Blog State of the Union

Es ist gut, dass Ultras sich für eine Diskussion über die Beziehung zu Sottocultura öffnen

Sportlich geht es in den Berliner Medien heute noch einmal um die Einordnung von Unions Leistung in Sandhausen. Dabei kommt auch Sportdirektor Oliver Ruhnert zu Wort, der sich mit der Offensivleistung nicht zufrieden zeigt, auch wenn die durchaus in dem Schwankungsbereich lag, den man von der aktuellen Struktur von Unions Spiel erwarten kann.

Podcast

Als wir gestern den Podcast zum Spiel gegen Sandhausen aufgenommen haben, kamen wir nach der Rückschau auf des Spiels noch auf zwei andere Themen zu sprechen, die Unioner*innen in der letzten Woche beschäftigt haben: Das Drachenbootrennen und die Verbindung von Teilen der Union Ultras zur Gladbacher Gruppe Sottocultura, über die wir auch hier geschrieben haben. Leider ist dieser Teil der Aufnahme zwei gleichzeitig aufgetretenen technischen Problemen zum Opfer gefallen und fehlt deshalb in der Sendung.

Sottocultura

Zum Thema ‚Sottocultura‘ gab es etwas zu sagen, weil die Ultragruppierung hammerhearts in ihrem Blog eine Erklärung dazu veröffentlicht hat. Damit antwortet die Gruppe auf offensichtlich recht viel ‚Feedback‘ nachdem ein Banner von Sottocultura bei den Spielen in Köln und gegen St. Pauli über der Zaunfahne der Hammerhearts hing um eine Freundschaft zu symbolisieren, die scheinbar auf Ereignisse rund um ein Spiel von Union in Düsseldorf 2009 zurück geht. Das Ultras so in den Dialog mit der Union Gemeinde treten passiert längst nicht immer und ist an sich begrüßenswert.

Inhaltlich gehen die Hammerhearts auf zwei Kritikpunkte ein. Erstens, dass die Sottocultura Fahne deplatziert sei, weil in Unions Stadion und Kurve nur auf Union bezogene Banner und Gruppen vertreten sein sollten. Dem will man Rechnung zollen, indem die Repräsentanz von Sottocultura so vereinsneutral wie möglich gestaltet wird.

sc
Die Sottocultura Fahne beim Spiel in Kön; Photo: Tobi / unveu.de

Ein zweiter Grund dafür, dass die Präsenz von Sottocultura als problematisch gesehen wird, wurde auch hier schon vorgetragen und diskutiert: die Gladbacher Gruppe war in den vergangenen Jahren zweimal zusammen mit Ultras des rumänischen Vereins ASU Politehnica Timisoara zu sehen, die sich in den Aufnahmen als Nazis zeigten. Deshalb sieht sich Sottocultura dem Vorwurf ausgesetzt, rechtsoffen zu sein.

In ihrem Statement gehen die Hammerhearts auf diesen Punkt ein und sprechen sich „klar gegen jeglichen Rassismus in unserem Verein und dessen Umfeld aus.“ Es ist gut, richtig und wichtig, dass die Union Ultras deutlich machen dass „[e]ine Freundschaft zu einer rechts orientierten Gruppe hätte für [sie] nicht zur Debatte gestanden“ hätte.

Damit ist aber noch nicht geklärt, wie man Sottoculturas Verhalten einordnet. Nach dem ersten Vorfall vor drei Jahren erklärten die Gladbacher, die Gesten auf dem Foto seien keine Hitlergrüße gewesen, entschuldigten sich trotz dieser Einschränkung für das Zustandekommen eines Bildes mit „Spielraum zur Fehlinterpretation“ und grenzten sich in ihrem Statement inhaltlich von Rassisten ab. Wie überzeugt man davon ist, dass es eine Fehlinterpretation ist, auf dem Bild Hitlergrüße zu sehen, bleibt jeder selbst überlassen. Dass es aber nach diesem ersten Vorfall in diesem Sommer noch zu einer zweiten, ähnlich gelagerten Situation kam, verlangt von Sottocultura zumindest eine Rechtfertigung, die bisher nicht erfolgt ist.

Und sonst so

Die Mannschaft ‚Welcome United‘ des SV Babelsberg war in den vergangenen vier Jahren eins der Projekte, das Fußball dazu genutzt hat, neu hierher gekommene Menschen zu integrieren. Es endet nun, auch gerade weil das gelungen ist, wie der RBB berichtet.

Und dem dänischen Fußballverband ist seine Nationalmannschaft inklusive Trainer für die Länderspiele in der ‚Nations League‘ abhanden gekommen, weil man sich nicht auf Prämien Modalitäten für Nutzung der Bildrechte der Spieler einigen konnte (mehr Informationen dazu gibt es zum Beispiel im Second Captains Podcast). Nun sucht der Verband scheinbar eine Ersatz-Mannschaft – quasi als Streikbrecher – um Strafen für nicht-Antritte zu vermeiden. Ob das für Jakob Busk in Frage käme?

27 Kommentare zu “Es ist gut, dass Ultras sich für eine Diskussion über die Beziehung zu Sottocultura öffnen

  1. Wolfgang Egger

    Dass es bei der Ordnung auf dem Küchentisch, zu technischen Problemen kommen kann, hätte ich jetzt nicht gedacht ;)

  2. zum Spiel in Sandhausen: es ist gut das wir begreifen dass sich die Mannschaft im Aufbau befindet, es ist eine gute Entwicklung zu beobachten aber es ist noch viel zu tun und Sandhausen ist immer ein schwerer Gegner; zu sottocultura: ich finde es gut dass sich hammerhearts zu dem Thema Sottocultura vs. Nazis äußert, bei mir bleiben nach dem Lesen des Beitrages (www.hammerhearts.de) noch viele Fragen und ich hoffe dass es weiteres Nachdenken gibt

  3. Musiclover

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jakob Busk seinen Nationalmannschaftskollegen einfach in den Arsch tritt und sich als Streikbrecher hergibt. Mal sehen, ob das morgige Testspiel stattfindet.

  4. Also zum Thema Fanfreundschaft:Ich finde es gut,dass sich meine beiden Lieblingsvereine gegenseitig unterstützen!Politik hat allerdings bei mir überhaupt nichts im Stadion zu suchen,egal ob rechts oder links!!Wichtig ist einzig die Unterstützung für unseren Verein und das zu 100%

    • @Daniel sorry, aber über den Punkt sind wir in der Diskussion jetzt einfach hinweg. Fußball ist politisch, zum Fußball zu gehen heißt auch, sich politisch zu verhalten, und die Frage ist nur, wie.

  5. Ich finde es gut, dass sich unsere Ultras – gerade in diesen Zeiten – so deutlich zum Thema Rassismus positioniert haben.

  6. @ Daniel Roßbach, akzeptiere doch bitte, dass es auch (sehr viele) Menschen gibt, die einfach nur wegen Fußball ins Stadion gehen. Ich beispielsweise verhalte mich im Stadion politisch neutral. Nur Fußball, Bratwurst, Bier… und glaub mir es geht mir seit Jahrzehnten richtig gut dabei. Außerdem finde ich weder den Tisch bei eurer Podcast-Aufnahme noch das Spiel unserer Mannschaft in Sandhausen ungeordnet. Vor allem in unserer Innenverteidigung wächst mit Marvin und Florian glaub ich ein richtig gutes Duo zusammen.

  7. @J.D.Coke, man kann aktuell gerne das Stadionerlebnis von Politik trennen, damit ignoriert man dann aber auch unter anderem Affenlaute und „Schiri du Fo…“-Rufe.
    Wenn das aus den Stadien verschwunden ist und man tatsächlich zum Fußball gehen kann, ohne regelmäßig damit konfrontiert zu werden, wie die Rechte von Menschen verschiedener Ethnien oder Sexualität mit Füßen getreten werden, ja dann, aber nur dann, kann man tatsächlich Fußball von Politik und Religion trennen!

  8. mario draghi

    @tonipi: wenn man will, kann man fast jede äußerung in einen politischen kontext setzen (auch wenn sie gar nicht so gemeint ist). z.b. hat wohl kaum jemand einen sexuellen gedanken im kopf, wenn er den schiri als „du fo… “ bezeichnet. manche leute, z.b. ich, sind einfach nur noch genervt davon, dass momentan alles und jedes politisiert (und polarisiert) wird. naja; diese hysterische phase wird sicher noch eine ganze weile andauern…

    • @ToniPi d’accord
      @mario draghi „wenn man will, kann man fast jede äußerung in einen politischen kontext setzen“ ja, das klingt ja fast, als ob viele Dinge, die man im Zusammenleben mit anderen Menschen tut politische Bedeutung oder mindestens politische Konnotationen haben… in dem ’schiri du fotze‘ beispiel geht es nicht darum, „sexuellen gedanken im Kopf zu haben“ (was auch immer das heißen soll), sondern dass man damit, das als beleidigung zu verwenden, Frauen herabsetzt – egal, was man sich dabei denkt oder nicht.

  9. mario draghi

    sexuell = geschlechtlich würde ja bedeuten, dass die leute irgendwie an eine frau denken, wenn sie „schiri du…“ brüllen. das glaube ich nicht.

    aber bitte. wenn es zwar politisch korrekt, dafür aber genauso schlechter stil ist, dann brüllen wir alle in Zukunft „schiri du arschloch“. das ist wenigstens politisch korrekt weil geschlechtsneutral.

  10. Wolfgang Egger

    @mario draghi: Kann man, wenn man will, machen. Das ist dann aber in aller Regel nur ein „Trick“, den diejenigen anwenden, die den öffentlichen Diskurs in eine bestimmte Richtung lenken wollen. Nach dem Motto „War ja nicht so gemeint“ und „Wird man ja wohl noch sagen dürfen“ oder „Es kommt noch so weit, dass man nicht mal mehr xyz sagen darf“ (wobei xyz eine an den Haaren herbeigezogene Absurdität ist).
    In dieser Hinsicht finde ich es auch fatal, wenn man Herrenrasse-Shirts und Schiri-Schmähungen in einen Topf wirft. Das eine hat mit dem anderen eben nichts zu tun. Das Schiri-Argument kann so ganz leicht dazu missbraucht werden, Nazipropaganda zu kaschieren und zu relativieren.

    Und klar nervt die Politisierung und Polarisierung. Das ist IMHO aber die beabsichtigte Folge eines aktiven Prozesses, der vom rechten Rand unserer Gesellschaft vorangetrieben wird.
    Das Ziel ist es offensichtlich, deren Ansichten (wieder) hoffähig zu machen und in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, zumindest so weit, dass ihnen nicht mehr aktiv widersprochen wird.
    Wenn man sich also hinstellt und sagt, ich hab mit Politik nichts am Hut und ich ignoriere politische Äußerungen im Stadion, macht man sich aktiv zum Gehilfen der Gruppierungen, deren erklärtes Ziel es ist, unsere Gesellschaft zu zerstören, um ihre eigene Ideologie und ihre eigenen Machtansprüche durchzusetzen.

    Wenn man also z.B. möchte, dass bei Union weiterhin Spieler mit polnischen Familiennamen spielen und wenn man diese Spieler auch in Zukunft feiern möchte, darf man das Treiben der Neonazis (auch im Stadion) nicht kommentarlos hinnehmen.

  11. Wolfgang Egger

    hm, ich hab grad mehrmals versucht einen Kommentar abzuschicken, der wird aber nicht angenommen …..

  12. Satzung des 1. FC Union

    „Zweck des Vereins ist die Pflege und Förderung des Sports mit allen unmittelbar und mittelbar damit im Zusammenhang stehenden Aufgaben. Der Verein ist politisch und religiös neutral. Er ist in seinem Handeln demokratischen und humanistischen Grundwerten verpflichtet.“

    Für alle die meinen das Fußball politisch wäre!
    Vielmehr sieht es doch so aus das der Fußball von verschiedenen Gruppierungen missbraucht wird.
    Der Verein und seine Mitglieder sollten dem entschieden entgegentreten.
    Fußball und Politik passt nicht.
    Ich laß mir auch nicht erzählen daß ich irgendeine politische Meinung äußere wenn ich Spiele meiner Mannschaft besuche.
    Natürlich habe ich eine politische Meinung aber ich kann das klar trennen, wer das nicht kann ist im Stadion falsch.

  13. mario draghi

    also ich glaube weder an eine frau, wenn ich das wort fotze im mund führe, noch stelle mir einen anus vor, wenn ich das wort arschloch verwende. dafür, dass andere leute diese begriffe anders verwenden als ich ist – sorry – nicht mein bier und ich bin auch nicht bereit Verantwortung für deren Duktus zu übernehmen.

    und: jaja, es sind immer die anderen, die angefangen haben…
    man könnte auch andersherum fragen, warum sich die leute so leicht emotionalisieren lassen? ich verorte die antwort viel tiefer als bei „den rechten“: für teile der bevölkerung laufen viele dinge – trotz bester konjunktur – seit jahren schlecht (z.b. kaum reallohnsteigerungen in den meisten westlichen ländern); als bedrohung aufgefasste Digitalisierung der Arbeitswelt; in Deutschland die krise des wichtigsten industriezweiges (automobil) und dann kommt eine flüchtlingskrise on top, wo die politik – die doch immer so gerne „gestalten will“ beweist, dass sie das eben gerade nicht kann.

    „die rechten sind schuld“ ist mir da als fehleranalyse zu billig und dürfte auch meilenweit an der Realität vorbeigehen. einer allein kann sich nicht streiten.

    • @WolfgangEgger d’accord
      @mariodraghi hm, irgendwie ist die diskussion da jetzt an einer stelle ins gar so allgemeine abgebogen, und da sind dann glaube ich ein paar ebenen durcheinander. der punkt ist, dass du dir nicht aussuchen kannst, was das, was du sagst, bedeutet, und ob sich zum beispiel frauen von s.d.f. beleidigt sehen. um es vorweg zu nehmen: es können sich diskursteilnehmer auch nicht legitim von allem möglichen, ‚gänseblümchen‘ zum beispiel, angegriffen fühlen. aber das was dazwischen liegt ist eben sprache, kommunikation und verhalten zueinander als sozialer prozess und – tadaa – politik.

  14. @Daniel

    Meine posts kommen auch nicht durch.

  15. @Daniel

    Was du beschreibst nennt sich Ethik und Moral.

    Zum Thema Fußball und Politik empfehle ich die Satzung unseres Vereins zu lesen.

  16. mario draghi

    du darfst dich nicht beschweren, wenn eine diskussion ins allgemeine abdriftet nachdem du selbst alles und jedes für (politisch) relevant erklärt hast.
    genau deshalb gab es ja von jd coke vorschlag, sich entweder auf harte fakten zu konzentrieren, oder von hölzchen zu stöckchen zu springen, wo von vorherein absehbar ist, dass eine solche diskussion im Niemandsland enden wird.

    was sind also die harten fakten? „votze, scheisse, arschloch“ usw. benutzen leute mit begrenztem wortschatz. so weit bekannt. sich dann mit erhobenem zeigefinger hinzustellen und zu betonen, dass man sich besser ausdrücken kann mag ja befriedigend für denjenigen sein, wird aber wenig ändern. sich hinzustellen und zu betonen, dass diese wortwahl politisch nicht korrekt sei, wird dazu führen, dass sie manche leute erst recht bzw. noch häufiger benutzen.

    man sollte also überlegen, was man erreichen will.

    • naja, ich hab mich nicht beschwert, sondern wollte nur nicht auf alles antworten. denn bloß weil ziemlich viel handeln politisch ist, heißt das ja noch nciht, das alles mit allem zusammen hängt oder gleich relevant ist. und: es geht ja gar nicht darum, sich gewählter auszudrücken. und auf dem spektrum von dingen, die man tun kann, um dinge zu ändern, die einem missfallen, gibt es ja von ’sich selber nicht beteiligen‘ an verschiedene möglichkeiten

  17. frau_elster

    Mal abgesehen vom auftreten politischer Strömungen (wenn man das bei Herrenrasse T-Shirts überhaupt so nennen kann), heißt Politik im Stadion doch genauso zu Themen wie Kommerzialisierung im Fussball (Anstoßzeiten, RB. ..) oder dem DFB (Kollektivstrafen, „Fick dich DFB“) Stellung zu nehmen. Welcher Unioner hält sich denn da im Stadion komplett freiwillig raus? Das dürfte eine verschwindend geringe Minderheit sein.

  18. […] 6. September: Es gibt Redebedarf: Eine vereinsfremde Fahne im Heimbereich […]

  19. […] Stellungnahme ist auf der Webseite der Hammerhearts nicht mehr zu finden, wir haben damals darüber berichtet und auch im Podcast über die Beziehung zu Sottocultura […]

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