniel Göhlert am Zapfhahn im Sonderzug, 30.09.2011, Foto: Matze Koch

Der Kurier gibt eine kurze Zusammenfassung, was Union sportlich in den kommenden Wochen bevorsteht. Zum Beispiel ein Wiedersehen mit Rafal Gikiewicz, wie die BZ schreibt. Ich finde Spiele gegen Augsburg prinzipiell sehr widerstehlich. Denn Union sah da selten gut aus.

Auf den anderen Plätzen

Während Unions erste Frauen-Mannschaft gestern mit 4:1 gegen Stern 1900 gewonnen hat (Fotos gibt es hier), besiegte das zweite Frauen-Team den FC Internationale mit 3:0.

Unions U17 erreichte beim Nachwuchsturnier Euro Youth Cup den 2. Platz. Im Finale gab es wie schon in der Gruppenphase ein 1:2 gegen die U17 von Juventus Turin.

Immerunioner

Joel Pohjanpalo wurde von Leverkusen in die Türkei zu Caykur Rizespor verliehen (Kicker).

Und sonst so?

Die Lesung von Christoph Biermann mit Gast Michael Gspurning in Altglienicke muss sehr schön gewesen sein, wenn ich mir die Fotos so anschaue.

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