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Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?

Nicht alles, was aus sportlicher Sicht sinnvoll erscheint, passt zu Union. Das Präsidium steht in der Gesamtverantwortung für den Verein und muss mehr berücksichtigen, als die Bedürfnisse einzelner Abteilungen. Es hat deshalb entschieden, dieses Spiel abzusagen.

Union-Präsident Dirk Zingler, 18. März 2011, 
zur Absage des Testspiels gegen RB Leipzig

Viel Beifall bekam Dirk Zingler für die Entscheidung ein im vorhinein gemeinschaftlich verabredetes Testspiel gegen RB Leipzig abzusagen. Der Retortenklub aus Sachsen verkörpert für die meisten Fußballfans so ziemlich all das, was unter dem Kampfbegriff „moderner Fußball“ zusammengefasst wird. Nicht einmal eine Fusion der Klubs TSG Hoffenheim, VfL Wolfsburg und Bayer Leverkusen hätte das gebären können, was aus der rosa Hölle von Milliardär Dieter Mateschitz kommt.

Union-intern hatte das Ereignis noch eine andere Auswirkung. Der sowieso schon angeknockte Manager Christian Beeck durfte auf der offiziellen Website noch einen selbstkritischen Beitrag verfassen:

Die Entscheidung für dieses Testspiel ist nach rein sportlichen Motiven erfolgt. Es gibt natürlich auch andere Perspektiven dazu und es ist wichtig und richtig, diese ebenfalls zu berücksichtigen. Das nicht getan zu haben, war ein Fehler.

Christian Beeck, 18. März 2011

Zwei Monate später trennte sich Union im Unfrieden vom Manager, der mittlerweile beim FC Energie Cottbus arbeitet. Und mittlerweile ist viel Gras über die Sache gewachsen. Soviel, dass von der grundsätzlichen Haltung des 1. FC Union nicht mehr viel übrig ist. Gegen das Pflichtspiel der eigenen U23 gegen RB Leipzig in der Regionalliga (1:1) vor einer knappen Woche konnte sich der Verein nicht wehren. Ob er das gewollt hätte, steht auf einem anderen Blatt. Denn gestern Abend fand an der Alten Försterei ein an sich unbedeutendes Testspiel statt, wenn da nicht der Name des Gegners wäre: Union testete freundschaftlich seinen Nachwuchs gegen die U14 von RB Leipzig (6:0).

Das ist natürlich noch nicht die gleiche Wertigkeit wie ein Test der ersten Mannschaft. Aber die Frage sollte gestattet sein: Wie lange ist eigentlich die Halbwertzeit von grundsätzlichen Haltungen beim 1. FC Union?


21 Kommentare zu “Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?

  1. Was soll der Schwachsinn… wenn die 1. Mannschaft da keinen Test macht dann seh ich das ein, aber das jetzt auch auf die Jugend runterzudrücken, ist vollkommen daneben. Das sind Jugendliche und die kümmert es nicht ob das RB ist oder LOK oder Hansa, die wollen Spielen.

  2. @Sebastian. Da reibe ich mir verwundert die Augen. Was vor einem Jahr und für die Profi-Mannschaft gut und richtig war und ist, kann man so nicht 1:1 in den Jugendbereich drücken. Dort soll vorurteilsfrei Fußball gespielt werden. Aber das weisst Du ja viel besser als ich und wolltest bestimmt nur ein wenig Öl ins Feuer …

  3. @norbert Ich schreibe ja auch, dass das nicht die gleiche Wertigkeit hat. Das ist ja allen klar. Aber wenn man sich Beifall für die Absage eines vorher vertraglich vereinbarten Testspiels abholt und dazu noch eine grundsätzliche Haltung äußert, gehört es für mich dazu, nachzufragen, ob die Meinung zwar noch da ist, aber nicht mehr für den gesamten Verein gilt.

  4. @Sebastian:
    Du weißt schon, daß RB in der B- Jugend in der Bundesliga spielt und in der C-Jugend in der sogenannten Talenteliga. Und somit es für jeden Jugendtrainer eine Größe an der man sich messen kann bzw. messen muß. Auf wenn es mir persönlich nicht gefällt, wäre es hier Albern bis Grotesk auf eine „Ächtung“ zu beharen.

    Ich sehe hier kein Widerspruch zum letzten Jahr, sondern eine gesunde Portion Pragmatismus.

    [Wer Rechtschreibfehler findet, darf sich behalten]

  5. Bin da völlig bei dir, Sebastian! Die Wertigkeit ist ne andere, ja. Aber zum ungeliebten Gesamtpaket RB gehört nun mal auch die Nachwuchsabteilung.
    Wie oft spielen unsere Kids eigentlich in Freundschaft gegen die Hohenschönhausener???

  6. selten war ich so nah dran an Sebastians Meinung.

    Die Werte, für die wir stehen wollen, gelten imho nicht nur AUCH für unsere Jugend, sie sollten sogar insbesondere für diese gelten.

    Ein Unding!!!

    EU

  7. Das ist nicht mal ne Mücke. Das ist nen Einzeller der zum ideologischen Elefanten aufgeblasen wird um ihn dann mit Scat Raketen zu beschiessen.

    Ich bin dafür einen Standpunkt zu vertreten, aber wenn es zum Dogma wird und wir damit Anfangen auch nur darüber nachzudenken, seinen Kindern zu verbieten mit anderen Kindern zu spielen, weil einem (im übertragenen Sinn) die Nase der Eltern nicht passt, dann ist das einfach inakzeptabel.

  8. @jan Was spricht dann aber dagegen, die Gelassenheit, die man im Jugendbereich zurecht einfordert, nicht auch bei den Profis zu zeigen?

  9. @Sebastian nun sagen wir so: Jugendbereich und Profibereich.

  10. Musiclover

    @Jan,
    da spielen nicht Kinder mit Kindern, sondern 2 Vereine mit grundverschiedenen Auffassungen gegeneinander. Auf dem Spielplatz können diese Kinder gerne miteinander rumtollen, aber nicht bei offiziellen Vereinsspielen! Unsere Grundsätze sollten für alle Abteilungen des Vereins gelten! Dass dieses Bewusstsein hier und im Verein nur rudimentär vorhanden ist, irritiert mich dann doch…

    Wer muß diesmal die Verantwortung übernehmen?

    UNVEU

  11. quo vadis union? testspiel gegen die u14 von RB – ich bin erschüttert.
    völlig durcheinander muss ich mich erstmal hinsetzen…

    sa’ma basti hast du keine themen mehr?

    du kannst es besser – weitermachen.

  12. @Sebastian Ach, ich weiss nicht. Wie Du weisst, mag ich RB kein bisschen, ich finde das Projekt in Ansätzen als Präzedenzfall sogar gefährlich für den hiesigen Fussball und dessen Kultur(wie du dich erinnern wirst, war im letzten Jahr der Nichtaufstieg der Brause eines meiner Saisonziele). Deshalb fand ich die Absage für das Testspiels der ersten Mannschaften damals auch sehr gut und schlüssig in der Argumentation. Da ging es nämlich nicht nur um das Spiel, sondern primär um einer Verhinderung der Legitimation von RB in unseren Augen & der Öffentlichkeit der Fussballbegeisterten. Union hat mit der Absage des Spiel damals gezeigt, dass das Konstrukt RB nichts mit „unserem“ Verständnis von Fussball zu tun hat. Und das war wichtig und gut.

    Jetzt zu dem Spiel der Jugendmannschaften. A) Hier geht’s um Jugendförderung. Das ist eine positive Sache. Da kann man mit anderen Maßstäben ran gehen (es sei denn, in der Jugendförderung eines Vereins sind Leute involviert, die sonst (z.B) einen Thor Steinar Laden betreiben oder Lunikof auf ihrem Geburstag spielen lassen. Das war in der Vergangenheit sicher auch einer der vielen Gründe, Spiele mit einem bestimmten Berliner Verein nicht als sinnvoll zu erachten

    B) Dieses Spiel fand (mit Ausnahme von diesem Artikel hier) quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Da diese Öffentlichkeit und die Verhinderung derselben einer der Gründe für die damalige Absage war, zieht dieses Argument diesmal nicht.

    Wir werden und müssen eine realistischen und praktikablen Weg der Ausseinandersetzung mit dem Thema RB finden müssen. In den kommenden Jahren noch mehr als jetzt. Wenn das heisst: Test/Freundschaftsspiele mit Vereinen, die in unseren Augen 50+1 verletzten bzw. in ihrer Aussendarstellung/Vereinspolitik unserem Selbstverständnis entgegenstehen, bleiben tabu.

    Aber: Jugendfussballer und Förderung des Spiels bei der Jugend sollten von dieser Art von Statements und Boykotts und allgemein Vereinspolitik verschont bleiben. Nach meiner Meinung wäre eine Vermischung der Jugend- und Sportförderung (und dazu zählen Testspiele wie diese) mit unseren Befindlichkeiten und Vereinspolitischen Taktiken sogar verurteilenswert. Ich selbst würde mich zumindest damit nicht wohl fühlen.

    Fazit. Die Art und Weise der Durchführung dieses Spiels ohne grosses Trara und Erklärungen ist nach meiner Auffassung genau der richtige Weg damit umzugehen.

    Und jetzt ne Mate.
    Der Gero

  13. @Musiclover Ich glaube nicht, dass es etwas mit mangelndem Bewusstsein zu tun hat. Ich für meinen Teil finde etwas laxeren Umgang mit „Grundsätzen“ eher sympathisch, was nicht heisst, dass man solche Dinge nicht in der Jugendabteilung ansprechen sollte und dies dann intern ohne viel Gewese klären. Das jetzt die Fans über ein U 14 Spiel diskutieren und die Art und Weise wie es teilweise geschied macht mich eher nervös, als der Umstand selbst.

  14. Musiclover

    Wenn man mit Grundsätzen lax umgeht, sind es dann noch Grundsätze? Muß jeder für sich beantworten und sicherlich kann man auch über diese diskutieren, aber am Ende sollte eine konsistente Haltung daraus entstehen, da bin ich ganz bei Sebastian.

    Ich verstehe auch nicht, warum dich die Diskussion nervös macht!? Transparenz schadet in den seltensten Fällen.

  15. @Musiclover da hast du mich falsch verstanden. Grundsätze sind wichtig und man sollte sie ernst nehmen. aber ich fürchte mich immer davor, dass Grundsätze zu Dogmen werden.
    Hier geht es für mich um ein U 14 Spiel. Nicht mehr und nicht weniger und ja, es sollte eine konsistente Haltung geben, aber die konsistente Haltung des Vereins auf Grund eines U 14 Spiels in Frage zu stellen, dies ist für mich fragwürdig.

    Auch nicht das diskutiert wird, sondern wie teilweise diskutiert wird macht mich nervös.

  16. Bei RB sollte man zwischen der Profiabteilung und dem Jugendbereich in dieser Frage grundsätzlich trennen! Natürlich ist es nicht schön, dass RB versucht mit Geld Erfolg zu kaufen. Keiner will Vereine wie RB oder Hoffenheim im Profi-Fußball haben. Keine Frage. Die Jugendarbeit und die Nachwuchsförderungsprogramme von RB sind im Gegensatz dazu sehr gut für die Jugendlichen aus den jeweiligen Regionen. Dort bietet man (auch dank des Geldes) Möglichkeiten, die diese jungen Leute sonst so nicht hätten (siehe z.B. im Motorsport). Und ich bin mir sicher, dass auch die Fußballkiddies in Leipzig Spaß an Ihrem Verein haben, zumindest in dem Alter. Da interessiert es nicht für was der Verein steht, da will man doch nur Fußball spielen.

  17. quietschie

    Sebastian hat absolut recht. ich will mich hier nicht an der Diskussion beteiligen, wie böse redbull bzw deren Nachwuchsmannschaften sind, aber man muss einfach konsequent sein, vor allem wenn man eine ganze Werbekampagne daran aufhängt. Hab zur Zeit bei einigen Dingen. Habe Angst, dass das mittelfristige Ziel 1.Liga den Club nicht unbedingt zum besseren verändert, aber hoffentlich ist das unbegründet ;-)

  18. Sebastian, du weißt so gut wie ich, dass sich an der Grundhaltung zu diesem Thema nichts geändert hat. Seit Jahr und Tag werden bei uns im Nachwuchs Testspiele gegen Mannschaften jeglicher couleur durchgeführt. So gab es in den letzten Jahren auch einige Vergleiche gegen Dieda. An der Haltung die Kinder und Jugendliche ihren Sport frei ausüben zu lassen, hat sich in den letzten Jahren also überhaupt nichts geändert. Wir sollten uns auch fragen, ob wir Kinder wirklich mit der Situation konfrontieren sollten gegen bestimmte Kinder, die eine andere Farbe tragen, nicht spielen zu dürfen. Spätestens bei Hallenturnieren treffen sich ja alle…

    Von mir aus darf man aber natürlich darüber diskutieren, ob der Verein nicht versuchen sollte solchen Spielen zumindest aus dem Weg zu gehen. Aber muss ich für eine solche Auseinandersetzung eine Beeck-und Werteverfall-Story darüberlegen? Das ist nah am Boulevard.

    Übrigens: In den letzten Jahren sind immer wieder Jungs aus HSH zu uns gekommen, gerade sind erst zwei Spieler zu unserer 1.C-Jugend gewechselt. Fangen wir jetzt auch an uns zu fragen, ob der Verein hier eine „schleichende“ Kooperation mit den Hohenschönhausenern plant? Ich bin ja immer sehr für kritische Beiträge, aber bitte nicht in dieser Form.

  19. @Svenne aber genau da liegt der Denkfehler – die Aussage „gegen die spielen wir nicht“ klingt gut, ist aber Quatsch, weil in den meisten Zusammenhängen nicht sinnvoll – wie man oben sieht. Es ist eine drastische Formulierung, die eigentlich etwas anderes bedeutet: Dass man nämlich bei Union eine andere Art von Fußballkultur pflegen möchte. Das wiederum klingt nicht so markig, weswegen man sich damals zu der krawalligen Ansage entschlossen hat, die nicht weniger boulevardesk ist als der Beitrag hier. („boulevardesk“ im Sinne von „polarisierend“)

  20. Polarisierende Aussagen von Zingler hättet ihr aber schon damals kritisieren können. Ihr müsst Euch schon fragen lassen, was ihr hier mit dem Beitrag eigentlich bezwecken wolltet. Es war bei Union nie anders, als dass im Jugendbereich jeder Gegner, auch der B*C, als Testspielgegner akzeptiert wird. Und damit eben auch RB Leipzig. Daraus abzuleiten, dass man bestimmte Grundhaltungen aufgibt, ist nicht nur an den Haaren herbeigezogen, es ist schlicht und ergreifend die falsche Schlussfolgerung. Man bleibt sich diesbezüglich sogar treu, auch wenn der gemeine Fan das schwer akzeptieren kann. Aber gesunde Nachwuchsförderung kann auf Befindlichkeiten des Fans in der Kurve nun mal keine Rücksicht nehmen. Und ich hoffe das bleibt bei Union auch so.

  21. Svenne, ich möchte klarstellen: Ich finde es nicht falsch, dass die Kids gegen RB getestet haben. Ich hab generell kein Problem mit sportlich sinnvoller Arbeit. Es wäre damals übrigens sportlich extrem sinnvoll gewesen, wenn auch die 1.Herren gegen RB getestet hätte.

    Was der Artikel bezweckt, ist zu offensichtlich – deswegen sieht´s auch keiner: Es ist der Hinweis darauf, dass sich „Sport“ und „Politik“ manchmal tatsächlich nicht vertragen. Man muss sich entscheiden, gelegentlich mit den Wölfen heulen, gelegentlich einen anderen Weg gehen. Was wir hier im Blog machen, ist fragen – nicht antworten. Ich finde es richtig, dass man sich jederzeit darüber Rechenschaft ablegt, dass und wie sich der Verein entwickelt. Dass Veränderung stattfindet (und auch muss), ist unübersehbar. Es ist okay zu sagen: Die Frage war doof, Union hat alles richtig gemacht. Allerdings ist das Gegenteil genauso gut vertretbar. Je nachdem, ob man sich für „Politik“ oder „Sport“ entscheidet. Wichtig ist, dass man sich darüber im Klaren ist, dass man einem der beiden Prinzipien einen höheren Stellenwert eingeräumt hat.

    Wir haben das übrigens auch damals schon kritisch gesehen, allerdings mit Blick auf Christian Beeck, der sich für etwas sportlich sinnvolles aus politischen Gründen auspfeifen lassen musste.

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