Blog State of the Union

Der Schlusspfiff war nicht das größte Problem im Spiel gegen Bielefeld

Lange könnten wir uns jetzt über den merkwürdigen Schlusspfiff aufregen, den Schiedsrichter Tobias Reichel gestern brachte und damit einen Schuss von Steven Skrzybski wegpfiff. Aber das ist auch ein bisschen falsch, denn wir wissen nicht, ob der Schuss auch ohne den Pfiff reingegangen wäre. Außerdem würde es doch von vielen Problemen ablenken, wenn wir das Spiel nur auf diesen Moment reduzieren. Dass so ein Schlusspfiff zwar regelkonform, aber ungewöhnlich ist, wissen wir alle. Er fällt in die Kategorie „Wie man sich als Referee das Leben selbst schwer macht“. Oder wie die Kollegen vom Schiedsrichter-Podcast Collinas Erben schrieben:

Twitter: @CollinasErben

André Hofschneider hatte dazu in der Pressekonferenz sicher sachlichere Worte parat als seine Spieler auf dem Platz, die nach dem sehr, sehr unglücklichen Schlusspfiff doch sehr viel Redebedarf hatten. Aber geradezu präsidial waren die Worte, die Michael Parensen dann fand:

Es war ein merkwürdiges Spiel, das Union zeigte. Erst das Tor von Steven Skrzybski (ich bin immer wieder beeindruckt, mit welchem Instinkt der Angreifer solche schwierigen oder unerwarteten Situationen meistert) brachte Union die nötige Ruhe im Spiel. Vorher gab es kaum Momente, in denen der Ball mal gezielt über mehrere Stationen lief. Die Defensive stand unter Druck, mehr als einmal fiel es der Mannschaft schwer, sich dem gezielten Anlaufen von Bielefeld zu erwehren. Mit dem Tor kam der Ballbesitz und die Ruhe. Allerdings vor allem dadurch begünstigt, dass die Arminia nicht mehr so hoch stand. Wie schon im vergangenen Heimspiel gegen Nürnberg mündete der Ballbesitz aber nicht in zwingenden Torchancen.

Die gab es dafür in Halbzeit zwei, in der Union fast vollständig die Spielkontrolle verlor. Der Ball flipperte hin und her. Es ergaben sich für beide Teams Tormöglichkeiten, wobei Bielefeld zielstrebiger wirkte. Zusätzlich hätte sich die Mannschaft nicht über einen Elfmeter wegen Handspiels beschweren können, als Michael Parensen im eigenen Zweikampf ins Straucheln kam und die Hände zur Abfederung des Sturzes nahm und dabei angeschossen wurde. Das war für mich eine Situation, in der die Regel für beide Entscheidungen (Elfmeter-Pfiff oder Weiterspielen) Argumente bietet.

Union hat mich in der Dreierkette genauso wenig überzeugt wie in den Spielen zuvor mit Vierer-Abwehr. Mir war einfach nicht klar, wie sich die Mannschaft zum Torerfolg spielen will. Die langen Bälle hinter die aufgerückte Abwehr der Arminia waren ein Weg. Aber da hätte man mit einem konsequenteren Pressing vielleicht noch einen weiteren hinzufügen können. Die Außenbahn war leider kaum zu gebrauchen. Mehr als einmal mussten die aufgerückten Außenverteidiger abbrechen, weil vor ihnen kein Anspielpartner stand. Die Spielweise von Union lässt bei mir weiter Fragen offen, die auch ein Sieg in letzter Sekunde nicht beantwortet hätte. Der hätte das nur übertüncht.

Könnte auch eine Renaissance-Gemälde sein: Schiedsrichter und Spieler nach Abpfiff; Foto: Matze Koch

Das sind die Spielberichte der Berliner Medien:

Und sonst so?

Tusche hat gestern bei Sky folgende Worte zur Union-Krise (8 Spiele in Folge ohne Siege) gefunden: „Die Jungs sollten sich jetzt mal die Meinung geigen, die Arschbacken zusammenkneifen und durch.“ (die BZ hat mitgeschrieben).

Heute um 18.30 Uhr spielt Steffen Baumgart mit Paderborn im Pokal-Viertelfinale. Ich wünsche ihm viel Erfolg dabei und freue mich auf die große Bühne, die er mit seiner Mannschaft bekommt (BZ).

Ex-Union-Stürmer Bajram Nebihi spielt weiterhin dort, wo andere Urlaub machen:

Es geht weiter in der für den Nordostdeutschen Fußballverband mittlerweile unglaublich peinlichen Geschichte um das Skandalspiel zwischen Babelsberg und Cottbus, bei dem der Heimverein bestraft und die Gäste trotz des Skandierens von Nazisprüchen und Zeigen von Hitlergrüßen straffrei davon kommen. Der NOFV hat eine Stellungnahme veröffentlicht, bei der ich mir nicht vorstellen kann, dass sie der Verband selbst glaubt. Geradezu genüsslich nimmt Babelsberg diese Worte auf der eigenen Website auseinander.

Die Art der Auseinandersetzung lässt uns als Außenstehende ja seit Wochen nur noch mit dem Kopf schütteln. Mir ist nicht ganz klar, warum Babelsberg nicht alle juristischen Wege, die es gab ausgeschöpft hat. Mir ist aber auch nicht klar, wie das Sportgericht von den Nazi-Zeichen der Cottbuser Gäste nichts mitbekommen haben will. Der Oberbürgermeister von Potsdam, Jann Jakobs, sagte dazu im RBB: „Das ganze Verhalten ist eindeutig rechtsradikal und das ist Neonazitum, was sich dort geäußert hat. Der Nordostdeutsche Fußballverband muss sich gut überlegen, mit welchen Auswirkungen ein Urteil verbunden ist. Im Augenblick müssen sich die Nazis durch das Urteil regelrecht ermuntert fühlen. Von daher halte ich es für dringend revisionsbedürftig.“ Ich empfehle ja beiden Seiten ganz stark, mal die Statuten des Verbandes genau zu prüfen. Irgendwo muss ja ein Ausweg aus solch einer verfahrenen Situation zu finden sein. Laut RBB ist ein Zwangsabstieg für Babelsberg nicht möglich, allerdings eine Spielsperre für das Nichtzahlen der 7.000 Euro Strafe.

Das Ende von 50+1

Die DFL hat gestern bekanntgegeben, dass Martin Kind und Hannover 96 ihren Antrag auf Ausnahme von der 50+1-Regel ruhen lassen. Damit kommen aus meiner Sicht beide einer Ablehnung zuvor. Die DFL betont, unabhängig davon beschlossen zu haben: „Aus Sicht des DFL-Präsidiums erscheint es zweckmäßig, in den kommenden Monaten die Formulierung und Umsetzung der 50+1-Regel zu überprüfen und dabei zu erörtern, wie wichtige Prinzipien der gelebten Fußball-Kultur in Deutschland zukunftssicher verankert werden können und ob gleichzeitig neue Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen sind.“

Das bedeutet nichts anderes, dass 50+1 fallen wird und sich Martin Kind den juristischen Weg, den er für den Fall einer Ablehnung seines Antrages angekündigt hatte, sparen kann. Ich glaube, dass es innerhalb der Klubs eine Mehrheit für den Einstieg von Investoren gibt. Was das für Klubs wie Union bedeutet, wird sich dann zeigen. Wenn sich die Umweltbedingungen im Wettbewerb ändern, muss Union reagieren. Ich bin sehr gespannt, welche Optionen es gibt. Präsident Dirk Zingler hatte Investoren nie kategorisch abgelehnt, sie aber auch nicht als Allheilmittel dargestellt wie das momentan viele Vereinsführungen tun.

5 Kommentare zu “Der Schlusspfiff war nicht das größte Problem im Spiel gegen Bielefeld

  1. Tusche hat Recht. Da stimmten Abläufe nicht, es wurde nach Ballverlusten nicht nachgegangen, Schulterzucken und Gestikulieren zum Mitspieler. Da war einiges im Argen. Ein Sieg wäre nicht verdient gewesen auch wenn man die anderen Chancen durchaus hätte nutzen können.

    Was auch immer in dieser Mannschaft kaputt ist, ist es auch weiterhin.

    Das DFB 50+1 Prozedere ist erschreckend und wird den Fußball ein letztes Mal weiterhelfen. Dadurch könnten Interesse und auch Fernsehgelder nochmals erhöht werden. Sehe da für Union nicht so wirklich viele Chancen. Aber vllt ist das auch gut so…

  2. Den eisernen Angriffen fehlt die Überzeugung. Ein glücklicher Sieg durch ein glückliches Tor könnte reichen, um diese Überzeugung zurück zu bringen. Starke Worte von Parensen, wäre ich Spieler, hätte ich nach einem solchen Spiel nicht diese Souveränität. U.n.v.E.U.

  3. Im Grunde ein für die ganze Saison geradezu symptomatisches Spiel: Phasenweise vom Gegner dominiert worden und in Unordnung verfallen. Dann wieder selbst das Heft in die Hand genommen. Gute Chancen zum Sieg nicht genutzt, aber Glück gehabt, dass es auch der Gegner nicht besser machte.
    Das Gute ist: Im Grunde sind wir keinem Team deutlich unterlegen, zumindest über die gesamte Spielzeit. Aber wir dominieren halt auch selbst nicht. Vielleicht ist die Liga einfach so ausgeglichen, und dann stehen halt die Teams oben, die am effektivsten sind und ihre Nerven am besten im Griff haben. Wir sind das nunmal nicht.

  4. Ich empfinde die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit mittlerweile als absolute fußballerische Offenbarung. Und ich meine damit explizit den kommunizierten Anspruch der Vereinsführung, nicht meinen eigenen als Unioner. Was dann nach dem Spiel trainerseitig erzählt wird ist für mich nicht mehr nachvollziehbar und grenzt an Realitätsverlust. Das es fußballerisch nicht so rund läuft, wie mit den selben Spielern bereits unter Beweis gestellt, ist das eine. Das andere ist, dass die Truppe in meinen Augen ein klares Mentalitätsproblem hat. Es fehlt Biss und Zugriff, vor allem in der Zentrale. Das Gegentor hätte zwei, drei mal mit einem einfachen Foul verhindert werden können, aber niemand packt zu. Wie bezeichnend, dass unser Oldie Micha gestern so positiv auffiel. Jemand der über den Einsatz kommt. Das ist, was vielen abgeht in meinen Augen. Das war auch symptomatisch gegen Nürnberg. Der einzige der permanent foult ist Polter und das leider zuletzt auch sehr plump und quasi aller seiner Stärken beraubt. Ich hoffe und wünsche der Mannschaft, dass sie bald zurück in die Spur findet. Ein Umbruch im Sommer wird unerlässlich sein. Hoffentlich wird am Samstag gegen Duseldoof die Stimmung mal wieder, wie wir sie einst kannten udn die Jungs fighten sich zum bitter benötigten Sieg.
    EISERN BERLIN

  5. Wuhleblut

    Hab das Gefühl ich hab ein anderes Spiel gesehen.
    Für mich hat Union zwar nicht dominiert und phasenweise (fussballtypisch) unter Druck gestanden, jedoch schon zum 1:0 hin mehr Druck nach vorne gespielt. Nach dem 1:0 kam mehr Ruhe rein und Ballverluste wurden schnell bekämpft. Bielefeld hatte immer wieder gute Chancen heraus gespielt, war jedoch nicht konsequent genug, bzw. waren die Bälle zu schwer, um sie zu verwerten.
    In der zweiten HZ kam Bielefeld wieder mehr in Schwung, was ja klar ist, konnten jedoch auch nur durch ein sonntagsschuss ausgleichen.

    Alles in allem haben mir viele Spieler gut gefallen. Auch Namen, die sonst eher die üblichen „versager“ sind, haben diesmal mehr gekämpft.
    Der neue war auch recht solide.
    Das die Mannschaft von heute auf morgen wieder vollkommen selbstbewusst die Spiele dominiert, wie in der letzten Saison, was viele Fans anscheinend erwarten, halte ich für unrealistisch. Immerhin war kein Spiel in dieser Saison wirklich gut, abgesehen von Lautern, Fürth und evtl noch Duisburg.

    Im Vergleich der letzten Begegnungen, haben sie mit diesmal ganz gut gefallen und ich hatte seit langem das Gefühl von Sicherheit.

Kommentare sind geschlossen.