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Dortmund veröffentlicht eine Stellungnahme zum Pokalspiel, und die ist sehr peinlich

Der BVB hat nun auch eine Stellungnahme zum organisatorischen Ablauf des Pokalspiels am Mittwoch gegen Union abgegeben. Kurz zusammengefasst lässt sich der Stellungnahme im Prinzip entnehmen, dass Unionfans selbst an der gefährlichen Situation am Einlass der Nordtribüne schuld seien. Selbstkritik? Fehlanzeige. Berichtigung der Behauptung, es hätte einen Sturm auf den Einlass gegeben? Fehlanzeige.

In der Langform. Borussia Dortmund schreibt:

Dass es Polizei, Ordnungsamt, Deutsche Bahn, DSW21 mit ihren Stadtbahnen und Bussen sowie Borussia Dortmund gemeinsam verstehen, dass zu jedem Bundesliga-Heimspiel über 81.000 Menschen sicher zum Stadion und zurück gelangen, wird alle 14 Tage erfolgreich bewiesen. Dass es bei dieser im deutschen Fußball einmalig hohen Zahl an Zuschauern, gepaart teilweise mit parallel stattfindenden Messen in den Westfalenhallen, Baustellen auf den Zufahrtstraßen oder sonstigen außergewöhnlichen Ereignissen mitunter zu Problemen kommen kann, will niemand bestreiten.

Wir kennen diese Form der Argumentation, denn jetzt muss ein „Aber“ kommen.

Vor dem Pokalspiel gab es erstzunehmende Meldungen aus Berlin, wonach Teile der Berliner Fanszene einen massiven Einsatz von Pyrotechnik (Stichwort: „Inferno“) planen würden. Um ähnliche Vorfälle wie beim Pokalspiel gegen Dynamo Dresden im Oktober 2011 oder beim Champions-League-Spiel gegen Galatasaray Istanbul im November 2014 zu vermeiden oder zumindest weitgehend einzudämmen, als die Partien aufgrund des immensen Einsatzes von Pyrotechnik durch Anhänger der jeweiligen Gastmannschaft kurz vor einem Abbruch standen, haben wir uns in enger Abstimmung mit den Behörden dafür entschieden, die Einlasskontrollen zu verstärken und die Besucher entsprechend gründlich zu kontrollieren.

Nehmen wir zunächst den Plural weg aus „ernstzunehmende Meldungen“, denn es gab lediglich die Meldung von Bild/BZ, die ungeprüft wiedergegeben wurde. Auch das „Stichwort ‚Inferno'“ stammt aus der BZ. Und schauen wir uns die Meldung der BZ noch einmal genauer an. Dort hieß es: „Nach B.Z.-Informationen haben sich Fan-Klubs der Eisernen, vornehmlich von der Waldseite der Alten Försterei, mit Bengalos und Blitzlichtern in Wert von über 2500 Euro eingedeckt.“ Wer die Fanklubs von Union kennt, schüttelt nur den Kopf über diese Formulierung. Und da möchte ich noch nicht einmal ausschließen, dass sich tatsächlich Leute extra für das Spiel mit Pyro eingedeckt haben. Aber die Argumentation von Dortmund lässt eher vermuten, dass man erneut Angst vor den unkontrollierbaren und unzivilisierten Horden aus dem Osten hatte.

Also noch einmal: Wegen einer Quelle wurden kurzfristig die Kontrollen verschärft. In Absprache mit den Behörden steht da. Wenn wir uns jedoch die Stellungnahme der Polizei zu Gemüte führen, dürfte es mit der Absprache nicht so weit her gewesen sein: „Die Eingangssituation war sicherlich eine schwierige, aber die Polizei hatte damit eigentlich wenig zu tun. Es standen eben viele Fans draußen vor dem Zaun und kamen nicht rechtzeitig rein. Und das waren nicht wenige. Wir reden hier nicht über zehn, zwanzig oder fünfzig – sondern es waren zum avisierten Spielbeginn um 20.45 Uhr mit Sicherheit mehr als tausend, die noch nicht drin waren.“ und „Wir können bei der Eingangssituation als Polizei natürlich beraten. Aber der Hausherr Borussia Dortmund muss sehen, wie und mit welchem Sicherheitspersonal er seine Gäste, die bezahlt haben, in das Stadion lässt.“ Das sagte die Dortmunder Polizei.

Weiter mit Dortmunds Stellungnahme:

Hierbei konnte in 35 Fällen Pyrotechnik sichergestellt und damit womöglich dazu beigetragen werden, zu verhindern, dass im Stadion mehr unschuldige und unbeteiligte Zuschauer gefährdet werden würden als letztlich leider ohnehin. Dass diese – berechtigt aufwändigen – Kontrollen länger dauern, ist eine logische Konsequenz.

Welche Art von Pyrotechnik sichergestellt wurde, sagt Borussia Dortmund nicht. Und auch nicht, ob diese genau dort gefunden wurde, wo schärfer kontrolliert wurde. So lange da nicht spezifischer gemeldet wird, bleibe ich skeptisch. Der Grund für meine Skepsis liegt etwas zurück. Vor 4 Jahren wurden Frankfurtfans in München verschärften Kontrollen in extra aufgestellten Zelten unterzogen. 20 Messer seien gefunden wurden, hieß es danach bundesweit. Hinterher stellte sich heraus, dass diese Anzahl Messer insgesamt bei der Durchsuchung aller 71.000 Zuschauer der Allianz-Arena gefunden worden seien und niemand wisse, was eigentlich bei den Untersuchungen der Eintracht-Fans gefunden wurde. Nachzulesen gibt es den Fall bei Blog-G. Also noch einmal: Kann sein, dass pyrotechnische Gegenstände gefunden wurden. Aber mir wurde auch schon an Einlässen das zweite Feuerzeug abgenommen. Von Wunderkerzen möchte ich hier nicht erst anfangen.

Doch nicht allein durch die intensiven Kontrollen kam es zu Verzögerungen, sondern auch durch das Verhalten Berliner Fans. Seitens der Union-Anhänger wurden zwei U-Bahnen beschädigt, die in der Folge nicht mehr zum Einsatz kommen und den entzerrenden Fahrplan einhalten konnten, in weiteren Fällen wurden Notbremsen gezogen, so dass viele Union-Anhänger insgesamt spät und damit leider geballt zum Signal Iduna Park kamen.

Wie oben schon erwähnt. Die Unionfans sind wohl selbst schuld. Sowohl der Nahverkehrsanbieter DWS21 (wobei DWS21 auch Vandalismus nennt, aber nicht als Hauptursache für das Verkehrsproblem, sondern vor allem als Problem für den normalen Verkehr am Tag darauf) als auch die Ruhrnachrichten sehen prinzipielle Kapazitätsprobleme in Dortmund als Ursache für den Verkehrkollaps. Borussia Dortmund sieht die Ursache trotzdem alleine bei den Unionfans.

Durch weitere Vorfälle im Eingangsbereich, verursacht durch Anhänger von Union Berlin, für die übrigens insgesamt 46 Einlassstellen zur Verfügung standen, kam es zu einer 15-minütigen Sperrung des Eingangsbereichs vor der Nordtribüne (betroffen waren 9 Einlassstellen).

Noch einmal: Das klingt erneut aus Dortmunder Sicht so, als seien die Unionfans wahrscheinlich selbst schuld, dass sie die anderen Zugänge nicht gefunden haben. Das zahlreiche Bildmaterial spricht allerdings eine andere Sprache:

Es hat zu keiner Zeit ein technisches Problem mit den Drehsperren oder den Drehkreuzen gegeben.

Ich setze da einfach mal die Mitteilung der Polizei Dortmund dagegen:

Nicht angebliche organisatorische Schwächen, sondern das Abbrennen von Pyrotechnik haben Menschen in Gefahr gebracht. So musste eine Besucherin aufgrund ihrer durch den Qualm verursachten Verletzungen vom DRK aus ihrem Block (61) getragen werden.

Das Aufrechnen von Risiken ist noch nie eine sinnvolle Argumentation gewesen. Wenn wir uns mit der riskanten Lage beim Einlass beschäftigen (mehr Details im BVB-Blog schwatz-gelb.de, die auch noch etwas zu zugestellten möglichen Fluchtwegen schreiben), wird das nicht weniger schlimm, weil jemand wegen Rauch im Stadion medizinisch betreut werden muss. Das ändert exakt nichts an den Umständen am Einlass. Wäre Pyro im Stadion aus Dortmunder Sicht weniger schlimm, wenn sich ernsthaft Unionfans vor dem Stadion verletzt hätten? Das ist aus meiner Sicht eine menschenverachtende Argumentationsweise.

Auf die An- und Abreise der Zuschauer mit dem PKW, Bus oder Bahn hat Borussia Dortmund keinen Einfluss. Dennoch nehmen wir die im Zusammenhang mit dem Pokalspiel geäußerten Beschwerden auf und werden sie in den ohnehin ständigen Dialog mit DSW21 und DB intensiv einfließen lassen, um Verbesserungen für alle Heim- und Gästefans zu erreichen.

Natürlich hat ein Verein die Möglichkeit, seinen Einfluss geltend zu machen. Vor allem, wenn wie bei Dortmund auch Nahverkehrstickets im Eintrittspreis enthalten sind. Das ist die typische, billige Argumentation von Fußballklubs sich aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu stehlen. Die Gewinne werden gerne mitgenommen, aber alles, was außerhalb des Stadions passiert, ist dann plötzlich nicht mehr Sache des Vereins. Mir ist das zu billig. Noch einmal die Ruhrnachrichten: „Mit 7,3 Millionen Euro baute die Bahn vor über zehn Jahren, zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006, den DB-Haltepunkt ‚Signal Iduna Park‘ aus, damit längere und breitere Bahnsteige die aus Sonderzügen aussteigenden Fans fassen können. Krass: Zwei Sonderzüge sollten sogar hintereinander stehen können.“ Aber Borussia Dortmund sieht sich nicht in der Lage, seinen Einfluss geltend zu machen …

Fazit

Insgesamt finde ich es peinlich, dass ein Klub wie Borussia Dortmund einerseits nicht in der Lage ist, auf Kritik konstruktiv zu reagieren, sondern aus meiner Sicht größtenteils mit Schutzbehauptungen und Schuldzuweisungen in die Richtung reagiert, aus der die Kritik kommt. Und das, obwohl diese Kritik auch von Seite der BVB-Anhänger geäußert wird. Und andererseits finde ich es fragwürdig, dass ein Verein, der regelmäßig mehrere Zehntausend Zuschauer begrüßt, immer noch daran scheitert, diese Menge zu koordinieren. Das bekommt ja sogar Berlin am Olympiastadion hin. Und das trotz S-Bahn. Und trotz Berlin.

11 Kommentare zu “Dortmund veröffentlicht eine Stellungnahme zum Pokalspiel, und die ist sehr peinlich

  1. honigkuchenpferd

    Jetzt versteht man auch die Art und Weise von T. Tuchel immer über die bösen Gegner zu lamentieren, dass sie die armen Spielerlein immer so arg malträtierten.
    Die sind da scheinbar alle so drauf. Schuld sind immer die anderen. Gut dass man das mal so kennen gelernt hat, das verschiebt meine Sympathieskale gewaltig.

  2. coolhansen

    46 Einlass-Stellen? Das ist glatt gelogen. Unfassbar.

  3. Eiserner Messias

    die sehr strengen kontrollen wurden dann aber offenbar ausgesetzt, je eher es richtung anpfiff ging. ploetzlich bekamen die verantwortlichen offensichtlich doch sorge, dass nicht alle besucher puenktlich in das stadion kommen wuerden. oder schlimmer: dass die menschenmasse, die sich vor dem stadioneinlass draengelte, irgendwann doch weniger besonnen auf die furchtbaren rahmenbedingungen reagieren wuerde. ich jedenfalls stand gut 40 minuten in stadionnaehe, immer weiter eingeengt und kam letztlich ohne jedwede kontrolle inklusive tasche in die bundesliga-arena. war wohl meine schuld.

  4. Die Pappnasen in Dortmund könne froh sein das wir dort sogut drauf waren. Ich persönlich bin gegen pro , abermals hat nichts mit den besch…Einlass zutun

  5. Tim Obecalp

    Der eine sagt so, der andere so…die Wahrheit liegt wohl in der Mitte.

    • @Tim Obecalp Das ist Quatsch. Die Wahrheit liegt nie in der Mitte. Die Wahrheit liegt da, wo die nachprüfbaren Fakten sind. Ansonsten könnte ich totalen Blödsinn behaupten und dann sagen, die Wahrheit liege schon in der Mitte. Weil das dann immer noch näher an meiner Version ist als bei objektiv nachprüfbaren Fakten.

  6. Ich höre hier seitens Dortmund nur „mimimimi“ und „aber Du“. Polemik, die jeder Grundlage entbehrt. Auch das mal wieder nicht Champions League reif, pfui!

    Habe mich mit einigen Dortmund Ultras unterhalten und auch mit Dortmunder Ordnern und alle waren sie durch die Bank weg der Meinung, dass der BVB und insbesondere die Planer einfach mal völlig versagt haben und wer auf eine kleine Meidung der B.Z. hört und dies als Rechtfertigung auch noch nimmt, stellt sich eh selber ins Abseits. Ganz schwach, niveaulos und nicht nachvollziehbar.

    Ich wäre der erste, der „Chapeau“ gerufen hätte, wenn der Verein eigene Fehler eingesteht. Denn die hätte mal wahrhaftige Größe gezeigt. Aber so reiht sich das Bild vom BVB zu den übrigen Dämlichkeiten der letzten Wochen nahtlos ein.

    U.N.V.E.U.
    Ingo

  7. Leutloff, Olaf

    46 Einlaßstellen? Über Lautsprecher kam ständig die Durchsage man kommt nur an dem Eingangsbereich ins Stadion der auf der Eintrittskarte steht. Das war bei mir Nord. Woanders braucht man es nicht zu probieren. Also Anstellen. 1 Stunde 10 Minuten Wartezeit. Ein Gedränge das einem die Luft wegblieb. Bei meiner Personen Kontrolle musste ich meinen Kugelschreiber entsorgen. Mit diesem verbotenen Gegenstand würde mir der Einlass verweigert. Dazu das Chaos mit der U Bahn. DORTMUND ? Ich nie wieder. Borussia Dortmund als Verein hat meine bisherige Sympathie verloren. War schlimmer wie bei den Dosen in Leipzig. Eisern Union!

  8. Tobias Kaul

    Bisher hatte Borussia Dortmund immer einen Sympathiepunkt, nicht nur weil sie die selben Farben haben wie Dynamo Dresden. Den ersten Kicks bekam dieser Ruf als die damals unseren Fanbetreuer deklassierten und behaupteten das man als Verein der in den höchsten Spielklassen spielt schon wisse wie man mit Fanmassen umgeht. Auch damals beim DFB-Pokal gegen Dynamo gab es am Eingang Probleme. Und jetzt hat der BVB gedacht wiedermal ein paar Ossis paar auf die Mütze zu geben. Denn ich glaube das diese Eskalationen absichtlich herbeigeführt werden. Nur Unionfans lassen sich wohl weniger provozieren als Andere. Damit hat der BVB nicht gerechnet! Mein Fazit: Der BVB ist als Verein in meinen Augen nun nicht mehr zu den Vereinen zu zählen die dem deutschen Fußball gut tun! Das ist schade wegen den vielen tollen Fans die da jedes Heimspiel ins Stadion gehen. Aber was gar nicht geht ist die Arroganz und das Wissen damit andere Menschen besusst in Gefahr zu bringen!

  9. […] zwischen Dortmund und Union betrifft. Am 31. Oktober um 18.30 Uhr ist Anstoß. In Erinnerung an das Einlassdebakel vor zwei Jahren habe ich mir tatsächlich Zugtickets geholt, mit denen das große Kind und ich sehr zeitig in […]

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